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carola1475

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Insgesamt 162 Bewertungen
Bewertung vom 29.03.2022
Schwarzlicht / Dabiri Walder Bd.1
Läckberg, Camilla;Fexeus, Henrik

Schwarzlicht / Dabiri Walder Bd.1


gut

Zu viel des Guten

Schwarzlicht ist der erste Band einer Trilogie, die die bekannte Autorin Camilla Läckberg zusammen mit dem Mentalisten Henrik Fexeus schreibt.

Der erste grausame Mord zu Beginn des Buchs erinnert an einen misslungenen Zaubertrick. Es gibt keine verwertbaren Spuren oder Hinweise und so bittet die Kommissarin Mina Dabiri den Mentalisten Vincent Walder um Hilfe.

Beide Protagonisten sind ziemlich spezielle Menschen, Mina hat panische Angst vor Keimen aller Art, eine Zwangsstörung beherrscht ihr Leben, und Vincent ist Autist mit einer Vorliebe für gerade Zahlen. Beide haben es nicht leicht im Umgang mit anderen, arbeiten aber gut zusammen und verstehen sich, fühlen sich zueinander hingezogen. Mein Interesse galt von Beginn an vor allem diesen beiden Protagonisten, aber ihre Besonderheiten und auch ihr Alltag werden ausschweifend beschrieben, das war mir dann relativ bald zu viel des Guten. Ebenso detailliert lernen wir fast alle anderen Charaktere kennen, wodurch die Krimihandlung oft in den Hintergrund tritt.

Ausführliche Informationen über einzelne Illusionen und deren Aufbau oder Erfinder fand ich zwar interessant, sie tragen jedoch nicht zur Spannung bei. Die Ermittlungen kommen langsam voran und immer wieder gibt es Beschreibungen des Privatlebens aller Charaktere. Ebenso unterbricht ein wiederholt eingeschobener Handlungsstrang, der auf einer anderen, früheren Zeitebene spielt, regelmäßig den Spannungsbogen. Der Showdown am Ende ist zwar dramatisch, in Teilen jedoch unglaubwürdig. Das Buch insgesamt empfinde ich als zu lang, eine Straffung hätte ihm gut getan. Einige Nebenhandlungsstränge bleiben offen, da geht es wohl im nächsten Band weiter.

Der Schreibstil ist klar und flüssig, angenehm zu lesen.
Das auffällige Cover passt zum Buch, ebenso wie der Titel: was von „Schwarzlicht“ beschienen wird, bleibt für uns größtenteils im Dunkel, diese Frequenzen kann das menschliche Auge nicht sehen.

Eine Empfehlung für eine bestimmte Lesergruppe fällt mir schwer – für Krimileser gibt es zu viel „Drumherum“ in diesem Buch, für Leser von Romanen zu viel Mord und Gewalt.

Ich vergebe 3,5 Sterne.

Bewertung vom 28.03.2022
Nebelopfer / Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn Bd.5
Fölck, Romy

Nebelopfer / Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn Bd.5


ausgezeichnet

Von Anfang bis Ende spannend und vielschichtig

Frida, Bjarne und ihr Team von der Mordkommission haben es mit einem Tötungsdelikt zu tun, dass in Verbindung zu einem 15 Jahre alten Fall steht und so werden die Ermittlungen sehr schwierig, zeitaufwendig und komplex und treiben nicht nur Frida an den Rand der Verzweiflung.

„Nebelopfer“ ist der 5. Band der Elbmarsch-Krimis von Romy Fölck und es ist schön, die bekannten Protagonisten wieder zu treffen und sich einmal mehr in den Elbmarschen zu befinden. Auf Fridas elterlichem Paulsenhof fühlt man sich als Leser ebenso willkommen wie jeder Besucher, dem hier Gastfreundschaft, ein offenes Ohr oder eine leckere Mahlzeit angeboten wird.
Die Ermittler sind ganz normale Menschen mit Ecken und Kanten, ohne psychische Auffälligkeiten, was bei einem Krimi inzwischen fast schon eine Seltenheit ist. Doch gibt es auch hier Neuigkeiten und Entwicklungen, die die Charaktere vertiefen und deren Glaubwürdigkeit steigern. Die Mordkommission Itzehoe bleibt für den Leser interessant.

Die vielschichtigen Ermittlungen zum aktuellen wie auch zum 15 Jahre zurückliegenden Fall sind durchgehend spannend, einige falsche Fährten und Wendungen haben meine Vermutungen wiederholt ins Leere laufen lassen. Der Krimi ist von Romy Fölck sehr gekonnt konzipiert, geschickt aufgebaut und fesselnd und stimmig geschrieben. Der Schreibstil ist direkt, locker und lebendig, angenehm und flüssig zu lesen.

Frida hat diesmal fast zu viel Privates um die Ohren, worunter auch mal die Arbeit leidet. In diesem Band finde ich das Verhältnis von Privatleben und Krimihandlung etwas unausgewogen.
Zum Schluss gibt es einige in die Zukunft weisende Aussichten, die auf neue Entwicklungen und Herausforderungen im nächsten Teil der Reihe neugierig machen.

Ich vergebe 4,5 Sterne.

Bewertung vom 08.03.2022
Das Jahr der Gier / Melia und Vincent Bd.3
Eckert, Horst

Das Jahr der Gier / Melia und Vincent Bd.3


ausgezeichnet

Spannend, brisant und aktuell

Der Überfall auf einen britischen Journalisten in der Altstadt und der Fund einer ermordeten jungen Frau in Düsseldorf scheinen zuerst nichts miteinander zu tun zu haben. Die Ermittlungen führen dann aber im weiteren Verlauf in beiden Fällen zu Worldcard, einem international tätigen Finanzdienstleister mit Sitz im oberbayerischen Moosbruck. Kriminalrätin Melia Adan und Hauptkommissar Vincent Veih wird es äußerst schwer gemacht, die Zusammenhänge zu erkennen und Licht ins Dunkel zu bringen.
Für mich ist dieser dritte Band der Melia-und-Vincent-Reihe der erste, den ich lese, so dass ich die Vorstellung Melias und ihrer Familie zu Beginn hilfreich finde, auch Vincents Hintergrund wird angesprochen, der ist mir jedoch aus früheren Büchern bekannt. Ich hatte keine Schwierigkeiten, jetzt in die Reihe einzusteigen.

Die komplexe Handlung entwickelt sich mit hohem Tempo, dazu tragen auch die kurzen Kapitel mit verschiedenen Erzählperspektiven und die unterschiedlichen Handlungsorte bei. Eine Übersicht der handelnden Personen am Anfang des Buchs hilft, den Überblick nicht zu verlieren.
Horst Eckerts Schreibstil ist klar, geradlinig und nüchtern, die Protagonisten werden auch durch ihr Auftreten charakterisiert (ein Mitglied der CSU: „Trachtenjacke mit Hirschhornknöpfen“), das reicht, um Assoziationen beim Leser auszulösen.

Die Spannung steigert sich, je mehr der Leser die Zusammenhänge erahnt, er ist dabei den Ermittlern einen Schritt voraus. Horst Eckert wirft ein Schlaglicht auf die Verflechtung von Politik und Wirtschaft, zeichnet ein klares, verständliches Bild vom Interesse und vom Einfluss der Politik, insbesondere der Geheimdienste, an international agierenden Firmen und deren mögliche kriminelle Verstrickungen auf dem Weg, Macht und Reichtum stetig zu vermehren. Die Geschichte um den Finanzdienstleister ist sehr gut recherchiert, brisant, aktuell, authentisch erzählt und erinnert unverkennbar an Aufstieg und Fall eines real existierenden Unternehmens.

Der Thriller ist durchgehend sehr spannend mit einem rasanten Showdown und hat mich nicht nur sehr gut unterhalten, sondern macht mich auch nachdenklich. Es ist typisch für Horst Eckert, politisch aktuelle Themen aufzugreifen, sei es auf internationaler Ebene (der Finanzdienstleister), national gesehen (geheime Gruppierungen und Rechtsextremismus in Behörden) oder auch lokal: der schöne Schein Düsseldorfs, auch hier ungleich verteilter Reichtum, Wohnungsnot, Mietwucher, die mangelhafte Verkehrsinfrastruktur.

Ich kann das Buch jedem Leser von Spannungsliteratur uneingeschränkt empfehlen.

Bewertung vom 02.03.2022
Athos 2643
Westerboer, Nils

Athos 2643


ausgezeichnet

Vergangenheit und Zukunft

Zusammen mit seiner Assistentin Zack, einer Künstlichen Intelligenz, die ihn als Hologramm begleitet, reist Inquisitor Rüd Kartheiser nach Athos, einem Neptunmond, auf dem ein Mensch zu Tode gekommen ist. Er soll untersuchen, wie es dazu kommen konnte und das lebenserhaltende KI-System (Marfa genannt) des Mondes überprüfen.

Die Geschichte wird aus Zacks Perspektive erzählt, was durch ihre nüchterne nicht-emotionale Sicht humorvoll und unterhaltsam zu lesen ist und einen ganz neuen Blick auf das Menschsein wirft. Der Weltenbau ist anspruchsvoll, einfallsreich und voller technologischer Details, die beim Lesen Konzentration voraussetzen. Es gibt am Ende des Buchs ein Glossar, das viele der vom Autor erfundenen Begriffe erklärt.

Es werden bei der Auseinandersetzung mit den Bewohnern des Mondes und der Marfa viele interessante ethische und philosophische Fragen aufgeworfen und diskutiert, die aufmerksames Lesen erfordern.
Da Rüd auf ihre Hilfe angewiesen ist, erfährt die KI Zack im Zuge der Arbeit auf Athos einige technische Modifizierungen, d.h. Freischaltungen von ihren einschränkenden Grundeinstellungen. Nicht nur Zack, sondern auch ihr Erzählstil ändern sich und sie beginnt, das Menschsein zu reflektieren und zu verstehen. Das waren für mich teilweise neue und auf jeden Fall bereichernde Gedankengänge.

Die Protagonisten sind interessante, gut ausgearbeitete Charaktere, der Schreibstil ist anspruchsvoll, detailliert und lebendig, der Handlungsverlauf ist spannend, komplex und bietet einige überraschende Wendungen.

Die Idee des Buchs und die in die Tiefe gehende Erörterung so vieler Themen sind faszinierend, vielschichtig und fesselnd. Athos 2643 beschäftigt mich auch nach Tagen noch.

Bewertung vom 28.02.2022
SIMULATION
Clostermann, Matthias

SIMULATION


ausgezeichnet

Perfekte Illusion, perfekte Droge – der Untertitel ist Programm

Dem Computerspiele-Entwickler Alex ist es gelungen, eine selbstlernende Künstliche Intelligenz zu entwickeln, die rasend schnell lernt und in Verbindung mit dem menschlichen Nervensystem perfekte Simulationen, die alle Sinne einbeziehen, erzeugen kann, die weit über das ursprüngliche Ziel der Spiele-Erweiterungen hinausgehen. Für Alex selbst wird die KI zur Droge, die sein reales Leben bedroht und ihn körperlich und geistig krank macht.

Matthias Clostermann hat einen klaren, lebendigen und bildhaften Schreibstil, der flüssig zu lesen ist, die Spannung ist von Anfang an auf hohem Niveau und fesselt bis zum Schluss, so dass mich im Verlauf der Handlung die etwas zu flache Charakterisierung der Protagonisten nicht mehr störte. Notwendige technische Details werden auch für den Laien verständlich erklärt.

Die spannende Handlung eskaliert sowohl in Alex realem Leben als auch in der Simulation, hier wird die beschriebene Entwicklung konsequent zu Ende gedacht und hat mich schockiert und nachdenklich zurückgelassen, als ich am Schluss wieder aus dem Buch auftauchte. Ich denke da besonders an die Definition des Lebens oder das Selbstverständnis der KI als Teil der Evolution.

Der Autor kommt aus dem IT-Bereich und hat ein aktuelles Thema glaubwürdig und überzeugend in eine spannende Geschichte umgesetzt. Kaum zu glauben, dass es sich um einen Debütroman handelt, der aus dem Corona-bedingten Wegbrechen des gewohnten Arbeitsbereichs entstanden ist.

Bewertung vom 28.02.2022
Vertrauen
Mishani, Dror

Vertrauen


ausgezeichnet

Anspruchsvoller Krimi

Inspektor Avi Avraham von der Polizei Tel Aviv steckt beruflich in einer Sinnkrise, er will eigentlich lieber Leben retten und das Böse bekämpfen als sich mit Bagatellfällen und Familiendramen zu beschäftigen. Der rätselhafte Fall eines vermissten Touristen kommt ihm da gerade recht und er beginnt zu ermitteln. Am selben Tag wird vor einem Krankenhaus ein ausgesetztes Neugeborenes gefunden und seine Kollegin Esthi kümmert sich um diesen Fall.

Während der Tourist als Person vage bleibt und nicht so richtig zu fassen ist, entpuppt sich die Verdächtige im anderen Fall schnell als unsympathische, manipulative Frau, die in einer eigenen Realität lebt. Und auch Avi wird im Lauf der Ermittlungen manipuliert, aber von ganz anderer Seite. In beiden Fällen ist vieles nicht so, wie es scheint und in Paris kommt Avi dann in beiden Fällen weiter.

Avi betreibt authentisch geschilderte Ermittlungsarbeit, die sich als mühsam erweist und mehr Fragen aufwirft als beantwortet. Der Handlung zu folgen ist genau so spannend, wie die Gedankengänge und Selbstreflexion des Ermittlers und die menschlichen Begegnungen in diesem ruhigen Krimi mitzuerleben. Das Ende von Avis eigentlichem Fall bleibt offen, im Epilog sieht Avi selbst verschiedene Lösungsmöglichkeiten.

Die Protagonisten sind komplexe Charaktere, glaubwürdig beschrieben, der Schreibstil Dror Mishanis ist anspruchsvoll, intensiv und gut zu lesen.
Das Buch vermittelt über die Krimihandlung hinaus einen Eindruck des Lebens und der Stimmung in Israel und auch vom Konflikt zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen.

Das ist das zweite Buch, das ich von Dror Mishani gelesen habe und es hat mir genau so gut gefallen wie „Vermisst“.
Das Cover ist Diogenes-typisch und passt sehr gut zum Buch.

Bewertung vom 13.02.2022
Libellenfeuer / Geistkrieger Bd.2
Rüther, Sonja

Libellenfeuer / Geistkrieger Bd.2


ausgezeichnet

Eine faszinierende Alternativwelt, fantastisch in jeder Beziehung

Staunend lerne ich Powtanka kennen, ein alternatives Amerika, das nie erobert wurde, und relativ isoliert zu einer technologisch hochentwickelten Weltmacht geworden ist, in der Menschen dennoch in Einklang mit der Natur leben und die Astralwelt, der große Geist und Totems sehr real sind.

Zu Beginn hilft eine Zusammenfassung der Ereignisse des ersten Bandes (Geistkrieger: Feuertaufe) dem Neueinsteiger in die Reihe. Der Schotte Finnley ist der Liebe wegen nach Powtanka gekommen und arbeitet bei den Geistkriegern, einer Spezialeinheit der Polizei, die sich um Fälle spirituellen Missbrauchs kümmert. Der grausame Mörder aus dem ersten Band ist noch nicht gefasst und es gibt neue merkwürdige Ereignisse, die die Geistkrieger beschäftigen.

Einfallsreich und glaubhaft beschreibt Sonja Rüther diese faszinierende Alternativrealität, wobei die Gegensätze von Hochtechnologie und Astralwelt einen Teil des Reizes ausmachen, aber es geht noch um so viel mehr. Das Geistkrieger-Team besteht aus Individualisten mit verschiedenen Fähigkeiten und sehr eigenem Charakter und muss erst noch zu einer Einheit verschmelzen, Finnley hat permanent Schwierigkeiten mit der Clan-Gesellschaftsstruktur und ihrem Machtgefüge und sieht sich auch auf ganz privater Ebene mit einem großen Konflikt konfrontiert. Und es geht auch um aktuelle Themen wie Rassismus, Migration, Machtmissbrauch und die Klimaerwärmung als globale Herausforderung.

Sonja Rüthers Schreibstil ist flüssig, lebendig und bildhaft, sie ist ihren Protagonisten sehr zugewandt, die Geschichte ist sehr spannend, temporeich, komplex, auch grausam und gruselig, alle Charaktere sind glaubwürdig geschildert und wecken bei mir Interesse, Zuneigung oder Abneigung, Bewunderung oder Mitleid, keiner lässt mich unberührt.

Am Ende des Buchs überrascht eine Kurzgeschichte von Markus Heitz, die auf Sonja Rüthers Alternativrealität basiert. Ich mag seinen Schreibstil, mir gefällt die Kurzgeschichte, sie pass auch zur powtankanischen Welt.

Das Ende von Libellenfeuer bietet Ideen für eine Fortsetzung der Reihe, die hoffentlich nicht allzu lang auf sich warten lässt. Ich freue mich schon fast ungeduldig darauf, Neues aus dieser faszinierenden Welt zu lesen.

Bewertung vom 06.02.2022
Das Loft
Geschke, Linus

Das Loft


sehr gut

Was ist die Wahrheit?

Der prägnante Titel und das grau-rote Cover wecken Neugier und ziehen den Blick auf sich. Damit haben sie ihre Aufgabe erfüllt, denn einen weiteren Zusammenhang zur Geschichte gibt es eigentlich nicht.

Sarah, Marc und Henning teilen sich seit drei Jahren ein Loft. Sarah und Marc sind ein Paar und Henning ist seit ihrer Jugend Marcs bester Freund. Zwischen Sarah und Henning gibt es von Anfang an Konflikte, die das Zusammenleben immer mehr beeinträchtigen.
Eines Tages ist die Küche voller Blut und Henning verschwunden. Sarah und Marc werden als Hauptverdächtige von der Polizei vernommen, können oder wollen aber beide nicht zur Aufklärung beitragen.

Der Autor spricht den Leser zu Beginn sehr selbstbewusst an und fordert zu konzentriertem Lesen auf, nur so bestehe eine Chance, die Geschichte zu durchschauen. Ein ungewöhnlicher, herausfordernder Auftakt.
Ebenso außergewöhnlich ist der Erzählstil - abwechselnd kommen Sarah und Marc zu Wort, erzählen in Ich-Form von den letzten drei Jahren, schildern manchmal eine Begebenheit leicht voneinander abweichend, sprechen sich auch gegenseitig an und lassen den Leser an ihren Gedanken teilhaben.
Die Kapitel aus Sicht der Ermittlerin Bianca haben einen personalen Erzähler, ihre Taktik ist klar und nachvollziehbar und für mich eine willkommene Abwechslung zu dem Hin und Her in Sarahs und Marcs Kapiteln, bei denen die Spannung im Mittelteil des Buchs etwas nachlässt.

Linus Geschke hat einen klaren, direkten, bildhaften Schreibstil, sehr angenehm zu lesen und auch stimmig bei den verschiedenen Erzählperspektiven.

Je mehr Sarah und Marc von ihren Gedanken und Gefühlen erzählen, desto weniger klar war mir, was nun die Wahrheit ist. Die Beiden wurden mir immer unsympathischer und irgendwann wollte ich mich auch nicht mehr mit ihnen auseinandersetzen, sondern endlich wissen, was wirklich passiert war. Die Auflösung des Krimifalls ist dann eine völlig unerwartete Überraschung und hat mich für die vorausgehende Ungewissheit durchaus entschädigt.

Bewertung vom 03.02.2022
Der Holländer / Liewe Cupido ermittelt Bd.1
Deen, Mathijs

Der Holländer / Liewe Cupido ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

Anspruchsvoll, fesselnd und ungewöhnlich

Ein deutscher Wattwanderer wird tot auf einer Sandbank in der Emsmündung im umstrittenen deutsch-niederländischen Grenzgebiet gefunden. Da die Zuständigkeit nicht so schnell geklärt werden kann, schickt die Bundespolizei See in Cuxhaven inoffiziell einen auf Texel aufgewachsenen Ermittler in die Niederlande, um herauszufinden, was genau im Watt passiert ist.

Der Leser begegnet authentischen und allesamt interessanten Protagonisten mit speziellem Hintergrund, der auch manche Charaktereigenschaft erklärt. Da ist vor allem der schweigsame, eigenwillige titelgebende Ermittler, der die Puzzleteile der Kriminal-Geschichte letztendlich richtig zusammensetzt, aber auch Geeske Dobbenga, Opperwachtmeester beim niederländischen Grenzschutz, die eigentlich ihren letzten Arbeitstag vor Rentenbeginn hat oder der tote asthmakranke Wattwanderer Klaus, für den Wasser zeitlebens eine Herausforderung war, sportliches und sogar berufliches Betätigungsfeld.

Zu Beginn habe ich, um meine Wissenslücken aufzufüllen, im Netz über das Watt, das Grenzgebiet an der Nordsee und den deutsch-niederländischen Ems-Dollart-Vertrag gelesen und durch das Buch habe ich viel gelernt über das Wattenmeer und seine Gefahren und seine Faszination, über das Wattwandern als Herausforderung und Abenteuer, das dem Menschen seine Bedeutung(slosigkeit) und Stellung in der Natur sehr schnell sehr klar machen kann.
Mathijs Deens Schilderungen sind sehr anschaulich und bildhaft, er hat einen ruhigen anspruchsvollen Schreibstil, der die Stimmung am Wattenmeer und die Menschen, die dort leben, atmosphärisch gelungen beschreibt.

Sehr schön finde ich das Cover, es zeigt das durch Sonnenlicht golden schimmernde Watt, im Hintergrund das Meer und ein wolkenverhangener Himmel. Eine willkommene Hilfe ist die Karte des Wattenmeers auf der Innenseite des Schutzumschlags.

Das Buch mit seiner außergewöhnlichen Geschichte hat mir sehr gut gefallen und ich empfehle es Lesern von Spannungsliteratur, die offen für ein ungewöhnliches Setting sind.

Bewertung vom 03.02.2022
Der Mann, der zweimal starb / Die Mordclub-Serie Bd.2
Osman, Richard

Der Mann, der zweimal starb / Die Mordclub-Serie Bd.2


ausgezeichnet

Spannendes Wiedersehen mit liebgewonnenen, ganz besonderen Herrschaften

Der Donnerstagsmordclub von der Seniorenresidenz Coopers Chase und seine Freunde müssen wieder ermitteln. Es geht um mehr als ein Verbrechen und diesmal ist das charmante Quartett auch persönlich betroffen. Ibrahim, ehemaliger Psychiater, wird im Ort Fairhaven überfallen und schwer verletzt und Elizabeth wird von einem früheren Kollegen vom Geheimdienst und Ex-Ehemann um Hilfe gebeten. Auch Ron, ehemaliger Gewerkschafter und Joyce, die frühere Krankenschwester, sind wieder voll gefordert bei der Aufklärung der Verbrechen. Mit Scharfsinn, Einfallsreichtum, Witz und Mut geht das Seniorenquartett ans Werk.

Lebendig, humorvoll und augenzwinkernd erzählt Richard Osman die Geschichte fast im Plauderton, es gibt auch wieder Kapitel mit witzigen Tagebucheinträgen von Joyce in ihrer unnachahmlichen Art. Einfach köstlich sind die Dialoge zwischen Elizabeth und Joyce und die skurrilen Diskussionen der vier Senioren.
Der Autor spricht auch Themen an wie Liebe und Freundschaft, Einsamkeit, Demenz, Tod und Trauer, immer einfühlsam, mitfühlend und tiefgründig. Ganz großartig und berührend finde ich hier das letzte Kapitel des Buchs.

In diesem zweiten Band gibt Richard Osman den Charakteren seiner Protagonisten noch mehr Tiefe, auch die befreundeten Polizisten und Bogdan bekommen weiter Profil. Die Krimihandlung ist durchaus komplex, spannend und voller Wendungen, wenn auch teilweise unrealistisch.

Das mutig farbenfrohe Cover passt zum ersten Band und macht durchaus einen britischen Eindruck, wobei die Cover der englischen Ausgaben ganz anders gestaltet sind.

„Der Mann, der zweimal starb“ hat mich bestens unterhalten und ist mindestens so gelungen wie der Vorgänger. Ich kann das Buch uneingeschränkt empfehlen und freue mich auf den 3. Band, der im Original im September erscheinen soll und hoffentlich dann auch bald in deutscher Übersetzung.