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Benutzername: 
eulenmatz
Wohnort: 
Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 171 Bewertungen
Bewertung vom 11.01.2017
Die Ehefrau
Wolitzer, Meg

Die Ehefrau


ausgezeichnet

MEINUNG:
Der Einstieg in den Roman gelang mir nicht ganz so leicht, was aber normal ist, wenn man ein anspruchsvolleres Buch liest, fernab der ganzen Jugendbücher etc. Meg Wolitzer bedient sich außerdem gerne und oft an wahren Bandwurmsätzen, die über mehreren Zeilen gehen. Der Roman enthältweiterhin nur sehr wenig wörtliche Rede, aber nach gut 50 Seiten war ich drin und völlig gefesselt.

Die Verleihung des Helsinki-Preises stellt die Rahmenhandlung des Romans dar, in die Meg Wolitzer ganz geschickt verschiedene Rückblenden und Schlüsselszenen aus der Vergangenheit eingeflochten hat. Mit diesen Szenen kann man sich ein Bild machen, wie Joe und Joan zusammen gekommen sind, wie ihre Ehe verlaufen ist und wie es dazu gekommen ist, dass Joan den Entschluss gefasst hat, Joe zu verlassen. Die Rückblenden nehmen dabei den größten Teil des Romans ein und diese fand ich auch am interessantesten, weil sie mit so viel Liebe zur Sprache und Humor, der an Satire grenzt, ausgearbeitet worden sind. Der Roman wird ausschließlich aus der Sicht von Joan erzählt, aber diese erweist sich als sehr aufmerksame, kluge Beobachterin, die viel Details ihrer Ehe und ihres Alltags sehr ironisch widergibt.

Dem aufmerksamen Leser beschleicht im Laufe des Lesens eine gewisse Diskrepanz, auf die ich nicht näher eingehen möchte, die zu einem Verdacht führt, der sich dann als erwiesen rausstellt. Dies führt dazu Joan nochmals in einem anderen Licht zu sehen und führt bei mir auch zu einer gewissen Fassungslosigkeit und einem Unverständnis, aber natürlich messe ich das an den Maßstäben meiner Zeit und meiner Generation. Heute wäre Joans Geschichte unter Umständen anders verlaufen, aber man muss ihr Verhalten im Kontext der Zeit betrachten. Aus diesem Grund hat der Roman auch starke feministische Züge und wirft immer wieder unterschwellig Kritik an der Rolle der Frau zu dieser Zeit auf. Damit ist Die Ehefrau nicht nur die Geschichte einer Ehe, sondern auch ein Gesellschaftsroman.

Dies war mein erster Roman von Meg Wolitzer und es soll nicht der letzte gewesen sein.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.01.2017
Opfer / Spiel-Trilogie Bd.1
Menapace, Jeff

Opfer / Spiel-Trilogie Bd.1


weniger gut

MEINUNG (Vorsicht Spoiler!):
Familie Lambert, das sind Amy, Patrick und ihre beiden Kinder, deren Namen ich schon wieder vergessen habe. Amy und Patrick waren für mich mit Abstand die nervigsten und unglaubwürdigsten Protagonisten, die je in von mir gelesenen Romanen vorkamen. Beide haben besagte zwei Kinder, sind seit Ewigkeiten zusammen, aber immer noch total heiß aufeinander und haben ein Sexleben von Frischverliebten. Der Autor wird auch nicht müde dies immer und immer wieder zu betonen, besonders auf den ersten 200 Seiten. Außerdem muss man sich noch ständig schlechte und vor allem niveaulose Witze von Patrick antun, welche Amy natürlich toll findet, auch wenn sie was anderes vorgibt. Beide lieben sich abgöttisch. In diesem (Horror-) Thriller wurde häufiger „Ich liebe dich“ gesagt als in jedem Liebesroman. Ganz besonders schrecklich fand ich, dass Patrick Amy immer „Baby“ genannt hat. Es fällt mir schwer, die beiden nicht in unteren Bildungsschichten zu sehen.
Mein zweites Problem mit dem Buch ist, dass es gerade mal ab Seite 250 etwas an Fahrt und Spannung aufnimmt und vorher habe ich mich unfassbar gelangweilt und war von den Schmachtereien der Lamberts genervt. Es konnte mich bis zum Schluss leider nicht wirklich fesseln und die letzten Seiten habe ich nur noch quer gelesen, denn die Lamberts entwickeln sich quasi zu Superhelden und übernehmen selbstverständlich die Befragung von einer der Brüder. Ich konnte ihnen auch nicht wirklich abnehmen, dass sie irgendwie nach den Geschehnissen unter Schock stehen, was ich definitiv erwartet und auch realistisch gefunden hätte.
Auch der Schreibstil konnte mich nicht überzeugen. Entweder liegt es an der Übersetzung, aber manchmal habe ich mir gedacht, dass man einen Satz so nicht formulieren kann und das hat mich irgendwann massiv gestört. Menapace hat seine Charaktere Sätze in den Mund gelegt, bei denen ich gedacht habe, dass man so einfach nicht spricht.
Meine Hoffnung lag etwas auf den bösen Buben, den Fannelli-Brüdern. Auch diese beiden entsprechen den üblichen Klischees von Psychopathen. Der eine ist der Intelligente und der andere ist dauernd notgeil. Beide spielen gerne besagtes Spiel, welches ich mir allerdings deutlich raffinierter und perfider vorgestellt hatte als es dann tatsächlich war. Sie werden als die kalten, brutalen Psychopathen dargestellt, unterscheiden sich dann aber doch nicht von „normalen Killern“. Auch die Entführung der Lamberts zog sich ewig hin, weil vorher mussten wir uns ja erstmal in Dauerschleife die auch nach 12 Jahren ausgezeichnet funktionierende Ehe der Lamberts zu Gemüte führen.
Dies ist der erste Teil einer Trilogie. Der zweite Teil ist bereits erschienen, welchen ich aber nicht lesen werde, auch wenn die Auflösung des ersten Teils interessant ist.

FAZIT:
Von meinem ersten Heyne-Hardcore Roman hatte ich mir mehr versprochen, aber was man hier bekommt ist ein klischeebeladene, unrealistische und vor allem eine Story, die wenig Spannung aufweist. Auch ein gewisser Grusel- und Horrorfaktor blieb aus und ein richtiges Spiel habe ich auch vergeblich gesucht. Jeff Menapace eignet sich in meinen Augen weder als Erzähler noch als Schreiber. Wie seine Protagonisten ist auch der Schreibstil von Jeff Menapace eher trivial, nicht authentisch und vor allem so gekünstelt, dass es mir schwer fiel das alles richtig ernst zu nehmen. Obwohl die Grundidee gut war, ist die Gefahr des Abrutsches ins Trashige gegeben.
Ich vergebe 2 von 5 Sternen.

Bewertung vom 04.01.2017
Bis ans Ende der Geschichte
Picoult, Jodi

Bis ans Ende der Geschichte


ausgezeichnet

MEINUNG:
Dieses Buch lässt sich eigentlich mit einem Wort gut beschreiben: Intensiv. Wie so häufig bei Jodi Picoults Romanen umfasst auch dieser Roman wieder eine Menge an Seiten. Nach meiner Meinung hätten es auch noch mehr sein können. Hier waren einfach keine Seite und kein Wort zu viel. Ich habe fast alle auf Deutsch erschienenen Romane von ihr gelesen und in diesem Jahr ist es auch schon mein drittes Buch und wieder war es ganz anders.
Der Klappentext verrät nicht, was für eine große Thematik diesem Roman zu Grunde liegt. An dieser Stelle muss ich dies vorweg greifen, denn sonst fällt es sehr schwer, dass Buch zu rezensieren. Josef Weber ist ein ehemaliger Nazi-Offizier und Sages Großmutter ist eine polnische Jüdin, die im Konzentrationslager gewesen ist.
Die Geschichte von Sage Großmutter dominiert in meinen Augen fast den ganzen Roman, der in drei Teile aufgeteilt ist. Die Geschichte hat mich am meisten berührt und gleichzeitig schockiert. Die Handlung um Sage ist dabei fast zur Nebensache geworden, obwohl auch sie ihre Probleme hat. Die Freundschaft zwischen Josef und ihr fand ich weniger gut ausgearbeitet, obwohl später klar wird, warum er Sage ausgewählt hat. Dadurch, dass Sage sich an das FBI wendet, um Josef zu melden oder zu verraten (kann man sehen wie man möchte), bekommt man auch Einblick in die Spezialabteilung, die in den USA für solche Verbrechen zuständig ist. Hier lernt Sage auch Leo Stein, den zuständigen FBI-Agenten kennen. Die Liebesgeschichte hätte in meinen Augen nicht sein müssen, war aber auch in Ordnung und den beiden auch vergönnt.
Meiner Meinung nach muss man gar keine fiktiven Horror-Geschichten schreiben und lesen, der Holocaust bietet genug Geschichten, die einen fassungslos und verstört zurück lassen. Jodi Picoult beweist wieder eine exzellente Recherche. Auch wenn es Sages Großmutter nicht wirklich gegeben hat, steht sie stellvertretend für jede polnische Jüdin dieser Zeit und man ist sich beim Lesen bewusst, dass so ein Schicksal ausgesehen haben könnte. Jodi Picoult greift auch die Thematik der Aufarbeitung auf. Dabei stellt sie heraus, dass jeder und jede Überlebende anders mit den Geschehnissen umgeht und das man dies respektieren muss.
Jodi Picoult stellt ihre Charaktere in ihren Romane häufig so dar, dass es keiner wirklich ausschließlich gut oder ausschließlich böse ist. Im Verlauf ihrer Romane gerate ich immer mehr in den Zwiespalt, dass ich mich nicht wirklich für eine Seite entscheiden kann. Diesmal war es anders. Es fällt schwer mit einem Nazi Mitleid zu haben, auch wenn Picoult sehr ausführlich aufgezeigt hat, wie man dort damals quasi „reingerutscht“ und wenig Möglichkeiten hatte sich der Gehirnwäsche zu entziehen.
Am Ende gibt es eine Wendung, die ich aber schon voraus gesehen habe, was nicht schlimm war. Doch sie hat großen Einfluss auf Sages Entscheidung bzw. auf das, was danach kommt. Mir hat am Ende die Aufarbeitung von Sages letztendlicher Entscheidung gefehlt, denn damit muss sie jetzt leben. Ich bin auch jetzt noch zwiegespalten, ob es die richtige war.
Das Buch schockiert und berührt einen. Man ist schlicht und einfach fassungslos, auch wenn schon häufig über die Schicksale dieser Zeit gelesen hat. Mich schockiert es immer wieder aufs Neue. Dennoch gibt es auch Hoffnung, wie man diesen Erlebnissen leben kann. Die Frage, die Picoult in diesem Roman aufwirft ist: Ist man auf ewig ein schlechter Mensch, nur weil man einmal oder eine Zeitlang etwas getan hat, was falsch war? Kann man solchen Menschen verzeihen? Fragen, die nicht so richtig zu beantworten sind.

FAZIT:
Jodi Picoult hat mal wieder bewiesen, dass sie es kann und dass sie nicht umsonst eine meiner absoluten Lieblingsautorinnen ist. Trotz einiger kleiner Kritikpunkte hat mich dieses Buch von der ersten Seite an gefangen genommen und wir in mir noch lange nachhallen, was natürlich auch der Thematik des Buches geschuldet ist.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.12.2016
Die Spionin
Coelho, Paulo

Die Spionin


ausgezeichnet

MEINUNG:
Coelho erhebt keinen Anspruch darauf, dass es sich um eine vollständige, wahrheitsgemäße Biografie von Mata Hari handelt. Er nimmt sich ganz klar die Freiheiten raus, die Geschichte entsprechend anzupassen und Geschehnisse zusammenzufassen und Aspekte wegzulassen. Bis dahin habe ich zwar schon mal etwas mit Mata Hari gehört, aber wusste absolut gar nicht über die Frau.
Trotz der geringen Seitenanzahl habe ich mir Sorgen gemacht, dass das Buch vom Schreibstil sehr anspruchsvoll sein würde, aber dem war nicht so. Die ersten 100 Seiten sind nur so dahin geflogen und ich war fasziniert von der geheimnisvollen Mata Hari. Mich hat sehr überrascht, dass Coelho es gewagt hat Mata Hari ihre Geschichte selbst in der Ich-Form zu erzählen zu lassen, aber damit ist ihm gelungen so ihre Gefühle und Sichtweise deutlich besser an den Leser zu transportieren.
Ich empfand Mata Hari Erzählweise zunächst als relativ nüchtern. Im ersten Teil des Buches berichtet sie von ihrer Jugend, ihrer frühen Heirat mit einem viel älteren Mann, mit den sie dann nach Niederländisch-Ostindien geht und zwei Kinder bekommt. Man spürt frühzeitig, dass Mata Hari unbedingt raus aus der Kleinstadt und rein in die große Welt möchte. Das sollte ihr die Heirat ermöglichen. Doch Mata Hari, damals noch Margaretha Zell bzw. MacLeod (Name ihres Mannes), hat es in dieser Zeit und in ihrer Ehe nicht leicht. Sie zwingt ihren Mann zurück in die Niederlande zu gehen und beschließt dort ihre Familie zu verlassen, um nach Paris zu gehen und um frei zu sein. Dort wird sie als Tänzerin relativ schnell erfolgreich und erlangt Weltberühmtheit. Sie wird die geliebte von vielen berühmten Männern. Sex ist für sie ein Mittel, um sich ihren hohen Lebensstandard zu finanzieren. Ich finde das an sich nicht verwerflich, aber als in Frankreich der erste Weltkrieg ausbricht, erweist sich Coelhos Mata Hari als wirklich naiv und auch dann ist es ihr wichtiger gut auszusehen als den Ernst der Lage zu begreifen.
Im zweiten Teil ist Mata Hari gezwungen in die Niederland zurückzukehren, um sicher zu sein. Sie ist älter geworden und ihr einstiger Glanz verblasst langsam. Sie wurde mir aber zusehends unsympathischer, denn für sie zählten immer nur ihre Freiheit und der Erhalt ihres Lebensstandards und sie war auch nicht müde dies immer wieder zu betonen. Gefühlt war es nie genug. Natürlich war es auch in Kriegszeiten schwer für als Tänzerin irgendwo Fuß zu fassen, aber das schien sie nicht verstanden zu haben. In meinen Augen war sie unfassbar egoistisch und naiv. Auch wenn das Verlassen ihrer Familie nie wirklich Thema gewesen ist, konnte man auch keine Reue oder ein schlechtes Gewissen bei ihr spüren. Ich empfand sie als relativ gefühlskalt und berechnend. Als ihr das Geld ausgeht, stellt sie sich den Deutschen als Spionin zur Verfügung und gleichzeitig aber auch den Franzosen. Man kann ihr hier unterstellen, dass sie das tat, weil sie Frankreich, für das ihr Herz schlug nicht in den Rücken fallen wollte, aber dumm und unüberlegt war es alle mal.
Sie zum Tode zu verurteilen war in meinen Augen völlig übertrieben, aber in dem Buch wird auch geschildert, dass das Urteil der Zeit geschuldet war. Heute wäre es wahrscheinlich zu keiner Vollstreckung gekommen, denn man konnte ihr praktisch nichts nachweisen, denn Mata Hari hat gar keine aktive Spionage betrieben, sondern wahrscheinlich nur das Geld kassiert.

FAZIT:
Das Buch lädt dazu sich mit der faszinierenden Persönlichkeit Mata Haris auseinander zu setzen, zeigt selbst aber nur einen Teil ihres Lebens. Das hätte gerne noch etwas ausführlicher sein können. Mata Hari, eine Frau die definitiv schuldig war, aber den Tod absolut nicht verdient hat.
Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 21.12.2016
Ich gebe dir die Sonne
Nelson, Jandy

Ich gebe dir die Sonne


ausgezeichnet

MEINUNG:
Das englische Original stand schon seit einer gefühlten Ewigkeit auf meiner Amazon-Wunschliste und ich konnte mich nicht überwinden es in Englisch zu lesen, was ich im Nachhinein betrachtet auch ganz gut finde. Denn das Buch lebt von seiner Sprache und dem unfassbaren Schreibstil von Jandy Nelson. Die eine oder andere Schlagfertigkeit hätte ich mit Sicherheit nicht immer richtig verstanden und das wäre sehr schade gewesen. Den Schreibstil, den ich hier so anpreise, hat es mir allerdings am Anfang auch schwer gemacht in die Geschichte hineinzufinden. Doch am Ende habe ich jeden Satz förmlich aufgesaugt und war begeistert davon, dass eine Autorin in der Lage Dinge so treffend und mit so viel Humor zu formulieren. Das Buch hat mich häufig dazu eingeladen zu schmunzeln. Nach den ersten Schwierigkeiten, konnte ich das Buch dann nicht mehr aus der Hand legen und es schon ein ganz schöner Schinken. So umfasst es fast 500 Seiten.
Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Noah und Jude erzählt, wobei Noah aus der vergangenen Sicht und Jude aus der Gegenwartsperspektive erzählt. Für mich wäre natürlich auch die jeweils andere Sicht in der Gegenwart bzw. Vergangenheit interessant gewesen, aber dann wäre das Buch vermutlich doppelt so dick gewesen (was mich aber nicht gestört hätte ;-)). Der Klappentext verrät ziemlich wenig und ich habe auch nicht erwartet, in was für eine Richtung die Geschichte gehen wird. In der Vergangenheit mochte ich Noah lieber als Jude, die der Klappentext bereits beschreibt ziemlich draufgängerisch ist. In der Gegenwart allerdings ist mir Jude näher ans Herz gewachsen, so dass ich ein wenig lieber ihre Kapitel gelesen habe. Kapitel, die wirklich mit über 100 Seiten ungewöhnlich lang waren. Für Kapitelleser, zu denen ich auch gehöre, relativ unpraktisch, aber in jedem Kapitel sind auch genügend Absätze drin, so dass man dort unterbrechen kann.
Die Wesen von Noah und Jude haben sich lustigerweise über die Zeit umgekehrt. So ist der in sich gekehrte Noah plötzlich ein sportlicher, cooler Teenager geworden und bei Jude ist es genau anders herum. Erst relativ zum Schluss erfährt, warum das Verhältnis der Geschwister zerbrochen ist. Allerdings gibt es auch vorher Rivalitäten und Eifersüchteleien. Beide buhlen immer um die Aufmerksamkeit der Eltern. Auch dieses Gleichgewicht kehrt sich dann plötzlich um. Jandy Nelson gelingt alle ausgeworfenen Fäden dann am Ende ganz geschickt wieder zusammenzuführen und das mit den gleichen Personen, die auch schon in der Vergangenheit eine Rolle gespielt haben. Ich habe tiefen Respekt vor dieser Leistung, denn damit hebt sich Ich gebe dir die Sonne deutlich von der Masse ab. Auch die Liebesgeschichten, die sie in den Roman eingeflochten hat mochte ich sehr gerne. Sie waren kein bisschen kitschig und standen auch nicht völlig im Mittelpunkt des Geschehens, auch wenn Liebe in diesem Roman ein zentrales Thema ist. Im Gegenteil es war mir eine große Freude, wie sowohl Jude als auch Noah sich verliebten und der jeweiligen Person näher gekommen sind und ich habe es sehr gerne gelesen.
FAZIT:
Es mit Abstand eines der besten und außergewöhnlichsten Jugendbücher, welches ich meinem Leben gelesen habe und Highlight in 2016, weil es sich deutlich von der Masse in diesem Genre abhebt. Es ist eine Geschichte über Trauer, Verlust, Vergebung und die Hoffnung, dass Zerbrochenes auch wieder geheilt werden kann und Menschen trotz aller Fehler wieder zueinander finden können. Lest diesen Roman!
Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 19.12.2016
Er liebt sie nicht
Bolton, Sharon

Er liebt sie nicht


ausgezeichnet

MEINUNG:
Die Geschichte wird aus Sicht von Maggie, Peter und ein wenig von Hamish erzählt. Es ist aber nicht gekennzeichnet aus wessen Sicht nun erzählt wird, sondern man muss es beim Lesen herausfinden. Es kann dann auch schon zu einem Zeitsprung kommen und man sich etwas neu orientieren. Das hat mir äußerst gut gefallen, denn hier wird man als Leser gefordert. Obwohl das Buch fast 500 Seiten hat, liest es sich ziemlich schnell, da die Kapitel zum Teil nur recht kurz sind. Dazwischen finden sich E-Mails, Briefe und Zeitungsberichte sowie die ersten Entwürfe, die Maggie für das Buch verfasst, das sie über Hamishs Fall schreiben will. Damit hat das Buch für mich schon fast gewonnen, denn ich liebe Briefromane. Hier war es eine Mischung, aber es hat für die nötige Abwechslung und das Ermöglichen von anderen Perspektiven gesorgt, was ich an Briefromane so sehr schätze. Das alles bringt den Leser immer wieder auf den neuesten Stand der Dinge und klärt ihn auch über Geschehnisse aus Hamishs Vergangenheit auf. Viele dieser Briefe und Zeitungsbericht erschließen sich erst, wenn man das Ende kennt. Ich glaube, dass man diese anders lesen würde, wenn man das Buch ein zweites Mal lesen würde.
Zum Inhalt möchte ich hier gar nicht mehr sagen als der Klappentext verrät und ich werde auch kein Vergleiche zu anderen bekannten Thrillern ziehen, denn damit könnte man sofort eine Ahnung bekommen, in welche Richtung die Geschichte aufgelöst wird. Es gibt eine bestimmte Stelle im Buch, aber der man, als geübter Thriller-Leser, eine Ahnung bekommt, was und wer hinter den Morden wirklich steckt. Das finde ich immer minimal Schade, denn eigentlich will ich immer völlig überrascht werden, aber das der einzige Kritikpunkt, den ich an diesem Thriller habe. Trotzdem hält das Ende noch ein paar Überraschungen bereit, die man nicht voraus sehen konnte. Ein paar Fragen bleiben für mich auch noch offen, die leider nicht geklärt worden sind. Das Ende hätte ruhig etwas umfangreicher sein können.
Für meinen Geschmack war die Spannung immer präsent, aber es ist jetzt kein extrem spannungsgeladenes Buch mit vielen Action-und Flucht-Szenen und noch mehr Toten. Das Buch lebt von seinen sehr gut ausgearbeiteten, authentischen Charakteren und deren psychologische Spielchen, die zunächst nicht so wirklich durchschaut, aber die dem ganzen Roman einen enormen Reiz verleihen. Mich hat das Buch ab den ersten 50 Seiten sofort für sich eingenommen. Das lag vor allem an Maggie Rose, die als Protagonistin mal so überhaupt nicht dem Schema F entspricht und für mich über den gesamten Verlauf des Romans ein Mysterium geblieben ist. Dennoch mochte ihre scharfsinnige und kluge Art, wie sie den Fall angegangen. Das Gleiche gilt auch für Hamish. Beide spielen immer wieder ihre Spielchen miteinander und wenn glaubt sie sind ehrlich zueinander, dann kann man sich sicher sein, dass sie immer noch etwas verbergen. Ich mochte auch das Setting sehr gerne, welches in Somerset, England angesiedelt ist. Ich bin großer Fan von England und die Geschichten erhalten immer ein besonderes Flair, welches ich sehr schätze.

FAZIT:
Er liebt mich nicht gehört für mich in die Kategorie besonderer/ außergewöhnlicher Thriller und ist ein absoluter Geheimtipp für alle die gerne Thriller lesen, die nicht bekannten Schema F entsprechen.
Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 12.12.2016
Die störrische Braut
Tyler, Anne;Tyler, Anne

Die störrische Braut


ausgezeichnet

MEINUNG:
Die störrische Braut ist der dritte Roman, der im Rahmen des Hogarth Shakespeare Projekt im Knaus Verlag (Teil der Randomhouse Verlagsgruppe) erschienen ist. Das Projekt umfasst acht Neu-Interpretationen von Shakespeares berühmtes Werken, geschrieben von acht internationalen Top-Autoren. Auch wenn es sich um zwei gänzlich verschiedene Geschichten von Shakespeare handelt, geschrieben ebenfalls von sehr verschiedenen Autorinnen, komme ich nicht umhin doch ein wenig zu vergleichen. Das betrifft vor allem den Aufbau der beiden Romane. Bei Der weite Raum der Zeit hat mir sehr gut gefallen, dass zu Beginn des Romans das Shakespearesche Original kurz zusammengefasst worden ist. So kannte man die Geschichte und konnte mögliche Parallelen und Unterschiede zum Original feststellen. Jeannette Winterson hat auch noch mal ein Epilog verfasst, in dem sie ihre Umsetzung mit derer von Shakespeare reflektiert. Leider fehlte dies in Die störrische Braut und ich hätte es schön gefunden, wenn vor allem die Zusammenfassung am Anfang vorhanden gewesen wäre. Nach einiger Internetrecherche habe ich festgestellt, dass die Handlung von Anne Tyler schon eine ganze Ecke vom Original abweicht. Die störrische Braut konnte mich auf den ersten 50 Seiten sehr schnell für sich einnehmen. Was vor allem an der trockenen Art von Kate liegt, die mich sehr amüsiert und zum Schmunzeln animiert hat. Der Roman lebt von seinen Charakteren, die alle sehr eigenwillig und gleichzeitig aber auch sehr liebenswert sind. Kate und ihre kleine Schwester Bunny mochte ich besonders gerne, denn beide zeichnen sich durch ihre trockene, dadurch auch manchmal wenig einfühlsame Art aus, was natürlich auch zu Konflikten zwischen den beiden führt. Kate habe ich ehrlich gesagt auch nicht beneidet, denn sie schmeißt den ganzen Haushalt und ist quasi die Ersatzmutter für die 15-jährige Bunny. Ihre gemeinsame Mutter ist gestorben als Bunny ein Jahr alt war. Dr. Battista, der Vater der beiden, ist verkappter Wissenschaftler, der nur für seine Forschung lebt. Das merkt man besonders gut an seinem Vorhaben, Pjotr mit Kate zu verheiraten, damit er ihm als Assistenten erhalten bleibt. Hier war ich etwas zwiegespalten. Einerseits fand ich in seiner Verschrobenheit liebenswert, aber andererseits fand ich es auch sehr egoistisch von ihm Kate so etwas aufzubürden und ihr nicht die Möglichkeit zu geben ihr eigenes Leben zu leben.
Insgesamt fand ich die Handlung und deren Entwicklung etwas schwach. Es fehlte auch an einer gewissen Spannung, denn es war ja von vornherein klar, dass Kate einwilligen wird. Für meinen Geschmack hätte sie sich auch gut und gerne noch etwas mehr wehren können. Selbst ihre Schwester hat einen größeren Aufstand über die Tatsache gemacht, dass ihre große Schwester quasi zwangsverheiratet werden soll.
Auf den wenigen Seiten sind mir die Momente der Anbandlung zwischen Kate und Pjotr auch zu wenig gewesen. Mir fehlte hier die Tiefe, was wohl daran liegt, das Kate sich erst auf der Hälfte des Romans entscheidet dieses „Arrangement“ ihrem Vater zu Liebe einzugehen. Dabei hatte die Annäherung zwischen den beiden durchaus Potential sehr unterhaltsam zu sein können, wenn sie mehr Zeit gehabt hätten bzw. der Roman Seiten. Beide sind so voller Eigenarten, dass die Kommunikation oft ungewollte komisch gewesen ist. Davon hätte ich gerne mehr gehabt.

FAZIT:
Die Geschichte lebt von der Eigenwilligkeit ihrer Charaktere, was sie einerseits sehr liebenswert und unterhaltsam macht, aber andererseits einer relativ kurzen und für damit schwachen Handlung gegenüber steht. Die Charaktere haben ein enormes Potential geboten, welches aber leider nicht völlig ausgeschöpft worden ist, was ich wirklich schade fand nach dem so tollen Beginn des Romans. Dennoch lädt die ganze Reihe dazu ein sowohl Shakespeares Werke als auch den Schreibstil der verschiedenen Autoren und Autorinnen kennenzulernen, was ich nur jedem ans Herz legen kann!

Bewertung vom 09.12.2016
Hasen feiern kein Weihnachten
Blum, Anne

Hasen feiern kein Weihnachten


ausgezeichnet

COVER:
Das Cover strahlt weniger eine weihnachtliche als mehr eine sehr winterliche Atmosphäre aus. Obwohl der Hase abgebildet ist wirkt es nicht kitschig, sondern in sich stimmig und passend zum Titel, der sich im Laufe des Lesens erschließt.

MEINUNG:
Ehrlich gesagt bin ich Weihnachtsbücher gegenüber immer sehr skeptisch. Ich probiere jedes ein oder zwei aus und mein Fazit ist bisher ziemlich mau ausgefallen. Ich persönlich liebe Weihnachten und finde auch schön in dieser Zeit einen Roman zu lesen, der diese von mir geliebte weihnachtliche Stimmung transportiert. Das funktioniert auch häufig, aber leider finde ich die Geschichte an sich immer relativ flach.
Das ging mir leider auch in diesem Roman ein wenig so. Der Einstieg ins Buch ist mir leicht gelungen. Der Schreibstil von Anne Blum tut dazu sein Übriges. Er ist leicht und macht ein flüssiges Lesen möglich. Man kommt gut durch die Seiten. Der Roman ist an sich sehr vorhersehbar und erfüllt irgendwie auch alle Klischees, die ich von einem Familienroman, der in einem Dorf spielt, erwarten würde. Das soll an dieser Stelle nicht abwertend gemeint sein, aber ich war von keinem Ereignis wirklich überrascht. Der Roman hat auch einige Parallelen zu Britt-Marie war hier von Frederik Backman denken, aber hier sind das Dorf-Leben und die Verschrobenheit der Leute großartig umgesetzt worden. Bei diesem Roman aber fand ich es weniger liebeswert als mehr zum Augenrollen, da es mit Klischees doch relativ überladen war.
Am schlimmsten fand ich Tessas Eltern, die auch noch Gutzeit heißen. Ihren Vater, der bei jedem modernen Begriff nicht verstanden hat worum es geht und immer „was“ nachgefragt hat, fand ich relativ verschroben und wie fast alle Charaktere in diesem Buch sehr stereotypisiert und flach, denn keine der Personen konnte mich wirklich überraschen. Gut gefallen hat mir der Aufbau der Beziehung der drei Schwestern, auch wenn sich hier wieder typischen Rollenmustern bedient wurde. Zunächst haben mich die Reaktionen von Tessas Schwestern auf ihre Trennung und auf ihr Leben ziemlich aufgeregt, aber dann haben sie sich gegenseitig mal richtig Meinung gesagt und die Wogen waren für mich glaubwürdig wieder geglättet. Weihnachten als Zeit der Versöhnung wird hier gut vermittelt. Auch der Aspekt, dass eine Trennung dazu führen kann, dass man sein ganzes Leben mal überdenkt, kommt deutlich hervor.

Stellenweise ist der Roman auch nicht besonders gut recherchiert. Pinguine wohnen meines Wissens nicht am Nordpol. Leider muss man auch sagen, dass der Klappentext wirklich fast die komplette Handlung schon beschreibt.

Am Ende dieses Romans ist natürlich alles gut, alle haben sich lieb und alle Konflikte und Probleme sind beseitig.

FAZIT:
Der Roman war für meinen Geschmack etwas zu viel Friede-Freude-Eierkuchen und überladen mir vielen Themen, auf die aber in der Kürz nicht richtig eingegangen werden konnte. Außerdem ist der Roman voll von Klischees, Stereotypen und Rollenmustern und daher für absolut vorhersehbar gewesen. Es ist eine nette Geschichte für zwischendurch. Wer solche Romane mag, wird hier fündig werden. Anspruchsvolle Leser werden hier nicht auf ihre Kosten kommen.

Ich vergebe 3 von 5 Sternen.

Das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar freundlicherweise vom Berlin Verlag zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!

Bewertung vom 06.12.2016
Brennt die Schuld / Zoe Bd.2
Wagner, Heidrun

Brennt die Schuld / Zoe Bd.2


gut

(Achtung! Kann Spoiler enthalten, wenn man den ersten Teil nicht gelesen hat):
Der zweite Teil der Reihe setzt nahtlos an den ersten Band an. Für mich war es kein Problem wieder in die Geschichte hinein zu finden, da das Lesen des ersten Teils noch nicht so lange her ist. Ich finde es sehr entgegen kommend, dass die drei Bände in relativ kurzen Zeitabständen erscheinen. Der dritte und abschließende Band erscheint bereits im Januar 2017. Mir hat der erste Band Wenn du vergisst sehr gut gefallen und hatte nur kleine Schwächen. Mich störte z.B. die Beziehung zwischen Elias uns Zoe, die mir irgendwie fehl am Platz erschien, weil es für mich eine gegenseitige Zuneigung nicht im dem Maß rüber kam, dass sie eine Beziehung gerechtfertigt hätte. Leider setzt sich mein Unverständnis darüber auch im zweiten Band fort.
Ich kann verstehen, dass Elias für Zoe ein Anker ist und auch einen Zufluchtsort darstellt. Dennoch misstraut sie ihm, möglicherweise auch zu Recht, und sagt ihm das auch direkt ins Gesicht. Zoes Gefühle für Elias schwanken immer sehr stark. Auf der anderen Seite fühlt sie sich auch zu Niklas hingezogen. Sie bezeichnet ihn sogar als ihren besten Freund und verlangt von Elias, dass er dafür Verständnis haben muss. Elias ist nachvollziehbar gekränkt und eifersüchtig, denn auch ihm entgeht die Zuneigung zwischen den beiden nicht. Ich musste mehrfach mit dem Kopf schütteln und konnte Zoes Verhalten nur schwer nachvollziehen, zumal sie die beiden nicht mal richtig kennt.
Dieser Band ist in meinen Augen geprägt von Zoes Schuldgefühlen. Heidrun Wagner beschreibt diese so eindringlich, dass ich mir so manches Mal gedacht habe, dass Zoe gut daran getan hätte sich professionelle Hilfe zu suchen. Normal fand ich es in dieser Intensität nicht mehr. Leider sind ihre Schuldgefühle auch nicht so ganz nachvollziehbar. Ich weiß, dass es kein Krimi/ Thriller ist, aber eine polizeiliche Ermittlung am Rand hätte sicher ein wenig Licht ins Dunkeln gebracht und Zoe vielleicht auch entlasten können oder andernfalls stichhaltige Beweise/ Indizien für ihre Schuld geliefert. Es gelang mir auch in diesem Teil nicht, mich in Zoe hineinzuversetzen und sie wirklich zu verstehen.
Ein wenig fehlte mir hier auch die Spannungskurve. Natürlich werden Stück für Stück einige Details aufgedeckt, aber es fehlte hier an einer Erzähldichte. Die Teile dazwischen waren mir einfach zu sehr von Zoe teils schon Wahnvorstellungen geprägt, sodass ich weniger getrieben war, weiterzulesen. Man muss der Autorin lassen, dass man aber am Ende des zweiten Teils fast genauso schlau ist wie vorher. Ihr gelingt es den Leser immer auf falsche Fährten zu locken und am Ende weiß man gar nicht mehr, was man glauben soll.

FAZIT:
Ich fand diesen zweiten Teil deutlich schwächer als den ersten Teil sowohl inhaltlich als auch von den Zeichnungen her. Mich konnte dieser Teil nicht so für sich einnehmen, wie es der erste tat. Dennoch muss man anmerken, dass sich Heidrun Wagner schreibtechnisch enorm gesteigert hat. Auch die vermeintliche Spannung schlug bei mir irgendwann leider in eine gewisse Genervtheit um. Ich bin trotzdem sehr gespannt auf den letzten und dritten Teil.
Ich vergebe 3 von 5 Sternen.