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wanderer.of.words

Bewertungen

Insgesamt 229 Bewertungen
Bewertung vom 11.01.2022
Wie viel von diesen Hügeln ist Gold
Zhang, C Pam

Wie viel von diesen Hügeln ist Gold


gut

Die Autorin schreibt über Rassismus, Geschlechtsidentität, Migration und der Suche nach Zugehörigkeit. Auch der Eisenbahnbau und die Ausbeutung der Natur finden ihren Platz in der Geschichte. Das sind alles wichtige und spannende Themen, doch für das Buch waren es einfach zu viele, denn oft blieb nur Platz für eine Erwähnung am Rande. 350 Seiten reichten nicht aus um überall die Tiefe zu vermitteln, die ich mir gewünscht hätte.

Die Geschichte ist in vier Teile aufgebaut und überwiegend aus Lucys Perspektive erzählt. Zu Beginn lernt man die Kinder kennen, die mit dem Vater soeben den letzten Elternteil verloren haben. Der zweite Abschnitt spielt drei Jahre früher, als die Familie noch vollständig war. Anschließend erzählt der Vater wie er die Mutter kennenlernte und am Ende erfolgt nochmal ein Sprung in die Gegenwart wo wieder Lucy und Sam im Fokus stehen. Die Reise der beiden Kinder durchs Land macht also nur einen kleinen Teil aus und besteht auch mehr aus einem ziellosen Herumirren. Trotz der wohlformulierten Sätze blieb die Erzählung dabei oft sehr oberflächlich und viel zu selten sind Bilder in meinem Kopf entstanden. Vom Eisenbahnbau, der Arbeit als Goldgräber oder im Bergwerk erfährt man kaum etwas. Auch die meisten Charaktere bleiben einem immer etwas fern. Hier ist viel Potential ungenutzt geblieben.

Fazit
Mir war vieles zu knapp ausformuliert und die Geschichte ist an den meisten Stellen leider zu sehr an der Oberfläche geblieben. Für mich daher nur ein Buch das man mal gelesen haben kann, das aber schon kurz nach Beendigung nicht mehr in meinen Gedanken ist.

Bewertung vom 07.01.2022
Tinte & Siegel / Die Chronik des Siegelmagiers Bd.1
Hearne, Kevin

Tinte & Siegel / Die Chronik des Siegelmagiers Bd.1


ausgezeichnet

Das Buch entwickelt schon nach den ersten Seiten einen unglaublichen Sog. Die Geschichte beginnt mit Gordies Tod und verliert an keiner Stelle ihr Tempo. Das soll nicht heißen, dass das Buch vor Actionszenen nur so strotzt. Ein paar Kämpfe sind natürlich vorhanden, doch auch die Ermittlungsarbeit zu beobachten und Kevin Hearnes fantastische Welt zu entdecken macht großen Spaß. Den Anhang mit Erklärungen zu den Wesen und Übersetzungen einiger gälischer Begriffe habe ich dabei aber dringend benötigt. Das übrige Hintergrundwissen ist geschickt mit der Handlung verwoben und vereinzelte Rückblenden lassen uns die Protagonisten besser kennenlernen. Der Plot ist dabei sehr geradlinig erzählt und nicht überladen, so dass ich mich nie überfordert fühlte.

Der Siegelmagier Al, seine schlagkräftige Unterstützerin Nadia und ein Hobgoblin ergeben ein sehr sympathisches und interessantes Trio. Band zwei wird bereits in diesem Jahr erscheinen. Ich freue mich schon sehr auf ein Wiedersehen mit den dreien und bin natürlich gespannt, ob Al einen Lehrling findet, der länger am Leben bleibt.

Fazit
Das Buch bietet eine sehr gelungene Mischung, ich habe mitgerätselt, mitgefiebert und mich dabei an vielen Stellen köstlich amüsiert. Für letzteres sorgte vor allem Hearnes herrlicher Humor, auch wenn der an manchen Stellen etwas derb ist.

Bewertung vom 30.12.2021
Die Schule der Redner
Seeger, Johann

Die Schule der Redner


gut

Ein historischer Jugendroman mit vereinzelt fantastischen Elementen

Bewertung: 3,5 Sterne

Ich habe schon viele historische Romane gelesen, eines über die Macht und Möglichkeiten der Sprache war bisher noch nicht darunter. Der Autor kombiniert dieses Thema geschickt mit einem Abenteuerroman, bei dem sich die jugendlichen Protagonisten auf die Jagd nach einem gefährlichen Manuskript machen das schon durch eine Reihe berühmter Hände gegangen ist. Wer diese Schrift studiert, der erhält die Macht mit seinen Worten starken Einfluss auf andere Menschen zu nehmen. Hier sind dann auch etwas fantastische Elemente enthalten, etwa wenn einer der Antagonisten durch ein einziges Wort andere Menschen in eine körperliche Starre verfallen lässt.

Das erste Drittel des Romans erzählt die Flucht Leons nach St. Gallen zur Schule der Redner. Dieser Teil ist sehr spannend, man fiebert mit dem Jungen, wie er seinen Verfolgern durch Schnee und Eis zu entkommen versucht. In der Schule angekommen findet Leon schnell neue Freunde wie auch Feinde. Der Leser begleitet die Jugendlichen durch Unterrichtsstunden und erfährt viel über Rhetorik und die Möglichkeiten der sprachlichen Manipulation. Und natürlich ist nicht jeder der Lehrer und Schüler was er vorgibt zu sein, hier hat der Autor geschickt ein paar Überraschungen eingebaut.

Vom Setting her ist das Buch für mich ein historischer Jugendroman, bei dem sich ruhigere, aber trotzdem sehr interessante Passagen über Rhetorik gut mit actionreicher Spannung abwechseln. Ganz realistisch geht dabei aber nicht immer zu. Mehrmals schaffen es die Jugendlichen, dass sie erfahrene und zahlenmäßig überlegene Kämpfer besiegen. Und da mir historische Korrektheit sehr wichtig ist, muss ich zu diesem Punkt ein wenig „meckern“. Dass die Verlobte eines einflussreichen Fürsten mal eben fremdgeht und die Familie über diese Schmach einfach hinwegsieht mag nicht wirklich zu den damaligen Erwartungen und Rollen passen.

Die verwendete Sprache ist überwiegend modern, ergänzt um einige „alte“ Begriffe. Allerdings sind hier auch Fehler enthalten, so kannte man zur damaligen Zeit die Kartoffel und damit natürlich auch eine „Kartoffelnase“ noch gar nicht.

Fazit:
Es ist kein klassischer historischer Roman, doch wer über historische Abweichungen und ein paar Ungereimtheiten hinwegsehen kann, der erhält einen temporeichen Roman mit sehr interessanten Lektionen zu Rhetorik und Sprache. Die Lehrstunden über die Kunst der Rhetorik waren mein Highlight des Buches und schon beim Lesen habe ich überlegt wie ich diese neuen Kenntnisse am besten ausprobieren kann.

Bewertung vom 21.12.2021
Never - Die letzte Entscheidung
Follett, Ken

Never - Die letzte Entscheidung


ausgezeichnet

In seinem Vorwort schreibt Ken Follett, dass der erste Weltkrieg zum Großteil aus einer Verkettung von Einzelentscheidungen entstand. Der Frage, ob so etwas noch einmal passieren kann, geht er in seinem neuesten Werk nach, entstanden ist ein enorm spannender Polit-Thriller.

Das Buch zeigt sehr beeindruckend die weltpolitischen Verflechtungen und welche Auswirkungen diese Abhängigkeiten und Machtinteressen haben können. Dabei sind die Geschehnisse so verständlich dargestellt, dass ich den Zusammenhängen jederzeit folgen konnte. Politisches Vorwissen, etwa welche der Länder miteinander verbündet oder verfeindet sind, war nicht notwendig, denn Follett baut dieses Wissen geschickt in seine Geschichte ein. Obwohl die komplexe Erzählung aus mehreren Handlungssträngen besteht ist sie immer flüssig zu lesen. Es dauert allerdings ein wenig, bis die einzelnen Schauplätze inhaltlich miteinander verknüpft werden. Für mich ist das ein positiver Aspekt, ich mag es, wenn nicht gleich zu Beginn alle Zusammenhänge klar sind und sich eine Geschichte erst entfaltet. Dafür ist aber natürlich auch etwas Geduld notwendig.

Einen Helden der im Alleingang die Probleme der Welt löst gibt es in Folletts Roman nicht. Und auch auf den großen Antagonisten, der sich den Helden gegenüberstellt, verzichtet der Autor. Jede der Figuren hat ihre Beweggründe und auch wenn man nicht jedem Sympathie entgegenbringen kann, sind die Handlungen stets nachvollziehbar. Neben den politischen Aspekten ist auch Platz für das Privatleben der Protagonisten, was die Erzählung auflockert und zusätzlich Sympathien für die Figuren schafft. Ich fand diese Mischung genau richtig.

Fazit:
„Never“ ist ein sehr spannender Polit-Thriller mit einer großartig gelungenen, oft sehr bedrückenden, Atmosphäre. Das Buch ließ mich mit einem sehr nachdenklichen Blick auf das politische Weltgeschehen zurück.

2 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.12.2021
Der geheimnisvolle Mr. Hyde (eBook, ePUB)
Russell, Craig

Der geheimnisvolle Mr. Hyde (eBook, ePUB)


gut

Meine Wertung: 3,5 Sterne

Craig Russell „leiht“ sich für seinen Krimi die Figur des Edward Hyde - dieser ist in der Buchwelt kein Unbekannter und stammt aus der Feder des schottischen Schriftstellers Robert Louis Stevenson. Russell erzählt Hydes Geschichte aber nicht neu, sondern schreibt in seinem Buch eine andere Geschichte.

Das Buch spielt in einem sehr düsteren Edinburgh, Nebel wallt durch die Straßen und dämpft alle Geräusche, die Gaslaternen bringen kaum Licht - die Atmosphäre ist wirklich sehr gut beschrieben und konnte an einigen Stellen einen wohligen Grusel erzeugen. Die Hauptrolle in der Geschichte spielt natürlich der von Gedächtnisverlusten geplagte Edward Hyde, der zudem die große Sorge hat, dass er während seiner Aussetzer gewaltsame Taten oder gar Morde begangen haben könnte. Auch rätselhafte Träume plagen ihn, irrt er durch eine düstere, von der keltischen Mythologie geprägte Welt. Obwohl mich Mythologie sehr interessiert hat mir dieser Aspekt der Geschichte weniger gefallen, denn für meinen Geschmack wurde zu wenig erklärt, so dass ich bis zum Ende des Buches einfach keinen Zugang zu den beschriebenen Wesenheiten und Bräuchen fand.

Die Charaktere hingegen konnten mich durchweg überzeugen. Aus Edward Hyde wird man lange nicht schlau, im Hinterkopf hat man immer seine Rolle in Stevensons Roman und hat ihm gegenüber stets gewisse Zweifel. An seiner Seite ist mit Dr. Burr eine weibliche Ärztin, die sich in einer Männerdomäne behaupten muss und mir von Beginn an sehr sympathisch war.

Der Spannungsbogen ist solide, im Mittelteil wird die Geschichte zwar etwas träge, dafür entschädigt dann aber das rasante Ende, wo sich die Ereignisse überschlagen und ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte. Die Motive hinter den Morgen waren für mich dann aber nicht komplett nachvollziehbar.

Fazit
Ein solider Krimi mit einer großartigen Atmosphäre und gelungenen Charakteren. Der mythologische Aspekt hätte für meinen Geschmack aber entweder einer tiefgründigeren Ausarbeitung bedurft oder weniger im Mittelpunkt stehen sollen.

Bewertung vom 04.12.2021
Im Bann der Bilder / Der Traumpalast Bd.1
Prange, Peter

Im Bann der Bilder / Der Traumpalast Bd.1


sehr gut

Das Buch ist sehr aufwendig recherchiert, viele historische Geschehnisse und auch Persönlichkeiten sind in die Geschichte eingeflochten. Die damalige Zeit, die Menschen und ihr Leben, sind toll dargestellt, ich fühlte mich mitten in die Vergangenheit versetzt. Auch den aufkeimenden Nationalsozialismus fängt der Autor sehr stark ein. Ich hätte mir allerdings einen größeren Fokus auf das Kino gewünscht. Vor allem in der ersten Hälfte des Buches geht es Großteils um die politischen Entwicklungen der damaligen Zeit, Film und Kino spielen nur eine kleine Rolle.

Die Kapitel sind sehr kurz, oft nur zwei oder drei Seiten lang. Eigentlich bevorzuge ich längere Abschnitte und tat mich mit den recht abrupten Szenenwechseln zu Beginn eher schwer. Der Autor schafft durch den häufigen Perspektivwechsel jedoch eine sehr gute Dynamik und immer wieder auch Spannung, so dass ich mich schnell daran gewöhnt hatte und mir die kurzen Abschnitte mit der Zeit immer besser gefielen.

Leider wurden mir bis zum Ende die beiden Protagonisten Rahel und Tino nicht wirklich sympathisch. Rahels Wunsch nach Selbstständigkeit und dass sie für ihre Träume kämpft gefiel mir gut. Allerdings ist sie einfach zu perfekt um mir richtig ans Herz zu wachsen. Gebildet, redegewandt, stets die Schönste im Raum und unglaublich talentiert auf verschiedensten Gebieten. In der Summe ist mir das zu viel des Guten. Tino ist ein eitler Geck der problemlos und reihenweise Frauenherzen bricht. Seine Eitelkeit ist zwar seinem Charakter geschuldet, er kommt vermutlich genauso rüber wie er durch die Feder des Autors erschaffen wurde, sympathisch wird er mir durch dieses Wissen dennoch nicht.

Fazit:
Ein toll erzähltes Buch, das den Zeitgeist der 1920er Jahre einfängt, ich bin nur leider mit den Protagonisten so gar nicht warm geworden.

Bewertung vom 04.12.2021
In ewiger Freundschaft / Oliver von Bodenstein Bd.10
Neuhaus, Nele

In ewiger Freundschaft / Oliver von Bodenstein Bd.10


ausgezeichnet

Nele Neuhaus zehnter Krimi steht ganz unter dem Thema Literatur- und Verlagswelt; die Autorin bietet uns eine ermordete Lektorin, interne Machtkämpfe beim Literaturverlag, ein geheimnisvolles Manuskript und exzentrische Autoren und Verleger. Das sind am Ende dann natürlich eine ganze Menge handelnde Figuren und noch mehr Namen über die gesprochen wird, verpackt in die Hauptermittlung und ergänzt durch einige Nebenplots. Da muss man schon dranbleiben, um die Übersicht nicht zu verlieren. Das Buch ist allerdings so spannend geschrieben, dass man es ohnehin nicht mehr aus der Hand legen möchte. Der Mordfall ist clever durchdacht, die Verdächtigen wechseln sich ab und die Autorin legt immer wieder falsche Fährten für den Leser. Die finale Auflösung konnte mich absolut überraschen und fügt sich gleichzeitig perfekt in die Geschichte ein.

Obwohl ich die Vorgängerbände kenne habe ich ein wenig gebraucht um die immer wieder erwähnten vergangenen Geschehnisse und die Masse an Figuren zuordnen zu können. Für das Personenregister war ich daher sehr dankbar. Wie typisch für die Romane spielt neben dem Fall auch das Privatleben der Ermittler eine Rolle. Im neuesten Buch steht Oliver von Bodenstein im Fokus, der mit krebskranker Ex-Frau, eifersüchtiger Ehefrau und abweisender Stieftochter gerade einiges um die Ohren hat. Neuhaus schafft es, dass diese ganzen Probleme nicht wie eine Seifenoper erscheinen, sondern es den Leser wirklich interessiert wie die Ermittler Privatleben und Mordermittlung überhaupt stemmen können.

Fazit
Ich wurde sehr kurzweilig und spannend unterhalten und kann das Buch nur empfehlen. Wer die Reihe kennt, wird am neuesten Fall seine Freude haben, für Neulinge ist ein Einstieg beim zehnten Buch möglich.

Bewertung vom 18.11.2021
Wolkenkuckucksland
Doerr, Anthony

Wolkenkuckucksland


ausgezeichnet

Byzanz, 15. Jahrhundert:
Waisenkind Anna lebt in Konstantinopel, gemeinsam mit ihrer älteren Schwester arbeitet sie als Stickerin. In der Stadt munkelt man bereits, dass der osmanische Sultan eine Streitmacht ausgesandt hat um die Stadt einzunehmen, doch Anna und ihre Schwester haben nichts wohin sie fliehen könnten. Und so bleibt ihnen nur zu hoffen, dass die Mauern dem Angriff standhalten.
Omeir steht auf Seiten der Osmanen. Unfreiwillig wurde der Junge rekrutiert und ist als Ochsentreiber nun ein Teil des großen Heeres das Konstantinopel einnehmen will.

Idaho, 21. Jahrhundert:
Seymour ist in einfachen Verhältnissen aufgewachsen. Sein liebster Ort war ein kleines Wäldchen, seine größte Freude dort eine Eule zu sehen, die langsam zu seinem Freund wurde. Doch aus dem Wald wurde eine Reihenhaussiedlung und die Eule verschwand zusammen mit den Bäumen. Seymour beginnt für die Natur zu kämpfen, gerät an Fundamentalisten und plant schließlich einen Anschlag. Er will ein Zeichen setzen und niemanden verletzen, doch dann verliert er die Kontrolle über die Geschehnisse.
Rentner Zeno hat in seinem Leben viel erlebt. In jungen Jahren den Vater verloren, im Koreakrieg gekämpft, in einer Umgebung aufgewachsen, wo er nicht zeigen durfte, dass er einen anderen Mann liebt. Durch einen unglücklichen Zufall gerät er nun Seymour in den Weg.

Raumschiff „Argo“, irgendwann in der Zukunft:
Konstance ist gemeinsam mit 65 Menschen auf dem langen Weg zu einem fernen Planeten, um sich dort eine neue Existenz aufzubauen. Das Mädchen wurde auf dem Raumschiff geboren, ihr Vater hingegen hat die Erde noch erlebt. Mit an Bord haben die Menschen eine riesige digitale Bibliothek.
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Anthony Doerrs Buch ist eine wirklich komplexe Erzählung. Zusätzlich zu seinen drei Erzählsträngen gibt es noch eine vierte Geschichte, die in allen drei Zeitebenen eine Rolle spielt, eine Sage über ein utopisches Land über den Wolken: „Wolkenkuckucksland“. Jede der einzelnen Geschichten wäre schon ein Buch wert, zusammen sind sie ein Meisterwerk. Man muss aber Geduld mitbringen und sich darauf einlassen, dass man mehrere Geschichten zeitgleich liest, die dann erst ganz am Ende konkret miteinander in Verbindung gebracht werden. Die meisten Kapitel sind zum Glück lang genug, damit man sich in einer Zeitebene einfinden kann, bevor es weiter zur nächsten geht. Auch die Jahreszahlen zu Kapitelbeginn haben mir sehr geholfen den Überblick zu behalten.

Doerrs Charaktere sind lebendig und greifbar, er schafft es ihnen Leben einzuhauchen. Hat man das Buch beendet, ist es als würde eine Reise mit guten Bekannten zu Ende gehen. Es geht um Glück und Trauer, Liebe und Verlust und obwohl die Protagonisten einige Rückschläge erleben müssen ist es immer eine sehr warmherzige und positive Erzählung, die ganz ohne Kitsch auskommt. Die Geschichte ist sehr bildhaft und spannend erzählt, mir haben alle Erzählstränge ausgesprochen gut gefallen, ich könnte gar keinen Favoriten benennen. Doerr schafft es auch ein paar überraschende Wendungen einzubauen, er baut Situationen auf, führt den Leser in eine Richtung, um dann später zu zeigen, was sich hinter dem Schein wirklich versteckt. Einfach großartig!

Fazit: Der Roman ist clever konstruiert und absolut mitreißend erzählt - und zugleich ist es ein Buch das zeigt, dass das Glück nicht immer in der Ferne liegt.

Bewertung vom 06.11.2021
Teufelsnetz / Jessica Niemi Bd.2
Seeck, Max

Teufelsnetz / Jessica Niemi Bd.2


ausgezeichnet

„Teufelsnetz“ ist der zweite Band um Jessica Niemi. Teil eins habe ich bisher noch nicht gelesen, konnte aber problemlos bei der Fortsetzung einsteigen. An ein paar Stellen werden vergangene Ereignisse und ehemalige Kollegen erwähnt und teils wird dann auch gespoilert was im ersten Buch so alles passiert ist. Dadurch wurde ich aber nur noch neugieriger auf den Vorgänger.

Sehr oft hat bei Krimi/Thrillerreihen die Hauptperson ja eine dramatische und rätselhafte Vergangenheit, die erst nach und nach enthüllt wird. Obwohl mir dieser Art von Charakter nun schon in verschiedensten Büchern begegnet ist, bin ich dessen noch nicht überdrüssig, das habe ich beim Lesen von „Teufelsnetz“ deutlich gemerkt. Denn auch Jessica Niemi hat Geheimnisse und Erlebnisse die sie bis in die Gegenwart verfolgen, und man will einfach wissen, was genau es damit nun auf sich hat! Neben seiner starken Protagonistin profitiert das Buch auch davon, dass neben ihr noch Platz für die anderen Ermittler ist. Durch wechselnde Erzählperspektiven lernt man alle Mitglieder des Ermittlerteams recht gut kennen und so werden auch Jessicas Kollegen mit Leben gefüllt, das hat mir richtig gut gefallen. Bei den vielen Personen und dadurch, dass mal der Vorname, mal der Nachname und dann wieder ein Spitzname verwendet wird, habe ich allerdings ein wenig gebraucht um mich zurecht zu finden. An mancher Stelle hätte ich mir daher gewünscht die Namen wären etwas einheitlicher verwendet worden.

Die Geschichte schreitet stetig voran, dabei herrscht eine etwas düstere und sehr atmosphärische Stimmung. Vor allem die Spannungen zwischen den einzelnen Charakteren sind greifbar. Das Ermittlerteam fand ich sehr gut gelungen, wie oben schon geschrieben ist Jessica zwar der Kopf, aber zur Lösung des Falls tragen alle ihren Teil bei. Bis zur Aufklärung ist es ein weiter Weg, mit viel Ermittlungsarbeit, Befragungen und Spekulationen. Der Autor schafft es aber die Spannung und das Interesse am Fall bis zum Ende aufrecht zu erhalten. Action gibt es zwischendrin vereinzelt und zum Finale dann geballt, aber niemals übertrieben. Am Ende schließt sich dann auch der Kreis der Storyline. Ich stelle ja immer gerne meine eigenen Vermutungen auf, bin hier aber absolut danebengelegen. Die Auflösung hat mich richtig aus den Socken gehauen, es waren ein paar geniale Twists vorhanden.

Bewertung vom 29.10.2021
Der Astronaut (eBook, ePUB)
Weir, Andy

Der Astronaut (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Auch wenn Sci-Fi eigentlich nicht zu eurem Genre gehört: lest diesen Roman! Weir verpackt in seine Geschichte alles was ein großartiges Buch ausmacht: wunderbar gestaltete Charaktere, ein komplex durchdachtes Setting und eine spannende Geschichte mit einigen richtig guten Überraschungen und Dramatik genau an der richtigen Stelle. Ich hatte dieses Jahr schon einige Lesehighlights, „Der Astronaut“ übertrifft alles.

Die Geschichte spielt abwechselnd in der Gegenwart und der Vergangenheit. So erhält Grace nach und nach seine Erinnerungen zurück und zusammen mit ihm beginnt der Leser zu verstehen wie der Wissenschaftler auf das Raumschiff kam, warum die anderen beiden Besatzungsmitglieder gestorben sind und was genau eigentlich seine Mission ist.

Grace ist Wissenschaftler, das merkt man natürlich auch an seinen Gedanken zur Lösungsfindung und natürlich will Andy Weir auch erklären wie die Dinge in seinem Roman funktionieren und was die Menschen zu ihrer Rettung unternehmen. Dabei spielt wie Wissenschaft immer eine große Rolle. Mit den wenigen Überresten meines Schulwissens kamen mir einige Begriffe noch vage bekannt vor, die tieferen Zusammenhänge verstand ich allerdings oft nicht mehr. Zweimal habe ich einen Absatz nur grob überflogen, weil ich absolut nicht folgen konnte was die beiden Wissenschaftler dort gerade diskutierten. Macht aber gar nichts! Zehn Zeilen weiter unten war ich dann schon wieder in die Story eingetaucht.

Und die Story ist einfach großartig! Weir hält einige Überraschungen und Herausforderungen für seinen Protagonisten und den Leser bereit! Ich will hier aber gar nichts verraten oder auch nur andeuten, denn je weniger man über die Story weiß desto besser!