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Benedikt Bögle

Bewertungen

Insgesamt 406 Bewertungen
Bewertung vom 23.02.2021
Die Zeit der leeren Kirchen
Halík, Tomás

Die Zeit der leeren Kirchen


ausgezeichnet

Als im letzten Jahr gemeinsame Gottesdienste aufgrund der Corona-Pandemie nicht mehr möglich waren, übertrug der tschechische Priester Thomás Halík seine Predigten von Aschermittwoch bis Pfingstsonntag über das Internet. Aus diesen Predigten ist nun ein bei Herder erschienener Band geworden: "Die Zeit der leeren Kirchen. Von der Krise zur Vertiefung des Glaubens". Halík bietet in seinen Predigten sehr pointiert Überlegungen zu den biblischen Lesungen und zum Glauben der Kirche. Daher bietet sich dieser Band perfekt als Begleiter durch die Fasten- wie auch die Osterzeit an. Halík versucht, sich dem Mysterium von Leiden, Tod und Auferstehung zu nähern und dabei auf Plattitüden zu verzichten. Seine Predigten gehen in die Tiefe und regen zu eigenem Denken an. Mit diesem Band kann man gut meditieren über die Botschaft des christlichen Glaubens.

Und gleichzeitig nimmt natürlich auch Corona einen erheblichen Platz in diesen Predigten aus dem Jahr 2020 ein - wie sollte es auch anders sein. Auch hier verzichtet Halík aber auf die während der Krise ja immer wieder gehörten Allgemeinplätze. Vielmehr fragt er nach einem tieferen Sinn in dieser Welt, zwischen all dem Leid. Und er sieht die leeren Kirchen als eine Art Vorbote der Zukunft. Wie lange noch wird es dauern, bis unsere Kirchen im Westen Europas wirklich leer sind - nicht, weil wegen Corona jeder zuhause bleiben muss, sondern weil niemand mehr kommen will? Halík erweist sich als genauer Beobachter seiner, unserer Zeit. Seine Ausführungen geben zu Denken - und können nur empfohlen werden.

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Bewertung vom 23.02.2021
Verdammtes Licht
Wolf, Hubert

Verdammtes Licht


ausgezeichnet

Kirche und Aufklärung - das hört sich schon nach einer schwierigen Beziehung an. Ist nicht jede Bestrebung der Aufklärung gegen den Glauben selbst gerichtet? In dieser Absolutheit wird man das nicht sagen können. Vielmehr finden sich auch in der katholischen Kirche immer wieder Denker und Bewegungen, die verschiedene Anregungen der Aufklärung aufgreifen und positiv weiterdenken - genannt sei hier nur der Theologe und spätere Bischof Johann Michael von Sailer. Der Kirchenhistoriker Hubert Wolf hat einen ganzen Band dem Verhältnis von Kirche und Aufklärung gewidmet: "Verdammtes Licht. Der Katholizismus und die Aufklärung" ist bei C.H. Beck in München erschienen. Dem Autor geht es dabei nicht zwingend um ein Verhältnis nur mit der historisch so bezeichneten Aufklärung im 18. und 19. Jahrhundert. Schon im Vorwort stellt Wolf klar: "Deshalb gibt es selbstverständlich auch katholische Aufklärung - und zwar nicht nur als einmalige vergangene Epoche, sondern auch als ständige unverzichtbare Aufgabe der Kirche." Gerade die Kirchengeschichte, so der Autor weiter, habe die Aufgabe, Wandlungsprozesse und Inkulturationsbewegungen innerhalb der Kirche nachzuzeichnen "und so zur Selbstaufklärung der katholischen Kirche gegen den Widerstand unhistorischer Fundamentalismen und Traditionalisten beizutragen."

Hubert Wolf tut dies mit einer Hand voll Essays, die sich allesamt unabhängig voneinander lesen lassen. Wie immer kann Wolf mit seinem hervorragenden, gut lesbaren Stil überzeugen. Wolf zu lesen macht Freude. Es geht um die Indexkongregation, um das Verhältnis von Vatikan und NS-Diktatur, auf das ja beständig mehr Licht fällt und das sich wohl einer reinen Schwarz-Weiß-Zeichnung entziehen muss. Es geht um das deutsche "Zentrum" und die Frage, wie katholisch eine katholische Partei eigentlich sein kann oder will. Es geht um die richtige Auseinandersetzung mit einer bisweilen als bedrohlich empfundenen Moderne - um den "Kampf ums Licht" also, den Hubert Wolf mit einem Fragezeichen versieht. Dieser Band eignet sich für alle, die an der Kirchengeschichte interessiert sind. Sehr gut zu lesen!

Bewertung vom 23.02.2021
Das Franziskus-Komplott
Politi, Marco

Das Franziskus-Komplott


sehr gut

Papst Franziskus ist kein unwidersprochener Papst: Es wird ja immer wieder deutlich. Der Heilige Vater geht neue Wege in der Pastoral, legt in seinen apostolischen Schreiben die Finger in Wunden, die große Teile der katholischen Kirche bisher nicht auf dem Schirm hatten. Dass dies nicht ohne Widerspruch bleiben würde, war klar - dass sich aber immer wieder auch Stimmen regen, die den Papst selbst als Häretiker bezeichnen und den Untergang der Kirche prophezeien, wäre in den vergangenen Jahrzehnten unerhört gewesen. Den Problemen, denen Papst Franzsikus ins Auge blicken muss, hat Marco Politi ein Buch gewidmet: "Das Franziskus-Komplott. Der einsame Papst und sein Kampf um die Kirche" ist bei Herder erschienen. Der italienische Journalist und Vatikan-Kenner untersucht verschiedene Aspekte des Pontifikats von Papst Franziskus und macht Gegner der Papstes aus.

Das betrifft etwa sein Engagement für die Geflüchteten, das insbesondere in der italienischen Politik auf wenig Gegenliebe stieß. Es betrifft aber auch seine mahnende Stimme gegen die Umweltzerstörung oder seine pastoralen Ansätze zu wiederverheirateten Geschiedenen. Auch der Kampf des Papstes gegen Missbrauch hat viel Gegenwind in der Kirche erfahren. Gerade hier zeigt sich eine Stärke des Autors: Marco Politi zeigt durchaus, wo auch Franziskus mehr gegen den Missbrauch in der Kirche tun könnte; er benennt klar Fehler und zeigt auch, wo der Pontifex selbst erst lernen und begreifen musste. Politi zeigt auch, wie Franzsikus innerhalb der Kurie isoliert ist - und dass dies auch daran liegt, dass Franziskus wohl nicht mit einem festen Team arbeitet.

Marco Politi schildert so verschiedene Aspekte eines Pontifikates und zeigt Mitstreiter wie Gegenspieler auf. Der Text würde allerdings durchaus etwas mehr Theologie vertragen: In der Kirche sind tagesaktuelle Probleme ja immer auch Diskussionen um die richtige Theologie. Die vier Kardinäle etwa, die ihre "Dubia" bezüglich "Amors Laetitia" veröffentlichten, hatten dafür ja durchaus auch theologische Gründe. Man mag über deren Stichhaltigkeit debattieren, man mag auch über die Form der "Dubia" streiten - die theologische Seite sollte jedoch nicht unbeleuchtet bleiben. Insgesamt jedoch kann dieser Band überzeugen; gerade weil er ausgewogen ist und nicht immer einseitig Partei ergreift. Eine erhellende Lektüre!

Bewertung vom 19.02.2021
Not und Gebot
Prantl, Heribert

Not und Gebot


ausgezeichnet

Die Bekämpfung der Corona-Pandemie verlangt uns allen viel ab. Und das bedeutet seit beinahe einem Jahr eben auch, dass Grundrechte eingeschränkt sind - und zwar nicht nur einzelne. Betroffen sind auf jeden Fall das Freiheitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG, die Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. I, II GG, die Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. I GG und die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. I GG. Je nach aktueller Ausgestaltung der Maßnahmen könnte auch noch die Freizügigkeit betroffen sein. Sicherlich: All das dient einem hohen Ziel, das auch durch unsere Verfassung legitimiert ist, dem Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit. Bei Risikopatienten soll nach Möglichkeit eine Infektion verhindert werden, aber auch bei der Gesamtbevölkerung muss ein relativ geringer Infektionswert erreicht werden, da andernfalls Krankenhäuser und vor allem Beatmungsmaschinen überlastet sein könnten.

Was aber macht diese Situation mit unseren Grundrechten? Diese Frage stellt Heribert Prantl unzählige Male in einem bei C.H. Beck in München erschienenen Buch: "Not und Gebot. Grundrechte in Quarantäne." Der Journalist und ehemalige Richter betont schon zu Beginn, dass er kein Coronaleugner ist; keiner, der die Gefahr des Virus einfach ignoriert. Und gleichzeitig betont Prantl, wie deprimierend es ist, dies sagen zu müssen. Nur, weil man auf die seit einem Jahr eingeschränkten Grundrechte hinweist, ist man doch noch kein Verschwörungstheoretiker - man ist ein Demokrat. "Nicht die Freiheit muss sich rechtfertigten, sondern ihre Beschränkung und Begrenzung", schreibt Prantl. Richtig. Prantl betont, dass die Coronamaßnahmen Menschenleben an anderer Stelle riskieren: "Was das kostet, kann man dann genau sagen: Es kostet Menschenleben an anderer Stelle. Alte Menschen sterben früher; an Isolation. Patienten werden später operiert; vielleicht zu spät, weil sich alles auf Corona konzentriert. Die Zahl der Suizide steigt. Und Unzählige verlieren ihre wirtschaftliche Existenz."

Prantl schreibt über die die Grundrechte und ihre aktuelle Lage. Er beklagt es, sich bei seinem journalistischen Kampf für die Grundrechte rechtfertigen zu müssen; dabei ist der Eintritt für die Demokratie nach Prantl Kern der Pressefreiheit. Im Mittelpunkt seinen Buches steht ein Kapitel, das im Wesentlichen aus bei der Süddeutschen Zeitung erschienenen Beiträgen während der Pandemie besteht. Es wirkt, im Nachhinein gelesen, beinahe wie ein Coronatagebuch. Prantl prangert dort verschiedenes an: Den Umgang mit Weihnachten, ein völlig überlastetes Betriebsverfassungsrecht, den gesellschaftlich evozierten Eindruck, während der Pandemie dürfe nicht gestreikt werden. Es ist dies so etwas wie eine Zusammenfassung des vergangenen Jahres. Am Ende folgen noch mehrere kürzere Kapitel zu Corona.

Was Prantl auf knapp 200 Seiten nicht bietet, sind Alternativvorschläge. Das folgt freilich einem gewissen Dilemma: Auf der einen Seite ist der Mann eben nicht Politiker, sondern Journalist. Er darf sich grundsätzlich darauf beschränken, zu beschreiben, was ist, und dies dann zu kommentieren, einzuordnen. Andererseits hat er sich so oft zum Thema geäußert, dass man irgendwann schon gespannt wäre zur Strategie von Heribert Prantl. Doch davon abgesehen: "Not und Gebot" ist ein hervorragender Band. Er steht freilich in erster Linie auf einer Seite, nämlich der eines möglichst starken Grundrechtsschutzes. Ein Virologe würde und darf anders schreiben. Doch Prantl liefert wunderbare Denkanregungen und Ausgangspunkte für eine gesellschaftliche Debatte. Sicher, hin und wieder wiederholen sich bei ihm die Formulierungen. Das aber kann man niemandem zum Vorwurf machen, der seit einem Jahr immer wieder über das gleiche Thema nachdenken, sprechen und schreiben muss. "Not und Gebot" ist ein sehr gelungenes, unbedingt zu lesendes Buch.

Bewertung vom 17.02.2021
Mit Gott ums Leben kämpfen
Zenger, Erich

Mit Gott ums Leben kämpfen


ausgezeichnet

Erich Zenger ist sicherlich einer der einflussreichsten deutschen Alttestamentler des vergangenen Jahrhunderts. Zu seinem zehnten Todestag 2020 ist bei Herder ein Sammelband erscheinen, der verschiedene Schriften des großen Wissenschaftlers versammelt: "Mit Gott ums Leben kämpfen. Das Erste Testament als Lern- und Lebensbuch" wurde von Paul Deselaers und Christoph Dohmen herausgegeben. Die beiden Herausgeber würdigen in ihrem Vorwort Erich Zenger: "Er wollte nicht im elfenbeinernen Turm der Wissenschaft bleiben, so sehr und so gerne er intensiv forschte. Für ihn erschöpfte sich biblische Theologie nicht in literarhistorischer und redaktionskritischer Arbeit. Er setzte sich immer wieder mit neuen Argumenten auseinander und ließ sich von besseren Argumenten überzeugen. Denn für alle sollte das Buch der Bücher zugänglich werden, damit seine Mitte aufleuchtet: die biblische Gotteswahrheit."

Das Bedürfnis Erich Zengers, nicht nur im "elfenbeinernen Turm der Wissenschaft" zu sitzen, wird schon an der Verschiedenheit der Texte deutlich. Da stehen auf der einen Seite sehr dichte wissenschaftliche Texte - so etwa seine Auslegung zu Psalm 8, die zum Modelltext für Herders Theologischen Kommentar zum Alten Testament wurde. Auf der anderen Seite finden sich da aber auch Predigten, etwa zur Frage, ob Gott noch heute zu den Menschen spricht. Die beiden Herausgeber haben die umfangreiche Sammlung von Texten in vier Teile gegliedert. Den Anfang machen "Biographische Anhaltspunkte zum Bibelstudium", es folgen Texte über das Gotteszeugnis Israels, Beiträge zum Verhältnis von Christlichem Glauben und Erstem Testament, Texte zur Schöpfung, zu Leiden, Klage und Trost und schließlich Texte, die unter die Überschrift "Grenzgänge" gefasst wurden.

Dem Leser erschließt sich eine wunderbare Bandbreite einer lebenslangen Beschäftigung mit der Heiligen Schrift. Erich Zenger war ein Kämpfer für eine neue Israel-Theologie, die das Erste Testament auch als Heilige Schrift des Judentums ernst nimmt und reflektiert. Die beiden Herausgeber haben mit Blick auf die Bibel vom "Lern- und Lebensbuch" gesprochen. Was sie geschaffen haben, ist ein "Lesebuch". Man wird es kaum am Stück lesen, kann aber immer wieder darin nachschlagen und vor allem immer wieder ein Kapitel lesen. Eine hervorragende Sammlung.

Bewertung vom 16.02.2021
Blut und Eisen
Jahr, Christoph

Blut und Eisen


ausgezeichnet

Über Jahrhunderte hinweg war das, was wir heute "Deutschland" nennen ein Flickenteppich. Zunächst verbanden sich eine Vielzahl mehr oder weniger großer Staaten im "Heiligen Römischen Reich", nach dessen Auflösung folgten der Deutsche Bund 1815, der Norddeutsche Bund 1866, das Zollparlament 1868 und schließlich 1870/71 das Deutsche Reich. Den Weg dorthin beschreibt in einem hervorragenden Buch der Historiker Christoph Jahr: "Blut und Eisen. Wie Preußen Deutschland erzwang" ist bei C.H. Beck in München erschienen. Der Autor schildert den Weg hin zur "deutschen Einigung" im Wesentlichen als Geschichte dreier Kriege. Zunächst steht dort die militärische Auseinandersetzung zwischen Preußen und Österreich auf der einen, sowie Dänemark auf der anderen Seite. 1864 ging es hierbei schon um die Frage, inwiefern Deutschland von Dänemark abgrenzbar sein; diese Streitigkeit entzündete sich insbesondere an Schleswig-Holstein. 1866 folgte dann der Krieg zwischen Preußen und Österreich, 1870/71 dann der Feldzug gegen Frankreich.

Christoph Jahr schildert die jeweiligen Kriegsverläufe ausführlich, aber sehr gut lesbar. Seine Gliederung ist sehr übersichtlich und gut verständlich. Jahr zeigt dabei nicht nur, wie die Kriege rein technisch verliefen, wo Grenzverläufe sich verschoben, welche Schlachten geschlagen wurden. Er webt in seine Berichte immer auch die Stimmung in den deutschen Ländern ein und zeigt gerade 1870/71 wie es zur Gründung des deutschen Reiches - man ist beinahe geneigt, zu sagen: wieder Willen - kam. Ein hervorragender Band für alle, die sich mit der deutschen Geschichte im 19. Jahrhundert auseinandersetzen möchten.

Bewertung vom 16.02.2021
Perfect Secret - Hier ist Dein Geheimnis sicher
Miranda, Megan

Perfect Secret - Hier ist Dein Geheimnis sicher


ausgezeichnet

Avery hatte es in ihrem Leben nicht einfach: Beide Eltern hatte sie bei einem Verkehrsunfall verloren, im vergangenen Jahr ist nun auch noch ihre beste Freundin Sadie gestorben. Sie hat sich eines Nachts von den Klippen von Littleport in das Meer gestürzt. Ein Selbstmord - so scheint es zumindest. Doch Avery kommen immer mehr Zweifel. Seltsame Dinge gehen in dem kleinen Küstenstädtchen Littleport vor sich - und plötzlich entdeckt Sadie in einem Ferienhaus das seit dem Unfall vermisste Handy von Sadie. Und sie findet noch mehr Spuren: Sadie scheint einem dunklen Geheimnis auf der Spur gewesen zu sein, dass ihrer beiden Familien miteinander verbindet. Immer mehr begibt sich Avery in Gefahr und kann am Ende aufklären, was in dieser Nacht wirklich geschah. Megan Miranda ist mit "Perfect Secret" erneut ein spannender Thriller gelungen. Wie schon "Little Lies" und "Tick Tack" ist auch der neue Thriller fesselnd. Miranda spielt gekonnt mit den Zeiten; Vergangenheit und Gegenwart wechseln sich in ihren Erzählsträngen immer wieder ab, scheinen aber an einem gewissen Punkt beinahe miteinander zu verschwimmen. Die Autorin kann Spannung hervorragend aufbauen; bis zum Schluss ist dem Leser des Rätsels Lösung völlig unklar. Spannung bis zur letzten Seite!

Bewertung vom 16.02.2021
Über Freiheit und Glück
Buridan, Johannes

Über Freiheit und Glück


ausgezeichnet

Freiheit und Glück sind große Begriffe; es sind große Ziele, nach denen jeder Mensch strebt. Sie beschäftigen die Menschen schon seit Jahrtausenden. Das zeigt eindrücklich ein bei Herder in der Reihe "Herdes Bibliothek der Philosophie des Mittelalters" erschienener Band: "Über Freiheit und Glück" von Johannes Buridan. Es handelt sich dabei um fünf Quaestiones zum 10. Buch der Nikomachischen Ethik des Aristoteles, in der dieser den Fragen nach Freiheit und Glück nachgeht. Rolf Schönberger führt in der sehr gelungenen Einleitung nicht nur in das Leben des mittelalterlichen Philosophen Johannes Buridan, sondern auch in die hier vorliegende Problemlage ein: "Das Thema ist also Glück. Dieses bestimmt Aristoteles als eine Tätigkeit, und zwar als diejenige, die durch das höchste Vermögen und entsprechend seiner höchsten Kraft ausgeübt bzw. vollzogen wird." Was aber ist das "höchste Vermögen"? Ist des den Menschen Wille oder doch eher der Verstand? In welchem Verhältnis stehen diese beiden überhaupt zueinander? Ist das Glück eine Tätigkeit? Diesen Fragen geht Johannes Buridan in den fünf Quaestiones nach, in denen Positionen gegeneinander abgewägt und diskutiert werden. Dieser Band ist ein schöner Beitrag zur Philosophie des Mittelalters!

Bewertung vom 12.02.2021
So schmeckt Tirol
Eder, Eva

So schmeckt Tirol


weniger gut

Ein eigentlich wirklich schönes Kochbuch ist bei Tyrolia erschienen: "So schmeckt Tirol. Regional kaufen & saisonal genießen". Die Rezepte stammen von Eva Eder, der Band wurde herausgegeben vom "Agrarmarketing Tirol GmbH". Das Buch gliedert sich nach den vier Jahreszeiten und enthält einen perfekten Mix aus traditionellen und innovativen Gerichteten, eine gute Balance aus Herzhaftem und Süßem sowie sehr gut verständliche Rezepte. Garniert wird das noch durch sehr gelungene Bilder. Also ein eigentlich wirklich gelungenes Buch - wenn es sich nicht um eine einzige Werbeveranstaltung handeln würde. Der Herausgeber weist immer wieder auf seine Produkte hin. Zunächst: Das ist für ein Unternehmen nachvollziehbar und verständlich. Aber muss bei jedem einzelnen Rezept eine Vielzahl von Zutaten mit der exakt zu verwendenden Marke angegeben werden? Als Beispiel: für eine "Erdäpfelsuppe" (S. 84) verwende man "Qualität Tirol Erdäpfel", "Qualität Tirol Modlbutter", eine "Bio vom Berg Zwiebel" und "Bio vom Berg Schlagrahm". Lediglich bei Gemüsesuppe, Muskat, Salz und Brot ist es bei dieser Speise offenkundig egal, welche Marke man benutzt. Man kann wohl annehmen, dass die entsprechenden Zutaten von der "Agrarmarketing Tirol GmbH" nicht vertrieben werden.

Derartige Rezepte sind zunächst bevormundend. So verständlich das Bedürfnis eines Unternehmen nach Werbung ist, so nervig ist es, wenn das bei wirklich jeder Zutat gesagt werden muss. Man wird dem Verbraucher wohl noch zutrauen können, zu wissen, was eine Zwiebel ist oder Schlagrahm - und zur bevorzugten Marke zu greifen. Schließlich: Derartige Ausführungen kennt man normalerweise aus der Werbung, etwa wenn Lebensmittelhersteller eigene Rezepte veröffentlichen. Da weiß man, was einen erwartet und muss vor allem nicht dafür bezahlen - beides ist hier aber nicht der Fall. Und das ist schade: Denn wie gesagt wäre die Konzeption dieses Kochbuchs eigentlich mehr als überzeugend.

Bewertung vom 11.02.2021
Gladius
Fischer, Thomas

Gladius


sehr gut

Die Auseinandersetzungen zwischen Römern und Germanen scheint bisweilen etwas mythisches zu haben; das mag nicht zuletzt an den verschiedenen Geschichtsbildern liegen. Waren die Germanen schlicht Barbaren? Oder nicht eher die Römer fremde Invasoren? War Arminius - oder Hermann - ein erster Held der Deutschen Nation? Oder doch eher der Führer eines kleinen Stammes, der die Gunst der Stunde nutzte, den Römern in den Rücken zu fallen? Licht in das Dunkel zwischen Römern und Germanen bietet ein Band von C.H. Beck: "Gladius. Roms Legionen in Germanien" von Thomas Fischer. Der Professor für Archäologie bietet verschiedene Schlaglichter auf die römische Geschichte in Germanien. Er stellt die verschiedenen, bisweilen eher unklaren, wenig statischen Grenzverläufe dar. Fischer schreibt als Archäologe über die verschiedenen Truppenorganisationen, über Lager und Kastelle, über die Ausrüstungen der Soldaten. Er beschreibt Wirren, Konfrontationen und friedliche Koexistenz. Seine Darstellungen überzeugen insbesondere durch verschiedene Aspekte, die der Autor miteinander verbindet. Es geht eben nicht nur um eine reine Geschichtsschreibung, die verschiedene Stadien der Beziehungen darstellt. Vielmehr haben auch Kultur und Leben in Germanien, die verschiedenen Interessen und das Ende des römischen Reiches ihren Platz. Einzig etwas schwer zu folgen ist die Gliederungen dieses Bandes - der im übrigen aber überzeugen kann.