Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Raumzeitreisender
Wohnort: 
Ahaus
Über mich: 
Buchwurm, der sich durch den multidimensionalen Wissenschafts- und Literaturkosmos frisst

Bewertungen

Insgesamt 747 Bewertungen
Bewertung vom 10.02.2022
Chinesisches Roulette
Shum, Desmond

Chinesisches Roulette


sehr gut

Desmond Shum, Unternehmer aus China, beschreibt in diesem Buch seine Lebensgeschichte, die eng verknüpft ist mit der Geschichte Chinas der letzten Jahrzehnte. Sein Buch klärt auf über die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse und ihre Verflechtungen im Reich der Mitte. Deutlich wird: Die Macht liegt zu 100 % beim inneren Zirkel der kommunistischen Partei.

Der Autor gehört nicht zum roten Adel, also zu der Gruppe der Nachkommen der elitären kommunistischen Führer. Er beschreibt seine rauhe Kindheit und Jugend in Shanghai, seine Erfolge bei Schwimmwettbewerben und seinen Aufstieg als Unternehmer. Behilflich war ihm seine Frau Whitney, die wusste, wie man in China ein gewinnbringendes Beziehungsgeflecht aufbaut und pflegt.

Aber es herrscht Willkür, die Gerichte sind nicht unabhängig. "In China sind die Regeln absichtlich unklar formuliert und werden laufend geändert, wobei die Änderungen stets rückwirkend angewandt werden. Und die Gerichte sind einfach ein Werkzeug der Partei, die das Gesetz einsetzt, um sich die Gesellschaft zu unterwerfen." (162) Deshalb sind Beziehungen zum roten Adel unverzichtbar, um Erfolg zu haben.

Die Ausführungen wirken phasenweise langatmig, wenn Shum detailverliebt beschreibt, welche Gespräche mit wem stattgefunden haben, wer mit wem essen gegangen ist und wann welche Geldsummen geflossen ist. Dennoch wird die chinesische Kultur dadurch transparent und ihre Unterschiede zur westlichen Kultur deutlich. Aber sichtbar wird auch, dass Bündnisse nicht von Dauer sind und Verbündete ersetzbar sind.

Richtig spannend wird es ab Kapitel 13, als der Flughafenchef verschwindet und der politische Wind sich dreht. Privates Unternehmertum und Kapitalismus wird nur in Zeiten geduldet, in denen es China schlecht geht. In guten Zeiten wird der Einfluss der Partei ausgebaut, Sicherheitsgesetze werden erlassen und erfolgreichen privaten Unternehmen werden Fusionen mit Staatsbetrieben aufgezwungen.

Der Autor lebt heute in England. Mit diesem mutigen Buch klärt er den Westen über die Verhältnisse in China auf, bringt aber auch Menschen aus seinem bisherigen Umfeld in Gefahr. Der kommunistischen Partei geht es primär nicht um die Belange des Kollektivs, sondern um individuellen Eigennutz im Interesse der Söhne und Töchter der Parteielite. Angst hat China nur vor der Demokratiebewegung.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.02.2022
Lyrics Deutsche Ausgabe
McCartney, Paul

Lyrics Deutsche Ausgabe


ausgezeichnet

Paul McCartney hat kein Tagebuch geführt. Es gibt keine Autobiografie von ihm. Sein Leben spiegelt sich nach seiner eigenen Einschätzung in seinen Songs wider. Seinen ersten Song hat er bereits mit vierzehn Jahren geschrieben. Hunderte Songs folgten.

Die Idee zu diesem Buch, welches er zusammen mit Paul Muldoon geschrieben hat, entstand vor 5 Jahren. In vielen Gesprächen analysierten sie gemeinsam die Entstehung der Songs. Das führte bei Paul McCartney manches Mal zu Selbsterkenntnissen.

Im Vorwort spricht der Autor über seine Jugend, über seine ersten musikalischen Erfahrungen, über seine besondere Beziehung zu John Lennon und über den Einfluss seiner Eltern und seiner ersten Frau Linda Eastman auf seine musikalische Entwicklung.

Die Songtexte und ihre Geschichten geben einen persönlichen Einblick in McCartneys Leben und das Leben der Beatles. McCartney war ein großer Fan von Buddy Holly. Kreativität bewiesen die Beatles u.a. mit dem Album "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band".

In den Songs werden Beziehungen zu Frauen (And I Love Her), Spannungen mit Bandkollegen (Too Many People), Erinnerungen an vertraute Orte in London (Penny Lane) und Anspielungen auf goldene (Hollywood-)Zeiten (Honey Pie), verarbeitet.

McCartney äußert sich zur Bedeutung des 1968 veröffentlichten Songs "Hey Jude". "Ich weiß gar nicht so genau, ob ihm [John Lennon] damals klar war, dass der Song eigentlich für seinen Sohn Julian gedacht war." (283)

Er räumt mit Gerüchten auf. "Stones, Beatles – wir waren schon ewig befreundet, aber die Fans haben dann doch geglaubt, dass an der Rivalität was dran ist. Dabei war das nie so." (333) Sie haben sich ausgetauscht und bei manchen Songs zusammengearbeitet.

Es ist keine typische Biografie, in der chronologisch der Lebensweg erzählt wird, es ist eine Zusammenstellung von Episoden, unterlegt mit original Texten, persönlichen Fotos und Zeichnungen, die in direktem Zusammenhang mit einzelnen Songs stehen.

"Lyrics" ist ein grandiosen Werk eines einflussreichen Musikers, aus dessen Feder "Yesterday", der meistgespielte Popsong aller Zeiten, stammt. Die Leser lernen Paul McCartney, der zeitlebens eine positive Einstellung zum Leben behalten hat, durch seine Songs kennen.

Bewertung vom 06.02.2022
Aufstand in Amerika
Marche, Stephen

Aufstand in Amerika


sehr gut

Die USA sind gespalten, nicht erst seit Donald Trump, sondern seit Jahrzehnten. Demokraten und Republikaner sind nicht nur politische Gegner, sondern sie verhalten sich wie verfeindete Stämme, die ihre Gegner und alle die dazu gehören, hassen.

Stephen Marche ist ein kanadischer Journalist, der in den USA lebt. Er beschäftigt sich mit der Geschichte der Vereinigten Staaten und glaubt, dass die USA sich auf einen Bürgerkrieg zubewegen. Die Vorbereitungen seien schon im Gange.

Der Autor beschreibt fünf Zukunftsszenarien, die er aufgrund seiner Recherchen für möglich hält. Es handelt sich um Spekulationen, die unwahrscheinlich wirken, bei näherer Betrachtung aber nicht unmöglich sind. Die Auswirkungen wären fatal.

Insbesondere in der Aera Trump ist durch viele Aktionen deutlich geworden, wie verblendet viele Menschen in den USA sind. Der bislang nicht hinreichend aufgearbeitete Sturm auf das Kapitol war bislang der Höhepunkt dieser destruktiven Entwicklung.

Dem Pessimismus in diesem Buch setzt der Autor die Hoffnung entgegen, dass die USA ein gerechtes Wahlrecht implementieren, die Polizei reformieren, die Steuergesetze zu Gunsten der Armen ändern, die Gewalt im Land reduzieren und sich für den Klimaschutz einsetzen.

Die derzeitige Entwicklung hat Auswirkungen auf Europa. Marche beschreibt in einem separaten Kapitel, wie insbesondere die neue Rolle Deutschlands im Hinblick auf die fehlende Verlässlichkeit der USA aussehen sollte. Es geht um mehr Verantwortung.

Die USA sind ein zerrissenes Land; sie befinden sich in einer Dauerkrise. Die Probleme sind ernst. Ob jedoch ein Bürgerkrieg in der ältesten Demokratie droht, bleibt auch nach dem Lesen dieses Buches spekulativ. Zu wünschen ist es der freien Welt nicht.

Bewertung vom 01.02.2022
Die Entstehung der Realität
Starkmuth, Jörg

Die Entstehung der Realität


weniger gut

Konstruktion subjektiver Realitäten

„Mit diesem Buch möchte ich Ihnen meine persönliche Wahrheit … als Anregung zur Hinterfragung und möglichen Veränderung Ihrer persönlichen Wahrheit anbieten.“ (11) Und diese persönliche Wahrheit besteht aus den Erkenntnissen, dass a) eine absolute Wahrheit nicht existiert und b) die Welt, die wir erleben, unsere eigene Schöpfung ist.

Damit steckt Autor Jörg Starkmuth den Rahmen ab, in dem sich seine Ausführungen bewegen. Das Buch besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil erläutert Starkmuth physikalische Grundlagen des klassischen (naturwissenschaftlich geprägten) Weltbildes, im zweiten Teil vertritt er die These, dass das Bewusstsein als eine vom Gehirn unabhängige Instanz Schöpfer der Realität ist und im dritten Teil beschreibt er, wie diese Erkenntnis unser Leben (positiv) verändern kann.

Der subatomare Bereich ist voller Merkwürdigkeiten. Wir wissen nicht, was Materie letztlich ist. Der Autor erläutert den Welle-Teilchen-Dualismus anhand des Doppelspaltexperimentes und thematisiert, dass die Welt im Kleinen widersprüchlich und unscharf ist. Die Gesetze der Quantenphysik sind durch Experimente vielfach bestätigt worden, weichen aber von unseren Erfahrungen mit der klassischen Physik ab.

Starkmuth erläutert am Ende des ersten Teils des Buches verschiedene Deutungen der Quantentheorie und gleitet über in seine persönliche Interpretation, in der dem Bewusstsein eine primäre Rolle zukommt beim Übergang von verschiedenen Möglichkeitswelten hin zu einer Wirklichkeit. Damit gesteht der Autor dem Bewusstsein eine zentrale Bedeutung zu.

Seine Ausführungen im zweiten Teil des Buches beruhen auf dem Glauben, dass das Bewusstsein eine vom Gehirn unabhängige Instanz ist. (169) Damit begibt er sich in einen Bereich außerhalb der etablierten Naturwissenschaften. Die Verbindung von Körper und Geist als verschiedene Entitäten ist nicht falsifizierbar und es gibt Widersprüche zur Energieerhaltung und zur Kausalität.

Nach Starkmuth existieren im Möglichkeitsraum alle Varianten des Universums zu allen Zeiten. (182) In dieser gigantischen Matrix bewege sich das Bewusstsein (als Beobachter) und erzeuge dadurch die Illusion der Zeit. Filter beschränken unsere Wahrnehmung auf drei räumliche Dimensionen. (183) Im Unterschied zur Viele-Welten-Deutung der Quantentheorie führen die Aufspaltungen im Zuge der Beobachtungen nicht zur Aufspaltung des Bewusstseins. (185)

Diese Interpretation überschreitet den Rahmen seriöser Wissenschaft und stellt auch einen Bruch dar zur Viele-Welten-Deutung. Auf diese Weise wird das Paradoxon des Doppelspaltversuches nicht plausibel beseitigt. Unabhängig von dieser Kritik liefert die Viele-Welten-Deutung eine zwar formal zulässige, aber empirisch nicht überprüfbare bzw. falsifizierbare Antwort auf die Paradoxien der Quantentheorie.

„Ohne bewusste Beobachtung existiert die Welt, wie wir sie kennen, überhaupt nicht.“ (171) Mit seinen Ausführungen zum Bewusstsein überschreitet Starkmuth die Grenzen naturwissenschaftlicher Erkenntnis. Die fundierten naturwissenschaftlichen Ausführungen im ersten Teil können dem Leser suggerieren, dass das auch für den zweiten Teil gilt. Im zweiten Teil stellt der Autor sein esoterisch geprägtes persönliches Weltbild vor.

Bewertung vom 21.01.2022
Der Pakt gegen den Papst
Englisch, Andreas

Der Pakt gegen den Papst


sehr gut

Andreas Englisch, bekannter deutscher Auslandskorrespondent, beschreibt in diesem Buch das Spannungsfeld um den argentinischen Papst Franziskus im Vatikan. Er nennt nicht explizit die Namen seiner Gegner, aber er benennt Gruppierungen, die gegen Papst Franziskus arbeiten und er beleuchtet deren Motive.

2013 wurde Jorge Mario Bergoglio als erster Amerikaner zum Papst gewählt. Er ist durch seine Tätigkeit in Argentinien geprägt und hat keine Verbindungen zum italienischen Adel bzw. zu gutbürgerlichen italienischen Familien, die in den vergangenen Jahrhunderten meist den Papst gestellt und damit Einfluss gewonnen haben.

Sein Verhalten in Rom ist von seiner Überzeugung geprägt, dass die Kirche an der Seite der Armen und Bedürftigen zu stehen hat. So führte ihn seine erste offizielle Reise als Papst nach Lampedusa, wo viele Flüchtlinge gestrandet sind. Auf den üblichen Luxus, der ihm aufgrund seiner Funktion als Papst zustehen würde, verzichtet er.

Er ersetzt nach und nach die Führungsriege im Vatikan, führt einen Dialog mit dem Islam, nimmt Flüchtlinge auf und versetzt Priester vom Vatikan in die Gemeinden, damit sie dort die von manchen ungeliebte Frontarbeit erledigen. Die theoretische Theologie Joseph Ratzingers und die konservative Lehre Karol Wojtylas sind nicht seine Sache.

Englisch geht auf die Geschichte der Päpste ein, thematisiert die Vorstellungen der letzten Päpste und zeigt Widersprüche auf. Auch wenn ein Papst nicht offiziell seine Vorgänger kritisiert, wird an konkreten Handlungen sehr wohl deutlich, wie die Vorstellungen in einigen Punkten voneinander abweichen.

Der Autor hat Erfahrungen mit der Publikation von Büchern. Sein Buch gliedert sich in achtunddreißig Kapitel, an deren Ende er jeweils Thesen in den Raum stellt, die neugierig machen, wie es denn im Folgekapitel weitergeht. Er nutzt seine zahlreichen Kontakte, wenngleich der Leser nicht erkennen kann, wo Thesen populistisch aufpoliert wurden.

Es sind die konservativen Kreise in der Kirche, die Probleme mit dem Engagement von Papst Franziskus haben, aber hier von Verschwörung oder Umsturz zu sprechen, halte ich für übertrieben. Die Kirche ist in viele moralische und finanzielle Intrigen verwickelt, die am christlichen Selbstbild rütteln, sodass der Papst das kleinste Problem darstellen dürfte.

Bewertung vom 29.12.2021
Der Buchspazierer
Henn, Carsten Sebastian

Der Buchspazierer


sehr gut

Der zweiundsiebzigjährige Carl Kollhoff ist nicht nur selbst ein Bücherfreund, sondern er berät und beliefert als langjähriger Mitarbeiter einer Buchhandlung Kunden außer Haus. Zu seinem ehemaligen Chef Gustav Gruber hat er ein vertrauensvolles Verhältnis. Dessen Tochter Sabine möchte ihn lieber heute als morgen in den Ruhestand schicken und den aus ihrer Sicht unrentablen Lieferdienst einstellen.

Auf einer seiner Touren zu seinen Kunden lernt Kollhoff die altkluge neunjährige Schascha kennen, die ihn fortan auf vielen Touren begleitet und Einfluss auf das Buchgeschäft nimmt. Damit ist der Rahmen abgesteckt für diese liebevolle Hommage auf die Literatur. Autor Carsten Henn beschreibt die unterschiedlichen Charaktere und ihre Eigenarten auf markante Art und Weise.

Wenn Menschen sich aufgrund eines Buches in kurzer Zeit ändern, wie der strenge Vater von Schascha, wirkt das unglaubwürdig, es passt jedoch in diese kleine Geschichte. Es gibt zahlreiche Bücher, die sich mit dem Literaturbetrieb beschäftigen. „Der Buchspazierer“ ist eine märchenhafte Geschichte über die Magie des geschriebenen Wortes, aber auch eine sanfte Kritik am realen Buchhandel.

Bewertung vom 20.12.2021
Die Hunde des Krieges
Forsyth, Frederick

Die Hunde des Krieges


sehr gut

Welche Methoden setzen westliche Bergbauunternehmen ein, um in Entwicklungsländern in Afrika Schürfrechte zu erwerben? Und welche Rolle spielen dabei Söldnertruppen? Frederick Forsyth widmet sich in „Die Hunde des Krieges“ diesem spannenden Thema und macht dabei deutlich, wie die Ausbeutung armer Länder bis in die Neuzeit hinein funktioniert.

Sir James Manson, Leiter eines international agierenden Bergbauunternehmens, erfährt durch die Analyse von Bodenproben des sog. Kristallberges von großen Platinvorkommen in der Republik Zangaro in Afrika. Hier beginnen seine Intrigen. Er setzt alle Hebel in Bewegung, um die Schürfrechte nicht für sein Unternehmen, sondern für sich persönlich zu erwerben.

Der Autor beschreibt ausführlich, welche Schritte notwendig sind, um eine solche Planung umzusetzen. Erforderlich sind Geheimhaltung, Korruption, eine Exilregierung und eine schlagkräftige Söldnertruppe, um einen Putsch durchzuführen. Der neue Machthaber bedankt sich durch die Vergabe von Schürfrechten an eine Mantelfirma, deren Aktienmehrheit bei Manson liegt.

Der größte Teil des Buches besteht aus der Beschreibung notwendiger Vorbereitungen durch den erfahrenen Söldner Cat Shannon, der Erkundungen vornimmt, eine Truppe verpflichtet, Waffen und Ausrüstung beschafft und vielfältige Bank- und sonstige Geschäfte tätigt. Natürlich gibt es einen Widersacher, der Shannon von früher kennt und der sich ihm in den Weg stellt.

Der Mittelteil zieht sich in die Länge. Das geht zu Lasten der Spannung. Dennoch erhalten die Leser einen realistischen Einblick in die Detailarbeit. Wesentliche Aktionen erfolgen im letzten Teil des Buches. Hier wird deutlich, wie sehr Manson und seine Mitarbeiter den Söldner Shannon unterschätzt haben. Dem Autor gelingt es, die Leser nicht nur zu unterhalten, sondern insbesondere auch über finstere Machenschaften aufzuklären.

Bewertung vom 09.12.2021
Ein Moment fürs Leben
Ahern, Cecelia

Ein Moment fürs Leben


weniger gut

Cecelia Ahern beschreibt in diesem kreativen Roman eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben. Es handelt sich um einen Entwicklungs- und Erkenntnisprozeß, den die Protagonistin Lucy Sylchester durchlebt. Wenngleich die Idee außergewöhnlich ist, wirkt die Umsetzung allenfalls mäßig und wenig überzeugend.

Lucy ist eine anstrengende verlogene Person. Die Atmosphäre ist trübe und die Charaktere wirken klischeehaft. Warum Lucy und Blake aus der wahren Ursache ihrer Trennung ein Geheimnis machen, bleibt nebulös und auch die Einmischungen und Beschuldigungen ihrer Freunde in diese Privatangelegenheit nerven.

Das Buch halte ich nicht, wie auf dem Cover beschrieben, für humorvoll, sondern eher für anstrengend und auch vorhersehbar. Andere Autoren hätten aus der Idee möglicherweise eine Geschichte mit mehr Tiefgang konstruiert.

Bewertung vom 06.12.2021
Geschöpfe Gottes
Buck, Pearl S.

Geschöpfe Gottes


sehr gut

William Lane und Clem Miller sind um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert in Peking geboren. Sie sind Söhne amerikanischer Missionare, die in China arbeiten. Während Williams Eltern Henry und Helen Lane in gehobenen Verhältnissen leben, wohnen Paul und Mary Miller im Armenviertel von Peking. Das unterschiedliche Elternhaus prägt ihren weiteren Lebensweg.

Der Boxeraufstand in China führt dazu, dass viele Ausländer in China ermordet werden. William und Clem flüchten auf unterschiedlichen Wegen in die Vereinigten Staaten, die sie bislang nur vom Hörensagen kennen. Beide machen auf unterschiedliche Art und Weise Karriere, William als Zeitungsverleger und Clem in der Nahrungsmittelindustrie. Beide haben konkrete Vorstellungen. Ihre Wege kreuzen sich einige Male.

William ist kein Menschenfreund. Ihm geht es um Macht und Manipulation. Er will Menschen kommandieren und bevormunden. Clem hat ein überdurchschnittliches Helfersyndrom. Das Ziel seiner Arbeit besteht darin, Menschen, teilweise auch ohne Gegenleistung, mit Nahrung zu versorgen. Pearl S. Buck beschreibt in diesem Roman auf überzeugende Weise den Konflikt zwischen Macht und Nächstenliebe.

Bewertung vom 06.10.2021
Von der Pflicht
Precht, Richard David

Von der Pflicht


sehr gut

Wo viel Freiheit ist, ist, wie Friedrich Schiller sagt, auch viel Irrtum. (32)

In diesem Buch thematisiert der Publizist Richard David Precht Pflichten der Einzelnen gegenüber der Gemeinschaft vor dem Hintergrund der aktuellen Covid- 19- Pandemie. Im Rahmen seiner Ausführungen bezieht er eindeutig Stellung.

„Jede Haltung, die wir im Umgang mit dem Virus einnehmen, ist damit keine reine Privatangelegenheit mehr“. (13)

Der Staat ist bei einer Pandemie gefordert. Aber wie kommt es, dass die Aufforderung des Staates, Einschränkungen zum Wohl der Gesundheit aller in Kauf zu nehmen, von manchen Bürgern mit Faschismus und Diktatur gleichgesetzt wird?

Precht erläutert in einem Rückblick wie sich die Aufgaben westlicher Demokratien entwickelt haben und welche Rechte und Pflichten seine Bürger haben. Deutlich wird, dass die Gesundheitsvorsorge eine wichtige Staatsaufgabe ist, Maßnahmen zur Umsetzung aber verhältnismäßig sein müssen.

Diese Verhältnismäßigkeit birgt Konfliktstoff. Staatliche Maßnahmen als Reaktion auf Covid-19 können betrachtet werden aus der Pflicht des Staates gegenüber seinen Bürgern und im Verhältnis zu anderen Gefahren und Risiken, die seitens des Staates nicht angegangen werden.

Eine Unwucht im Verhältnis zu sonstigen Gefahren kann bewirken, dass Bürger ihren Pflichten in Fragen der Gesundheitsvorsorge nicht nachkommen. Auch besteht ein Dilemma darin, dass eine Gesellschaft, die in Fragen der Wirtschaft Ego-zentriert agiert, auf einmal ihren Sinn für das Gemeinwohl in den Fokus rücken soll.

Um einen Ausgleich zwischen Individualprinzip und Sozialprinzip herbeizuführen, schlägt Precht einen Sozialdienst vor, der in zwei Stufen, einmal nach der Schulzeit und einmal zu Beginn der Rente abgeleistet werden könnte. Im Hinblick darauf, dass die Wehrpflicht vor Jahren ersatzlos abgeschafft wurde, dürften die Realisierungschancen sehr gering sein.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.