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MB
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Rösrath

Bewertungen

Insgesamt 367 Bewertungen
Bewertung vom 01.03.2023
Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?
Weber, Sara

Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?


ausgezeichnet

Gute Analyse. Sara Weber gelingt mit ihrer Analyse der Arbeitswelt der Gegenwart ein gelungener Rundumschlag. In äußerst kompakter Form beschreibt sie, was genau sich in den letzten krisengeschüttelten Jahren verändert hat: Digitalisierung und Flexibilisierung - einst als Lösung gedacht, nun aber zu einer wahren Herausforderung geworden. Die Autorin knüpft Verbindungen zwischen unterschiedlichsten Phänomenen und macht, gestützt durch hervorragende Recherchearbeit, hochkomplexe Zusammenhänge nicht nur verstehbar, sondern bietet Lösungen an. Jede/r scheint bis zur Erschöpfung zu arbeiten (auch unsere Umwelt, das Klima ist am Boden!), und oft genug folgt nach der 'ersten Schicht' die 'zweite Schicht' in Form von Care-Arbeit hinzu. Dabei sorgt Homeoffice - wir konnten im Rahmen der Pandemie reichlich Erfahrung sammeln - zwar einerseits für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Pflege, droht aber zu doppeltem Stress und einem 24-stündigen Anforderungsmanagement zu werden, wenn es nicht gelingen sollte, die 'neue Freiheit' mit zweckdienlichen Leitplanken zu versehen. Was kann der/die einzene, was können die Arbeitgeber, was die Gesellschaft tun? Sara Weber wägt Für und Wider ab, spricht mit den Menschen, sammelt Daten und Fakten, leitet historisch her und denkt in Auswirkungen, vergleicht über Ländergrenzen hinaus und findet beispielhaftes Tun von Unternehmen, fordert auf zum Handeln. Ein guter Zeitpunkt für ein wichtiges Buch, weil es so schließlich nicht weiter gehen kann.

Bewertung vom 28.02.2023
Aus ihrer Sicht
Céspedes, Alba de

Aus ihrer Sicht


ausgezeichnet

Fantastisch. Einen großen Dank für die Wiederentdeckung und Neuveröffentlichung des großen Romans "Aus ihrer Sicht" der kubanisch-italienischen Schriftstellerin Alba de Céspedes (1997 in Paris verstorben). Der Roman ist ein Bericht, von der Protagonistin Alessandra, der Ehefrau und Mörderin des antifaschistischen Philosophen Francesco, in der Ich-Form im Gefängnis geschrieben. Der Mord steht am Ende der Geschichte, ist aber der Anlass, die Geschichte eines Frauenlebens von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter hinein zu erzählen, auf dem Hintergrund patriarchalischer Familienverhältnisse und des Faschismus in Italien. Alessandra liebt ihre Mutter, die unter der Gefühlskälte und Korrektheit des Ehemannes leidet, sich schließlich in einen für diese Zeit untypischen Mann - einen musischen Schöngeist wie sie selbst - verliebt; Alessandras Mutter wählt den Weg in den Freitod, um sich nicht den herrschenden Konventionen unterwerfen zu müssen. Alessandra wird daraufhin von ihrem Vater aufs Land zur sehr matriarchal ausgerichteten Großmutter geschickt, wo sie ein weiteres Frauenbild kennenlernen darf. Auch hier trifft sie auf Lieblosigkeit. Alessandra entschließt sich, nicht den Hof der Großmutter zu übernehmen und nach Rom zurückzukehren, wo sie auf den Widerstandskämpfer Francesco trifft, sich in ihn verliebt und heiratet. Immer deutlicher wird aber, wie die klassische Ehe zu einem Korsett aus Lieblosigkeit und die Liebende zu einer Leibeigenen wird. Und genau diesen Prozess der Entstehung einer 'Mauer' zwischen den beiden beschreibt die Autorin in hervorragender Weise. Alessandra ist verzweifelt, dachte sie doch lange - anders als es ihrer Mutter noch möglich war - einen Weg gefunden zu haben, wie zwischen Mann und Frau die Liebe in Freiheit wachsen kann - aber für Francesco steht offenbar der politische Freiheitskampf im Vordergrund und darin definiert er seine Rolle als Mann, nicht als Liebender. Doch anders als ihrer Mutter richtet Alessandra die entstehende mörderische Aggression über die herrschenden Konventionen und die Unmöglichkeit der Liebe nicht gegen sich selbst, sondern gegen ihren Mann Francesco. Ein Maniferst für die Liebe, die Freiheit und gegen die traditionelle Ehe als Gefängnis. Unbedingt lesen, weil durchaus immer noch aktuell!

Bewertung vom 22.02.2023
Blutmond / Harry Hole Bd.13
Nesbø, Jo

Blutmond / Harry Hole Bd.13


sehr gut

Richtig guter Pageturner. Auch mit seinem neuen Thriller "Blutmond" enttäuscht Jo Nesbø seine Leserschaft nicht! Natürlich nutzt der Autor wieder ein sehr bewährtes Strickmuster, aber wenn es doch funktioniert! Harry Hole, aus dem Osloer Polizeidienst entlassen, ist dabei, sich in Los Angeles endgültig seiner Alkoholsucht hinzugeben und zu versacken. In Oslo selbst geschehen zwei grausame Morde an Frauen, denen das Gehirn entfernt wurde. Ein stadtbekannter Immobilienmakler mit nicht ganz lupenreiner Vergangenheit scheint verdächtig; um seinen Ruf zu retten, kommt nur Harry Hole in Frage, weil er 'der Beste'ist. Der Lebensmut kehrt bei Harry Hole zurück durch eine Aufgabe - einer befreundeten älteren Filmdiva zu helfen, die einem Drogenkartell eine Menge Geld schuldet - die Zahlung wird innerhalb weniger Tage erwartet. Und genau für diese Summe erklärt sich Harry bereit, als 'Privatermittler' für den Makler zu arbeiten, was nicht jeder bei der Osloer Polizei zu schätzen weiß. Soweit der nette Auftakt zum Eigentlichen. Echt spannend, wie dann irgendwann auch die Perspektive des Mörders beschrieben wird, seine Geschichte und was ihn antreibt... eins sei noch verraten - nach dem Buch hat man einen anderen Bezug zu Parasiten ;-)

Bewertung vom 15.02.2023
Vilma zählt die Liebe rückwärts
Skretting, Gudrun

Vilma zählt die Liebe rückwärts


gut

Amüsant-romantisch. Unterhaltsame, leichte Kost, die vor allen Dingen zwei Bedürfnisse der Leserschaft abdecken dürfte: Zum einen aus der behaglichen Distanz des Lesesessels heraus der etwas verrückten Vilma bei ihren leicht chaotischen Versuchen, Kontrolle über das Leben und die Liebe zu bekommen, folgen zu dürfen - dabei dürfte der eine oder andere Grinser im Gesicht der Leser:innen zu entdecken sein (vorweihnachtliches Pfefferkuchenhausbacken zusammen mit einem ausgesprochen talentierten, jungen Klavierschüler und einem Pathologen mit Tourette Syndrom, Hauptsymptomatik 'Koprolalie, der für die anstehende Beerdigung von Vilmas Vater 'Probeliegen' im Sarg zelebriert, um sie gut auf die Situation vorzubereiten). Zum anderen natürlich die Sache mit der Liebe. Ins Rollen kommt die Handlung, als der örtliche Pfarrer Vilma ihr den Tod ihres Vaters - von dem sie bislang nicht wusste - und einen Stapel Briefe übergibt, in denen ihr Vater von seiner Liebe zu ihrer Mutter berichtet, was Vilma dann - wie zu erwarten - für die eigene Liebe öffnet. Und natürlich läuft nicht alles glatt! Die Story wäre als Film gut an einem Freitagabend plaziert. Insgesamt natürlich ein wenig klischeehaft - leichte Unterhaltung halt!

Bewertung vom 13.02.2023
Ohne mich
Schüttpelz, Esther

Ohne mich


sehr gut

Befindlichkeiten. Befindlichkeiten einer Generation - und eigentlich wollte Esther Schüttpelz ja, nach eigener Aussage, keinen Generationenroman schreiben. Ich hingegen denke - aus der Perspektive meiner Generation - es handelt sich sehr wohl um einen Generationenroman. Klar, die Story funktioniert: Jung verheiratet, dann doch getrennt... und was dann alles so passiert im Verlauf von circa einem Jahr. Fangen wir an mit dem Ende, welches einen kleinen Ausblick in die Zukunft der Ich-Erzählerin gewährt... die Hoffnung auf eine erneute Verbindung mit dem Ehemann nach der Zeit der Trennung. Und genau an diesem Ende bekommt die stets nur 'Ehemann' genannte Person dann doch einen Namen und ein Gesicht. Nach über einem Jahr der Trennung, von der die Protagonistin zum Selbstschutz glaubt, dass sie und nicht ihr Ehemann sie ausgesprochen habe. Über 200 Seiten hinweg Trennungsbefindlichkeiten und Luxusprobleme, ein Festhängen im 'Dazwischen', also einer Zeit der Suche, des Zweifels, des Hineingeworfenseins in eine Welt von Möglichkeiten, wo aber nichts so richtig das Richtige ist. Das Alte vorbei, das Neue noch nicht begonnen. Mit einem guten Schuss Selbstironie und dem scharfen Blick auf Umfeld und Gesellschaft, lässt uns die Autorin teilhaben am inneren und äußeren Erleben der namenlosen Protagonistin. Was den Roman durchzieht, ist ein Hauch von Perspektivlosigkeit; Perspektivlosigkeit verstanden als 'irgendwie ein wenig wissen, was man eigentlich nicht so recht möchte, aber deshalb noch lange nicht zu wissen, was man möchte': "Ich glaube, ich habe einfach keinen Bock, den ganzen Tag an irgendeinem Schreibtisch zu sitzen. Und ich will nicht vorgeschrieben bekommen, von wann bis wann ich wo zu sein habe und was ich in der Zeit tun soll.... Denn was einem vorher keiner sagt: Alle Wege führen an den Schreibtisch! Wer will da hin? Was soll das? Vor einen Computer. In die Computer-Körperhaltung. Die macht einen grau wie ein Büroteppich, macht, dass man sich drauflegen will auf den Büroteppich und tot spielen. Dass einen nichts mehr interessiert." Bei diesen Aussichten muss dann ja zumindest das Private funktionieren. Durchaus lesenswert.

Bewertung vom 10.02.2023
Saubere Zeiten
Wunn, Andreas

Saubere Zeiten


sehr gut

Großartig. Andreas Wunn ist mit seinem Erstling "Saubere Zeiten" etwas Großes gelungen - nämlich Zeitgeschichte, Familiengeschichte und Liebesgeschichte miteinander zu verbinden. Und als Leser kann man gar nicht anders, als beim Lesen immer wieder gedanklich abzuschweifen und die eigene Familiengeschichte zu reflektieren. Und genau das ist für mich das Besondere an "Saubere Zeiten" - auch ich bin nachdenklich geworden und frage mich - genau wie der Autor in seinem persönlichen Kommentar zur Geschichte seines Buches am Schluss - jetzt wo die Vorgängergeneration nicht mehr lebt: Warum habe ich mit ihnen so wenig über die Vergangenheit gesprochen? Doch das Buch ist weit mehr als diese Anregung, frühzeitig den Dialog zu suchen - es zeigt, wie sich die Sprachlosigkeit über die Generationen hinweg fortsetzt und letztlich auch in der eigenen Beziehungsunfähigkeit äußert: "Einsamkeit ist keine Farbe und auch nie nur ein Moment." Der Tod des Vaters ist der Anlass für Jakob Auber, sich mit der Geschichte seiner Familie auseinanderzusetzen. Dabei stößt er auf die dunklen Kapitel während der Zeit des Nationalsozialismus; und erst aus großer Distanz - mit einer Reise nach Brasilien - kann er sich auch emotional der Geschichte seiner Familie und auch der eigenen annähern. Die Geschichte springt zwischen den unterschiedlichen Zeitebenen hin und her und bildet damit ab, wie es ist, aus einzelnen Puzzleteilen ein stimmiges Ganzes herzustellen. Unbedingt lesenswert!

Bewertung vom 10.02.2023
Macht
Furre, Heidi

Macht


sehr gut

Intensiv. Stellenweise kaum aushaltbar. Ich als männlicher Lesender voller Scham. Schließlich geht es in "Macht" von Heidi Furre um das auch für die Protagonistin ihres Romans unaussprechliche - Vergewaltigung. Und die Autorin ist auch Fotografin, so sieht man auf der Innenseite der vorderen und der hinteren Buchklappe einen verwüsteten Raum und eine Frau mit einem Gewehr - Sinnbild für die erzählte Geschichte. Liv hat das Trauma der Vergewaltigung über viele Jahre hinweg in einen ebensochen Raum 'weggesperrt', auf Kosten einer lebensbejahenden Lebendigkeit, begleitet von Ängsten und Zweifeln. Medikamente als Helfer in der Not. Das 'ganz normale Leben' gelingt irgendwie, bis an ihrem Arbeitsplatz im Pflegeheim der prominente Bruder einer Patientin auftaucht, der vor einiger Zeit im Rahmen eines Verfahrens wegen 'sexueller Gewalt' freigesprochen worden ist. Langsam versucht sich Liv nun ihrem alten Trauma zu stellen, und die Macht über ihr Leben zurückzugewinnen. Mit ungeheurer Intensität beschreibt die Autorin Liv's Selbstauseinandersetzung und das Bemühen, alle 'inneren Räume' wieder bewohnbar zu machen. Dabei hilft ihr im letzten Drittel die Auseinandersetzung mit der französischen Bildhauerin Niki de Saint Phalle, die selbst selbst Ofer einer Vergewaltigung gewesen ist und lange Jahre geschwiegen hatte. "Ich bin gut darin, zu renovieren und schön einzurichten. Schade nur, dass ich diejenige bin, die hier wohnt, es wäre besser für jemanden, der es genießen kann." "Manchmal ist es schlimmer zu sagen, ich bin vergewaltigt worden, als tatsächlich vergewaltigt zu werden. Als würde man eine Todesnachricht überbringen. Man muss dabei zusehen, wie die anderen mit Abscheu reagieren. Für sie ist die Abscheu nur ein vorübergehendes Gefühl, etwas, das sie ablegen können. Aber in mir hat sie einen festen Patz, wie ein inneres Organ." Dieses Buch ist ein lohnenswertes Lesewagnis.

Bewertung vom 10.02.2023
Das glückliche Geheimnis
Geiger, Arno

Das glückliche Geheimnis


ausgezeichnet

Ein ganz großes Buch. Arno Geiger habe ich schon immer gemocht, also bin ich an sein neues Buch wohl auch mit einer Art positiver Voreingenommenheit herangegangen. Und ich bin wahrlich nicht enttäuscht worden! Arno Geiger lässt uns Lesende an seinem 'glücklichen Geheimnis' teilhaben. Ein Geheimnis, welches man kaum vermutet hätte: Er als Wanderer zwischen den Mülltonnen, mit einer Regelmäßigkeit unterwegs in Wien auf seinem Rad - , um weggeworfene Bücher, Tagebücher und Briefsammlungen zu entdecken. Das Gefundene ist ihm auch Inspiration für sein eigenes Schreiben, haben doch gerade Briefe und Tagebücher eine Unmittelbarkeit und Lebensnähe, die nicht jede Literatur zu leisten imstande ist. Und so ganz nebenbei erzählt Arno Geiger über seinen Werdegang als Schriftsteller, über sein Beziehungsleben, über seine Eltern und deren Tod, er denkt nach über das Leben, die Literatur, das Wegwerfen als Kulturtechnik, damit Neues entstehen kann, er sinniert über gesellschaftliche Veränderungsprozesse und vieles mehr - dabei nie mit erhobenem Zeigefinger, dafür aber auf eine stille Weise voller Weisheit. Und nie hatte ich das Gefühl einen Essay zu lesen, so persönlich ist das Buch - schließlich geht es um ein ganz großes Geheimnis!Und so hatte Dennis Scheck wohl doch recht, wenn er Arno Geiger seinerzeit als ein "Empathiemonster" bezeichnet hat. Ein rundum lohnenswertes Werk!

Bewertung vom 07.02.2023
Die letzte Party / Ffion Morgan Bd.1
Mackintosh, Clare

Die letzte Party / Ffion Morgan Bd.1


weniger gut

Enttäuschend. Der Klappentext des Kriminalromans "Die letzte Party" von Clare Mackintosh, selbst erfahren in der Polizeiarbeit, ist ausgesprochen vielversprechend und lässt eigentlich auf ein spannendes Werk im Geiste Agatha Christies hoffen: Ein Tatort - die Silvesterparty, eine Leiche (das Opfer, welches von niemandem so richtig gemocht wurde), eine Anzahl von Verdächtigen, davon jeder mit einem Motiv. Dann noch das Ermittler-Duo, bestehend aus der Einheimischen Ffion Morgan und Leon, von der anderen Seite des Sees, in welchem am Neujahrsmorgen beim traditionellen Neujahrsschwimmen die Leiche von Rhys Lloyd entdeckt wird, dem wohlbetuchten Bauherrn der von den Dorfbewohnern nicht sehr geschätzten Siedlung aus 'Ferienhäusern für Reiche'. Beginnt gut: Bevor sie wissen, dass sie zusammen ermitteln werden, verbringen Ffion und Leon eine Nacht miteinander, beide auf ihre Art auch beziehungsgeschädigt. Aber dann zieht sich die Ermittlungsarbeit kaugummiartig, die Story wechselt häufig die Zeitebene, was noch ok ist, aber auch die Erzählperspektive hüpft hin und her... mit dem Ergebnis, dass kein richtiger Spannungsbogen aufkommen will. Wahrscheinlich gestaltet sich genau so die Polizeiarbeit in der wahren Wirklichkeit; von einem Krimi aber erwarte ich da mehr.

Bewertung vom 31.01.2023
Café Leben
Leevers, Jo

Café Leben


sehr gut

Nicht immer leichte Kost. Mit ihrem neuen Roman "Café Leben" ist die britische Autorin Jo Leevers ein echtes Wagnis eingegangen - sie erzählt von der Begegnung grundverschiedener Menschen, die sich gegenseitig ihr Leben offenbaren; und wo es an der Oberfläche nicht gegensätzlicher sein könnte, stellen sich doch im Verlaufe der Geschichte Ähnlichkeiten ein - eine dunkle Stelle in der Vergangenheit. Als Leser frage ich mich natürlich immer, ob die Story der Autorin vom ersten Satz an bereits einigermaßen komplett im Kopf war, oder ob sie lediglich die Figuren mit ihren Charaktereigenschaften und eine grobe Rahmenhandlung erfunden hat, um dann die Protagonistinnen einfach miteinander in Beziehung treten zu lassen und zu schauen, was passiert. Will sagen: Die 32-jährige Henrietta Lockwood übernimmt einen Job in einem Hospiz; im Rahmen eines Projektes geht es um das das Eruieren und Verschriftlichen von Lebensgeschichten todkranker Menschen. Dabei trifft die eher kühl-kontrollierte, fast schon zwanghafte Henriette auf die eher emotionale Annie, eine alte Frau, die noch Lust am Leben verspürt; und es ergeben sich nicht etwa einseitige Interviews, sondern die beiden Frauen erzählen sich gegenseitig Ausschnitte ihres Lebens - und entdecken Tragisches. Natürlich geht es nicht gut aus, schließlich erwartet Annie den Tod; doch ist es am Ende für beide Frauen ein Gewinn. Das Schöne an dem Buch: Es macht uns bewusst, wie wichtig es ist, einander Fragen zu stellen, einander zuzuhören, Interesse für die Geschichte des anderen zu zeigen, in einen Dialog einzutreten... und über den anderen und sein Zuhören uns selbst zu entdecken (sorry, hört sich jetzt etwas abgehoben an... also:Lesen!)