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Benutzername: 
brenda_wolf
Wohnort: 
Oberfranken

Bewertungen

Insgesamt 173 Bewertungen
Bewertung vom 25.10.2020
Just Like You
Hornby, Nick

Just Like You


ausgezeichnet

Kann das gutgehen?

Lucy und Joseph, was für ein Paar! Sie 42 Jahre alt und Lehrerin, lebt getrennt von ihrem alkoholkranken Ehemann, er 20 Jahre jünger, weiß noch nicht so recht wo es im Leben hingehen soll. Sie haben im Grunde nichts gemeinsam und doch ist da dieser Funke. Kann das gutgehen?

Die beiden Hauptprotagonisten Lucy und Joseph sind mir sehr sympathisch. Die eine Nebenfigur, Emma, brachte mich zum Schmunzeln. Oh ja, wer hat nicht in seinem Bekanntenkreis eine Emma. Auch Josephs Mutter empfand ich als patente Frau.

Der Leser nimmt an Lucys und Josephs Gedanken teil, ihren Wünschen und Besorgnissen. Und ich mag Lucys Jungs. Sie stehen der Beziehung offen gegenüber, wie es nur Kinder können. Und Nick Hornbys Stil mag ich ohnehin. Er schreibt locker und leicht, außerdem trifft er den richtigen Ton auch bei den ernsten Themen, Altersunterschied zwischen Paaren, Rassismus und EU-Referendum, sprich Brexit. Sein trockener Humor ist köstlich, teils wird er auch sarkastisch, aber er schreibt nie oberflächlich. Im Gegenteil, da kommen oft tiefschürfende Gedanken daher. Gerade bei den Themen Brexit und Rassismus stupst der Autor den Leser an, nachzudenken und sich eine Meinung zu bilden. Köstlich vor allem die Dialoge, da musste ich so manches Mal Lächeln. Die Perspektivenwechsel zwischen Lucy und Joseph erleichtern dem Leser sich in die Protagonisten einzufühlen.

Was ich persönlich sehr interessant fand, dass die Menschen, je nach Bevölkerungsschicht, den Brexit unterschiedlich bewerten. Dass die Arbeiterschicht eher für einen Ausstieg war, weil sie sich davon eine rosigere Zukunft versprachen, nicht zuletzt wegen Johnsons, während das Bildungsbürgertum eher für einen Verbleib in der EU votete.

Mir wurden auch die Augen vor dem versteckten Rassismus geöffnet, der Menschen oft aus Unachtsamkeit verletzt.

Hauptthema in diesem Roman bleibt natürlich der Altersunterschied zwischen Lucy und Joseph. Was für die beiden vielleicht nicht mal ein so großes Problem ist, wird doch von der Gesellschaft oft mit Skepsis beäugt und sorgt für Gesprächsstoff. Aber ist nicht jede Partnerschaft eine Herausforderung?

Fazit: Ein gut lesbarer Roman mit ernsthaften Themen.

Bewertung vom 20.09.2020
Das Buch eines Sommers
Kast, Bas

Das Buch eines Sommers


sehr gut

Lebe deinen Traum
Nicolas verbringt dem Sommer nach seinem Abitur bei seinem Onkel Valentin, um über seinen ersten großen Liebeskummer hinwegzukommen. Er verehrt den Bruder seines Vaters sehr, der sich trotz widriger Umstände seinen Lebenstraum erfüllt hat, der immer an sich geglaubt hat und dem letztendlich Erfolg beschieden war. Valentin hat eine Sicht auf das Leben, die Nicolas fasziniert. Er nimmt das Leben leicht und scheint es in vollen Zügen zu genießen. Ein Mann mit „Sprezzatura“.

Nicolas träumt davon, wie sein Onkel Schriftsteller zu werden. Leider kommt ihm das Leben dazwischen. Er muss die Firma seines Vaters übernehmen, ein Pharma-Unternehmen, das Medikamente zur Verzögerung des Alterungsprozess herstellt. Inzwischen ist Nicolas verheiratet und hat einen kleinen Sohn, für den er sich viel zu wenig Zeit nimmt. Nicolas ist ein Workaholic und jagt gehetzt durch den Tag, vom Labor zur Konferenz, dann wieder zum Meeting. Die Nachricht, der Onkel ist verstorben, trifft ihm schmerzlich. Er muss sich um die Beerdigung und um den Nachlass kümmern.
„Das Buch eines Sommers“ liest sich leicht und ohne Anstrengung. Es geht um den Sinn des Lebens. Die Frage ist, lebe ich so, wie ich es will oder beuge ich mich der Pflicht und den Umständen? Und kann ich meinem Leben dennoch noch eine Wende geben? Oder bin ich gefangen in meinem Trott? Es geht um Entschleunigung, um bewusst einige Gänge zurückzuschalten.

Mich hat der Roman etwas enttäuscht. Ich hatte mir mehr Tiefe erwartet. Irgendwie plätschert die Handlung so dahin. Vieles ist vorhersehbar. Mir hat der Überraschungseffekt gefehlt. Selbst Christopher konnte mich nicht überzeugen. Trotzdem kann ich das Buch weiterempfehlen.

Fazit: Eine leicht lesbare Lektüre, die anregt, das eigene Leben zu überdenken.

Bewertung vom 13.09.2020
Pilzvergnügt
Marxer, Stefan

Pilzvergnügt


ausgezeichnet

Auf in den Wald

Mein erster Eindruck von dem Buch war: WOW!!!. Was für ein umfassendes Werk Die Aufmachung mit den ansprechenden Fotos hat mich überrascht. Außerdem enthält das Buch als zusätzliches Plus ein handliches Booklet.
Die große Leidenschaft des Autors ist tatsächlich in jeder Zeile zu spüren. Und ich als Leser lasse mich gerne davon anstecken. Stefan Marxers „Pilzvergnügt“vermittelt Wissen rund um die Welt der Pilze. Ich lese vom weltgrößten Lebewesen, einem Hallimarsch, der einen beachtlichen Teil des amerikanischen Bundesstaat Oregon besiedelt und immer noch weiter wächst, dass Pilze ein biblisches Alter erreichen können, dass sie sich kilometerweit im Untergrund ausbreiten und das Bäume über diese Netzwerke miteinander kommunizieren. Der Autor bringt sein Wissen nicht oberlehrerhaft rüber sondern auf eine angenehm lockere Art. Es macht Spaß seinen Ausführungen zu folgen.
Pilze sammeln ist tatsächlich ein Hobby für die ganze Familie. Man kann schon Kinder dafür begeistern. Selbst als Fitnessfaktor ist Pilze sammeln nicht zu unterschätzen. Man bleibt ja beim Sammeln nicht nur auf Wegen, man geht durch den Wald, über Stock und Stein, bergauf, bergab, bückt sich unter das Gebüsch, kriecht auch mal auf allen Vieren. Und was besonders wichtig ist, man ist mitten in der Natur, riecht die würzige Waldluft, und spürt den weichen Waldboden. Wem Waldbaden zu langweilig ist, dem bietet das Pilze sammeln eine Alternative.
Wichtigster Teil in dem Buch sind die Pilzportrait mit den aussagekräftigen Fotos. Aber auch der Rezeptteil hat mir sehr gefallen. Hier fand ich die eine oder andere Inspiration zu schmackhaften Pilzgerichten. Aber was mach ich mit den vielen Pilzen? Dieses Jahr findet man z.B. Pilze im Übermaß. Ich persönlich tendiere zum blanchieren und portionsweise einfrieren. Aber es gibt natürlich auch die Möglichkeit, die Pilze in Einmachgläsern zu konservieren oder zu Trocknen und anschließend evtl. zu pulverisieren. Alles das verrät uns der Autor.
Fazit: Ein rundum gelungener Pilzführer, liebevoll gestaltet, mit einem enormen Schatz an Wissen rund um die Welt der Pilze. Verblüfft hat mich, dass Pilze tatsächlich das ganze Jahr über vorkommen.

Bewertung vom 09.09.2020
Die Wahnsinnige (eBook, ePUB)
Hennig Von Lange, Alexa

Die Wahnsinnige (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Kampf gegen Windmühlen

Ein historischer Roman, mal ganz anders, modern, feministisch und nachdenklich stimmend.
In dem Roman geht es um Johanna von Kastilien, genannt Johanna die Wahnsinnige. Sie wurde unerwartet zur Thronfolgerin, nachdem ihr Bruder und ihre Schwester verstarben. In der Festung La Mota soll Johanna endlich zur Vernunft gebracht werden. Sie wird hier wir eine Gefangene gehalten. Ihre Mutter, Isabella die Katholische, will aus ihr eine Königin machen, genauso wie sie, unerbittlich und hart. Johanna ist anders. Sie will weder beten noch herrschen. Sie will frei sein. Sie liebt ihren Ehemann Philipp dem Schönen, Erzherzog von Burgund und Flandern heftig. Sie ist eifersüchtig, da ihr Mann es mit der Treue nicht so genau nimmt, sie betrügt und nicht mal versteht, dass er sie damit verletzt.
Die Autorin Alexa Hennig von Lange hat einen wunderbaren Schreibstil, spannend und bildmalerisch gibt sie dem Leser Einblick in das Leben von Johanna. Ihr ist es gelungen eine anschauliche mittelalterliche Atmosphäre zu schaffen. Ich war als Leserin mit dabei auf der Festung La Mota. Sie beschreibt Johanna als modern denkende Frau, jedoch mit Tobsuchtsanfällen, die mir Kopfschütteln verursachten, ja manchmal sogar abstießen. Aber ist sie nicht auch ein Produkt ihrer Umwelt? Johanna will als Königin eine bessere Welt schaffen, sich für Freiheit und Gerechtigkeit einsetzen, Frauen mehr Macht einräumen. Sie will verstanden werden, und doch wird sie immer wieder von Menschen enttäuscht.
Die Frage ist: War Johann wirklich wahnsinnig. Sicherlich nicht. Sie war eine Frau mit tiefen Gefühlen, sie war leidenschaftlich, fühlte sich von Welt nicht verstanden. Sie kämpfte gegen Windmühlen.
Fazit.: Eine gute gezeichnete Charakterstudie, die vor allem die Psyche von Johanna beleuchtet. Mich hat der Roman sehr berührt.

Bewertung vom 06.09.2020
Bring mehr Happy in dein Leben - Wie du mehr Freude und Leichtigkeit in dein Leben bringst. (eBook, ePUB)
Lamprecht, Michaela

Bring mehr Happy in dein Leben - Wie du mehr Freude und Leichtigkeit in dein Leben bringst. (eBook, ePUB)


sehr gut

Verändere dich und du veränderst die Welt
Mich hat das Cover der lächelnden, fröhlichen Frau, die sich anscheinend pudelwohl in ihrer Haut fühlt, gleich angesprochen. Die Autorin Michaela Lamprecht verspricht mit ihrem Ratgeber, dass es für jeden machbar ist, mehr „Happy“ in sein Leben zu bringen.
Der Einstieg in das Buch empfand ich eher als ermüdend. Das Vorwort und die ersten 60 Seiten zogen sie für mich in die Länge, da ich schon länger an dem Thema und ich auf diesem Gebiet kein Neuling bin. Danach wurde es zum Glück konkreter und ich konnte auch für mich den einen oder anderen Tipp umsetzten.
Michaela Lambrecht fordert uns auf: Werde zur liebevollen Schöpferin deines eigenen Lebens. Selbstliebe ist ein Aspekt, Aufmerksamkeit und Dankbarkeit für die kleinen Dinge des Lebens und sich nicht mit anderen vergleichen bringen uns dem „Happy“ näher. Sie empfiehlt, sich eine Happy-Power-Liste zu erstellen bzw. in einem Glücksglas die eigenen Glückmomente auf Zettelchen zu sammeln. Die anschauliche Geschichte mit den Zwillingen fand ich mega inspirierend.
Als Bonus bietet die Autorin einen kostenlosen 21-tägigen Online-Kurs zur Unterstützung an.
Fazit: Ein hilfreicher Ratgeber für alle, die in ihrem mehr Leichtigkeit und Freude verspüren wollen.

Bewertung vom 03.09.2020
Gipskind
Kögl, Gabriele

Gipskind


ausgezeichnet

Problemkind lässt sich nicht verbiegen
Mein erstes Buch der Autorin Gabriele Kögl ist gleich ein Glücksgriff. Die Autorin hat mit „Gipskind“ einen wundervollen Roman geschrieben, der mich in die sechziger Jahre zurückkatapultierte.

„Mit der Kleinen stimmt was nicht“, sagt die Oma. Die Kleine babbelt bereits mit neun Monaten, ist neugierig und aufgeweckt, macht jedoch keinerlei Anstalten aufzustehen. Tatsächlich wurde sie mit einer Hüftfehlstellung geboren und verbringt nun viel Zeit im Krankenhaus. Sie wächst in einem eher ärmlichen bäuerlichen Umfeld auf. Die Eltern haben keine Zeit für die Kleine, die Arbeit auf dem Hof frisst sie auf. Es herrscht ein zum Teil harscher Ton. Ich bin in dieser Zeit aufgewachsen. Kinder wurden damals nicht verzärtelt und verhätschelt, das ist schon wahr. Dennoch empfand ich die Mutter der Kleinen als extrem lieblos. Einzig die Oma nimmst sich der Kleinen an. Sie ist liebevoll und unterstützt sie, wo sie nur kann. Sie erkennt das Potential ihrer Enkeltochter, sie traut ihr alles zu.

Die Kleine entwickelt sich trotz ihrer Behinderung zu einer starken Persönlichkeit. Sie setzt ihren Kopf durch, lässt sich nicht den Mund verbieten, handelt sich lieber eine Ohrfeige ein, als zu schweigen. Sie weiß was sie will. Ihre schnelle Auffassungsgabe ermöglicht ihr den Wechsel in eine weiterführende Schule. Andrea, so heißt die Kleine, macht ihren Weg.

Der Schreibstil ist gut lesbar. Ich habe die sechziger/siebziger Jahre wiedererkannt. Die Musik, die Fernsehsendungen, die Tanzveranstaltungen, die ganze dörfliche Atmosphäre. Selbst die Denkweise von Andrea ist mir nicht fremd. Auch ich mochte es nicht, meinen Busen zur Schau zu stellen. Da haben sich die Zeiten stark verändert. Das Stadt-Land-Gefälle tritt in der Geschichte deutlich hervor. Es ist ein Entwicklungsroman, der Mut macht und zeigt, dass jeder, trotz Handikap, sein Ziel erreichen kann.

Mich hat der Roman begeistert. Ich empfehle ihn gerne weiter.

Bewertung vom 30.08.2020
Die Saga von Vinland
Lorentz, Iny

Die Saga von Vinland


sehr gut

Das Land der Träume
Inhalt:
Zum Verräter erklärt, raubt Jarl Eyvind die schöne Sigrid, die ihm von ihrem Vater Ulfar verweigert wurde, und flieht mit der unwilligen Braut. Bei seinem Überfall geraten auch die beiden Freunde Andreas und Ailmar in seine Hand. Nachdem der Griff nach dem norwegischen Thron ein übles Ende nahm, will Eyvind seine Getreuen eine neue Heimat führen. So ziehen sie weit über das Meer und über Islands Gletscher in ein Land, in dem es alles gibt, was sie sich erträumen. Dort leben jedoch bereits Menschen und die sind nicht bereit, sich Eyvind zu unterwerfen. Doch auch Sigrid und die junger Grönländerin Ingridur streben gemeinsam mit Andreas und Ailmar danach, ihre Freiheit wieder zu erringen.

Meine Meinung:
Der neueste historische Roman »Die Saga von Vinland« des Beststelle-Autorenpaars Iny Lorentz führt den Leser ins 12. Jahrhundert des hohen Nordens. Wie immer, lässt sich auch dieser Roman leicht und flüssig lesen. Um die schwierigen nordischen Namen auch immer gleich zuordnen zu können und um den Überblick zu behalten, war das Glossar im Anhang jedoch eine echte Hilfe.

Der Roman ist gegliedert in 12 Teile, die jeweils wiederum in Kapitel unterteilt sind, in angenehmer Leselänge. Das Cover zeigt eine stolze Frau vor einem Schiff. Leider wird mit Frauen in dieser Zeit nicht zimperlich umgegangen. Im Gegenteil ist haben keinerlei Rechte. Die Männer springen mit ihnen um, wie es ihnen gerade beliebt. Den Frauen wird Gewalt angetan, sie werden vergewaltigt und noch mehr. Das hat mich beim Lesen besonders abgestoßen. Manche Szene hätte ich mir gerne erspart.

Großartige Landschaften werden beschrieben. Norwegens Fjorde, Islands Geysire und Gletscher sowie der rauhe Nordatlantik bilden die Schauplätze zu diesem Mittelalter-Romans. Auch das sagenhafte Vinland habe sie erreicht. Doch die Skärlinger behaupten ihr Land. Ich habe ein wenig gegoogelt. Tatsächlichen sollen bereits im 10. Jahrhundert Norweger an der Nordküste Amerikas gelandet sein. Es wurden in Nordamerika auch Runensteine gefunden. Oh ja, die Autoren recherchieren ihre Romane sehr gründlich.

Von den Protagonisten hat mir die Grönländerin Ingridur am besten gefallen. Sigrid erscheint mir neben ihr fast ein bisschen blass gezeichnet. Auch Andreas und Ailmar sind starke Charaktere. Selbst der fiese Eyvind ist sehr gut beschrieben. Eine engere Beziehung zu einem der Charaktere konnte ich jedoch nicht aufbauen. Sie blieben mir alle auf Distanz. Ich fürchte es liegt an der Erzählweise, die durch die 3. Person geschieht. Der Leser nimmt so zwar teil an der Gedankenwelt der einzelnen Figuren, kann sich jedoch mit keiner wirklich identifizieren.

Trotzdem insgesamt ein wirklich spannender historischer Roman, mit einem interessanten Thema. Allerdings gab es Längen, die meine Geduld forderten. Aber es hat sich letztendlich gelohnt.

Deshalb von mir 4 Sterne.

Bewertung vom 27.08.2020
Jahresringe
Wagner, Andreas

Jahresringe


sehr gut

Die Evangelische und der Wald

Andreas Wagners Debütroman „Jahresringe“ umfasst die Geschichte einer Familie und ihrer Heimat über 3 Generationen hinweg.

Leonores Flucht hat sie bis in die Gegend vom Hambacher Forst verschlagen. Sie findet ein Ende, als sie bei dem freundlichen Moppenbäcker Jean Immenrath, genannt Hannes, Unterschlupf und Arbeit findet. Sie gibt vor 21 Jahre alt zu sein, ist in Wahrheit jedoch erst 13. Die Ortsfremde, das Flüchtlingsmädchen aus Ostpreußen, ist im Dorf nicht willkommen. Die Leute lassen es ihr spüren, sie erlebt Anfeindungen. Man nennt sie verächtlich die Evangelische aus dem Osten. In Hannes hat sie jedoch einen Menschen gefunden, dem sie vertrauen kann. Änne Immenrath, Hannes Mutter, betrachtet sie eher als notwendiges Übel.

Leonore zieht es in ihrer knappen Freizeit in den Wald. Der Wald erscheint ihr genauso erholsam wie ein tiefer Schlaf. Hier trifft sie auf den geistig und körperlich zurückgeblieben Arnold Harbinger, ebenfalls ein Außenseiter, in ihm findet sie einen Freund.

So vergehen die Jahre. An Männern ist sie nicht interessiert, doch sie wünscht sich ein Kind. Sie wird von einem Priester geschwängert, der im Wald ihrem Zauber verfällt und gebiert einen Sohn. Paul ist ihr das reine Glück, obwohl sich das ganze Dorf das Maul darüber zerreißt, wer wohl der Vater des Kindes ist.

Der zweite Teil erzählt von Leonores Sohn Paul und von der Abforstung des Waldes durch einen Energieversorger, der Wald muss dem Abbau des Braunkohle-Tagebaus weichen. Ganze Dörfer werden umgesiedelt.

Der dritte Teil widmet sich Pauls Kindern Jan und Sarah. Sarah ist Umweltaktivistin. Mit ihr verbindet Leonie eine ganz besondere Beziehung. Ihrer Enkelin erzählt sie von ihrem Vater. Erst spät hat Leonie die Wahrheit über diesem Mann erkannt, jedoch dazu geschwiegen. Endlich kann sie darüber reden.

Eine Geschichte ist eingebettet um die Geschehnisse um den Hambacher Forst, zugleich eine Nachkriegserzählung. Und natürlich geht es um Heimat. Der Autor zeichnet ein sehr eindrucksvolles Bild vom dörflichen Leben in den Aufbaujahren, aber auch von Bigotterie und Ablehnung. Der Leser erfährt vom Raubbau an der Natur, von Umweltzerstörung und von Menschen, die Aufstehen und Widerstand leisten.

Die Geschichte liest sich leicht und flüssig. Mir gefielen vor allem die starken Frauen, Leonie und Sarah. Der Roman lasst nicht kalt, er berührt und regt zum Nachdenken an, trotz einiger Längen.

Fazit: Unbedingt lesen.

Bewertung vom 23.08.2020
Ein Sommer auf Sylt (ungekürzt) (MP3-Download)
Wolf, Lena

Ein Sommer auf Sylt (ungekürzt) (MP3-Download)


weniger gut

Leichte Sommerlektüre

Inhalt:

Sylt hat immer Saison und bietet wunderschönes Lokalkolorit für eine charmante Liebesgeschichte: Eigentlich wollte Julia nur eine Auszeit nehmen. Doch nun sitzt sie mit drei Streithähnen im Autozug nach Sylt: ihrer Mutter und zwei Tanten. Die Schwestern sind uneins, was mit dem Haus auf Sylt geschehen soll. Früher haben sie dort unbeschwerte Familienurlaube verbracht - bis sich alle in den gleichen Mann verliebten: Julias Vater. So einfach ist das mit Verkaufen aber ohnehin nicht, denn wie sich herausstellt, ist das Haus vermietet. Und zwar an die letzte Geliebte des Vaters. Notgedrungen kommen Julia und ihr kapriziöser Anhang in einer Pension unter. Zwischen dem Besitzer und Julia knistert es schon bald. Aber damit fangen Julias Probleme erst an ...

Meine Meinung:

Leider kenne ich die Insel Sylt nur über Bücher und TV, so war ich sehr gespannt auf diesen Roman. Tatsächlich hat Lena Wolf mit „Ein Sommer auf Sylt“ einen leichten Roman mit einem interessanten Lokalkolorit vorgelegt.

Die Handlung war leider sehr vorhersehbar, auch wenn es etliche Irrungen und Wirrungen gab. Die liebe Verwandtschaft machte Julia das Leben schwer. Aber auch ihr Verlobter war ein Kaliber für sich. Von den Charakteren gefiel mir am besten Charlotte Engels, die Geliebte des Vaters. Selbst die Hauptprotagonistin Julia konnte meine Sympathie nicht erringen.

Zwei Fragen beschäftigten mich: Was war vorgefallen, dass die Schwester entzweite? Und: Was wirft Julia ihrer Mutter eigentlich vor? Denn das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter war mehr als distanziert.

Die Sprecherin Sandra Voss verstand es, die Figuren gut rüberzubringen, auch die Örtlichkeiten ließ sie bildlich vor meinem inneren Auge erstehen. An ihr lag es also nicht, dass mich die Handlung nicht wirklich fesseln konnte.

Fazit: Eine leichte Sommerlektüre für romantisch veranlagte Frauen.

Bewertung vom 22.08.2020
Wilde Freude
Chalandon, Sorj

Wilde Freude


ausgezeichnet

Tanz zwischen Leben und Tod

Inhalt:
Jeanne, die Buchhändlerin, erhält die Alptraumdiagnose Krebs. In ihrer linken Brust wird ein 23 mm großer Knoten festgestellt. Jeanne nennt ihren Krebs Kamelie. Sie hofft auf die Tage danach, wenn ihre Kamelie verwelkt und sie wieder aufgeblüht ist. Doch zuerst gilt es die OP und die anschließende Chemotherapie mit ihren Nebenwirkungen durchzustehen, danach folgen Bestrahlungen und fünf Jahre Medikamente.

Vor einigen Jahren hatte Jeanne ihren 7-jährigen, von Geburt an erkrankten, Sohn Jules verloren. Seit diesem Tag hatten ihre Augen den Glanz verloren. Matt ihr Mann, hielt nie wieder ihre Hand. Er hatte Jeanne die Schuld an der Erkrankung ihres Sohnes gegeben. Denn in seiner Familie ist niemand krank. Und jetzt verhält er sich wie ein echter Kotzbrocken. Er wirft ihr Grobheiten an den Kopf. Was folgende Szene verdeutlicht:
Jeanne: „Ist irgendwas?
Er zuckt die Schulter.
„Meine Frau hat Krebs, sie wird die Haare verlieren, alles super, warum?“

Jeanne hat wundervolles langes kraftvolles rotes Haar. Sie lässt sich ein Erinnerungsfoto von einem Profifotografen machen. Und dann Schock: erste Haare auf dem Sofa und auf dem Kopfkissen. Matt findet das widerlich, sagt, das Kopfkissen erinnere an den Liegeplatz einer räudigen Katze.

In der Chemo lernt Jeanne Brigitte kennen, auch sie ist an Krebs erkrankt. Sie nimmt Jeanne unter ihre Fittiche. Sie lernt Brigittes Partnerin Assia und eine weitere Leidensgenossin, Melodie kennen. Später zieht sie bei den drei Frauen ein. Ihre Ehe ist nun endgültig zerbrochen. Was die vier Frauen verbindet: Ihnen allen fehlt ein Kind.

Meine Meinung:
Mich hat dieser Roman „Wilde Freude“ von Sorj Chalandon, einem französischen Schriftsteller und Journalisten von der ersten bis zur letzten Zeile nicht mehr losgelassen. Der Autor hat ein ernstes Thema angefasst und in eine spannende Story verwoben. Weniger gut finde ich, dass der Klappentext zu viel von der Handlung vorwegnimmt. Dieser Kritikpunkt geht an den Verlag. Auch der Titel ist irreführend gewählt, denn von wilder Freude ist nirgendwo was zu spüren.

Trotzdem ein starker Roman der mich berührt hat. Chaladon schreibt an keiner Stelle rührselig.. Er schreibt authentisch. Ich lerne in meinem Job Frauen kennen, die an diesem Krebs erkrankt sind. Genauso schildern sie mir ihre Nebenwirkungen, und ihre Geschichten gleichen der von Jeanne.

Zugegeben, ein bisschen erinnert der Roman an Thelma und Luise, aber wirklich nur ein bisschen.

„Wilde Freude“ übte auf mich eine ungemein starke Sogwirkung aus… Ich wollte wissen wie es mit den Frauen ausgeht. Wird alles gut? Nein, es wird nicht alles gut, jedenfalls nicht, wie es sich der Leser wünschen würde. Aber so ist das Leben nicht. Und dennoch wird alles gut.

Ich habe mitgelitten, ich war eine von den Frauen, die sich untereinander so viel geben. Die für einander da sind, und die in ihrer Solidarität sogar bereit sind Grenzen zu überschreiten.

Ich vergebe dennoch, die volle Punktzahl, denn für den Klappentext ist der Verlag verantwortlich.