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Aischa

Bewertungen

Insgesamt 563 Bewertungen
Bewertung vom 13.06.2023
Dalee
Gastmann, Dennis

Dalee


gut

Als Reiseautor und (Gonzo-)Journalist schätze ich Dennis Gastmann sehr, sein Debütroman hat mich leider nicht überzeugt. Vielleicht war ich vom Klappentext irritiert, der "Dalee" als Abenteuerroman ankündigt. Mag sein, dass Gastmann seine Recherchereise auf die Andamanen als abenteuerlich erlebt hat - Spannung habe ich im Roman über weite Strecken vermisst.

Und dabei klingt die Story, die auf wahren Begebenheiten beruht, wirklich spektakulär: Anfang der 1950er Jahre transportierte ein indischer Dampfer angeworbene Glückssucher, ganze Familien und Mahuts samt ihren Elefanten, um auf den Inseln der Andamanen Tropenholz zu roden. Aber gut die erste Hälfte des Romans wollte sich einfach kaum Lesegenuss bei mir einstellen, zu zäh und langatmig ist die Erzählung, sie verliert sich in Details, die Handlung schreitet nur mühsam voran. Vielleicht hatte ich bereits zu viel Vorwissen über Arbeitselefanten als dass mich hier Einzelheiten noch hätten fesseln können. Einige Passagen sind durchaus stimmungsvoll, gerade Landschaft, Flora und Fauna beschreibt Gastmann geradezu zauberhaft. Oder sollte ich sagen: märchenhaft? Wenn ich es mir länger überlege, dann hat "Dalee" wirklich etwas von einem indischen Märchen. Man kann es vielleicht auch als Parabel auf das Leben lesen, denn - ohne zu viel verraten zu wollen - am Ende ist alles in Auflösung begriffen, verschwindet einfach.

Als Abenteuerroman ist mir jedoch Vieles zu kitschig, das Verhältnis zwischen Mahut und Elefant zu verklärt, und wenn Tiere vermenschlicht dargestellt werden, stellen sich mir sowieso die Nackenhaare auf. Dagegen tritt leider das durchaus komplexe historische Geschehen sehr in den Hintergrund; es klingt zwar an, dass die Andamanen als Strafkolonie dienten, und auch ein Bombenkrater als Erbe aus dem Zweiten Weltkrieg ist kurz Schauplatz. Aber über die wirklich vielschichtige Historie der Inselgruppe habe ich durch den Roman kaum dazu gelernt. Bisweilen erinnert "Dalee" an die fantasievoll-philosophische Sprachwelt in "Life of Pi / Schiffbruch mit Tiger", aber ohne dessen Konsequenz. Gastmann mäandert sich so durch die Kapitel, probiert mal dies, mal das, um erst gegen Schluss wieder darauf zu kommen, dass er ja einen Roman schreiben wollte.

Überrascht hat mich ein Interview mit Dennis Gastmann, das ich erst nach der Lektüre von "Dalee" gelesen habe: Dort gibt er nämlich an, dass ihn ein Foto von Rajan, dem letzten tauchenden Elefanten in der Andamanensee zu seinem Roman inspiriert hat. Und genau eines dieser Fotos hatte ich schon nach den ersten Absätzen der Geschichte im Kopf. Ein wunderschönes, geradezu traumhaftes Bild - vermutlich hätte es meiner Lektüre gut getan, wenn ich das Buch als Traumsequenz gelesen hätte, so waren meine Erwartungen wohl die falschen.

Bewertung vom 12.06.2023
Das Café ohne Namen
Seethaler, Robert

Das Café ohne Namen


sehr gut

Der Plot von Robert Seethalers jüngstem Roman ist schnell erzählt: Der junge Gelegenheitsarbeiter Simon greift zu, als sich ihm die Chance bietet, ein Café unweit des Wiener Karmelitermarkts zu eröffnen. Schnell wird es zum beliebten Treffpunkt der sogenannten kleinen Leute, darunter Arbeiter, Trinker, verkrachte Existenzen und verlorene Seelen.

"Simon dachte an seine Gäste. Es war merkwürdig, wie wenig er von ihnen wusste und wie gut er sie doch kannte." Ein derartiges Gefühl begleitete auch mich während der Lektüre. Seethaler lässt eine Vielzahl an Figuren auftreten, man erfährt als Leserin oft nur Eckdaten ihres Lebens, und doch meint man, sie zu kennen. Dabei widersteht er der Versuchung, die Charaktere zu überzeichnen, es bleibt bei gelungenen Persönlichkeitsskizzen, die im Gedächtnis bleiben. Nur schade, dass (aufgrund der schieren Anzahl der Personen?) kaum Entwicklungen erkennbar sind, und auch gesellschaftspolitische Einordnungen sind nur angedeutet, der Fokus liegt eher auf Momentaufnahmen.

Die Geschichte wird durch den ungemein liebevollen, bisweilen sogar zärtlichen Blick des Autors auf seine Figuren getragen; hier schreibt einer, der die Menschen liebt, mit all ihren Fehlern und Unzulänglichkeiten.

Bewertung vom 09.06.2023
Als mir die Welt gehörte
Kresser, Bastian

Als mir die Welt gehörte


ausgezeichnet

"Die Geschichten sind da, und ich muss sie erzählen" erklärt Bastian Kresser seine Motivation fürs Schreiben. Sein neuester Roman erzählt die Geschichte des böhmischen Trickbetrügers Victor Lustig, dessen Vita fraglos fasziniert: Vom kleinen Taschendieb und Glücksspieler erklimmt er schnell und überaus gewitzt die kriminelle Karriereleiter, entwickelt als selbsternannter Graf mit der "Rumänischen Schachtel" eine vermeintliche Gelddruckmaschine, veruntreut Wettgelder und Investitionen in Musicals, die nie aufgeführt werden und geht mit einem seiner größten Coups als "Mann, der den Eiffelturm verkaufte" in die Geschichte ein.

Kresser legt seine Geschichte als eine Art Vexierbild an, kaum glaubt man etwas, kippt das Bild und die Wahrheit scheint ganz anders zu sein. Der Autor lässt seinen Protagonisten immer mal wieder die vierte Wand durchbrechen und spielt bewusst mit Unwahrheiten, so dass sich seine Leserschaft nie so ganz klar darüber sein kann, was auf Fakten beruht, oder was hinzugedichtet wurde, um einfach eine gute Story zu erzählen. Letzteres ist definitiv gelungen, wie gebannt habe ich Kapitel um Kapitel verschlungen. Die Liebe des Autors zur Sprache ist auf jeder Seite spürbar, viele fremdsprachliche Ausdrücke und Zitate ergeben ein schönes Lokalkolorit, wenn man Victor Lustig nach Paris und über den Atlantik folgt. Zudem ist der Roman ein psychologisches Meisterstück, indem er nicht nur nachvollziehbar macht, wie derart viele Menschen auf den Hochstapler Lustig reinfallen konnten, sondern man auch Einblicke in das mögliche Bild bekommt, dass dieser Betrüger von seinen Opfern, aber auch von sich selbst hatte.

Ein großartiger Roman, ich sage von Herzen Danke, dass Bastian Kresser diese Geschichte auf unvergleichliche Weise erzählt hat.

Bewertung vom 06.06.2023
Young Mungo
Stuart, Douglas

Young Mungo


sehr gut

Bestsellerautor und Preisträger des britischen Booker Prize Douglas Stuart hat mich mit seinem zweiten Roman mitten ins Herz getroffen. Selbst beim Verfassen dieser Rezension bekomme ich ein beklemmendes Gefühl, wenn ich mir den Plot vergegenwärtige: Der Jugendliche Mungo wächst bei seiner alkoholabhängigen Mutter und zwei älteren Geschwistern im Arbeitermilieu Glasgows in den 1990ern auf. Das Leben ist geprägt von Arbeitslosigkeit, Kriminalität, Vergewaltigungen, Gewalt und völlig kaputten Familien.

Mungo zeigt eine geradezu abgöttische Liebe für seine Mutter (oder ist "hündisch" der treffendere Ausdruck?), obwohl diese zwischen Saufdelirien und dem Versuch, mit wechselnden Sexualpartnern ihre eigene versäumte Jugend nachzuholen, praktisch kaum für ihre Kinder da ist. Mungo verliebt sich in einen Nachbarsjungen - schwer zu sagen, was diese Beziehung unmöglicher erscheinen lässt: die schier grenzenlose Homophobie der damaligen Gesellschaft oder die schlichte Tatsache, dass die beiden Jungs verfeindeten religiösen "Lagern" angehören; nicht nur in Irland sind sich damals Katholiken und Protestanten spinnefeind.

Stuarts Sprache ist derb, wenn er den brutalen Alltag schildert, und kippt ab und an ins Kitschige beim Versuch, Zärtlichkeiten zu beschreiben. Sehr gut gefallen hat mir die Übersetzung durch Sophie Zeitz, die aus dem Glaswegischen Slang des Originals einen eigenen norddeutsch geprägten Soziolekt macht.

Sowohl zeitlich wie auch räumlich ist das Schicksal Mungos nicht weit von meiner persönlichen deutschen Mittelstandsblase entfernt, und doch scheinen uns Welten zu trennen. Douglas Stuart hat mir gezeigt, wie nah das Unglück der anderen ist, oftmals von uns unbemerkt.

Bewertung vom 30.05.2023
Provence
Roig, Catherine

Provence


sehr gut

Diese Rezeptsammlung als Kochbuch zu bezeichnen wäre zwar sachlich korrekt, aber gleichzeitig enorm untertrieben und würde diesem beeindruckenden Werk nur bedingt gerecht. Denn Catherine Roig hat gemeinsam mit der Fotografin Emanuela Cino eine wahre Liebeserklärung an die Provence verfasst.

Die beiden nehmen ihre Leser*innen mit auf eine aufregende Reise durch die Provence, neben den Gerichten gibt es so viel mehr zu entdecken. In kurzen Steckbriefen werden Landstriche und die dort ansässigen Landwirte und Köchinnen vorgestellt, so dass "Provence" als edles, großformatiges Coffee Table Book auch einfach zum Durchblättern und Träumen vom nächsten Frankreichurlaub einlädt.

Das Herz des hochwertigen Hardcovers stellen dennoch 100 abwechslungsreiche Rezepte dar, die nach den fünf geografischen Regionen der Provence gegliedert sind, von den gebirgigen Alpilles bis an die Strände der Côte Bleue. Unter den Gerichten finden sich Klassiker wie Dorade vom Grill, aber auch moderne Neukreationen sind dabei, die Bandbreite geht von rustikal bis raffiniert. Die Rezepte sind übersichtlich, teils etwas knapp formuliert und nicht alle für Anfänger geeignet. Wie zu erwarten gibt es reichlich Lamm und noch mehr Fisch und Meeresfrüchte, darunter auch solche, die in küstenfernen Regionen nicht gerade leicht erhältlich sind (Drachenkopf, Girelle, Lippfisch). Für sehr spezielle Zutaten wie Stierfilet oder Poutargue (getrocknete Rogen der Meeräsche) wäre die Angabe von Bezugsquellen hilfreich gewesen. Und wieso "Eau-de-Sureau-Sirup" für die deutschsprachigen Leser*innen nicht zu Hollunderblüten-Sirup übersetzt wurde, bleibt wohl das Geheimnis des Verlags. Die Handhabung des 2,3 Kilogramm schweren Wälzers ist beim Kochen ein wenig unpraktisch.

Diese kleinen Kritikpunkte werden aber durch die äußerst liebevolle Aufmachung (das Layout ist fantastisch!) wieder wett gemacht. Eine klare Empfehlung für Fans der französischen Küche sowie für alle, die es noch werden wollen!

Bewertung vom 22.05.2023
Asiatisch vegan
Gill, Sasha

Asiatisch vegan


ausgezeichnet

Food-Bloggerin Sasha Gill tritt den Beweis an, dass Kochen ohne tierische Produkte kein Verzicht sein muss, sondern vielmehr eine Bereicherung des täglichen Speiseplans sein kann. Gerne bin ich mit ihr auf kulinarische Entdeckungstour durch Asien gegangen und dabei von höchst unterschiedlichen Aromen und Zubereitungen überrascht und überzeugt worden.

Die rund 100 Rezepte sind nach Ländern geordnet, von Indien, Thailand, Singapur und Malaysia geht die Reise bis nach China und Japan. (Ein klitzekleiner Nachteil: Wer gezielt nach Vorspeisen oder Desserts sucht, muss sich folglich durchs Buch blättern.) Die Rezepte sind gut strukturiert, Zubereitungs- und Garzeiten sowie Zutaten sind auf einen Blick erkennbar, ebenso der Schärfegrad oder ob ein Gericht glutenfrei ist. Anspruchsvolle Handgriffe wie etwa das Teigfalten für Samosas sind anschaulich Schritt für Schritt illustriert. Eine sympathische persönliche Note bekommt das Buch durch kurze individuelle Anmerkungen der Autorin zu jedem Rezept. Die großformatigen Farbfotos sowie das bunte, moderne Layout laden zum Schmökern ein.

Neulinge in der Asia-Küche dürften sich über eine Liste an sinnvollen Basic-Gewürzen freuen, um sich gut ausgestattet ans Kochen wagen zu können. Praktische Tipps zu Vorratshaltung und Küchengeräten sowie Vorschläge zu Resteverwertung und passender Kombination verschiedener Gerichte runden dieses hochwertige Hardcover ab.

Ein rundum gelungenes Kochbuch, das jeden Cent wert ist - mein aktueller Liebling unter meinen zahlreichen Rezeptsammlungen!

Bewertung vom 16.05.2023
°C - Celsius
Elsberg, Marc

°C - Celsius


weniger gut

Aus dieser Idee hätte ein brandaktueller und hochspannender Wissenschaftsthriller werden können, eine atemraubende Cli-Fi-Dystopie. ("Climate Fiction" in Analogie zur Science Fiction.) Elsberg schafft ein bedrohliches und dennoch erschreckend realistisch wirkendes Zukunftsszenario: Dem menschengemachten Klimawandel bietet sogenanntes Geoengineering Einhalt. Durch großflächiges Einbringen von Aerosolen in die Stratosphäre gelangt weniger Sonneneinstrahlung auf die Erde und die Durchschnittstemperatur sinkt mittelfristig. Schnell entbrennt ein Machtkampf darum, derart am Thermostat des Planeten drehen zu können.

Der Plot bietet spannende Verfolgungsjagden, ironische Seitenhiebe auf ineffektive Geheimdienste und den zahnlosen Tiger UNO. Der Autor hat seine Hausaufgaben gemacht und fundiert recherchiert, der wissenschaftliche Hintergrund ist plausibel und auch für Laien bestens verständlich. Aber leider hat es Elsberg trotzdem gehörig vergeigt. Er führt eine ganze Armada an Figuren auf, manche tauchen nur auf, um wenige Absätze später mit viel Effekthascherei zu sterben. Die Szenen wechseln so temporeich wie in einem Musikvideo, und bei 142 (!) Kapiteln auf 608 Seiten, zahlreichen Zeitsprüngen, die als solche oft nur im Nachhinein zu erkennen sind sowie eingebetteten irrealen Sequenzen ist unglücklicherweise vor allem, in der zweiten Hälfte des Romans kein roter Faden mehr erkennbar. Was als anspruchsvolle Dramaturgie gedacht sein mag, schießt völlig übers Ziel hinaus und gerät zu einer chaotischen Erzählung, die nur noch wenig Lesegenuss bietet.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.05.2023
Böse Absichten
Higashino, Keigo

Böse Absichten


ausgezeichnet

Der japanische Bestsellerautor Keigo Higashino geht in diesem Kriminalroman einen ungewöhnlichen Weg: Er lässt seine Leserinnen und Leser bereits nach wenigen Kapiteln wissen, wer den Mord begangen hat. Nun könnte man meinen, dass dadurch die Spannung dahin ist, aber weit gefehlt. Denn die große Frage, die sich nun stellt, ist - neben dem genauen Tathergang - diejenige nach dem Motiv des Täters. Dieser Krimi ist also kein klassischer Whodunit, sondern man könnte ihn als "Why-done-he?" bezeichnen.

Higashinos Stil ist sachlich-nüchtern und doch fesselnd, nicht zuletzt durch geschickte Wechsel der Erzählperspektive. Alternierend lesen wir Berichte des Täters und des ermittelnden Komissars Kaga, gegen Ende des Romans auch Niederschriften von Zeug*innenaussagen.

Ich habe diesen Krimi regelrecht verschlungen, bis zum letzten Kapitel begeistert eigene Theorien entwickelt und auch wieder verworfen. Erfreulicherweise sind in der Reihe um Inspektor Kaga zehn Bände erschienen; bedauerlicherweise wurde bislang jedoch neben "Böse Absichten" nur ein weiterer ins Deutsche übersetzt.

Ich vergebe überzeugte fünf Sterne und eine klare Leseempfehlung für Liebhaber japanischer Krimis und mache mich in Kürze an die Lektüre des Folgebands.

Bewertung vom 10.05.2023
10.000 Schritte in München
Demetriou, Synthia;Röckl, Tobias

10.000 Schritte in München


gut

Eine Stadt zu Fuß zu erkunden ist für mich eine der besten Methoden, Neues zu entdecken und auch Altbekanntes aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.

Das Autorenduo betreibt eine Agentur für Stadtführungen, und das ließ mich auf reichlich Ungewöhnliches und Unbekanntes hoffen, obwohl ich knapp zwanzig Jahre in der bayerischen Landeshauptstadt gelebt habe. Demetriou und Röckl stellen 15 höchst unterschiedliche Touren vor. Es geht durch Parks, Gewerbegebiete und Wohnviertel, zu Touristenhotspots oder ins weniger bekannte Umland. Viel Abwechslung also, aber es gibt auch Gemeinsamkeiten. Jeder Spaziergang dauert (ohne Pausen) rund zwei Stunden, und sowohl Start- als auch Endpunkt sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar.

Jede Tour wird kurz und prägnant charakterisiert, und kleine Balkendiagramme lassen auf einen Blick erkennen, ob man mehr in der Stadt oder in der Natur unterwegs ist, mit welchem Lärmpegel man rechnen muss, ob der Weg auch mit Buggy zu bewältigen ist und ob ausreichend Gastronomie vorhanden ist oder man sich besser selbst verpflegen sollte. Wirklich großartig sind die zahlreichen Farbfotos, die große Lust machen, sich umgehend "auf Schusters Rappen" zu begeben. Ein weiterer Pluspunkt sind ausgewählte "Top 5"-Sehenswürdigkeiten mit kurzen Hintergrundinfos am Ende jeder Route. Und als zusätzliches Schmankerl gibt es für alle Touren GPS-Tracks als kostenlose Downloads.

Dies ist an sich ein praktischer Vorteil; wer allerdings analog unterwegs ist, wird schnell vor Herausforderungen gestellt. Zwar ist jede Tour auf einer entsprechenden Karte eingezeichnet. Diese ist jedoch in so kleinem Maßstab abgebildet, dass sie nur einen sehr groben Überblick gibt und nicht als Wegweiser geeignet ist. Und auch die Texte sind leider manchmal derart ungenau, dass ohne Ortskenntnis sich verlaufen vorprogrammiert ist. (Zitat aus Tour 7: "... und schlendern dann so lange, bis uns wieder ein Gefühl der Verirrung beschleicht.") Auf Vor- und Nachsatz der praktischen Klappenbroschur ist in Übersichtskarten die Lage der Routen eingezeichnet. Allerdings fehlen auch hier jegliche Orientierungspunkte wie Hauptbahnhof, Stadtteile o.ä., so dass man schon sehr vertraut mit der Isarmetropole sein muss, um sich hier zurecht zu finden. Außerdem wären etwas mehr praktische Tipps zu Tickets, Öffnungszeiten etc. schön gewesen.

Bewertung vom 08.05.2023
Eva
Keßler, Verena

Eva


sehr gut

Dieses Buch punktet in erster Linie durch seine vier Protagonistinnen, die - auf unterschiedliche Weise - mit ihrer Rolle als Mutter zu kämpfen haben, hadern, daran verzweifeln oder ohne Kinder leben wollen oder müssen.

Mir hat die intelligente Konstruktion des Plots sehr gefallen, anspruchsvoll, aber nicht überfordernd. Die Leben der Figuren sind mal eng verflochten, mal berühren sie sich nur kurz. Die Perspektivwechsel bringen Erstaunliches zu Tage und sorgen für Überraschungsmomente. Auf der Höhe der Zeit ist die Geschichte auch dadurch, dass sie der Mutterschaft ihren glorifizierenden Heiligenschein nimmt und dass sie zeigt, dass man als Frau durch und mit Kinder/-n glücklich werden kann, es aber nicht muss.

Verena Keßler richtet das literarische Spotlight auf verschiedene Lebensmodelle und kommt ohne Moralisieren aus. Das Buch bietet äußerst anregenden Diskussionsstoff, ist modern und voller Empathie für Frauen geschrieben.