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hamburger.lesemaus
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Bargfeld-Stegen

Bewertungen

Insgesamt 333 Bewertungen
Bewertung vom 23.08.2023
Paradise Garden
Fischer, Elena

Paradise Garden


sehr gut

PARADISE GARDEN
Elena Fischer

Billies Mutter ist tot.
„Mein Leben war in zwei Teile zerfallen. In ein Davor und in ein Danach. Davor war meine Mutter die Antwort, danach war sie die Frage.“ (S138)

Die 14-jährige Billie und ihre Mutter sind eins - ein Team, eine Liebe, sie sind lebensfroh und haben einen unerschütterlichen Lebensmut. Sie leben alleine in einer Hochhaussiedlung, ihren Vater kennt Billie nicht.
Billies Mutter putzt am Tage, nachts arbeitet sie in einer Bar und trotzdem reicht es hinten und vorne nicht - am Ende des Monats bleibt nur Geld für Spaghetti und Ketchup. Schon lange haben sie gelernt zu überleben: Shampoo wird mit Wasser verlängert und hinter dem Supermarkt gibt es einen Container, in dem abgelaufene Lebensmittel gesammelt werden.
Aber sie sind glücklich.
Nachdem ihre Mutter in einem Radio-Quiz gewonnen hat, wollen sie in den Urlaub nach Frankreich fahren. Billie war noch nie am Meer, Muscheln kennst sie nur aus einem 1-Euro-Shop. Doch gerade als sie losfahren wollen, ruft die Großmutter aus Ungarn an. Die Frau, die Billie noch nie kennengelernt hat, und die Oma, die ihre Mutter als Kind geschlagen hat.
Und nachdem ihre Mutter den Urlaub um ein Jahr verschiebt, kommt ihre Großmutter nach Deutschland, um ihr Herzleiden hier behandeln zu lassen.
Doch mit Großmutter zieht auch das Pech ein ...

Was für ein trauriger Mutter-Tochter-Vater-Suche-Roman. In der Mitte musste ich zum Taschentuch greifen. Diese innige Beziehung zwischen Billie und ihrer Mutter gefiel mir außerordentlich gut und das es von jetzt auf gleich kein inniges Verhältnis mehr gab und Billie ganz alleine dastand, tat einfach nur weh. Es geht um Erwachsenwerden, um einen Verlust eines geliebten Menschen und um soziale Missstände.
Elena Fischer hat hier wirklich ein eindrucksvolles Debüt geschrieben und ja, nach dem Tode der Mutter drohte das Buch auf einmal an Kurs zu verlieren. Dankbar war ich über das Ende, denn das hat es dann wieder gerettet.
Ein Buch mit einem schönen Schreibstil, einer sympathischen jungen Protagonistin, das ich sehr gerne gelesen habe und euch ans Herz legen möchte.
4½/ 5

Bewertung vom 21.08.2023
Hund 51
Gaudé, Laurent

Hund 51


gut

HUND 51
Laurent Gaudé

Zem Sparak ist einer von den „Hunden", wie sie im Lager genannt werden, genauer gesagt ist er Hund 51, der seit zwanzig Jahren im Auftrag des Managements in Zone 3 herumschnüffelt. Früher hätte man ihn Ermittler genannt, aber früher gibt es nicht mehr. Früher war, bevor GoldTex die verschuldeten Staaten aufkaufte und sie privatisierte. Griechenland war damals das erste Land.
Jetzt gibt es nur noch drei Zonen: In der Zone 1 wohnen die Reichen und Privilegierten, kaum einer kommt in diese Zone. Die Zone 2 ist für die reiche Intelligenz wie Ärzte und Studierte. Der Abschaum lebt in Zone 3, dem Ort, wo Gewalt an der Tagesordnung ist und wo es keine Schutzkuppel gibt und der saure Regen das Gesicht verätzt, wenn man nicht schnell genug ins Trockene kommt. Und genau in dieser Zone 3 wird ein Toter gefunden - aufgeschlitzt vom Hals bis zum Bauchnabel. Schnell stellt sich heraus, dass der Tote eigentlich aus der Zone 2 kommt. Und so muss Zem mit Salia Malberg, einer Polizistin aus Zone 2, zusammenarbeiten.
Die Ermittlungen führen sie direkt zum Organhandel.
Bestechung, Drogen, Prostitution und Clan-Machenschaften machen es den Ermittlern schwer und kurze Zeit später wird eine weitere Leiche gefunden …

Ich mochte das dystopische Setting. Auch die Protagonisten gefielen mir sehr, aber der Krimi wollte einfach nicht wirklich spannend werden und dass, obwohl der Autor wirklich ein paar spezielle Ideen eingeflochten hat, wie zum Beispiel den "LOve Day“ (einmal im Jahr darf jeder mit jedem Sex haben - auf diese Idee muss man erst einmal kommen:). Letztendlich sprang der Funke bei mir leider nicht über und ich war einfach froh, als ich das Buch beendet hatte.
Ich hoffe trotzdem, dass dieses Buch eine Leserschaft findet.
2½/ 5

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.08.2023
Der Wal und das Ende der Welt
Ironmonger, John

Der Wal und das Ende der Welt


sehr gut

DER WAL UND DAS ENDE DER WELT
John Ironmonger

Ein Mann wird halbtot und nackt am Strand von St. Piran aufgefunden. Die Leute des Dorfes beleben ihn wieder und bringen ihn zum Dorfarzt.
Einen Tag später strandet ein Wal am selben Strand. Der Mann, der gerade gestern von den Dorfbewohnern gerettet wurde, mobilisiert einhundert Menschen und gemeinsam heben sie den Wal zurück ins Meer.
Der Mann wird als Held gefeiert - obwohl dieser sich alles andere als ein Held fühlt.
Er, Joe Haas, der eigentlich als Analyst in einer Investmentbank arbeitet, wollte vor kurzem noch alles hinschmeißen, denn zuvor hatte er ein Computerprogramm entwickelt, das mithilfe Nachrichteninformationen Aktienentwicklungen vorhersehen kann. Doch seinem Chef reichte diese Informationen nicht aus. Er wollte wissen, wie viele Mahlzeiten sie noch von einer Anarchie entfernt sind und was passiert, wenn eine halbe Milliarde Menschen nicht mehr genug zu Essen haben, nachdem alle Lieferketten eingebrochen sind.
Als Joe den Computer mit allen Informationen speiste, sagte dieser eine nahende Grippewelle voraus.
Joe will diese Information jetzt nutzen um alle 307 Einwohner von St. Piran zu retten ...

Was für ein kluges Werk! Fast schon prophetisch schrieb John Ironmonger 2015 sein aussergewöhnliches Buch. Geschickt verwebt er das Werk „Leviathan“ von Thomas Hobbes, Auszüge der Bibel und vergangene Epidemie-Erfahrungen miteinander und sagt uns eine Grippewelle voraus. Und das alles vor COVID!
In diesem Buch steht viel mehr als man auf dem ersten Blick erkennen kann. Es geht um Zusammenhalt, Menschlichkeit und um Rücksichtnahme.
Das Buch, das 130 Seiten brauchte um mich in seinen Bann zu ziehen, ist stark, ungewöhnlich und unbedingt lesenswert.
4/ 5

Bewertung vom 13.08.2023
Das dritte Licht
Keegan, Claire

Das dritte Licht


sehr gut

DAS DRITTE LICHT
Claire Keegan

Nachdem seine Frau erneut schwanger ist, bringt er sein Mädchen zu den Verwandten seiner Frau nach Wexford. Viel zu viele Mäuler wollen inzwischen gestopft werden, sein Geld lässt er lieber im Wirtshaus oder beim Spielen. Zuletzt wurde die Kuh versetzt.
Seine Verabschiedung von der Tochter fällt lieblos aus, auch kein Wort fällt darüber, wann er seine Tochter wieder abholen wird.
Und so steht sie da, unsere kleine Protagonistin ohne Namen: dreckig, hungrig und ohne Wechselkleidung.
Aber die Verwandten Edna und John Kinsella sind liebe Leute. Baden und kleiden sie ein - mit etwas zu großen Jungsklamotten. Sie muss auch nicht hart arbeiten, sondern nur im Haushalt helfen. Langsam entspannt sich die Kleine und nässt auch nachts nicht mehr ein. Doch eines Tages kommt ein Brief ...

„Kinsella nimmt meine Hand in seine. Sobald er sie nimmt, merke ich, dass mein Vater kein einziges Mal meine Hand gehalten hat, und ein Teil von mir will, dass Kinsella mich loslässt, damit dieses Gefühl vergeht. Es ist ein hartes Gefühl, aber als wir weitergehen, beruhige ich mich und lasse den Unterschied zwischen meinem Leben zu Hause und dem, das ich hier führe, auf sich beruhen.“ (S. 67)

Claire Keegan versteht die Kunst des Weglassens - das Mädchen ohne Namen, ein offenes Ende und ich ertappe mich immer wieder dabei, wie ich versuche herauszufinden, in welcher Zeit das Buch spielt. Es ist ein schmales Buch mit gerade einmal 95 Seiten und für meinen Geschmack viel zu schnell „weggesnackt“. Ich wollte weiterlesen - wissen, was mit dem Mädchen passiert, aber dann war es schon zu Ende.
Claire Keegan versteht es, ein Schicksal in Worte zu fassen, ohne viele Worte zu gebrauchen. Ich bin mir sicher, dass ihr wisst, was ich meine und wenn nicht, müsst ihr dringend ein Keegan lesen!
4/5

Bewertung vom 11.08.2023
Bei euch ist es immer so unheimlich still
Schröder, Alena

Bei euch ist es immer so unheimlich still


ausgezeichnet

BEI EUCH IST ES IMMER SO UNHEIMLICH STILL
Alena Schröder

Ildingen 1950:
Frau Evelyn Borowski heißt eigentlich Frau Doktor Evelyn Borowski, doch ihre männlichen Kollegen und Krankenschwestern ignorieren diesen Titel gerne. Einzig ihr Ehemann Karl, der angesehene Chirurg, und seine Schwester Betti unterstützen Evelyn in vollem Umfang. Evelyn ist eine starke und besonnene Frau. Von jeher war sie zielstrebig und fleißig. Sie hat eigentlich alles, was man sich wünschen kann: Einen liebenden Ehemann, ein schönes Haus und einen großen Garten - nur der Nachwuchs will sich nicht einstellen. Als sie dann schlussendlich doch noch schwanger wird und ein süßes Mädchen namens Silvia bekommt, zerplatzen ihre Träume schnell - so schwer hatte sie sich Kindeserziehung nicht vorgestellt.

Berlin 1989:
Silvia Borowski verschwand direkt aus dem Internat ohne einen Abschiedsbrief. In Berlin wohnte sie in Kommunen, besetzte Häuser und trieb sich in der linken Szene herum. Zu ihrer Mutter hat sie seit 20 Jahren keinen Kontakt mehr. Ihr Vater war kurz nach ihrem Verschwinden erkrankt und verstorben, die Beerdigung fand ohne ihr Wissen statt.
Erst als sie von einem verheirateten Mann schwanger und sitzen gelassen wird, kehrt sie mit ihrem Töchterchen Hannah in die kleine Stadt Ildingen bei Stuttgart zurück.
Ihre Mutter Evelyn zeigt wenig Emotionen, als Silvia wieder vor ihr steht, doch sie nimmt sie auf und verliebt sich unsterblich in Enkeltochter Hannah.
Doch das Mutter-Tochter-Verhältnis bleibt belastet. Das Unausgesprochene steht selbst nach all den Jahren noch immer im Raum.

Ob Evelyn und Silvia zueinanderfinden und was es mit G auf sich hat, müsst ihr selber herausfinden.

Da ist er, der zweite Roman der Autorin Alena Schröder. Ihr Debütroman zog direkt in meine #highlights ein und ich kann es hier direkt vorwegnehmen: Dieser Roman ist auch wieder großartig.
Die Autorin erzählt ihre Geschichte in zwei Zeitebenen, lässt uns an den Gedanken ihrer Protagonistinnen teilhaben und verwebt die Geschichten so spannend, dass man erst zum Ende erfährt, was damals die Ursache der großen Eskalation war.
Die Stimmung und die Stellung der Frau in den 50er und 60er-Jahren in einem kleinen Dorf sind unheimlich gut herausgearbeitet.
Ein fantastisches Buch, das ich in nur zwei Tagen durchgelesen habe.
Große Leseempfehlung von mir.
5/ 5

Bewertung vom 11.08.2023
Der Fall Collini
Schirach, Ferdinand von

Der Fall Collini


sehr gut

DER FALL COLLINI
Ferdinand von Schirach,
gelesen von Burghart Klaußner

Der 1934 geborene Fabrizio Collini geht in ein Berliner Luxushotel und erschießt den 85-jährigen Industriellen Hans Meyer mit vier Schüssen. Anschließend benachrichtigt er die Rezeption und wird ohne Widerstand von der Polizei verhaftet.
Der blutjunge und frischvereidigte Anwalt Caspar Leinen wird sein Pflichtverteidiger - viel zu spät realisiert er, wer das Opfer in seinem ersten Fall ist. Hans Meyer war der Großvater seines besten Freundes während seiner Schulzeit. Viele glückliche Tage hatten sie gemeinsam bei ihm verbracht.
Den Fall kann er allerdings aufgrund Befangenheit auch nicht mehr abgeben. Alles scheint aussichtslos.
Es gibt einfach keine Verbindung zwischen Meyer und Collini. Aber warum sollte Collini, der sich in seinem ganzen Leben nie etwas zu Schulden kommen lassen hat, Hans Meyer erschießen? Sein Mandant schweigt dazu und gesteht seine Schuld ein.
Erst als er im Archiv in Ludwigsburg recherchiert, holt er es ans Licht: Den Grund, warum Collini Hans Meyer tötete.

Auch wenn diese Geschichte ein wenig vorhersehbar war, mag ich die Bücher von Schirach einfach gerne. Es ist dieser sachlich-kühle Stil, diese großartige Kompetenz im Gerichtssaal und dass er es immer wieder schafft, mich selbst wie ein Fähnlein im Winde zu fühlen. Kaum denke ich: Ja, der ist schuld, bin ich in der nächsten Minute vom Gegenteil überzeugt.
Ich bin ein Ferdinand von Schirach-Fan und freue mich auf sein neues Buch “Regen“, welches am 23.08.2023 erscheint.
4/ 5

Bewertung vom 08.08.2023
Elternhaus
Mank, Ute

Elternhaus


sehr gut

ELTERNHAUS
Ute Mank

Sanne hat das Elternhaus in Rotshausen damals als älteste Tochter überschrieben bekommen. Jetzt entscheidet sie, dass die Eltern umziehen müssen. In eine kleinere Wohnung - barrierefrei und altengerecht.
Das ihre Eltern das kleine schmale Haus, das ihr Vater einst von Hand selbst gebaut hat, samt Nachbarn und Garten vermissen werden, ignoriert Sanne geflissentlich. Vor Schwester Petra verheimlicht sie den Umzug der Eltern. Nur Schwester Gitty wird eingeweiht - zumindest teilweise, dass sie das Haus anschließend verkaufen will, muss ja vorerst keiner wissen.
Doch mit diesen Heimlichkeiten ziehen auch Zweifel und Gewissensbisse ein: Das Elternhaus mit dem großem Garten, welches mit all seiner Arbeitsintensität letztendlich doch Beschäftigung sowie Mittelpunkt der Eltern war und Nachbarn dazu einlud über dem Zaun einen Plausch abzuhalten, einfach verkaufen?
Sannes Entscheidung hat Konsequenzen, denn alle drei Schwestern müssen sich mit dem Verlust des Elternhauses auseinandersetzen.

Auch das zweite Buch von Ute Mank gefiel mir wieder sehr gut. Ich mochte die Familienkonstellation und die kleinen Geschichten aus der gemeinsamen Kindheit - teilweise aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt.
Es ist ein leises Buch, dennoch kann man es kaum aus der Hand legen. Viele Situationen haben mich an meine eigene Kindheit erinnert.
Ein schönes Buch, gut erzählt und deshalb gibt es eine Leseempfehlung von mir.
4/ 5

Bewertung vom 03.08.2023
Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe
Knecht, Doris

Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe


gut

EINE VOLLSTÄNDIGE LISTE ALLER DINGE, DIE ICH VERGESSEN HABE
Doris Knecht

Unsere Protagonisten ist gezwungen, sich räumlich zu verändern: Ihre Tochter, der eine Teil vom Zwillingspärchen, möchte nach der bestandenen Matura ausziehen. Ohne die monatlichen Bezüge vom Kindesvater ist ihre Wohnung, in der sie viele Jahre zu dritt gewohnt haben, für sie unbezahlbar geworden.
Schnell merkt sie, dass die Wohnungen auf dem Markt kleiner und teurer sind. Was tun?
Zu den Eltern zurück ist schließlich auch keine Option. Dort wuchs sie als älteste Schwester mit zwei jüngeren Zwillingspärchen als Geschwister auf.

„Ich musste mein Zuhause verlassen und fast siebenhundert Kilometer weit wegziehen, um sichtbar zu werden und festzustellen, dass ich eine ganz normale, durchschnittlich attraktive Frau bin, nicht auffällig schön, nicht hässlich. Ich vergesse das sofort, sobald eine meiner Schwestern in der Nähe ist, oder, wahrscheinlicher, alle vier auf einmal.“ (S. 22)

Unsere Protagonistin erzählt in unabhängigen Kapiteln von ihren Gedanken im jetzt sowie Geschichten aus ihrer Vergangenheit:
Ihren Abtreibungen, vergangenen Liebschaften, Freundinnen, Lebenssituationen und Ängsten, damals nach der Trennung:

„Auch die Angst gehört mir jetzt ganz alleine, die Angst, es nicht zu schaffen, die Angst, zu versagen, die Angst, krank zu werden, die Angst, die Arbeit zu verlieren. Die Angst, zu fallen: Hinter mir würde keiner mehr stehen, um mich aufzufangen, da wäre nur noch leerer Raum über hartem Grund." (S. 48)

Doris Knecht ist eine begnadete Autorin. Ich lese ihre Bücher sehr gerne - dieses konnte mich allerdings nur zu Beginn überzeugen. Wo ich am Anfang noch mehrere Emotionen fühlte, war es am Ende nur noch Langeweile. "Es sind Geschichten aus dem Leben und auch diese müssen erzählt werden“, so meine Lesepartnerin Nini. Ja, das stimmt. Man kann sie lesen, verpasst aber auch nichts, wenn man es nicht getan hat. Herzlichen Dank, liebe Nini, ich weiß nicht, ob ich das Buch ohne dein Zutun beendet hätte.
Heute keine große Leseempfehlung von mir.
2½/ 5 für einen schönen Schreibstil.

Bewertung vom 29.07.2023
Eva
Keßler, Verena

Eva


ausgezeichnet

EVA
Verena Kessler

Vier Frauen erzählen in jeweils einem Kapitel nacheinander ihre Geschichten:

- Sina und ihr Mann wünschen sich Kinder - am besten gleich ganz viele, doch der ersehnte Kindersegen bleibt aus. Sex nach Fahrplan und Fieberthermometer bestimmen ihr Leben.

- Eva Lohaus will keine Kinder. Und andere sollten ihrem Beispiel dringend und schnellstmöglich folgen. Ein Kind in Deutschland stößt durchschnittlich 58,6 Tonnen CO² pro Jahr aus und verbraucht im Schnitt dreißigmal so viele Ressourcen wie ein Kind in Subsahara-Afrika. Sie fragt sich, wie man in diese Welt noch Kinder setzen kann, wo man doch weiß, dass diese Generation demnächst nicht genug zu Essen haben wird.

- Mona hat drei Kinder. Was würde sie für ein paar Stunden alleine geben, ein paar Minuten ohne Verantwortung? Ehemann Milo sieht die Warnsignale nicht.

- Die vierte Frau hat ihre Tochter gerade verloren. Sie waren ein Team, dann kam der Tod.

Alle Frauen und deren Geschichten sind miteinander verbunden und verwoben.
Ein Buch mit gerade einmal 200 Seiten, das unglaublich viele Emotionen in mir ausgelöst hat.
Es geht um Mutterschaft, um Klimaschutz und um die Stellung der Frau - mit all ihren Erwartungen von außen in dieser Welt.

Ein faszinierendes Buch, ein wahrer Pageturner und es wird direkt auf die Liste #highlights2023 einziehen.
Große Leseempfehlung!
5/ 5

Bewertung vom 24.07.2023
In blaukalter Tiefe
Hauff, Kristina

In blaukalter Tiefe


ausgezeichnet

IN BLAUKALTER TIEFE
Kristina Hauff

Andreas, der erfolgreiche Anwalt und Partner einer großen Kanzlei, lädt zu einem Segeltörn in Schwedens Schären ein. Es soll eine harmonische Reise werden und vielleicht, so hofft er, kommen sich seine Frau Caroline und er wieder ein wenig näher.
Die große und eindrucksvolle Segelyacht, inklusive Skipper hat Andreas nicht ohne Hintergedanken gechartert - er möchte seine Frau beeindrucken, denn ihre Anerkennung braucht er dringend, viel zu lange hat sie ihm kein Zeichen der Liebe gesendet.
Seitdem die gemeinsame Tochter auszog, haben sie sich auseinandergelebt - schlafen in getrennten Schlafzimmern und jeder geht seiner eigenen Karriere nach.
Erst kurz vor dem Törn erzählt Andreas ihr, dass auch der aufstrebende Mitarbeiter und potenzielle zukünftige Partner Daniel und seine Freundin Tanja mit an Bord sein werden.
Ihnen war Caroline zuvor nur ein einziges Mal begegnet und sie erinnert sich noch gut daran, dass Tanja mindestens 10 Jahre jünger und hübscher ist als sie selbst.

Alles beginnt harmonisch, mit gutem Essen und Sonnenschein, doch mit den Wolken zieht auch die schlechte Stimmung auf.
Als Caroline ihm nicht die erhoffte Aufmerksamkeit zukommen lässt, wechselt Andreas seine Strategie und macht sich an Tanja ran. Eine Situation, die einen ganzen Sturm auslösen wird.

Kristina Hauff beginnt ihre Geschichte ganz fein, doch schnell bemerkt man die unterschwellig aufkommende schlechte Stimmung, die sich zu einem richtigen Problem entwickelt. Machtkämpfe zwischen dem Skipper Eric, dem die Sicherheit im Vordergrund steht, und Andreas, der Mann, der den Skipper bezahlt, auf sein Recht pocht, auf keinem Fall sein Gesicht vor seiner Frau und dem Mitarbeiter verlieren will und zusätzlich Tanja imponieren möchte.

Angezogen von den wunderschönen Naturbeschreibungen, dem Herausarbeiten der unterschiedlichen Beziehungskonstellationen, einem spannenden Schreibstil und dem unterschwelligen Brodeln, das mir vereinzelnd die (nicht vorhandenen) Nackenhaare hat aufstellen lassen, konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen.
Für mich eine perfekte Sommerlektüre, die ich euch gerne empfehlen möchte.
5/ 5