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SimoneF

Bewertungen

Insgesamt 384 Bewertungen
Bewertung vom 12.04.2024
Die Farbe Lila
Walker, Alice

Die Farbe Lila


ausgezeichnet

Nach ca. 40 Jahren erschien der weltberühmte Klassiker „Die Farbe Lila“ von Alice Walker in einer neuen Übersetzung, die dem heutigen Bewusstsein sensibler Sprache entspricht und diskriminierende Begriffe umschreibt. Ich kenne die alte Übersetzung nicht, finde jedoch die neue sehr gelungen und überaus lesenwert.
„Die Farbe Lila“ ist ein Briefroman, in dem die Afroamerikanerin Celie ab ihrem 15. Lebensjahr und über einen Zeitraum von gut 30 Jahren in Briefen, die sie an den Lieben Gott richtet, aus ihrem Leben schreibt. In der zweiten Hälfte kommen noch an Celie gerichtete Briefe ihrer Schwester hinzu. Celies Sprache spiegelt ihren niedrigen Bildungsstand wieder, statt „an einen Mann und dessen Frau“ sagt sie beispielsweise „an einen Mann und dem seine Frau“, den Komparativ bildet sie mit „wie“ statt „als“. Dennoch liest sich der Roman sehr angenehm und besitzt einen sehr eingängigen Sprachrhythmus.
Die Romanhandlung ist nicht genauer datiert, spielt aber in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Dies zeigt sich etwa daran, dass gegen Ende beiläufig der zweite Weltkrieg erwähnt wird. Celies Lebenswelt ist hart, geprägt von patriarchalen Strukturen, Misogynie, Inzest und Gewalt. Frauen werden behandelt wie Ware, ihr Leben zählt nichts, sie sind ihrem Mann auf Leben und Tod ausgeliefert und haben bedingungslos zu gehorchen. Doch im Laufe ihres Lebens begegnet Celie starken Frauen, die – obwohl sie teils hart dafür bezahlen – für ihre Unabhängigkeit kämpfen und sich widersetzen. Diese Frauen setzen auch bei Celie eine Entwicklung in Gang, und insbesondere die Liebe zu Shug Avery hilft ihr, ihre eigene Stärke zu erkennen. Die Freundschaft und der Zusammenhalt zwischen den Frauen untereinander, die trotz wechselnder Familien- und Beziehungskonstellationen zusammenhalten und letztlich mit- und aneinander wachsen, ist ein zentrales Element dieses Romans.
Auch Rassismus und Diskriminierung spielen eine wesentliche Rolle, ebenso wie die Suche der afroamerikanischen Bevölkerung nach ihrer Identität. Anhand der Briefe von Celies Schwester wird auch die Missionarsarbeit in Afrika und die Ausbeutung der nativen Bevölkerung durch die Kolonialherren und Plantagenbesitzer thematisiert, die die dort seit Jahrhunderten siedelnden Stämme ihres Lebensraums und ihrer Lebensgrundlage berauben.
Ein sehr berührender, nachdenklich stimmender Roman, der noch lange im Gedächtnis bleibt.

Bewertung vom 12.04.2024
Der Hamster mit der Löwenmähne
Garma-Berman, Nicolas

Der Hamster mit der Löwenmähne


gut

Da dieser Roman marketingseitig mit dem Charme des Films „Die fabelhafte Welt der Amelie“ verglichen wurde und dies einer meiner absoluten Lieblingsfilme ist, wollte ich „der Hamster mit der Löwenmähne“ unbedingt lesen. Gewisse Parallelen zeigen sich durchaus. Die Protagonistin Eva, eine Tierpräparatorin, hat ebenfalls früh ihre Mutter verloren, sie ist introvertiert, melancholisch, lebt sehr zurückgezogen und hat Angst davor, auf ihr Glück zu vertrauen. Doch anders als Amelie fehlt Eva das Leichtfüßige, die innere Zugewandtheit gegenüber ihren Mitmenschen und die lebensbejahende Einstellung. Bei Eva überwiegt das Eigenbrötlerische, Abweisende, die depressive Grundhaltung. Amelies Rolle als findige Glücksstifterin übernimmt in gewisser Weise eine andere Person im Buch, die ich hier nicht verraten möchte.
Ich hatte generell Schwierigkeiten, zu den Figuren des Buches eine Beziehung aufzubauen. Sie wirkten auf mich sehr konstruiert, mehr künstlich als lebendig, und es gelang mir nicht, mit Ihnen wirklich mitzufühlen. Insbesondere die beiden Polizisten waren zu abstrus und albern, um noch glaubwürdig zu sein. Der sechsjährige Junge des Nachbarn war für mich ebenfalls nicht authentisch, da seine Sprache viel zu erwachsen klang („Sensationell!“/“Majestätisch!“/“Beachtlich!“). Zudem fragte ich mich, wie es Eva gelingen konnte, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, nachdem ihre Präparationswerkstatt nicht gerade einträglich lief. Am besten gefielen mir die Momente, in denen Eva und ihr Nachbar Marco aufeinandertrafen und sich zwischen den beiden schlagfertige, ironisch-humorvolle Dialoge ergaben.
Insgesamt eine unterhaltsame, ungewöhnliche Geschichte, verzaubern konnte sie mich allerdings nicht.

Bewertung vom 12.04.2024
Der Tunnelbauer (MP3-Download)
Nielsen, Maja

Der Tunnelbauer (MP3-Download)


ausgezeichnet

2024 jährt sich die Gründung der beiden deutschen Staaten zu 75. Mal, und es sind genau 60 Jahre vergangen, seit durch den erfolgreichsten aller Fluchttunnel 57 Menschen in den Westen gelangten. Passend hierzu erscheint das Hörbuch "Der Tunnelbauer" von Maja Nielsen, in dem die bewegende Geschichte von Joachim (Achim) Neumann erzählt wird, der selbst kurz nach dem Mauerbau mit 18 Jahren in den Westen floh und am Bau mehrerer Fluchttunnel beteiligt war, unter anderem an dem erwähnten Tunnel 57.

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Perspektive von Achim und seiner Freundin Christa, der Achim von Westberlin aus zur Flucht aus der DDR verhelfen möchte, erzählt. Im Hörbuch werden beide von unterschiedlichen Sprecher*innen dargestellt: Mio Lechenmeyer verstimmlicht Achim und Diana Gantner liest Christa. Beide haben eine sehr angenehme Stimme und ein gutes Sprechtempo, so dass ich ihnen sehr gerne zugehört habe. Ihr Vortrag lässt die Risiken einer Flucht, die dramatischen Umstände der Fluchttunnel und die emotionale Belastung und Anspannung aller Beteiligten lebendig werden. Besonders gut gefällt mir, dass der echte Achim Neumann am Anfang und Ende selbst zu Wort kommt (auch eine ganz tolle Stimme, ich hätte ihm gerne noch länger zugehört!). Im Nachwort erzählt er, was aus den realen Vorbildern der im Hörbuch erwähnten Fluchthelfer geworden ist (Alle im Hörbuch vorkommenden Personen hat es tatsächlich gegeben, aus Datenschutzgründen werden sie aber bis auf Christa und Achim nicht mit ihrem richtigen Namen genannt.). Dies rundet das Buch hervorragend ab.

Maja Nielsen hat den Inhalt perfekt auf eine jugendliche Zielgruppe ab ca. 14 Jahren abgestimmt. Geschickt verwebt sie Informationen über die ideologische Ausgangssituation in der DDR, das gesellschaftliche Klima und die Gefahren einer Republikflucht für den Flüchtenden und seine Angehörigen mit einer spannend erzählten Geschichte.

Fazit: Gleichzeitig lehrreich und sehr lebendig erzählt "Der Tunnelbauer" ein beeindruckendes Stück deutscher Geschichte. Ich möchte es jedem Jugendlichen und auch allen Lehrern der Mittel- und Oberstufe dringend ans Herz legen.

Bewertung vom 04.04.2024
Die Zeit im Sommerlicht
Laestadius, Ann-Helén

Die Zeit im Sommerlicht


ausgezeichnet

Vor einiger Zeit habe ich eine Reportage über das Volk der Samen gesehen, und so hat mich die Beschreibung des Romans "Die Zeit im Sommerlicht" sofort interessiert. Sehr gefühlvoll erzählt Ann-Helen Laestadius, selbst Samin,  anhand der Protagonist*innen Else-Maj, Marge, Jon-Ante, Nilsa und Ann-Risten von den Nomadenschulen und den lebenslangen psychischen und auch körperlichen Folgen, an denen die ehemaligen Schüler und Schülerinnen dieser Einrichtungen litten. Bis in die 1960er Jahre hinein mussten Kinder samischer Rentierzüchter gesonderte Nomadenschulen besuchen, auf denen sie nur nach vereinfachtem Lehrplan unterrichtet wurden und wo Ihnen die samische Sprache und Kultur verboten war. Die Personen des Romans sind fiktiv, doch die Autorin schreibt in ihrem Nachwort, dass ihre Mutter noch eine solche Schule besuchen musste und die erzählte Geschichten auf realen Begebenheiten beruhen. Demnach waren die Kinder auf den Internaten der Nomadenschulen systematischer  Diskriminierung, Rassismus, Willkür und körperlicher Gewalt ausgesetzt. 

Der Roman springt immer wieder zwischen zwei Zeitebenen hin und her: In den frühen 50er Jahren begleitet er die noch jungen  Protagonist*innen auf die Nomadenschule, und 1985/1986 zeigt er das Leben der inzwischen ca. 40jährigen Erwachsenen und ihrer Familien. Die Erfahrungen der Schulzeit haben bei allen tiefe Spuren hinterlassen, wirken bis in die nächste Generation hinein, und jede*r versucht auf seine eigene Weise damit umzugehen. In jedem der 54 Kapitel steht eine/einer der fünf Protagonist*innen im Mittelpunkt, und wir erleben die Geschehnisse aus seiner bzw. ihrer Sicht. Besonders ans Herz gewachsen sind mir hier Marge und Jon-Ante. Mit viel Liebe beschreibt die Autorin den Familienzusammenhalt der Samen und die tiefe Zuneigung zwischen Eltern, Großeltern und Geschwistern, die ohne große Worte auskommt. Ebenso deutlich wird, welch hohen Stellenwert die Rentiere nicht nur wirtschaftlich, sondern auch emotional und kulturell für die Samen haben. Die Bedrohung des Lebensraums der Rentiere durch Bergbau, Forstwirtschaft, Tourismus und Umweltverschmutzung ist daher für die Samen von existenzieller Bedeutung und klingt auch im Roman immer wieder an. So führt Jon-Antes Tätigkeit als Bergmann zu  innerfamiliären Diskussionen, und auch die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl wird thematisiert. 

Der Schreibstil des Romans hat mir sehr gut gefallen. Er ist voller Wärme und Zuneigung für die Figuren und das Volk der Samen, und dabei gleichzeitig klar und direkt. Deutlich spürbar ist die Kritik an den Verantwortlichen der Nomadenschulen und der schwedischen Kirche, die Trägerin der Schulen war. Das Schicksal der Kinder hat mich sehr bewegt, und die Misshandlungen der Kinder erinnern an ähnliche Berichte aus Kinderheimen und Internaten auch in Deutschland. Es macht mich immer wieder sprachlos, mit welcher Gefühlskälte sogenanntes pädagogisches Personal den  Kindern begegnet ist. 

Ein sehr lesenswertes Buch, das die Minderheit der Samen und ihre systematische Unterdrückung in den skandinavischen Ländern bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts in den Mittelpunkt rückt.

Bewertung vom 31.03.2024
Italien
Maas, Annette

Italien


ausgezeichnet

Mein Sohn und ich sind große Fans der Länderreihe von ars Edition und kennen bereits die Bücher zu Island und Japan. Der neue Band zu Italien wurde also mit Spannung erwartet, zumal in der Schule gerade die Länder Europas durchgenommen wurden.
Auf 80 Seiten nimmt uns das Buch mit auf eine spannende Reise durch Italien, wobei sich jeweils eine Doppelseite einem bestimmten Landesaspekt widmet. Das Buch ist durchgehend ganzseitig farbig illustriert und bereits das Durchblättern macht viel Freude. Die Themen sind vielseitig gewählt und reichen von den Gebirgen, Seen und Vulkanen über Design, Sprache, Oper, Speisen und diversen Städten bis hin zur Schule und typisch italienischen Traditionen. Hierbei gibt sich die Autorin Annette Maas sehr viel Mühe, auch Überraschendes und weniger Bekanntes zu thematisieren wie etwa die Tuffsteinhöhlen von Matera, die Beziehung Friedrichs II. zu Italien und sein Castel del Monte oder das Dorf Tellaro, das der Sage nach von einem Tintenfisch gerettet wurde. Auch Anekdoten aus Goethes Italienreise werden mehrmals eingeflochten. Bemerkenswert ist auch, dass sich zwei Kapitel großen und zum Teil wenig bekannten Frauen widmen. Hierfür fehlen im Gegenzug bekannte italienische Attraktionen wie etwa das Colosseum oder der Archäologiepark von Pompeji, die man vielleicht erwartet hätte.
Das Buch bietet einen ausgewogenen und sehr vielseitigen Mix an interessantem und teilweise erstaunlichem Wissen zu Italien und eignet sich perfekt für Kinder ab ca. 10 Jahren. Auch als Erwachsene hatte ich wieder viel Freude daran, dieses Sachbuch zusammen mit meinem Sohn zu entdecken. Wir hoffen sehr, dass diese Reihe noch weiter fortgesetzt wird. Sie ist eine echte Bereicherung für jedes Bücherregal ab der 4./5. Klasse und auch eine tolle Geschenkidee!

Bewertung vom 31.03.2024
Physio @Home
Lämmle, Vanessa

Physio @Home


ausgezeichnet

Da ich seit einigen Wochen Bandscheibenprobleme im unteren Rücken habe, bin ich auf dieses Buch aufmerksam geworden und habe es mir als ebook zugelegt.
Im einleitenden Abschnitt erklärt Vanessa Lämmle, warum regelmäßige Bewegung für den Körper essentiell und die wichtigste Präventionsmaßnahme gegen Beschwerden ist. Zudem gibt sie hier Tipps, wie es gelingen kann, mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren, denn: „Jede Bewegung zählt!“
Anschließend folgt der konkrete Übungsteil, der aus den Kapiteln „Fokus Rücken“, „Fokus Arme“ und „Fokus Beine“ besteht, wobei die einzelnen Übungen in die Schwerpunkte „Sofort-Hilfe“, „mehr Beweglichkeit“ und „mehr Kraft“ unterteilt sind. Jedes Kapitel enthält zudem interessantes medizinisches Hintergrundwissen zum Bewegungsapparat, das durch aussagekräftige Illustrationen ergänzt wird. Für die Übungen sind lediglich Hilfsmittel notwendig, die jeder zuhause hat, also etwa eine Matte, ein Stuhl oder eine Wand. Die einzelnen Schritte sind gut verständlich beschrieben und farbig bebildert. Da meine letzten gymnastischen Versuche schon 10 Jahre her sind, benötigte ich zunächst einige Anläufe, um die Übungen korrekt umzusetzen und dabei auch noch an die richtige Atemtechnik zu denken, aber dann hatte ich den Dreh raus, und sogar Spaß am Training, zumal ich spüre, dass sich meine Beschwerden nach inzwischen 10 Tagen deutlich bessern.
Den Abschluss bildet ein 30-Tage-Trainingsplan für die gesamte Körpermuskulatur, den ich mir bisher noch nicht angesehen habe, da ich mich zunächst auf meine Rückenproblematik fokussiert habe.
Besonders gut gefällt mir der sachliche, fokussierte und nüchterne Schreibstil. Der Schwerpunkt liegt klar auf den physiotherapeutischen Übungen, die Autorin Vanessa Lämmle tritt als Person völlig in den Hintergrund und besticht stattdessen durch ihr fundiertes Wissen und ihre Fachkompetenz. Im Gegensatz zu manch anderen Gesundheitsbüchern am Markt, die auf Personenkult setzen, eine wohltuende Ausnahme.
Ich bin sehr motiviert, meine Übungen fortzusetzen und auf die anderen Körperbereiche auszuweiten. Da ich nur sehr ungern Kurse besuche und lieber zu Hause für mich üben möchte, eignet sich dieses Buch perfekt für mich und ich kann es nur wärmstens weiterempfehlen!

Bewertung vom 27.03.2024
Hinauf ins Himmelblau
Accinelli, Gianumberto

Hinauf ins Himmelblau


sehr gut

Mit „Hinauf ins Himmelblau“ folgt nach „Hinab ins Tiefe Blau“ das zweite Buch von Gianumberto Accinelli. Diesmal nimmt er die Leserinnen und Leser ab 8 Jahren mit auf eine spannende Reise in die Weiten des Himmels. Wieder wird das Buch nicht von links nach rechts, sondern von unten nach oben gelesen, und beginnend in den bodennahen Schichten bewegt man sich Seite um Seite bis in die äußersten Grenzen Erdatmosphäre.
Das gesamte Buch wurde von Giulia Zaffaroni reichhaltig und farbenfroh illustriert, wobei der Blauton des Hintergrunds mit fortschreitender Höhe immer dunkler wird und von Hellblau bis zu tiefstem Nachtblau wandert. Am linken Rand ist auf jeder Seite eine fortlaufende Höhenskala angebracht. Es ist interessant zu erfahren, welche Lebewesen bis in welche Höhen aktiv sind – wer hätte gedacht, dass sich Marienkäfer noch in 2 km Höhe aufhalten, und dass man Spinnen noch in knapp 18 km Höhe begegnen kann? Das Buch ist untergliedert in die fünf Erdschichten Troposphäre (mit bodennahen Schichten, Planetarer Grenzschicht und Freier Atmosphäre), Stratosphäre, Mesosphäre, Thermosphäre und Exosphäre, die den Übergang zum interplanetaren Raum bildet. Die Besonderheiten jeder Schicht werden altersgerecht erläutert. An verschiedenen Stellen der Höhenskala sind bestimmte Tiere, Ereignisse, Phänomene oder Raumfahrtmissionen abgebildet und werden in einem kurzen Text näher erklärt, und auch Abschnitte zum Ozonloch oder der globalen Erwärmung sind vorhanden. Allerdings sind nicht alle Bilder mit einem Text versehen, und ich hätte ich mir noch mehr Informationen gewünscht. Auf einigen Seiten befinden sich lediglich Illustrationen von Tieren (Bekassinen, Weißkopf-Seeadler, Kranich, Andenkondor, etc.) oder Raumfahrtmissionen ohne weitere Erklärungen, etwa zu Sputnik 1 oder zu Leika (Sputnik 2). Dass v.a. letztere nicht beschrieben werden – immerhin handelt es sich um den ersten künstlichen Erdsatelliten bzw. das erste vom Menschen ins All beförderte Lebewesen – ist sehr schade. Platz wäre genügend vorhanden.
Fazit: Auch wenn ich mir noch die ein oder andere Zusatzinformation gewünscht hätte, insgesamt ein sehr schönes und lehrreiches Buch für Kinder ab ca. 8 Jahren, das sich auch sehr gut als Geschenk eignet.

Bewertung vom 27.03.2024
Ein Schuljahr voller Zauberei - Schulfest statt Mathetest (Ein Schuljahr voller Zauberei 2)
Zang, Tina

Ein Schuljahr voller Zauberei - Schulfest statt Mathetest (Ein Schuljahr voller Zauberei 2)


gut

„Schulfest statt Mathetest“ ist der zweite Teil der vierbändigen Reihe „Ein Schuljahr voller Zauberei“. Während im ersten Band Elena und Felix im Mittelpunkt stehen, wechselt der Fokus hier zu Meryem und Felix, und Elena tritt nur noch als Randfigur auf. Meinen Sohn hat das zunächst erstaunt, doch es bietet die Möglichkeit, nun andere Kinder der Klasse besser kennenzulernen.
Lehrer Blitzke hat die Klasse in Verdacht, hinter den unerklärlichen magischen Vorkommnissen im Klassenzimmer zu stecken, und möchte die Kinder durch Projektarbeit von weiteren Streichen abhalten. Da das Schulfest ansteht, sollen die Schüler und Schülerinnen in Gruppen einem kleinen Bühnenbeitrag ausarbeiten. Der beste Beitrag wird mit einer Medaille belohnt.
Der erste Band war sehr lustig zu lesen, und wir hatten auf eine ebensolche Fortsetzung gehofft. Leider zündet der Humor im zweiten Band nicht so richtig, Blitzkes „Versprecher“ mit der jeweils folgenden doppelten Korrektur sind allzu vorhersehbar und nutzen sich ab, ebenso die sprachlichen Eigenheiten des Lehrers Frohgemut („ungewöhnlich, ausgesprochen ungewöhnlich“, „hervorragend, regelrecht hervorragend“, etc, und er kann sich Blitzkes Namen nicht merken). Anhand der liebevoll angelegten Figur von Simon zeigt die Autorin, dass auch Kinder, die sehr zurückhaltend sind und Lernschwierigkeiten haben, oftmals verborgene Talente besitzen und ein ebenso wertvoller Bestandteil der Klassengemeinschaft sind wie alle anderen Kinder auch. Dies ist sehr schön dargestellt. Leider sind die Charaktere insgesamt recht stereotyp und eher oberflächlich, hier hätte ich mir etwas tiefer ausgearbeitete Figuren gewünscht. Bei der Handlung vermissen mein Sohn und ich originelle magische Einfälle und Spannung, sie plätschert eher etwas brav vor sich hin. Insgesamt sehe ich das Buch eher als Vorlesebuch für 5-8jährige Kinder, für ältere Selbstleser ist mir die Geschichte nicht komplex genug.

Bewertung vom 27.03.2024
Und Großvater atmete mit den Wellen
Teige, Trude

Und Großvater atmete mit den Wellen


sehr gut

Nachdem ich „Als Großmutter im Regen tanzte“ mit großer Begeisterung verschlungen hatte, war ich nun sehr gespannt auf „Und Großvater atmete mit den Wellen“. Während der erste Band die Geschichte von Juni Bjerkes Großmutter Tekla erzählt, steht hier ihr Großvater Konrad im Mittelpunkt. Der zweite Teil lässt sich jedoch auch ohne Kenntnis des ersten Teils lesen.
Während im ersten Buch die Figur Juni Bjerke als Ich-Erzählerin mit eigenem Handlungsstrang auftrat, tritt sie hier komplett in den Hintergrund und taucht nur als fiktive Autorin von Vor- und Nachwort auf, die die eigentliche Geschichte flankieren.
Konrad heuert als junger Mann wie sein älterer Bruder Sverre als Seemann auf der Anitra an, einem zivilen Handelsschiff. Während des Zweiten Weltkrieges transportiert dieses Treibstoff für die Alliierten nach Australien und wird von Japan mit Torpedos angegriffen. Konrad und Sverre werden hierbei getrennt, Konrad überlebt knapp und landet in einem Krankenhaus auf der von Japan besetzten Insel Java, wo er die junge norwegische Krankenschwester Sigrid kennenlernt. Beide werden von den Japanern in getrennten Arbeitslagern interniert und kämpfen um ihr Überleben, getragen von der Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft nach dem Krieg.
Die Geschichte wird chronologisch aus einer personalen Erzählperspektive geschildert, die kapitelweise zwischen Konrad, Sigrid und – seltener – Sverre wechselt. Trude Teige schreibt lebendig, und mitreißend, so dass ich mich sehr gut in die einzelnen Personen hineinversetzen und mitfiebern konnte. Sie hat auch für dieses Buch wieder historische Fakten und Zeitzeugenberichte recherchiert und vermittelt ein eindrückliches Bild von den Umständen in Indonesien während des Zweiten Weltkrieges, den grausamen Internierungslagern der Japaner und den Unabhängigkeitsbestrebungen der Indonesier von der niederländischen Kolonialherrschaft. An manchen Stellen wirkt das Buch hierdurch allerdings etwas hölzern, wenn allzu deutlich „Informationsdialoge“ zwischen den Charakteren dazu dienen, den Kriegsverlauf und politische oder gesellschaftliche Zustände zu vermitteln.
Insgesamt kommt für mich der zweite Band leider nicht ganz an den ersten heran, der mich erzählerisch und inhaltlich mehr überzeugt hat. Bei Konrads Geschichte war von vornherein der Ausgang bezüglich Sigrid erwartbar, wenn man bereits den ersten Band kennt, so dass mir hier etwas Spannung fehlte. Der Tekla und Lilla betreffende Teil war eher lieblos und kurz abgehandelt, hier hätte ich mir gewünscht, dass ihr gemeinsames Leben mehr Raum einnimmt. Der größte erzählerische Schwachpunkt ist für mich allerdings, dass völlig unklar bleibt, woher die Enkelin Juni Bjerke plötzlich die Informationen über das Leben ihres Großvaters haben will, da ihre Großeltern, wie im ersten Band deutlich wurde, niemals mit ihr über die Vergangenheit gesprochen haben. Im ersten Band wird die Spurensuche Junis nach der Vergangenheit ihrer Großmutter detailliert vermittelt, die Erkenntnisse die sie erlangt, sind glaubhaft motiviert, und der Erzählteil Teklas ist klar getrennt von Junis Wissen. In Konrads Fall fällt seine Geschichte völlig „vom Himmel“, und Vor- und Nachwort verlieren hierzu keine Silbe.
Fazit: Ein eindrücklicher, flüssig zu lesender und interessanter Roman, der jedoch etwas hinter seinem herausragenden Vorgänger zurückbleibt.