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Kristall86
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an der Nordsee

Bewertungen

Insgesamt 2163 Bewertungen
Bewertung vom 11.02.2024
Söhne der Freiheit
Ehrmann, Johannes

Söhne der Freiheit


ausgezeichnet

Klappentext:

„1776 – deutsche Migranten machen Revolution in Amerika



Die deutschen Founding Fathers: Johannes Ehrmann erzählt zum ersten Mal Amerikas Revolution und den Unabhängigkeitskrieg als deutsche Familiengeschichte. Mit großer Erzählkunst verwebt er das Leben der Mühlenbergs mit den bahnbrechenden Ereignissen ihrer Zeit. Packend schildert er Schicksal und Wirken dieser deutscher Migranten, die Amerika in ein neues Jahrhundert steuerten, und bietet dabei eine neue Sicht auf den alten Mythos USA.

Als Amerika am 4. Juli 1776 in Philadelphia seine Unabhängigkeit von England erklärt, machen sich zwei deutsche Einwanderer nur wenige Straßen weiter an deren erste und wichtigste Übersetzung. Die amerikanische Revolution spricht Deutsch – weil die deutschen Migranten so zahlreich sind, dass der Kampf gegen England ohne sie schlicht nicht zu gewinnen ist. Die Deutschen, eigentlich Bürger zweiter Klasse, kämpfen für Amerikas Freiheit, stellen Regimenter auf, sie gehen in die Armee und die Politik und entscheiden bald Präsidentschaftswahlen. Zwei Brüder an vorderster Front, die Pastorensöhne Peter und Friedrich Mühlenberg, die mit den Prinzipien ihres Vaters brechen, um amerikanische Geschichte zu schreiben. Das ist die packende Story der »First German Family« Amerikas, die große Zeitenwende erzählt aus der Perspektive deutscher Underdogs.“



Ich beendete dieses Buch und war einerseits mehr als begeistert aber auch traurig das es eben nun zu Ende war. Bei einem Sachbuch? Richtig! Autor Johannes Ehrmann schaffte es in seinem Buch mit einer unglaublichen Gabe den Leser an die Hand zu nehmen und mit ihm durch die Geschichte zu reisen. Sein Sprachstil ist stets ansprechend und sehr lebendig, man folgt ihm gern! Von Seite zu Seite wurde es spannender, interessanter, faszinierender, bereichernd einfach! Ja, dieses Buch bereichert komplett das bereits vorhandene Wissenspotpourri und löste, zumindest bei mir, eine richtige Leselust darauf aus. Ein Sachbuch als Pageturner - hat man auch nicht alle Tage! Was erwartet denn nun den Leser? Ehrmann erzählt uns die Geschichte des Deutschen Mühlenbergs wie er als deutscher Pastor in den USA sesshaft wurde und wie seine nächsten Generationen in diesem Land Fuß fassten und eben „heimisch“ wurden. Beleuchtet werden viele Themen von Länderkonflikten, Interessenskonflikten, das einmischen in die dortige Politik, das Ankommen und eben einleben in einem Land, welches doch ganz anders ist als Deutschland. Für die US-Bürger völlig unverständlich warum Deutsche nun im Land sind und wie diese sich ihren Lebensweg dort ebnen. Und nicht nur die US-Bürger beäugten die Deutschen. Auch die Briten hatten ihre Zweifel und zeigten dies auf ihre Weise. Aber nicht nur das wir hier eine Familiengeschichte erlesen durften, wir dürfen auch die Entstehung der Vereinigten Staaten von Amerika im Mai 1784 miterleben. Diese Geburtsstunde war äußerst faszinierend niedergeschrieben!

Fazit: Ein ganz besonderes Sachbuch von einem ganz außergewöhnlichen Autor, der es versteht, Geschichte greifbar und lebendig werden zu lassen ohne dabei trocken oder verstaubt zu schreiben. Selten ein Sachbuch so genossen! 5 Sterne inkl. Leseempfehlung hierfür!

Bewertung vom 11.02.2024
Ich, Ariadne
Saint, Jennifer

Ich, Ariadne


ausgezeichnet

Klappentext:

„Ariadne, Tochter von König Minos und Schwester des Minotaurus, ist so ganz anders als ihre Geschwister. Aufgewachsen mit den griechischen Heldensagen, schwört sie sich, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und es nicht den Göttern zu überlassen. Jedes Jahr beobachtet sie, wie das unterworfene Athen als Tribut 14 Jugendliche nach Kreta schickt, um den Hunger des Minotaurus zu stillen. Sie lehnt sich vergeblich gegen diese Grausamkeit auf. Bis sie sich in einen der Todgeweihten verliebt. Theseus verspricht ihr, sie mit nach Athen zu nehmen, wenn sie ihm hilft, das Ungeheuer zu töten. Ariadne verrät den Zugang zum Labyrinth und schenkt Theseus einen roten Wollfaden, sodass er den Weg zurück zu ihr findet. Gemeinsam segeln sie los, doch Theseus lässt sie auf der Insel Naxos zurück. Damit beginnt Ariadnes eigene Geschichte …“



Autorin Jennifer Saint hatte mich ja bereits mit „Elektra“ komplett verzaubert und die Neugier auf „Ariadne“ war sehr groß! Die griechische Mythologie greifbar und verständlich zu machen, ist eine wahre Kunst aber Saint schaffte es auch in diesem Buch! Es geht also um „Ariadne von Naxos“. Mir sind einige Fakten ein Begriff, haben sich fest eingebrannt im Wissensspeicher meines Kopfes, da ich die Mythologie Griechenlands einfach faszinierend finde. Saint macht daraus wieder eine Geschichte, in der wir Ariadne komplett näher kommen können. Sie war anders als ihre Schwestern und fiel somit auf. Ariadne galt als Kämpferin, da sie sich selbst die Treue geschworen hatte bzw. ihr Leben selbst bestimmen wollte. Ariadne wurde in ihrer Gutgläubigkeit von Theseus geblendet. Der rote Faden (das ist doppeldeutig gemeint!) ist jedenfalls mehr als erkennbar und Kenner aus dem Bereich Mythologie wissen was passiert aber dennoch bleibt die Spannung hier enorm! Ich muss gestehen, Saint hat gerade diesen Part wahrlich bestens hier ausgearbeitet! Man hatte das Gefühl einen aktuellen Liebesroman zu lesen aber nichts was mit jeglicher Mythologie zusammen hängen konnte! Genau das schätze ich so bei Saints Büchern! Und dann, das hat nunmal bis heute die Geschichte überdauert, wird Ariadne eines besseren belehrt. Theseus lässt sie allein auf Naxos! So lautet bis heute noch ihr Zweittitel mit dem sie unsterblich geworden ist. Aber was ist wirklich wahr? Was wurde richtig überliefert? Wie es dann mit dem Weingott Dyonisos und ihrer Liebe weiterging, ist bis heute in unterschiedlichen Fassung zu erlesen, Jennifer Saint hat jedenfalls Ariadne von Naxos ein stimmiges Ende verpasst, welches wieder mal unheimlich viel Lesefreude mit sich brachte. Wie auch bei den anderen Büchern der Autorin wird auch diese Figur der griechischen Mythologie greifbarer, sichtbarer und erhält Gefühle, die auch wir Sterblichen verstehen können. Saint hat jedenfalls hier wieder eine rundum gelungene Geschichte geschrieben wo der rote Faden mal eine ganz andere aber extrem wichtige Bedeutung hatte. 5 Sterne hierfür!

Bewertung vom 06.02.2024
Atalanta (eBook, ePUB)
Saint, Jennifer

Atalanta (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Klappentext:

„König Jasus von Arkadien will einen Sohn und Erben. Er lässt seine Tochter Atalanta in der Wildnis aussetzen. Eine Bärin zieht das Mädchen auf, und Atalanta wird stark und wild, schneller und ausdauernder als jeder Krieger. Artemis, die jungfräuliche Göttin der Jagd, beschützt sie und schärft ihr ein, sich vor Männern in Acht zu nehmen. Doch Atalanta verliebt sich und geht mit den Argonauten auf Fahrt. Mit dem gestohlenen goldenen Vlies und der tödlichen Medea an Bord segelt Atalanta zurück nach Arkadien. Sie ist entschlossen, ihren Platz in der Welt zu finden, wo sie lieben und sie selbst sein kann.“



Erstens gibt es eine recht große Anzahl an Geschichten/ Überlieferungen rund um Atalante (ja, auch so kann man den Namen schreiben) und zweitens muss ich klar zugeben, hörte bei ihrer Geschichte immer mein Kopf auf mit Denken. Warum? Bis zu einem gewissen Punkt ist die Geschichte aus der Mythologie definitiv überliefert aber wie gesagt, ab Atalantes verlorenem Lauf und ihrer Heirat war ich verloren in der Vielzahl der Möglichkeiten was passiert hätte sein können oder auch nicht. Es gibt die Möglichkeit, dann diese, dann jene…Autorin Jennifer Saint schaffte, mal wieder, Klarheit und erzählt uns EINE Geschichte rund um Atalanta, ihrer Kindheit, ihrer Gang zu den Argonauten, das goldene Vlies uvm.. Wie gesagt, ist es eine von vielen Geschichten aber fest steht, Saint hat wieder Großartiges geschaffen und das auch noch verständlich und nachvollziehbar. Atalanta war also schon von Klein auf zur Kämpferin geboren. Erst ungeliebt und dann, als ihr Erfolg und ihre Gabe sichtbar war, war ihr Vater wieder bereit sie als Tochter anzuerkennen. Sie schwor sich einst einen ganz bestimmten Standpunkt: ihre Jungfräulichkeit sollte stets gewahrt werden. Ob sie es geschafft hat müssen Sie schon selbst erlesen! Fest steht jedenfalls, das goldene Vlies findet hier Erwähnung und noch jede Menge mehr Gestalten aus der griechischen Mythologie. Saint zeichnete hiermit jedenfalls eine starke Frau, eine Kämpferin jeglicher Art und ja, macht das Thema Mythologie sichtbar und greifbar. 5 Sterne wieder für diese äußerst spannende Geschichte rund um Atalanta!

Bewertung vom 05.02.2024
Ein heißes Jahr
Djian, Philippe

Ein heißes Jahr


sehr gut

Klappentext:

„Eines Morgens stößt Greg auf eine Reportage über das ›Mädchen mit den Zöpfen‹, das 2018 mit ihrem Klimastreik eine globale Bewegung ausgelöst hatte. Über zehn Jahre sind seitdem vergangen, und wenig hat sich getan. Gerade noch hat Greg gegen sein Gewissen Forschungsergebnisse über die Schädlichkeit eines Pestizids gefälscht. Gleichzeitig unterstützt er seine Nichte Lucie und ihr Engagement für das Klima. Als er dabei die Umweltaktivistin Véra kennenlernt, wird Gregs Weltbild auf den Kopf gestellt.“



Ich bin kein Freund von Utopien aber hier, muss ich zugeben, war die Geschichte von Philippe Djian doch lesenswert. Das beschriebene „Mädchen mit den Zöpfen“ ist uns allen bekannt und somit haben wir alle ein gewisses Bild vor Augen. Es geht also ums Klima in dieser Geschichte. Das Überleben der Menschheit. Der zweideutige Buch-Titel lässt es nur vermuten! In Djians Geschichte stehen wir kurz vor dem Jahr 2030 und die Debatte rund um den Klimaschutz hängt weiter in der Luft. Eine versteckte Mahnung Djians? Wer weiß…jedenfalls gekonnt eingewoben. Reporter Greg tanzt auf zwei Hochzeiten gleichzeitig: einerseits findet er, muss Nichte Lucie in ihrem Klimakampf unterstützt werden, aber auf der anderen Seite fälscht er gefährliche Daten eines Pestizids. >Bigotterìe< fiel mir hier nur ein. Was will Greg denn mit seinem Tun bezwecken? Will er sich selbst belügen? Man muss die Geschichte lesen um den Verlauf weiter „diagnostizieren“ zu können. Als Vera in Gregs Leben tritt haben wir die Zweideutigkeit des Buchtitels - Gregs Leben erfährt Neues und er lässt sich darauf ein. Djian zeigt, dass die innere Zerrissenheit unglaublich groß werden kann, wenn es heißt sich zu entscheiden. Muss man sich denn immer entscheiden? Um das Greg sich nicht noch mehr in Gewissenskonflikte bringt, schon. Die Welt jedenfalls brennt in Djians Buch gewaltig. Es ist unerträglich heiß, die Menschen sehen und spüren ihr angerichtetes Unglück, nur weil sie sich einfach nicht bewegt haben. Alles ist heiß, nichts wächst mehr und es stellt sich die Frage nach dem wohin gehen wenn es hier nicht mehr lebensfähig ist. Wie gesagt, ist hier Djians politische Sichtweise erkenntlich, zumindest recht dezent, aber auch, wie schwer es ist, das Richtige zu finden und zu machen. Halten Klimaktivisten die Veränderung des Klimas auf? Können sie wachrütteln? Wer entscheidet eigentlich über das Thema?

Überhaupt: Djians Schreibstil hat mir mal wieder gezeigt, wie spannend es sein kann, philosophische Zwischentöne in so eine aktuelle und wichtige Geschichte zu packen. Das kann aber auch nur er! Er hat ein feines Gespür die Geschichte laufen zu lassen ohne dabei abzudriften oder gar in Schwurbelei zu geraten. Seine gesamten Figuren geben der Geschichte einen stabilen Rahmen und zeigen auf, wie Generationen mit dieser Thematik umgehen oder es zumindest versuchen. Definitiv lesenswert und sehr besonders geschrieben! 4 sehr gute Sterne hierfür!

Bewertung vom 04.02.2024
Sturmmädchen
Bernstein, Lilly

Sturmmädchen


ausgezeichnet

Klappentext:
„Die drei Freundinnen Elli, Margot und Käthe kennen sich seit ihren Kindertagen in der malerischen Eifel. Aber die Zeitläufte stellen ihre Freundschaft auf eine harte Probe. Als die Nationalsozialisten die Macht übernehmen, fühlt Käthe sich von der neuen Ideologie angezogen, während die Jüdin Margot bald um ihr Leben und das ihrer Familie fürchten muss. Die gehbehinderte Elli, für die Leute im Dorf nur das »Hinkemädchen«, wird hineingerissen in einen Strudel der Gefühle: Angst und Trauer um ihre Freundinnen, Sorge um ihre überarbeitete Mutter, die einzige Hebamme im Tal. Und sie fühlt eine Liebe in sich aufkeimen, die es gar nicht geben dürfte. Doch sie weiß, dass sie nur eine Wahl hat: Margot zu helfen, um jeden Preis. Auch wenn sie sich dabei selbst in Gefahr bringt und droht, alles zu verlieren, was sie liebt.“

Autorin Lilly Bernstein erweitert ihr Mädchen-Reihe nun mit dem Titel „Sturmmädchen“. Wenn wir auch hier wieder das kitschige Cover mal weniger intensiv betrachten, so tut sich doch beim lesen dieser Geschichte Großes auf. In der wunderschönen Eifel lernen wir drei Mädchen kennen, die unterschiedlicher nicht sein könnten aber ihre Freundschaft geht über so viele Grenzen hinweg, dass man sie einfach nur mögen muss. Getrübt wird diese Freundschaft durch den braunen politischen Sumpf der gewaltig an Größe gewinnt. Plötzlich droht ihre freundschaftliche Bande zu zerreißen und es liegt an ihnen diese zu bewahren. Keine leichte Zeit und Situation. Als Leser ist man sehr schnell mitten in der Geschichte gefangen. Bernsteins Schreibstil ist mir bereits aus den anderen Büchern bekannt und somit war klar, der Lesefluss kommt schneller als gedacht. Elli rückt hier besonders in den Fokus der Geschichte und ja, da wird der Buchtitel Programm. Der Wind weht stark und Elli muss sich behaupten. Aber schlussendlich müssen das auch Margot und Käthe. Margot ist auch noch Jüdin! Man ahnt bereits jetzt schon wie besonders der Spannungsbogen in dieser Geschichte sein mag und ich kann Ihnen versichern, er ist hoch und die Seiten verfliegen nur so beim lesen dieser emotionalen und sehr bewegenden Geschichte. Gott sei Dank ist nur das Cover kitschig, denn Kitsch finden wir auf keiner Buchseite dieser Geschichte. Alles wirkt glaubwürdig und nachvollziehbar. Bernstein beschreibt nicht nur die Protagonisten sehr gut und ihre Situationen sondern auch sehr bildlich und intensiv die politische Situation mit all ihren Stimmungen. Elli steht trotz ihrer Behinderung fest im Leben und stellt sich sogar dem Sturm entgegen. Sie steht und fällt nicht um, lässt sich nicht so schnell unterkriegen aber fest steht, der Kampf wird kein leichter. Hier hat Lilly Bernstein, mal wieder, eine wirklich lesenswerte und nachhallende Geschichte verfasst, die es zu lesen lohnt! 5 Sterne hierfür!

Bewertung vom 04.02.2024
Eine kleine Geschichte des Windes
Decker, Kerstin

Eine kleine Geschichte des Windes


ausgezeichnet

Klappentext:

„Woher der Wind weht



Am Anfang war das Wort? Am Anfang war der Wind! Wir können uns weigern zu essen und zu trinken, aber wir können uns nicht weigern zu atmen. Wind ist bewegte Luft, vom Atem bis zum Tropensturm. Auch was wir Seele nennen, meint ursprünglich nichts anderes als Hauch. Und ist es nicht Glück, den Wind in den Bäumen zu hören?



Eine unkonventionelle Entdeckungsreise



Kerstin Decker führt uns auf eine ebenso informative wie unterhaltsame Reise ins Reich der Natur- und Kulturgewalt. Sie erklärt die Geburt der europäischen Demokratie aus dem Geist des Windes. Auch, was wir Globalisierung nennen, ist windursprünglich: Gefangen in den Segeln der Schiffe, ließ er uns die Welt umrunden.



Vom ersten Segel geht es über die Erfindung der Windmühlen bis hin zu fliegenden Windturbinen und Windrädern, hoch wie der Berliner Fernsehturm. Die Rückkehr der Segelwagen, der Segel-Frachtschiffe und Luftschiffe steht kurz bevor.



Dieses Buch segelt mit allen Winden.



Eine besondere Kulturgeschichte – charmant erzählt und inspiriert illustriert.“



Ich wohne direkt an der Nordseeküste. Wind gehört dazu wie das Wasser selbst und ja, er nervt manchmal. Er kommt abrupt, kommt mit einem Schlag und kann teilweise eine Woche oder länger blasen ohne seine Kraft zu verlieren. Dann nervt er ganz besonders aber was ist Wind überhaupt? Woher kommt er denn so plötzlich? Genau diese Frage und noch ganz viele mehr beantwortet auf äußerst charmante und informative Weise Kerstin Decker in diesem Buch. Der Wind hat viele Facetten und das nicht nur in der Natur! Egal ob in der Sprache oder ihrem Ausdruck! Da pfeift manchmal ein rauer Wind! Decker geht auf wirklich reichlich windige Themen ein und man glaubt es kaum, wie allgegenwärtig der Wind doch in unserem Leben ist. Deckers Schreibstil ist stets flüssig und keineswegs windig. Steht schreibt informativ und verständlich und das Gelesene regt unheimlich zum nachdenken an. Viele normale und gängige Themen, die durch den Wind bestimmt sind, erscheinen hier in anderem Licht. Von Winde verweht wird hier jedenfalls kein Thema, sondern Deckers Blick ist äußerst weitreichend. Die kurzen Geschichten und Erzählungen strotzen nur so vor Wissen!

Die Aufmachung des Buches ist wirklich erwähnenswert. Ein fester Einband sowie Buchdeckel umschließen das Buch, die matten, leicht gealterten Buchseiten sind griffig und die Mischung von Texte und Illustrationen ist sehr harmonisch. Fazit: Ein absolut lesenswertes Buch! 5 Sterne hierfür!

Bewertung vom 04.02.2024
Wir sitzen im Dickicht und weinen
Prokopetz, Felicitas

Wir sitzen im Dickicht und weinen


sehr gut

Klappentext:

„Als ihre Mutter an Krebs erkrankt und ihr 16-jähriger Sohn ein Schuljahr in England verbringen will, findet Valerie sich zwischen zwei existentiellen Konflikten gefangen: Während sie sich aus der dysfunktionalen Beziehung zur Mutter lösen will, aber nicht darf, muss sie das Kind loslassen, das so viele Jahre ihr Lebensmittelpunkt war, obwohl sie dazu noch nicht bereit ist. Doch jeder Konflikt hat eine Geschichte. Beginnend in der Kindheit von Valeries Großmüttern werden Schlaglichter auf die Vergangenheit geworfen, die sich nach und nach zu einem intergenerationellen Frauenportrait verbinden und die drängende Frage stellen: Kann man der eigenen Familiengeschichte entkommen?“



Allein der Buchtitel ist bedrückend und der Klappentext ebenfalls nicht gerade leichte Kost. Was erwartet also hier den Leser? Wir dürfen Valerie kennenlernen. Mutter eines Sohnes und eben selbst Tochter. Valerie steht mehr als zwischen den Stühlen als sie erfährt, dass ihr Sohn ein Jahr ins Ausland gehen möchte und zeitgleich ihre Mutter an Krebs erkrankt. Das Verhältnis Mutter-Tochter ist rau und wenig herzlich. Es hat seine Gründe die wir erlesen dürfen und die Verbindung Mutter-Sohn? Die ist das genaue Gegenteil. Für Valerie ist ihr Sohn ihr Ein und Alles was daran lag, dass sie ihn allein aufgezogen hat. Zwischen beiden herrscht eine gewisse Bande die nun mit dem Gehen-lassen des Sohnes zu zerreißen droht. Aber tut sie das wirklich? Und warum ist das Mutter-Tochter-Verhältnis so extrem angespannt? Autorin Felicitas Prokopetz nimmt uns gekonnt an die Hand und beantwortet unsere Fragen in Form von Zeiten- bzw. Generationssprünge. Valeries Großmütter bringen Licht ins Dunkel und somit ergibt irgendwie alles zum Schluss einen Sinn aber dennoch liegt es an einem selbst was man will und und wie man sich gibt und ja, man kommt nicht drumherum nach den gelesenen Zeilen immer und immer wieder darüber nachzudenken. Kurzum: die Geschichte hallt nach, ist emotional und bewegend auf eine ganz spezielle Art. Prokopetz hat einen feinen Sprachstil gewählt und ihre Worte mit Bedacht ausgewählt. Hier wurde nichts dem Zufall überlassen! Prokopetz betrachtet über Generationen hinweg die emotionale Entwicklung der Bindung zu den eigenen Kindern - ein spezieller aber definitiv lesenswerter Stoff! 4 sehr gute Sterne hierfür!

Bewertung vom 04.02.2024
Picasso, Friends and Family

Picasso, Friends and Family


ausgezeichnet

Klappentext:

„“He doesn’t bother me,” Picasso commented of the photographer Edward Quinn, after the latter had first photographed him at work in the ceramics studio in the early 1950s. This was undoubtedly one of the reasons why Quinn was allowed to accompany the artist with his Leica for over 20 years from 1951 onwards during his time on the Côte d’Azur: in the studio, in private with his family, with artist friends, at the bullfight, out and about, with lovers or simply at the hairdresser’s. The Quinn Archive holds a large stock of photographs of great intimacy, showing Picasso in everyday life and documenting his idiosyncratic character, his humor, and his enthusiasm in an amiable and light-hearted way. Edward Quinn did not use a tripod with his camera, nor did he illuminate the room artificially; his main concern was to capture genuine pictures. As a viewer, you find yourself on eye level with the protagonists. Almost like in the street photography we know today, there is a captivating sense of the casual moment. This book is a magical selection of photographs from Picasso’s everyday life and shows the famous artist in many unexpected situations.“



Fotograf Edward Quinn hatte eine besondere Gabe menschen auf seinen Bildern festzuhalten. Ich muss gestehen, ich habe bei Künstlerin jeglicher Art immer eine gewisser Zurückhaltung bzw. einen gewissen Respekt. Sie wirken so fern von allem, auf gewisser Weise distanziert. Unerreichbar irgendwie. Umso erstaunlicher ist es, dass hinter ihren Fassaden sich „normale“ Menschen wie Du und Ich befinden und genau diese Seite zeigt Quinn bei Picasso auf. Der große Künstler wird hier mal ganz anders gezeigt als man das wohl erwartet hätte und genau das überrascht und fasziniert gleichermaßen. Quinn nimmt uns bildtechnisch in eine sehr private, gar intime Welt Picassos mit. Wir sehen ihn als echten Komiker, der sich auch mal zum Affen machen konnte, oder gar ganze Massen mit seinem Humor unterhielt. Aber es gibt auch stille Momente, und welche, die man schwer einordnen kann. Fest steht jedenfalls, Quinn machte hier Picasso greifbar, zeigte den Menschen hinter dem Künstler und somit bekommen nicht nur wir Leser dieses Buches ein anderes Bild von ihm, wir können auch irgendwie seine Kunst anders betrachten…Selten ein so besonderes Buch genossen!

Bewertung vom 04.02.2024
Georgia O'Keeffe

Georgia O'Keeffe


ausgezeichnet

Klappentext:

„»Ich habe diese Zeichnung mehrere Male gemacht – ohne, dass ich mich erinnert hätte, dass ich sie schon mal gemacht hatte – und ohne, dass ich je wusste, woher die Idee kam.« So wie Georgia O’Keeffe 1916 ihre Arbeitsweise auf Papier beschreibt, sind eine Vielzahl ihrer Arbeiten in Kohle, Aquarell, Pastell oder Bleistift entstanden: in Serie. Das Papier bot ihr einen Raum frei zu experimentieren. Mit den Wiederholungen schuf sie sich ein Repertoire an Motiven und entwickelte ihre Formensprache weiter, Blatt um Blatt die Grenze zwischen Objektivität und Abstraktion verwischend.

Mit einer hervorragenden Werkauswahl aus vier Jahrzehnten bietet dieser Band erstmals einen umfassenden Blick auf O’Keeffes Arbeiten auf Papier – von den organischen Abstraktionen, Aktzeichnungen und Naturzyklen ihrer frühen Schaffensphase bis zu den Blumen, Porträts und Luftansichten der folgenden Jahrzehnte. In ihren Texten zeigen Samantha Friedman und Laura Neufeld, wie die Arbeit auf Papier das Œuvre der großen Künstlerin geprägt hat und erläutern ihre herausragende Stellung innerhalb der amerikanischen Moderne.“



Er die einmalige Künstlerin kennenlernen will, sollte sich dieses Buchwerk nicht entgehen lassen. Hier finden wir nicht nur eine enorm große Auswahl ihrer Werke sondern erleben auch somit eine Tiefe über die Künstlerin selbst. Auf sehr geschmackvolle und stilvolle Weise dürfen wir hier in die Welt von Georgia O‘Keeffe eintauchen. Jede Arbeit ist so unglaublich einmalig, auch wenn es Wiederholungen gibt. Die Wahl der Farben oder generell der Materialien um etwas auf Papier zu bringen schien grenzenlos für O‘Keeffe gewesen zu sein. Die Texte der beiden Autorinnen sind allesamt äußerst interessant und wissenswert. Die Mischung aus Kunstwerk und erklärendem Texte ist mit großem Bravour geglückt.

Fazit: Ein ganz besonderes Werk zu einer einmaligen Künstlerin, welches mit großem Wissen und künstlerischen Rückblicken glänzt. Chapeau!

Bewertung vom 04.02.2024
Anthony Amies

Anthony Amies


ausgezeichnet

Klappentext:

„Anthony Amies’ Bilder behaupten eine klassische Auffassung von Malerei. Ab Mitte der 1970er-Jahre verfolgte der britische Künstler mit einer stilistisch eigenen Landschaftsmalerei ein radikales Gegenkonzept zur Kunst seiner Zeit. Es sind ruhige und rätselhafte Bilder, die auf jeglichen Skandal verzichten. In der Tradition des britischen Landschaftsmalers Alexander Cozens schuf Amies großflächige Zeichnungen und Ölbilder, die nur scheinbar realistisch sind. Vielmehr abstrahiert er die Landschaft zu einer Idee. Die Reduktion auf Land und See ist ein Nachdenken über England und den Verlust seiner ursprünglichen Landschaften an die Industrialisierung. Im Kontext seiner Zeit besteht in der Behauptung des Genres Landschaftsmalerei und in dessen malerischer Formulierung die Bedeutung dieses englischen Malers.“



Da ich schon einige Werke des Künstlers live bestaunen durfte, war die Neugier nach mehr definitiv da und damit lohnt sich auch dieses Buch. Wir dürfen nicht nur Amies Kunstwerke bestaunen sondern auch erlesen wer der Künstler selbst war und wo er seine Inspirationen hernahm. Er hatte einen ganz eigenen Malstil und auch darauf wird im Buch eingegangen. Die Bilder haben eine enorme emotionale Tiefe wenn man selbst eine enge Verbindung zum Meer besitzt.

Das Buchformat sticht mit den Maßen 30.48 x 1.91 x 24.13 cm hervor. Die Aufmachung ist wieder sehr gelungen: eine äußerst feste Bindung, ein matter und griffiger Einband ebenso matte Buchseiten prägen das Werk. Der Betrachter hat genügend Raum um die Werke wirken zu lassen und erfährt auf angenehme Weise immer wieder etwas über den Künstler und seine Malintention. Gerne vergebe ich hierfür 5 Sterne!