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MaWiOr
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Halle

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Insgesamt 3533 Bewertungen
Bewertung vom 12.03.2024
Beklaute Frauen
Schöler, Leonie

Beklaute Frauen


ausgezeichnet

In der Vergangenheit wurde Frauen häufig nur als Muse, Mitarbeiterin, Sekretärin oder Ehefrau von erfolgreichen Männern angesehen. Die Historikerin und Journalisten Leonie Schöler stellt in ihrem neuen Buch nun „beklaute Frauen“ vor, die im Schatten der Männer standen. Häufig wurden sie gebremst, ausgenutzt und ihrer Chancen beraubt. In sechs ausführlichen Kapiteln würdigt Schöler ihr Schaffen und Wirken.

Die Palette der „unsichtbaren Heldinnen der Geschichte“ reicht von den Frauen auf den Barrikaden der Revolution von 1848/49 über die Chemikerin Clara Immerwahr (die sich aus Protest gegen die führende Rolle ihres Mannes Fritz Haber im Gaskrieg das Leben nahm) oder die algerische Malerin Baya (die bereits mit 16 Jahren Werke in Paris ausstellte, wo sich dann Picasso an ihren Motiven bediente) bis hin zu Lise Meitner (der Mitarbeiterin von Otto Hahn, die zwar trotz zahlreicher Nominierungen nie den Nobelpreis erhielt).

Die Autorin will ihre Publikation als augenöffnende Ermutigung verstehen, die starken Frauen der Vergangenheit stärker ins Bewusstsein zu rücken. Schölers Fazit: „Jede beklaute Frau ist kein Einzelfall, sondern Teil eines Systems, das bis heute wirkt.“ Fazit: Sehr lesenswert!

Bewertung vom 11.03.2024
Leonardo, Frida und die anderen
Jouneaux, Camille

Leonardo, Frida und die anderen


ausgezeichnet

Die Neuerscheinung aus dem Prestel Verlag stellt die Geschichte der letzten 800 Jahre anhand von hundert Künstler*innen und ihrer Werke vor. Das bringt natürlich Einschränkungen mit sich, doch die Kunsthistorikerin Camille Jouneaux hat versucht, neben unerschütterlichen Monumenten der Malerei auch neue Gesichter aufzunehmen. Damit möchte sie, wie sie im Vorwort betont, eine ausgewogene Sicht auf acht Jahrhunderte Malerei bieten.

Die Kunstgeschichte wird nicht anhand der üblichen Epochen vorgestellt, sondern an fünf Kategorien: „Ewige Malerei“ (von Giotto bis Lavinia Fontana), „Triumphale Malerei“ (von Caravaggio bis Charles Le Brun), „Sensible Malerei“ (von Antoine Watteau bis Eugène Delacroix), „Rebellische Malerei“ (von Gustave Courbet bis Gustav Klimt) und „Radikale Malerei“ (von Henri Matisse bis Bansky).

Jede/r Künstler*in wird mit einer Doppelseite vorgestellt, wobei eine Seite einer großformatigen Gemäldeabbildung vorbehalten ist. Die Textseite untergliedert sich in einige Informationskästen zu Besonderheiten des Werkes („Was sehen wir“) und mit einigen Lebensdaten. Darüber hinaus werden Vergleiche zu anderen Künstler*innen gezogen und zahlreiche Begriffe der Kunstgeschichte kurz erläutert. Neben der westlichen Kunst hat Jouneaux auch andere Kontinente und Kulturen miteinbezogen. Fazit: Eine reich illustrierte Kunstgeschichte, die einen informativen und leicht verständlichen Überblick bietet.

Bewertung vom 11.03.2024
Der Garten meines Vaters Karl Foerster
Foerster, Marianne

Der Garten meines Vaters Karl Foerster


ausgezeichnet

Karl Foerster (1874-1970) gilt heute als der bedeutendste Staudenzüchter des 20. Jahrhunderts. Sein rund 5000 qm großer Garten, den der Gartenphilosoph ab 1912 in Potsdam-Bornim anlegte, ist ein grandioses Gesamtkunstwerk. Hier wollte er die Vielfalt von Stauden und Gehölzen demonstrieren, die jede Pflanze als individuelles Wesen berücksichtigt.

Seine Tochter pflegte dieses Gartenparadies über zwanzig Jahre lang und hat ihre Erfah-rungen in einem persönlichen Gartentagebuch niedergelegt, das jetzt zum 150. Geburtstag von Karl Foerster in einer erweiterten und aktualisierten Ausgabe mit neuem Bildmaterial erschienen ist. Es ist längst ein Standardwerk über Leben und Wirken von Karl Foerster. Die Aufzeichnungen unterteilen sich in sieben Jahreszeiten (Vorfrühling, Frühling, Frühsommer, Hochsommer, Herbst, Spätherbst und Winter). Mit ihrem Gespür für Pflanzen und die Ideen ihres Vaters wurde so ein einzigartiges Gartenzeugnis erhalten.

Dem bekannten Fotograf Ferdinand Graf Luckner ist es gelungen, mit neuen Farbaufnahmen die Atmosphäre und die Motive des Foerster-Gartens einzufangen. Die Neuerscheinung wird ergänzt durch eine Geschichte des Bornimer Gartens und eine Auflistung der Lebensdaten von Karl Foerster. Fazit: Ein informatives Gartenbuch zum Verweilen.

Bewertung vom 10.03.2024
Queen Elizabeth II.

Queen Elizabeth II.


ausgezeichnet

Mit siebzig Regierungsjahren war Queen Elizabeth II. die am längsten regierende Monarchin in der Geschichte Englands. In all den Jahren erwarb sie sich den Ruf, pflichtbewusst und besonnen die britische Monarchie zu führen. Ihr kam es auch zu, die angestaubte Monarchie in die Neuzeit zu führen. Am 8. September 2022 war die Queen im Beisein ihrer Familie friedvoll auf ihrem Landsitz Balmoral in Schottland verstorben.

Der prächtige Bild-Text-Band würdigt die Verdienste und die weltweite Anerkennung der Queen. Über 200 Fotos aus dem langen Leben lassen noch einmal die wichtigsten Stationen von ihrer Kindheit über die Krönung bis zum Platin-Jubiläum und dem Tod ihres langjährigen Gatten, Prinz Philipp, Revue passieren. Aber auch Fotos von den zahlreichen Treffen mit Staatsoberhäuptern oder eher private Fotos von der Familie, den Kindern und Enkelkindern bereichern den repräsentativen Band.

Das Highlight der Neuerscheinung sind aber 15 Faksimiles, die in separaten Taschen beigefügt wurden (u.a. Zeitungsartikel, Skizzen von Modekleidern, handgeschriebene Briefe oder vier Briefmarken zum Silbernen Thronjubiläum 1977). Fazit: Ein wunderbares und hochwertiges Erinnerungsbuch.

Bewertung vom 10.03.2024
Kuchen, Torten, Teilchen

Kuchen, Torten, Teilchen


ausgezeichnet

Torten, Kuchen oder Gebäck, sie passen zu jedem Anlass: ob Besuch, Feier oder Kaffeekränzchen. Die Neuerscheinung präsentiert sechzig erprobte Rezepte aus der Landfrauenküche – von Obstkuchen über Sahnetorte bis zu Quarktaschen. Hier nur eine kleine Auswahl: Erdnusskuchen mit salzigem Karamell, Buttermilchtorte mit Holunderblütensirup, Zwiebacktorte mit Preiselbeeren oder Spekulatiusmuffins. Es sind durchaus etwas außergewöhnliche Kreationen.
Alle Rezepte sind ausführlich beschrieben mit den Zutaten und der Zubereitung (auch mit der Backzeit). Ein ganzseitiges Farbfoto macht dann schon Appetit. Zu jedem Rezept gibt es außerdem einen Hausfrauen-Tipp. Die Ringbindung und die stärkeren Seiten machen das Rezeptbuch absolut küchentauglich. Fazit: ein toller Ratgeber für das Backvergnügen.

Bewertung vom 27.02.2024
Die Natur eines Verbrechens
Conrad, Joseph;Ford, Ford Madox

Die Natur eines Verbrechens


ausgezeichnet

Der Kurzroman „Die Natur eines Verbrechens“ ist eine Kriminalerzählung von sechzig Seiten. Ein vermeintlich wohlhabender Geschäftsmann gesteht seiner Geliebten in Rom per Brief, dass er vor dem Nichts steht. Ihm bliebe nur der Selbstmord. In dem Schreiben und weiteren Briefen gibt er Erinnerungen, die manchmal Lebenslügen sind, preis, lüftet ein Geheimnis über eine Unterschlagung immensen Ausmaßes und kommt schließlich auch auf Gott und die Welt zu sprechen. Für diese Bekenntnisse nahm sich der Briefschreiber drei Tage Zeit. Am Ende ein Telegramm, das die Adressatin vor dem Päckchen mit den Briefen erhält. Sie soll über ihn verfügen auf Leben und Tod. Der endgültige Urteilsspruch liegt in ihren Händen.

Die Besonderheit der Neuerscheinung, ein lange vernachlässigtes Werk, ist, dass es von zwei berühmten Schriftstellern verfasst wurde: Joseph Conrad (1857-1924) und Ford Madox Ford (1873-1939). Und so nimmt die interessante und aufschlussreiche Dokumentation über die Zusammenarbeit der beiden und die Entstehung des gemeinsamen Werkes den Großteil der Neuerscheinung ein. In seinem Nachwort gibt der Germanist einen ausführlichen Überblick zu dem Werk, seinem Erscheinen und zur Biografie der beiden Schriftsteller.

Bewertung vom 27.02.2024
Hühner-Glück
Naudain-Huet, Christian

Hühner-Glück


ausgezeichnet

Hühner halten im eigenen Garten liegt im Trend. Die Anzahl der privaten Hühnerhalter ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Naturverbundenheit und Selbstversorgung sind die Antriebsfedern. Doch Hühner sind keine Haustiere wie Hund und Katze. Jeder sollte sich der Aufgaben und der Verantwortung bewusst sein.

Die Neuerscheinung „Hühner-Glück“ will Einsteiger*innen Mut machen und wertvolle Tipps an die Hand geben. Alles Wissenswertes rund ums Huhn wird in sechs Kapiteln ausführlich vorgestellt. Angefangen von sachkundigen Informationen zu Herkunft, Verhalten und Hühnerrassen über artgerechte Haltung und Schutz und Pflege bis zu Nachwuchs im Hühnerhof. Die Palette der praxiserprobten Tipps reicht vom Hühnerkauf (Rasseauswahl) über das Einrichten des Hühnerstalls, die notwendige Hygiene, Fütterung, Kükenaufzucht, Integration neuer Hühner bis zum Gestalten des Auslaufs. Dazu gibt es jede Menge Einblicke in das vielfältige Verhaltensrepertoire der neugierigen und zutraulichen Federtiere.

Alle Informationen und Tipps werden in zahlreichen Textabschnitten kurz und bündig erklärt, sodass ein schnelles Auffinden garantiert ist – illustriert mit realitätsnahen Zeichnungen von Julien Norwood. Für Anfänger*innen besonders hilfreich Hinweise auf Anfangsfehler, ein Putzplan für den Hühnerstall oder das Anlegen eines Bestandsbuches. Im Anhang finden sich ein Glossar mit Erklärungen zu Fachbegriffen sowie verschiedene nützliche Adressen von Züchtern und Verbänden. Fazit: Dieses Buch bietet kompaktes Hühnerwissen – übersichtlich und leicht verständlich.

Bewertung vom 27.02.2024
Straße der Romanik
Antz, Christian

Straße der Romanik


ausgezeichnet

Die „Straße der Romanik“ durchquert in Form einer Acht auf einer Länge von über 1000 km ganz Sachsen-Anhalt. Die Straße teilt sich in eine 425 km lange Nord- und eine 718 km lange Südroute. Im Schnittpunkt der beiden Routen liegt Magdeburg, die Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts.

Die „Straße der Romanik“, die viele Bauwerke aus der Ottonenzeit aufzuweisen hat, ist mit ihren knapp 80 Bauwerken touristisch gut erschlossen, der Besucher wird durch einen charakteristischen Wegweiser sicher geleitet und begleitet. Die Romanik umfasst die Zeit von etwa 950 bis 1250 und verbindet römische, fränkisch-karolingische und arabische Elemente zu einem einheitlichen Stil. Bei den romanischen Bauwerken handelt es sich fast ausschließlich um Sakralbauten, die sich durch ihre Schlichtheit und klare Gliederung auszeichnen.

Der Kunsthistoriker Christian Antz nimmt die Leser*innen mit auf eine Entdeckungsreise durch das Mittelalter. Seine fotografische Tour entlang der „Straße der Romanik“ hat er dabei in fünf Abschnitte unterteilt: Altmark, Magdeburger Börde, Harzgebirge, Burgenland und „von der Saale an die Elbe“. Die ausführlichen Beschreibungen der Bauwerke sind mit großformatigen (teilweise ganzseitig) und wunderbaren Farbabbildungen illustriert, die die Schönheit und die Besonderheiten der Romanik zeigen. Ein Glossar am Ende erläutert einige Fachbegriffe und auf einer Karte sind alle Stationen der „Straße der Romanik“ verzeichnet.

Bewertung vom 26.02.2024
Kafka. Um sein Leben schreiben.
Safranski, Rüdiger

Kafka. Um sein Leben schreiben.


ausgezeichnet

Für den Literaturwissenschaftler und Philosophen Rüdiger Safranski ist der Ausnahmeschriftsteller Franz Kafka ein Beispiel dafür, was Schreiben im Extremfall für das Leben bedeuten kann, wie alles dieser Manie untergeordnet wird. Zum diesjährigen 100. Geburtstag von Kafka hat Safranski daher eine Biografie herausgebracht, die Kafkas Leben ganz aus seinem Schreiben heraus schildert.

Der Autor beobachtet Kafka gewissermaßen beim Schreiben, um seinen mitunter ge-heimnisvollen Texten auf die Spur zu kommen. Dazu vergleicht er Auszüge aus seinen Werken mit Einträgen in seinen Tagebüchern und mit der Korrespondenz. Neben der Wechselwirkung von Schreiben und Leben beleuchtet Safranski auf den 250 Seiten auch mit den prägendsten biografischen Stationen. Dazu gibt es auch einige Inhaltszusammen-fassungen der wichtigsten Werke. Sicher ein guter Einstieg für Kafka-Neulinge, aber auch für Kafka-Kenner eine interessante Lektüre.

Dieser literarisch-biografische Essay ist nun in einer ungekürzten Lesung Random House Audio (mp3, Gesamtspielzeit 8,5 Std.) erschienen – gelesen von Frank Arnold, dem es wunderbar gelingt, Safranskis Erfahrungen und Gedanken zum Werk von Franz Kafka hörbar zu machen.

Bewertung vom 26.02.2024
Das Philosophenschiff
Köhlmeier, Michael

Das Philosophenschiff


ausgezeichnet

Als „Philosophenschiff“ bezeichnete man jene Schiffe, mit denen nach der bolschewistischen Revolution von 1922 missliebige Intellektuelle in der Sowjetunion außer Landes gebracht wurden. Auf Befehl Lenins sollen sie ins Exil.

In dem neuen Roman des österreichischen Schriftstellers Michael Köhlmeier treibt so ein Philosophenschiff tagelang und still auf offener See im Finnischen Meerbusen. An Bord befinden sich gerade einmal zwölf unliebsame Passagiere. Darunter die 100-jährige Anouk Perleman-Jacob, ehemals eine berühmte Architektin aus St. Petersburg. Sie erzählt dem Schriftsteller (ja Köhlmeier ist selbst eine Romanfigur) ihre bedrückende Familiengeschichte, damit er daraus ein Buch machen kann. Und Köhlmeier lässt die hochbetagte Anouk sehr anschaulich von ihrer Vergangenheit berichten. Schließlich wird ein letzter und geheimnisvoller Passagier an Bord gebracht: es ist der schwerkranke Lenin, der nun selbst Opfer diktatorischer Machenschaften geworden ist.

Im Hörverlag ist nun eine vollständige Lesung der spannenden Geschichte erschienen, die geschickt historische Fakten mit Fiktion verknüpft. Der Reiz des mp3-Hörbuchs (Dauer immerhin rund 7 Std.) liegt darin, dass es vom Autor selbst vorgetragen wird. Mit seiner wunderbaren Erzählerstimme bringt Köhlmeier nicht nur die Familiengeschichte sondern auch die politische Situation in der Sowjetunion zu Beginn der 1920er Jahre zu Gehör. Sehr empfehlenswert!