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Blümchen
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Dresden

Bewertungen

Insgesamt 156 Bewertungen
Bewertung vom 13.11.2020
Teatime mit Lilibet
Holden, Wendy

Teatime mit Lilibet


ausgezeichnet

Ich bin traurig. Und enttäuscht. Und auch ein wenig wütend. Mich hat die Geschichte von „Crawfie“, wie die Lehrerin von ihren Schützlingen Elisabeth und Margaret liebevoll genannt wurde, sehr mitgenommen. Und mein Bild von diversen Mitgliedern der englischen Königsfamilie ist ins Wanken geraten. Klar, spätestens seit Harry und Meghan wissen wir: das Königshaus verzeiht nicht. Wer nicht nach ihren Regeln spielt, gilt als „Verräter“ und hat Konsequenzen zu erwarten.

Eigentlich hatte ich mich für das Buch interessiert, weil ich Elisabeth II. für eine faszinierende Frau halte und weil ich ihr immer viel Sympathie entgegengebracht habe. Mittels dieses Buches noch mehr über sie zu erfahren, besonders über ihre nicht oft thematisierte Kindheit, war für mich der Hauptanreiz es zu lesen. Doch ich habe nicht nur die junge Elisabeth kennengelernt, sondern vor allem eine weitere, genau so faszinierende Frau: Marion Crawford, genannt Crawfie, die 16 Jahre lang ihre Hauslehrerin war und die spätere Königin maßgebend geprägt hat.

Marions Geschichte ist von Verzicht und schwierigen Entscheidungen geprägt. Sie kam zur Königsfamilie fast wie die sprichwörtliche Jungfrau zum Kinde und stammte aus einem völlig anderen Milieu. Auch ihre Überzeugungen deckten sich kaum mit dem Traditionalismus und der Distanziertheit der Königsfamilie. Und so war ihr Hauptanreiz, die Stelle in der hohen Adelsfamilie anzunehmen, dass sie den beiden kleinen – aus ihrer Sicht bedauernswerten - Prinzessinnen das „echte“ Leben näherbringen wollte. Sie wollte ihnen zeigen, dass sich nicht jeder morgens an einen von Dienern gedeckten Tisch setzen kann, dass die Leute mit der U-Bahn statt in der chauffeurgesteuerten Limousine durch London fahren. Sie wollte, dass aus den verwöhnten kleinen Mädchen junge bodenständige Frauen werden, denen ihre Privilegiertheit bewusst ist.

Dafür brachte sie ihm Laufe ihrer 16jährigen Tätigkeit viele Opfer. Sie verzichtete auf eigene Kinder, auf Beziehungen, ordnete sich dem strengen Protokoll unter und ertrug die Selbstverständlichkeit, mit der insbesondere Lilibets Mutter ihre Dienste in Anspruch nahm, klaglos. Dafür klammerte sie sich an die Liebe, die ihr die Mädchen fast wie einer Mutter entgegenbrachten.

Als die Mädchen erwachsen wurden und Lilibet sich Hals über Kopf in Philip von Griechenland verliebte (den Marion sehr unsympathisch fand), bekam die Idylle aber Risse und Marion merkte, dass ihre Tage im Palast gezählt waren. Der dann folgende sachliche, knappe Abschied – auch von seiten der Prinzessinnen, die als Teenager nicht in der Lage waren zu begreifen, welche Welt da für ihre Lehrerin zusammenstürzte – hat mich sehr traurig gemacht. Ich empfand tiefes Mitleid für Marion. Als es dann noch dazu kam, dass ein unbeteiligter Höfling für schriftliche Ausführungen über die Kindheit der Prinzessinnen ihr als langjähriger Vertrauter vorgezogen wurde, brach für Marion eine weitere Welt zusammen. Doch man bot ihr an, ihre Sicht der Dinge zu Papier zu bringen – und gaukelte ihr vor, dies werde von der Königin mitgetragen. Die Veröffentlichung von „The little princesses“, in denen Marion voller Liebe nur Positives von den Mädchen berichtete, wurde als unverzeihlicher Affront gegen das Königshaus aufgenommen. Mit der Folge, dass sie bis zu ihrem Tod 1987 einsam in ihrer Heimat Schottland lebte und nie wieder von der Königsfamilie hörte.

Dieses Buch hat ganz viele Seiten in mir berührt und mich dabei auch eine außergewöhnliche und geschichtsträchtige Zeit in Großbritannien miterleben lassen. Es lässt mich traurig und wütend zurück ob der Ungerechtigkeit, die Marion auch aus meiner Sicht widerfahren ist. Aber es bewahrt auch das Andenken einer zu Unrecht verstoßenen Frau, die Großes erreicht hat: die Frau zu formen, die seit über 60 Jahren die Königin von England ist und sie zu einer Regentin zu erziehen, die dieser Aufgabe gewachsen ist.

Das Buch ist definitiv eines meiner Jahreshighlights 2020!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.10.2020
Scheunenkinder / Fräulein Gold Bd.2
Stern, Anne

Scheunenkinder / Fräulein Gold Bd.2


ausgezeichnet

Mitreißend erzählt – als wäre man selbst dabei!

Berlin, Herbst 1923. Die Stadt ächzt unter einer horrenden Inflationswelle, die Menschen stehen mit Koffern voller Geldscheine Schlange, um etwas Brot oder Gemüse zu ergattern. Die Ellenbogen müssen ausgefahren werden, mit Nächstenliebe kommt keiner mehr weit in diesen tristen Oktobertagen.

Auch die Hebamme Hulda Gold kämpft mit den Schwierigkeiten dieser Tage, während sie von Termin zu Termin hetzt, um ihre Schwangeren und Wöchnerinnen zu betreuen. Ihr Vater, zu dem sie ein eher schwieriges Verhältnis hat, vermittelt ihr den Kontakt zu einer streng gläubigen jüdischen Familie im Scheunenviertel. Die Schwiegertochter des Hauses steht kurz vor der Geburt ihres ersten Kindes und benötigt Unterstützung. Hulda schafft es, die junge Frau von einem gesunden Jungen zu entbinden. Doch schon bei ihrem ersten Nachsorgetermin ist das Kind spurlos verschwunden und Hulda stößt auf eine Mauer des Schweigens. Doch Hulda Gold ist eine Frau mit Gerechtigkeitssinn. Und so setzt sie alles daran, das Neugeborene zu finden…

Der zweite Teil der Reihe um die Berliner Hebamme Hulda Gold lebt vor allem von der Stimmung, die Autorin Anne Stern meisterhaft einzufangen weiß. Die Sorgen und Nöte der Menschen in Berlin und insbesondere im Mikrokosmos des jüdischen Scheunenviertels werden anschaulich und bewegend geschildert. Man fühlt sich mittendrin in dieser aufreibenden Zeit und leidet, hofft und bangt mit den Charakteren.

Hulda ist eine sehr sympathische und vielschichtige Hauptfigur. Sie ist eine moderne Frau, die auf keinen Fall vom Wohlwollen eines Ehemannes abhängig sein möchte. Sie ist neugierig und steckt ihre Nase durchaus gern in Dinge, die sie vermeintlich nichts angehen – aber sie hat einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und versucht immer, den Menschen in ihrer Umgebung zu helfen. In diesem Fall wird sie auch mit ihrer eigenen Herkunft konfrontiert, da sie – von Seiten ihres Vaters her – Jüdin ist (auch wenn sie die Religion nicht praktiziert). Sie muss erfahren, dass mittlerweile ein jüdischer Nachname Grund genug ist, um diffamiert zu werden oder sogar körperlich angegriffen. Diese pauschale Verleumdung bestürzt sie und macht ihr Angst. Anne Stern stellt das sehr einfühlsam dar.


Der Roman ist nicht ausgelegt, eine actionreiche Kriminalgeschichte zu erzählen, wie das vielleicht anhand des Klappentextes suggeriert wird. Die Handlung kommt eher langsam in Fahrt und lebt nicht vom Erzähltempo, sondern von den Bildern, die sie im Leser heraufbeschwört. Das muss man Anne Stern lassen – sie versteht es wirklich, den Leser völlig hineinzuziehen in ihre Geschichte, egal ob gerade etwas Dramatisches passiert oder sie „nur“ eine normale Straßenszene beschreibt. Leser, die auf Action stehen, könnten daher ein wenig enttäuscht sein von der (nicht so umfangreichen) Handlung des Buches. Aber ich finde, das macht die Autorin mit ihrer Erzählweise mehr als wett. Ich liebe es, dass ich mich in ihren Büchern völlig verlieren kann und das Gefühl habe, an Huldas Seite zu stehen und alles mit eigenen Augen zu sehen. Deshalb freue ich mich auch jetzt schon auf den nächsten Teil (angekündigt für April 2021)! 4,5 Sterne für die „Scheunenkinder“!

Bewertung vom 12.10.2020
Alles, was das Herz begehrt / Wunderfrauen-Trilogie Bd.1
Schuster, Stephanie

Alles, was das Herz begehrt / Wunderfrauen-Trilogie Bd.1


ausgezeichnet

Vier Frauen zu Beginn einer neuen Zeit

Luise Dahlmann träumt davon, einen eigenen Laden betreiben zu können. Ihrem Bruder Martin, der ein Bauerngut bewirtschaftet, läuft quasi über Nacht eine junge Frau zu, die aus Schlesien fliehen musste. Marie wird Hilfsarbeiterin auf dem Hof und pflegt in ihren wenigen freien Stunden ihr Hobby, das Zeichnen. In Luises Nachbarschaft wohnen die von Thalers, der Mann ein angesehener Klinikarzt, seine Ehefrau… eben Ehefrau. Doch Annabel merkt, dass diese Rolle sie nicht wirklich ausfüllt. Sie ist auch misstrauisch gegenüber ihrem Mann, denn Schwesternschülerin Helga Knaup hat einen gewissen Ruf und außerdem immer zu kurze Röcke an!

Auf verschiedenste Arten kreuzen sich die Wege von Luise, Marie, Annabel und Helga. Jede hat persönliche Tiefschläge zu verwinden, jede hadert mit dem ihr zugedachten Schicksal. Und dieses wunderbare Buch beschreibt, wie die jungen Frauen sich letztlich auf die eine oder andere Art annähern und fast schon Freundinnen werden.

Stephanie Schuster weiß die Zeit des Wirtschaftswunders gekonnt einzufangen, man spürt die Stimmung, den Aufbruch, den Wunsch der Frauen selbständiger zu werden, mitzuentscheiden und sich selbst zu verwirklichen, statt immer nur als Anhängsel eines (möglichst respektablen) Ehemannes gesehen zu werden.

So emanzipiert sich Helga Knaup von der kleinen Schwesternschülerin aus gutem Hause zur alleinerziehenden Mutter eines Mischlingskindes, die sich durchbeißt. So hadert Annabel mehr und mehr mit den Fesseln ihrer Ehe und Luise erfüllt sich mit ihrem eigenen Gemischtwarenladen einen langgehegten Traum, der ihr aber viel Zeit und Kraft abverlangt. Und Marie entscheidet sich gegen ihr Jugendliebe und für das einfache, aber für sie erfüllende Leben einer Bäuerin an der Seite eines rechtschaffenen Mannes.

Für Leser(innen), die die 1950er Jahre stimmungsvoll nachempfinden möchten, kann ich die „Wunderfrauen“ nur empfehlen und freue mich selbst auch schon auf den zweiten Band der Reihe!

Bewertung vom 07.10.2020
Audrey Hepburn und der Glanz der Sterne / Ikonen ihrer Zeit Bd.2
Weinberg, Juliana

Audrey Hepburn und der Glanz der Sterne / Ikonen ihrer Zeit Bd.2


ausgezeichnet

Die Ikone, die die Stille suchte

Audrey Hepburn war für mich bisher immer nur „die Frau auf dem Filmplakat“. Wer kennt es nicht, das berühmte Foto aus „Frühstück bei Tiffany“, als sie im kleinen Schwarzen mit Hochsteckfrisur posiert und einfach nur hinreißend aussieht… Was ich nicht wusste: zu diesem Zeitpunkt war Audrey schon 31 Jahre alt, hatte gerade ihr erstes Kind bekommen und drehte diesen Film eigentlich nur, weil ihr Ehemann und ihr Manager sie dazu drängten. Audrey selbst war eigentlich zufrieden mit dem was sie hatte – das lang ersehnte Baby nach mehreren Fehlgeburten, ein idyllisches Haus in der Schweiz ohne Paparazzi und Blitzlichtgewitter und dank ihrer bisherigen Filmerfolge ein finanziell abgesichertes Leben.

Ich hatte mich sehr darauf gefreut, Audrey Hepburn „kennenzulernen“, einen Blick hinter die Fassade dieser Ikone werfen zu können und – ja, auch das – an den aufregenden Dreharbeiten teilzuhaben, die zu vielen Auszeichnungen (sogar zu einem Oscar!) geführt hatten.

Ich hatte eine Frau erwartet, die ihren Marktwert kennt und strategisch kluge Entscheidungen trifft, die ihre Karriere planvoll vorantreibt und das wohltuende Polster des Reichseins genießt. Statt dessen lernte ich zunächst ein junges Mädchen kennen, das ehrgeizig einen ganz anderen Traum verfolgt, obwohl der Zweite Weltkrieg ihr viele Entbehrungen abverlangt: sie möchte Balletttänzerin werden. Allen Widerständen zum Trotz schafft sie es nach dem Krieg an eine renommierte Ballettschule – wird dort jedoch nach kurzer Zeit als nicht geeignet für eine Karriere als Ballerina ausgemustert. Zum Glück kann sie sich mit tänzerischen Auftritten in preiswerten Musicalproduktionen über Wasser halten – und wird dort für Hollywood entdeckt. Der Rest ist Geschichte.

Jedoch überraschte mich Audrey mit ihrem Wesen und ihrer Zurückhaltung. Sie war äußerst diszipliniert, ständig im Zweifel, ob sie als Schauspielerin gut genug ist und sehnte sich innerlich nach Ruhe und Frieden für sich und ihre Liebsten. Ihr größter Traum, eine eigene Familie, wollte sich lange Zeit nicht erfüllen und sie musste darum kämpfen, ihr privates Glück zu finden. Als endlich ihr Baby geboren war, war sie müde vom Reisen, Drehen, Posieren und zog sich recht schnell aus dem Filmbusiness zurück. Ihrem Mann, der sehr karriereorientiert war, war das gar nicht recht und er drängte sie immer wieder, ihren Beruf wieder aufzunehmen. Das Scheitern der Ehe war damit vorprogrammiert. Ihre wahre Liebe fand Audrey Hepburn erst sehr spät in ihrem Leben, nachdem sie zwei Söhne von zwei Männern großgezogen hatte. Ihre letzten Lebensjahre jedoch genoss sie dann und widmete sich caritativen Aufgaben.

Juliana Weinberg alias Ursula („Amanda“) Kissel stellt Audrey Hepburn nach meinem Empfinden sehr positiv dar und ich habe mich manchmal gefragt, ob sie wirklich ein so bodenständiger und genügsamer Mensch sein konnte (angesichts ihrer Biografie und der großen Filmerfolge). Doch offenbar war Audrey wirklich das ganze Gegenteil einer Diva und es ist wohltuend zu lesen, dass nicht jede berühmte Schauspielerin sich früher oder später in Exzessen verliert. Natürlich hat auch Audrey mit Schicksalsschlägen oder beispielsweise auch schweren Depressionen (nach ihren Fehlgeburten) zu kämpfen. Diese erscheinen allerdings nicht einem exzessiven Lebensstil geschuldet, sondern schwerem persönlichem Verlust.

In diesem Buch fällt es dem Leser leicht, Audrey als ganz normale Frau anzusehen, mit nachvollziehbaren Gefühlen und Gedanken. Ich habe es genossen, in diesem Buch ihren Lebensweg zu begleiten und vergebe wohlverdiente 5 Sterne für diesen tollen biografischen Roman!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.09.2020
Madame Curie und die Kraft zu träumen / Ikonen ihrer Zeit Bd.1
Leonard, Susanna

Madame Curie und die Kraft zu träumen / Ikonen ihrer Zeit Bd.1


ausgezeichnet

Man blickt hinter die Fassade einer Legende und entdeckt einen gefühlvollen Menschen

„Mit den Lebensgeschichten von uns Menschen ist es wie mit Molekülen: Führt man ihnen Wärme zu, geraten sie in Bewegung und bewegen benachbarte Moleküle. Lässt man sich von der Geschichte eines anderen Menschen erwärmen und bewegen, bewegt sich die eigene Geschichte möglicherweise in eine andere, neue Richtung.“ (S. 21)

Susanna Leonhard hat dies verinnerlicht und bringt uns die gemeinhin als spröde geltende Wissenschaftlerin Marie Curie, geborene Maria Sklodowska, menschlich näher. Der Fokus liegt – wie der Titel und das Cover schon nahelegen, nicht auf der Forschung dieser außergewöhnlichen Frau (auch wenn dies im letzten Drittel eine große Rolle spielt), sondern auf ihrem Werdegang, ihren Gefühlen und Gedanken.
Maria, genannt Mania, wächst in Warschau auf – zu einer Zeit, als die Polen unter der Herrschaft der Russen standen und ihre eigene Identität als Volk unterdrückt wurde. In den Schulen musste Russisch gesprochen werden, unterrichtet wurde russische, nicht polnische Geschichte. Frauen durften in Polen nicht studieren – dafür mussten sie ins Ausland gehen, was sich die wenigsten leisten konnten. Doch viele Polen bewahrten sich ihr Erbe im Stillen. Nach außen gaben sie sich angepasst, untereinander pflegten sie polnische Traditionen. So auch Manias Familie.

So lernt Mania früh, dass sie für ihr Glück und ihre Bildung kämpfen muss. Sie ist fleißig, muss sich immer wieder aufrappeln, als sie Familienmitglieder viel zu früh verliert. Trost findet sie in ihren Schulbüchern und ihrer Begeisterung für wissenschaftliche Abhandlungen. Sie interessiert sich für naturwissenschaftliche Zusammenhänge und setzt alles daran, dass sie und ihre Schwester Bronia die Möglichkeit bekommen, nach Paris zu gehen und zu studieren.

Während des Studiums lernt Maria, die sich dort Marie nennt, ihren späteren Mann Pierre Curie kennen und lieben. Die beiden getriebenen Wissenschaftlerseelen fühlen sich einfach zueinander hingezogen, da sie sich beruflich und privat hundertprozentig aufeinander verlassen können und da sie die gleichen Ziele und Ideen verfolgen. Pierre unterstützt Marie vor und auch nach der Hochzeit in ihrer Forschung. Er wird nicht müde darauf hinzuweisen, dass seine Verdienste auch ihre sind und sie den Löwenanteil der Forschung stemmt, während er auch als Professor lehrt. Als sie gemeinsam entdecken, dass die von einem anderen Forscher beschriebene Uranstrahlung auch von weiteren Stoffen in noch größerer Intensität ausgeht, kennt ihr Forscherdrang kein Halten mehr. Doch leider bezahlen die beiden ihre bahnbrechenden Erkenntnisse mit ihrer Gesundheit…

Susanna Leonhard zeichnet das Bild einer zielstrebigen, aber auch empfindsamen jungen Frau. Dass Marie Curie seit frühester Jugend immer wieder auch mit depressiven Schüben zu kämpfen hatte, wusste ich beispielsweise nicht. Die Forscherin wird in diesem Buch sehr einfühlsam und nahbar dargestellt – ganz anders, als ich sie mir aufgrund von Zeitungsartikeln oder dem Schulwissen vorgestellt habe. Marie Curie war eben auch nur ein Mensch – mit den gleichen Gefühlen, Ängsten, Sorgen. Nur dass sie eben auch mit einer großen naturwissenschaftlichen Begabung gesegnet war, die ihresgleichen suchte. Es ist nicht überliefert und wird auch in diesem Buch nicht geklärt, ob Marie über die gesundheitlichen Risiken ihrer Forschung vollauf Bescheid wusste. Wenn ja, hat sie sie ignoriert.

Nach dem Lesen bleibt die Erkenntnis, dass man hinter die Fassade einer Legende geschaut und einen gefühlvollen Menschen entdeckt hat – eine tolle Leistung der Autorin und ein großartiger biografischer Roman!

Bewertung vom 02.08.2020
Wo die Sterne tanzen
Herzog, Katharina

Wo die Sterne tanzen


sehr gut

Liebes- und Lebensgeschichte zwischen Big Apple und Small Island

Nele hat jahrelang ihren Traum gelebt: Musicaldarstellerin am Broadway in New York. Schon als kleines Mädchen träumte sie von einer Musicalkarriere und sie hat zielstrebig darauf hingearbeitet, sich diesen Traum zu erfüllen. Doch mit Mitte dreißig steht Nele am Scheideweg. Ihre Füße waren jahrelang überbeansprucht worden, Nele musste viele Verletzungen auskurieren, zudem ist sie alleinerziehende Mutter. Die großen Engagements blieben in letzter Zeit aus. Sie merkt, dass ihr Stern sinkt, auch wenn sie es sich selbst nicht eingestehen kann.

Da stirbt ihre geliebte Oma Lotte, die ihr in ihrem Deich-schlösschen auf Juist immer wunderbare Ferienwochen und auch später immer wieder eine Auszeit verschafft hat. Lotte war Neles Leitstern, denn ihre Mutter Laura war nach dem Weggang von Eddy, Neles Vater, immer in wechselnden Beziehungen gefangen und Nele hatte nie das Gefühl, dass sie für ihre Mutter an erster Stelle stand. Als sie nun zusammen mit ihr den Nachlass von Oma Lotte regeln und das Deichschlösschen verkaufen muss, kommen die alten Konflikte wieder ans Tageslicht.

Und dann sind da noch Henry und Ben, Neles Freunde aus Kindertagen, die irgendwie nie ganz aus ihrem Leben verschwunden waren und nun plötzlich wieder eine große Rolle spielen…

Mit ihrem Roman hat Katharina Herzog mich mitgenommen auf eine Reise an die Nordsee, aber auch nach New York. In Neles Lebensweg spürt man den Ehrgeiz und zum Teil auch die Verbissenheit, die Tänzerinnen brauchen, um in diesem harten Job bestehen bzw. Karriere machen zu können. Wie Nele lernen muss, geht auch in ihrem Leben die Karriere nur mit Vitamin B vorwärts – worauf sie nicht stolz ist, aber was offenbar fast unvermeidlich ist in der Tanzwelt. Es kommt kurz der Gedanke von #metoo auf, wenn man die betreffenden Szenen liest, ohne dass die Autorin das hier wohl hineindeuten wollte.

Der Roman hat mit seinen Rückblenden einen etwas unge-wöhnlichen Aufbau. Zwischen Kapiteln, die im Sommer 2019 rund um den Hausverkauf spielen, werden immer wieder Kapitel aus Neles Vergangenheit eingeschoben, beginnend mit ihrer Kindheit und sich fortsetzend bis zum Jahr 2018. So verfolgt man ihre aktuelle Situation parallel zu ihrem Lebensweg. Für mich persönlich war dieser Aufbau nicht ganz perfekt geeignet, ich habe sehr oft geblättert und gerechnet, wieviele Jahre seit dem letzten Vergangenheitskapitel nun ins Land gegangen waren, um wieviel älter Nele jetzt war und wieviel reifer vielleicht. Nur so konnte ich das, was in den Kapiteln passierte, zueinander in Relation setzen und für mich bewerten. Natürlich macht es die Story interessanter und raffinierter, aber ich persönlich bin damit nicht ganz so gut zurecht gekommen.

Dass Neles Jugendfreunde später beide einen Bezug zu New York hatten und dort auch hin und wieder (teilweise ohne Neles Wissen) auftauchten, fand ich ein wenig zu konstruiert, gerade bei Henry. Aber das ist mein persönliches Empfinden.

Eine schöne Idee waren die Zeilen aus Musical-Liedtexten zu Beginn einiger Kapitel. Sie hatten immer einen gewissen Bezug zu dem, was im Kapitel passierte und da ich selbst schon viele Musicals gesehen habe, hatte ich auch immer mal wieder einen (mitunter lang vergessenen) Ohrwurm in den Lauschern 

Insgesamt habe ich die Geschichte sehr genossen und sie hat mir eine schöne Auszeit vom Alltag beschert. Das richtige Buch, um im Urlaub ein paar entspannte Lesestunden zu genießen!

Bewertung vom 27.07.2020
Saale Premium - Stürme über dem Weinschloss / Weinschloss-Saga Bd.1
Seifert, Paula

Saale Premium - Stürme über dem Weinschloss / Weinschloss-Saga Bd.1


sehr gut

Die Korken knallen… nicht ganz so gut wie erhofft

„Stürme über dem Weinschloss“ ist der Auftakt einer 3-bändigen Familiensaga über mehrere Generationen im Weinbaugebiet Saale-Unstrut. Die nicht ganz so bekannte Weinregion bekommt mit diesen Romanen – verdientermaßen – ein kleines Denkmal gesetzt. Nun ist das Konzept leider nicht mehr ganz unverbraucht – man denke nur an die opulente „Weingut“-Trilogie von Marie Lacrosse. In dieser Tradition erzählt auch Paula Seifert eine Familiensaga mit vielen Irrungen und Wirrungen sowie einigem an Drama.

Im ersten Band geht es vorrangig um Aenne (was für ein schöner, ungewöhnlicher Name!). Sie wächst als Winzertochter auf und bemerkt schnell, dass ihr die typische „Karriere“ als Ehefrau und Mutter im ausklingenden 19. Jahrhundert nicht genug ist. Sie ist klug und umtriebig, hat ein Talent fürs Schreiben und einen guten Gaumen für den Wein. Also versucht sie ihren eigenen Weg zu gehen und hat das Glück, zum Schreiben der Chronik für eine in der Nähe gelegene Sektkellerei ausgewählt zu werden. Dort lernt sie Clemens kennen, ihre große Liebe. Aennes Lebensweg, der lange kein Happy End mit Clemens in Sicht hat, bildet das zentrale Thema dieses Romans.

So sympathisch mir Aenne als Frau war und mit allem Verständnis für die Zwänge ihrer Zeit – aber ich konnte leider viele ihrer Entscheidungen nicht nachvollziehen. (Achtung, Spoiler – wer das Buch noch lesen möchte, bitte diesen Absatz überspringen!). So konnte ich zum Beispiel absolut nicht verstehen, warum sie Clemens, der ihr wiederholt einen Antrag macht, mehrfach abweist. Sie begründet es damit, dass sie ein Weingut zu führen habe und sich um ihre Familie kümmern müsse und dass da kein Platz für die Liebe sei. Allerdings hat Clemens ihr mehrfach versichert, zu ihr und hinter ihr zu stehen. Sie schickt ihn weg und weint sich dann wieder wochenlang die Augen aus und verzehrt sich nach ihm… nicht wirklich nachvollziehbar. Hier sieht es so aus, als sei dies nur ein Kniff der Autorin, um das Happy End immer wieder hinauszuzögern. Leider nicht so ganz überzeugend.

Interessant fand ich, dass sich die Sektkellerei Kloss & Foerster später als die Rotkäppchen-Sektkellerei herausstellt (an die ich zwischendurch beim Lesen schon immer mal denken musste). Schön wäre gewesen, wenn der Roman ein Nachwort hätte, das aufklärt, ob hier tatsächlich die Firmengeschichte von Rotkäppchen beschrieben wird oder die bekannte Kellerei fiktiv in die Handlung eingewoben wurde. Das wird leider nicht aufgeklärt.

Im Buch wird zwar deutlich, dass die Saale-Unstrut-Region sowohl für Wein als auch für Sekt bekannt ist, da es z. T. um Aennes Arbeit in der Sektkellerei als auch um ihr Weingut geht. Aber dadurch vermischen sich auch die Fakten zum Weinbau und zur Sektherstellung, was – mir persönlich – ein wenig unstrukturiert anmutete. Aber das ist nur ein persönliches Empfinden.

Auf jeden Fall ist „Stürme über dem Weinschloss“ eine angenehme Sommerlektüre mit wissenswerten Fakten zur Saale-Unstrut-Region und allem, was mit Trauben zu tun hat… Dazu noch eine verflochtene Familiengeschichte, fertig ist ein kurzweiliger historischer Roman! 3,5 Sterne.

Bewertung vom 06.04.2020
Wo das Glück zu Hause ist / Happy Ever After Bd.1
Colgan, Jenny

Wo das Glück zu Hause ist / Happy Ever After Bd.1


ausgezeichnet

Mit ihrem neuen Roman hat Jenny Colgan mich richtig gepackt! Es ist ein Buch zum Wegträumen, zum Entspannen, zum Schmunzeln, aber auch zum Nachdenken. Und da es zur Zeit so wichtig ist, sich neben den bestürzenden Nachrichten, die täglich auf uns einströmen, ein paar Momente des Friedens und der Ruhe zu gönnen, war es genau das richtige Buch für mich in dieser Zeit. Und dazu kommt noch: dieser Roman feiert Bücher und das Lesen, und zwar auf eine herzliche und unbeschwerte Art, so dass einem als Bücherwurm einfach das Herz aufgeht.

Kurz zur Story:

Als die Bibliothek geschlossen wird, in der Nina arbeitet, wird es eng für die verträumte Büchereule. Sie sieht keine berufliche Perspektive, nur ein lang gehegter Traum tritt plötzlich wieder zutage. Nina liegt jeder Leser am Herzen und sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, für jeden Menschen das genau richtige Buch zu finden, das ihm in seiner aktuellen Stimmung oder Lebenssituation weiterhilft. Als im entfernten Schottland ein großer alter Lieferwagen zum Verkauf steht, überwindet Nina ihre Ängste, fährt in den Norden und kauft das Ungetüm. Fortan möchte sie mit ihrem Bücherbus als fahrende Buchhändlerin ihre Auffassung von Glück unter die Leute bringen.

Wie sich herausstellt, hängt an dem Lieferwagen eine ganz neuer Lebensabschnitt – denn gerade in den abgelegenen schottischen Highlands greift ihre Idee besonders gut und wirft Profit ab. Also zieht Nina nach Schottland und lernt langsam aber sicher, dass sie ihr Lebensglück eher im entschleunigten Landleben findet als in ihrer pulsierenden Heimatstadt Birmingham.

Natürlich weiß jeder, der das Buch in die Hand nimmt, dass bei einem Titel wie „Happy Ever After“ kein dramatisches Ende zu erwarten ist. Ja, man ist sich natürlich darüber im Klaren, dass in diesem Buch alles gut werden wird – aber wie sagt man immer so schön: der Weg ist das Ziel ;) Und Jenny Colgan versteht es wirklich, Nina auf eine spannende emotionale und geografische Reise zu schicken, die dem Leser (oder wahrscheinlich eher der Leserin) von der ersten bis zur letzten Seite Freude macht. Um es kurz zu sagen: das Buch ist einfach sooooooo schön! :-) Ich habe es in nur 2 Tagen durchgelesen, was neben einem Vollzeitjob für mich schon eine Leistung darstellt. Aber das soll nur verdeutlichen, dass man wirklich völlig in dem Roman aufgehen kann und sich tatsächlich nach (bzw. während des Lesens) fühlt, als hätte man gerade Urlaub. Und was gibt es Schöneres, als das über ein Buch sagen zu können?

Jenny Colgan hat mit dieser wunderbaren Story für und über Bücherwürmer meiner Ansicht nach voll ins Schwarze getroffen und ich kann nur jedem raten, sich schnellstmöglich mit dieser Geschichte in den Lieblingssessel zu verkrümeln und die verrückte Welt da draußen einfach mal für ein paar Stunden zu vergessen. Danke, Jenny, dass du uns das ermöglichst!

Bewertung vom 06.04.2020
Goldsturm / Gut Greifenau Bd.4
Caspian, Hanna

Goldsturm / Gut Greifenau Bd.4


ausgezeichnet

Selten habe ich mich so gefreut, eine Fortsetzung in den Händen zu halten wie bei „Goldsturm“, dem vierten Teil der Gut Greifenau-Saga. Ursprünglich galt die Reihe nach drei Bänden als abgeschlossen, aber der große Erfolg hat wohl dazu geführt, dass die Reihe fortgesetzt wird. Mit „Goldsturm“ ist nun der erste Fortsetzungsband erschienen und ich freue mich jetzt schon, dass es mit „Silberstreif“ ab November 2020 eine weitere Fortsetzung der Geschichte geben wird.

In diesem Band begleiten wir die Bewohner von Gut Greifenau in die „Goldenen Zwanziger“ hinein, die – wie sich herausstellt – alles andere als golden sind, zumindest für die meisten. Die Aristokratie hat in der jungen Republik einen schlechten Ruf und Gutsherr Konstantin merkt, dass er es immer schwerer hat, die Loyalität und den Gemeinsinn seiner Pächter zu erhalten. Geschäftsmann Julius Urban und seine Frau Katharina, die von Gut Greifenau stammt, genießen derweil ein sorgloses Leben in Berlin, da die Urbans mit Geld- und Immobiliengeschäften im großen Stil Reichtum anhäufen – wenn auch oft am Rande der Legalität. Derweil versuchen auch die Angestellten des Gutshofes weiter ihr Glück zu finden und gehen dafür teilweise unorthodoxe Wege.

Was jedoch alle verbindet, ist die immer schwierigere Situation der zunehmenden Inflation. Viele der Bediensteten hatten sich über Jahre einen Notgroschen vom Munde abgespart – und können sich dafür nun kaum noch ein Brot kaufen. Glücklich ist, wer irgendwie an ausländisches Geld gekommen ist, denn Dollar und Co. sind die einzigen wirklich beständigen Werte, auch wenn man mit ihnen offiziell nicht mehr bezahlen darf. Zunehmend werden nur noch Naturalien getauscht, die Angestellten von Gut Greifenau lassen sich ihren Wochenlohn in Eiern oder Kartoffeln auszahlen. Eine Situation, die für uns heute nur schwer vorstellbar schein, aber angesichts der derzeitigen Lage trotzdem erschreckende Vorstellungen weckt.

Wie schon in den vorherigen Bänden hat mich Hanna Caspian wieder mitten hinein geschubst in die längst vergangenen Zeiten und ich war von der ersten Seite an gefangen in ihren Beschreibungen. Sie vermittelt das Wissen um die historischen Gegebenheiten und die Sorgen und Nöte der Adligen, aber auch des einfachen Volkes auf eine sehr anschauliche,verständliche Weise. Man hat tatsächlich das Gefühl, selbst mitzuerleben, was im Buch gerade passiert. Das ist es, was ich an ihren Romanen so schätze.

Mittlerweile sind mir die Figuren sehr ans Herz gewachsen und ich fiebere mit jedem Einzelnen mit auf seinem Weg durch die 1920er Jahre. Allerdings muss ich sagen, dass man die Vorgängerbände schon gelesen haben sollte, um „Goldsturm“ richtig verstehen und die Geschehnisse einordnen zu können. Zwar versucht die Autorin in kurzen Abrissen das bisherige Geschehen einzuflechten, um aktuelle Entwicklungen im Buch besser nachvollziehbar zu machen. Aber bei drei Vorgängerbänden von insgesamt mehr als 1500 Seiten ist es natürlich schwierig den bisherigen komplexen Handlungsverlauf allgemeinverständlich für neue Leser darzustellen. Deshalb mein Tipp: viele Menschen haben ja im Moment wieder mehr Zeit zum Lesen – also kauft euch die ganze Reihe (natürlich online bei eurer lokalen Buchhandlung!) und taucht völlig ab in diese Bücher, ihr werdet es nicht bereuen!

Und ich habe mir nun schon Anfang November groß im Kalender angestrichen, wenn ich endlich erfahren darf, wie es auf Gut Greifenau weitergeht!

Bewertung vom 15.03.2020
Die Spionin
Kealey, Imogen

Die Spionin


sehr gut

Superwoman im 2. Weltkrieg

Dieses Buch hat es mir nicht leicht gemacht. Es war super spannend zu lesen, mit viel Action, einer toughen Heldin und ich bin nur so durch die Seiten geflogen. Und trotzdem war da ständig diese Stimme im Hintergrund, die mir sagte: Das kann so nicht gewesen sein.

Man muss sich vor Augen halten, dass es hier um eine Person geht, die wirklich gelebt hat. Es ist eben keine rein fiktionale Geschichte, der man eine solche völlig unerschrockene und mehr als abenteuerlustige Heldin verziehen hätte, ja, sie sich sogar gewünscht hätte. Hier geht es um Nancy Wake, eine Agentin, die tatsächlich in den Wirren des zweiten Weltkriegs für die französische Resistance gekämpft hat. Und da nehme ich den Autoren (es handelt sich tatsächlich um ein Autorenduo) dieses „Superwoman im 2. Weltkrieg“-Ding eben nicht so richtig ab.

Ich bin mir sicher, Nancy Wake war eine außergewöhnliche Frau, die möglicherweise auch relativ lässig mit Gefahr umging – aber hoffentlich nicht so (fahr)lässig, wie es in diesem Buch den Anschein hat. Gerade in der ersten Hälfte des Romans hatte ich den Eindruck, eine Art „Jane Bond“ vor mir zu haben, die ständig nur den Nervenkitzel sucht und für die der Weltkrieg ein einziger Abenteuerspielplatz ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das tatsächlich so war, denn das wäre doch ziemlich naiv und dumm von Miss Wake gewesen – und ich halte sie für keines von beiden, sondern im Gegenteil für sehr clever.

Diese Schattenseite des Romans ist aber merkwürdigerweise gleichzeitig sein größter Pluspunkt, denn die Story ist einfach nur atemberaubend, man steckt mitten drin in einer atemlosen Agentengeschichte und kann das Buch kaum aus der Hand legen (was der maßgebende Grund für mich war, statt drei Sternen doch vier zu geben).

Und der Roman hat eines erreicht: ich bin neugierig geworden auf die „richtige“ Nancy Wake. In einer Anmerkung der Über-setzerin wird auf das Sachbuch „Codename Hélène“ von Michael Jürgs aus dem Jahr 2013 verwiesen. Das steht nun auf meiner Wunschliste, denn ich möchte mir unbedingt noch ein umfassenderes Bild von Nancys Charakter machen und wissen, ob die Autoren dieses Romans tatsächlich übertrieben haben und ich mit meiner Einschätzung von ihr recht habe oder eben nicht.

Dennoch – wer ein rasantes Abenteuer vor dem Hintergrund des zweiten Weltkriegs und der Landung der Alliierten in Frankreich erleben will, ist mit diesem Buch gut bedient.