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Verena

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Insgesamt 137 Bewertungen
Bewertung vom 05.10.2021
Die Schneeblütenprinzessin von Cold Creek Valley / Cold Creek Valley Bd.1
Jones, Mona

Die Schneeblütenprinzessin von Cold Creek Valley / Cold Creek Valley Bd.1


gut

“Die Schneeblütenprinzessin von Cold Creek Valley” ist ein bisschen viel. Viel Handlung, stellenweise viele verschiedene Figuren, die aber eigentlich nicht zum Spannungsaufbau beitragen.

Im Mittelpunkt stehen die Deutschitalienerin Chiara und der deutsch-amerikanische Arzt Gabriel. Mit beiden beginnen wir die Geschichte in Hamburg. Chiara, die eigentlich an Weihnachten heiraten wollte, steht plötzlich ohne Ehemann, ohne Job und total unglücklich da. Überredet von ihren Geschwistern tritt sie aber dennoch die ursprünglich geplanten Flitterwochen an: es geht ins Cold Creek Valley in den Rocky Mountains, wo ihr Bruder seit einiger Zeit das Landleben mit Freundin, Hund und Schafen genießt. Chiara, völlig neben sich, nimmt am Flughafen ausversehen einen falschen Koffer mit – den von Gabriel. Der saß ebenfalls im Flugzeug von Hamburg nach Denver, um seine Familie zu besuchen, die gar nicht weit von Chiaras Bruder eine Farm bewirtschaftet. Jetzt beginnt die eigentliche Handlung, denn die beiden finden sich sofort attraktiv, aber alle möglichen Hürden stehen ihnen im Weg und viele, viele kleine Nebenstränge mit ehemaligen Schulkameraden aus der High School, Cowboys aus der Gegend, der Verwandtschaft zu Hause, … Es passiert viel (unwichtiges). Am Ende finden die beiden natürlich zusammen. Eine nette weihnachtliche romantische Gesichte, die sich aber zu sehr verliert in unnötigen Nebensträngen statt sich mehr auf die Beziehung zwischen den beiden Protagonisten zu fokussieren.

Bewertung vom 01.10.2021
Weihnachtsglück in Willowbrook / Willowbrook Bd.1
Claire, Sophie

Weihnachtsglück in Willowbrook / Willowbrook Bd.1


sehr gut

Ist es je zu früh für Weihnachtsgeschichten? Im September habe ich tatsächlich bisher auch noch nie damit angefangen, aber nach zwei thematisch recht heftigen Büchern brauchte ich leichte Kost und da kam “Weihnachtsglück in Willowbrook” wie gerufen. Tatsächlich sind die Themen auch nicht wirklich leicht, aber man kann sich natürlich auf ein Happy End freuen. Darum geht’s: Jake und Evie wagen beide im kleinen Örtchen Willowbrook einen Neuanfang. Jakes Welt ist zerbrochen, denn seine Frau ist viel zu jung gestorben und niemand scheint ihn und seine Trauer verstehen zu können - außer vielleicht Smoke, sein treuer Begleiter auf vier Pfoten. Und Evie, denn auch wenn die erste Begegnung der beiden nicht optimal verlief, einen geliebten Menschen zu verlieren ist ihr nicht fremd. Da Evie selbst nach einer gescheiterten Beziehung (Content Warnung: Gaslighting) nach Willowbrook kam um ihren Traum vom eigenen Nähladen zu verwirklichen und Jack noch zu sehr an seiner Maria hängt, ist beiden klar, dass mehr als Freundschaft nicht drin ist. Doch Gefühle lassen sich nun mal nicht kontrollieren und es liegt an den beiden, ob sie es wagen, dass mehr aus ihnen wird.

Ich mochte sehr, wie respektvoll mit den beiden großen Themen – der trauer und der des emotionalen Missbrauchs – umgegangen wird, trotzdem verliert die Geschichte nie ihre Leichtigkeit. Weihnachten wurde genau richtig dosiert, nicht zu viel und zu kitschig. Es war eine wirklich schöne, angenehm zu lesende Liebesgeschichte und wenn Evie nicht die typische tollpatschige britische Romanheldin gewesen wäre, hätte es sogar noch einen Stern mehr gegeben.

Bewertung vom 28.09.2021
Monet

Monet


ausgezeichnet

“‘Für mich existiert eine Landschaft niemals an und für sich, denn ihre Erscheinung verändert sich mit jedem Augenblick’, erklärte Monet 1891. ‘Aber sie wird lebendig durch ihre Umgebung, die Luft und das Licht, die sich ständig verändern. (…) Für mich ist es nur die Umgebung, die den Motiven ihren eigentlichen Wert verleiht.’”

Entgegen der Vorstellung, beim Impressionismus handle es sich ausschließlich um flüchtige Momentaufnahmen, zeigen die sieben Essays mit welcher Sorgfalt Claude Monet die Orte, die er in seinen Werken festhielt, auswählte. Sie waren für ihn von immenser Bedeutung. Ich war überrascht, was für ein Business-Denken und Perfektionismus sich teilweise dahinter verbarg. Die Intention dahinter tut natürlich der Stimmung, die durch die Gemälde bei den Betrachter:innen hervorgerufen werden, keinen Abbruch, das Träumerische und die Naturverbundenheit, die Flüchtigkeit des dargestellten Moments.

Die Essays widmen sich verschiedenen Schaffensphasen Monets, und analysieren, die Wahl der Orte; zeigen, wie seine Zeitgenossen Monet beeinflussten (und er wiederum sie). Bereits die Essays sind bebildert, werden aber gefolgt von einem umfangreichen Katalog der ausgestellten Werke. Diese teilen die Werke nochmals in verschiedene Kategorien, wie beispielsweise die Darstellung von Städten, ländliche Idyllen, serielle Werke und selbstverständlich das selbst geschaffene Paradies, Monets berühmter Garten in Giverny.

Bewertung vom 13.09.2021
Das Glashotel
Mandel, Emily St. John

Das Glashotel


weniger gut

Ein sehr gehyptes Buch seit es im englischen Original erschienen ist. Lange war es auf meiner Leseliste, weil mich vieles daran ansprach. Ende August wurde “Das Glashotel” auf Deutsch veröffentlicht und endlich habe ich es nun auch gelesen. Leider wurden meine Erwartungen nicht erfüllt. Da der Inhalt keinen wirklichen Spannungsaufbau hat und eher geprägt ist von Textsplittern der einzelnen Protagonist:innen, kann man schwer beschrieben worum es geht. Grundsätzlich stört es mich nicht, wenn eine Erzählung keinem linearen Muster folgt und eher fragmentarischen Charakter hat, solange das große Ganze Sinn ergibt. Das tut es in diesem Fall irgendwie nicht. Ich könnte nach der Lektüre nicht wirklich sagen, was die Message des Romans bzw. die Intention der Autorin ist. Gleichzeitig ist nicht alles schlecht daran. Es gab durchaus Passagen, die ich gerne gelesen habe, die so atmosphärisch anmuten wie es das grandiose Cover verspricht. Die Einsamkeit, die Stille, die Natur der Wälder des Pazifischen Nordwestens auf Vancouver Island in starkem Kontrast zur Geschäftigkeit New York Citys. Ab der Hälfte allerdings hat mich der Roman dann irgendwie komplett verloren. Sicher auch deshalb, weil ich mir nun wirklich nichts Langweiligeres vorstellen kann als über Finanzskandale und Schneeballsysteme zu lesen, aber ab hier wird auch irgendwie deutlich, dass die Message ausbleibt. Zudem war selten Motivation hinter dem Handeln der zentralen Figuren, die übrigens zum Großteil äußerst unsympathisch sind, zu erkennen. Es scheint immer wieder durch, dass Emily St. John Mandel durchaus schriftstellerisches Talent besitzt, doch meiner Meinung nach war das Ganze hier ein wenig zu ambitioniert angesetzt. Wenn man sich andere Rezensionen durchliest, scheint der "Das Glashotel” zu polarisieren: entweder die Leute finden ihn grandios oder mögen ihn gar nicht. Für mich persönlich war es leider nichts.

Bewertung vom 27.08.2021
Erobere mich im Sturm
Kinsella, Sophie

Erobere mich im Sturm


weniger gut

Die Geschichte klingt vielversprechend: Ava & Matt begegnen sich bei einem Schreibkurs in Italien & sind sofort Feuer & Flamme für einander. Gegenseitige Anziehung, leidenschaftliche Nächte, Sommer, Sonne, Meer in Apulien – alles scheint perfekt. Bis der Alltag in London sie einholt. Sie lieben sich, aber nicht ihre jeweiligen Lebensstile. Die große Frage: können sie die Differenzen überbrücken? Und da kommt das größte Manko des Romans, denn für mich persönlich wurde auf die Arbeit, die gegenseitiges Kennenlernen sein kann, viel zu wenig eingegangen. Stattdessen zieht es sich gefühlt endlos, dass die beiden nicht ansprechen, was ihnen Probleme bereitet. Überhaupt kommunizieren sie kaum. Klar, dass an einigen Stellen Dinge überzogen dargestellt werden, damit rechne ich bei einer romantischen Komödie. Teilweise funktioniert das richtig gut (z.Bsp. bei den Teilnehmer:innen des Schreibkurses), aber zu oft endet es in ausgelutschten Klischees (die Protagonistin eines Liebesromans als Fettnäpfchen-Queen). Das Ende kam dann zu schnell, verglichen mit den endlosen Kapiteln zuvor, wie Ava Matts Kunstsammlung hasst & er ihre Einrichtung. Unfreiwillig lustig sind die folgenden Plotpoints: Matt entpuppt sich in London als Erbe einer berühmten halbösterreichischen Puppenhausdynastie mit Eltern, die ihn völlig vereinnahmen in ihrem großen viktorianischen Haus, aber den Sohn trotzdem nicht wertschätzen. Avas Konkurrentin in Sachen Matt ist seine Ex, Puppen-Influencerin, deren Follower sie & Matt shippen. Wenn Österreicher:innen für etwas bekannt sind, dann dass sie fast obsessiv nackt saunieren. (I can’t). 2,5 Sterne dafür, dass das Potential leider nicht ausgeschöpft wurde.

Bewertung vom 16.08.2021
Zimmer mit Frühstück
Schneider-Rading, Tina

Zimmer mit Frühstück


sehr gut

Übernachtet ihr auf Reisen gerne in Bed & Breakfasts oder lieber in großen Hotels? Ich mag das Unaufgeregte, Überschaubare, das ich bisher in kleinen Boutique Hotels oder eben den klassischen Bed & Breakfasts genießen durfte. Als introvertierte Person bin ich zwar nicht unbedingt darauf aus, mit den Gastgebern best friends zu werden, dennoch bevorzuge ich das familiärere, persönlichere Ambiente im Vergleich zur Anonymität großer Hotels mit unzähligen Gästen. Das schönste Bed & Breakfast, in dem ich bisher übernachten durfte, war mitten in Siena; die liebste Gastgeberin begegnete mir in Orbetello, einem kleinen Strandörtchen in Italien, wo die Busse recht unregelmäßig fahren & die Dame sich kurzerhand als kostenloses Taxi für mich und meine Reisebegleitung anbot, damit wir einen halben Tag länger den Strand genießen konnten vor unserer Weiterreise. Solche Orte suchte die Interior-Journalistin Tina Schneider-Rading in Deutschland, Österreich und der Schweiz. In “Zimmer mit Frühstück” erzählt sie die Geschichten dieser Bed & Breakfasts und ihrer Inhaber:innen. Besonders gefallen hat mir, dass die meisten großen Wert legen auf Nachhaltigkeit: alte Häuser werden authentisch restauriert, Möbel upgecycled; es wird in nachhaltige Materialien investiert und die Zutaten für das angebotene, meist selbstgemachte Frühstück werden bei regionalen Erzeugern gekauft. Tolle Fotografien der bis ins letzte Detail durchgeplanten Gästehäuser steigern das Fernweh um ein Vielfaches. "Zimmer mit Frühstück” eignet sich mit seinen kurzen Kapiteln und der ästhetischen Aufmachung ideal als Coffeetable Buch um zwischendurch zu schmökern und sich wegzuträumen. Ein Bed & Breakfast ist mir in besonderer Erinnerung geblieben: das Hotel Marielle in Bad Münstereifel. Oft hatte ich von dem Ort im Rahmen der Berichterstattung der Hochwasserkatastrophe gehört. Erst 2018 eröffnet, wurde das hübsche Boutiquehotel, das direkt am Flüsschen Erft liegt, wie so viele andere Gebäude überflutet. Auf ihren Social Media Kanälen berichtet das Besitzer-Paar nun über die erneuten Renovierungsarbeiten. Alles Gute dafür!

Bewertung vom 31.07.2021
Ex Talk - Liebe live auf Sendung
Solomon, Rachel Lynn

Ex Talk - Liebe live auf Sendung


ausgezeichnet

Shay arbeitet seit 10 Jahren beim Radio hinter den Kulissen & lebt für ihren Job. Als neue Konzepte entwickelt werden, ist der große Traum live on air zu sein zum Greifen nah, denn gemeinsam mit dem neuen Reporter Dominic soll sie eine Show moderieren. Das Problem: sie kann ihn nicht ausstehen. Das größere Problem: die beiden sollen sich als Ex-Paar ausgeben & Beziehungstipps geben. Obwohl beide zunächst mit der Lüge hadern, machen sie mit & das Ganze wird ein voller Erfolg. Durch die gemeinsame Arbeit lernen sich Shay & Dominic kennen & verlieben sich. Ungünstig, da ja ganz Seattle sie als Ex-Paar kennt.

Ein richtig toller, sehr diverser Liebesroman, der auch in die Tiefe geht. Klar, es gibt ein paar der typischen Rom-Com Klischees (fake-nicht-dating, Dominic wirkt manchmal zu perfekt), aber die Autorin lässt die Leser:innen tief eintauchen in Shays Psyche. Einsamkeit, Trauer, Kindheitsträume & deren harsches Zerplatzen in der Erwachsenenwelt – sie geht dabei sehr respektvoll mit den Themen um. Besonders gut fand ich 2 Dinge, die mich sonst bei Liebesromanen häufig stören: Setting & Beruf der Protagonisten. Was sonst eher wahllos gewählt & schlecht bis gar nicht recherchiert wirkt, ist hier sehr authentisch. Die Pacific North West Atmosphäre ist super eingebaut in die Handlung & ich war wirklich positiv überrascht, wie realistisch die verschiedenen Arbeitsbereiche beim Radio umgesetzt wurden (ich habe selbst beim Radio gearbeitet). Die Autorin, Rachel Lynn Solomon, hat sich für ihre Lovestory nicht nur ihre Heimatstadt Seattle als Location ausgesucht, sie arbeitet tatsächlich beim Radio. Kein Wunder also, dass alles so authentisch rüberkommt.

Ein Stern Abzug wegen 3 Kritikpunkten. 1. (der Übersetzung geschuldet) beim Radio siezt man sich nicht, im Gegenteil, es ist – wie mir an meinem 1. Arbeitstag erklärt wurde – eine Todsünde. 2. obwohl die Autorin sonst sehr respektvoll mit mental health Thematiken umgeht, bleibt Shays Reaktion auf Dominics Panikattacke unreflektiert. Drittens: die ganze Steve Rogers Storyline ist völlig unrealistisch, stark romantisiert, so holt man sich keinen Hund.

Dennoch ist der Roman eine absolute Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.07.2021
Sag mir, wer ich bin
Ward, Felicity

Sag mir, wer ich bin


schlecht

TW: sexuelle Gewalt. Rezension mit Spoilern.

Als junges Mädchen entkommt Sally nach einem sexuellen Übergriff nur knapp dem Tod. Jahre später entdeckt sie auf einer Party das Gesicht ihres Peinigers, eine Katz-und-Maus-Jagd beginnt. Soweit der Klappentext. Erwartet hatte ich einen Thriller, in dem schließlich der Täter zur Rechenschaft gezogen wird. Ja. Nichts dergleichen. Stattdessen findet eine eklige Verharmlosung des sexuellen Übergriffs statt, Männer dominieren den Roman und am Ende wird Sally, das Opfer, zur Täterin stilisiert. Hinzu kommt der Konflikt zwischen Englisch- und Französischsprechenden Einwohnern Québecs (das Buch spielt zwischen 1962 und 1983), der völlig konstruiert in die Handlung eingebaut wird. Sprachlich ist das Buch erstaunlich schlecht geschrieben – platte Dialoge, die Sätze wirken teils wie von unmotivierten Schüler:innen aneinandergereihte Erlebnisgeschichten. Inhaltlich jagt ein Tiefpunkt den nächsten. Tatsächlich hat mich bereits das Vorwort irritiert. Hier versucht die Autorin (*1945), die MeToo Bewegung, die sie zu dem Roman inspirierte, als teilweise zu radikal zu bezeichnen, weil kleine Dinge zu kriminellen Handlungen aufgebauscht werden und ja nicht alle Männer so seien. Cringe. Noch mehr Cringe: Sallys Leben ist nach dem Übergriff geprägt von Angst. Statt zu zeigen, was das mit ihr macht, wird aufgezählt, was ihr schwerfällt; die Schlussfolgerung ist nicht, dass Sally dauerhaft angespannt leben muss, sondern dass sie als notorische Zuspätkommerin abgetan wird, weil ihre Kontrollmechanismen viel Zeit brauchen. Umso mehr taucht man ein in die Gedanken ihres Patenonkels Carson, den sie erst als Erwachsene kennenlernt. Natürlich vertraut sie sich ihm sofort an, berichtet detailliert, was der Mann damals mit ihr machte, zieht bei ihm ein und nachdem er sich 6 Monate lang “zurückgehalten” hat, schläft sie mit ihm. Weil, so die Überzeugung vieler Figuren, wenn Sally erst mal Sex hat, kann sie mit der versuchten Vergewaltigung abschließen. Es wird immer davon gesprochen, dass sie ja “nicht richtig vergewaltigt” worden sei (keine Penetration). Sallys Eltern sind mehr damit beschäftigt, dass ihre Tochter mit Mitte 20 noch keine sexuellen Erfahrungen hat, als mit allem anderen. Der Mann, den Sally schließlich auf der Party für ihren Vergewaltiger hält, war es nicht, was sie nicht glaubt. Sie fängt eine Affäre mit ihm an; es wird suggeriert, dass die Erinnerung an ihren Peiniger sie sexuell erregt, dass sie ihn liebt. Gleichzeitig ist sie überzeugt, dass er sie töten will. Daraufhin verlässt Carson sie, weil sie ihm zu anstrengend wird. Das große Finale: der Affären-Mann fühlt sich von Sally “vergewaltigt” und lässt sie nachts allein im Nirgendwo zurück. Warum im Jahr 2021 so was veröffentlicht wird, erschließt sich mir nicht. (Über die Autorin, Felicity Ward ist außer dem kurzen Text des deutschen Verlags nichts zu finden, auch nicht über das Buch im englischen Original, nicht mal ein Titel ist zu finden.)

Bewertung vom 15.07.2021
In diesen Sommern
Hecht, Janina

In diesen Sommern


ausgezeichnet

Inhaltswarnung: häusliche Gewalt, Alkoholismus
In kurzen, nicht immer zusammenhängenden Episoden erzählt Janina Hecht mit ihrem Debütroman die Geschichte von Teresa und ihrer Familie. Über den normalen Kindheits- und Jugenderinnerungen wie Fahrradfahren, Spielen mit dem Bruder, Urlaubstagen im italienischen Ferienhaus lauert wie ein dunkler Schatten die Präsenz des Vaters. Liebevoll und aufmerksam, verloren und einsam, gewalttätig und brutal. Sein Alkoholismus und die Gewaltexzess prägen das Leben von Teresa, ihrer Mutter und dem jüngeren Bruder. Zunächst im Zusammenleben, aber auch nachdem Teresa als junge Erwachsene längst ausgezogen ist, lässt die Vergangenheit sie nicht los. Die einzelnen Episoden ergeben nach und nach ein stimmiges kohärentes Gesamtbild; immer klarer, je älter Teresa wird, je reflektierter sie ihre Situation betrachtet. Man leidet mit der Familie, selbst mit dem Vater leidet man, das Ende trifft nicht nur Teresa hart und unerwartet. “In diesen Sommern” lässt sich trotz des Themas leicht und in einem Rutsch durchlesen, wirkt aber stark nach.

Bewertung vom 07.06.2021
Bergland
Kubsova, Jarka

Bergland


ausgezeichnet

“... am Ende schaffen wir das immer alles irgendwie... Fragt sich nur, wer oder was dabei auf der Strecke bleibt.”

Ich habe das Buch ein bisschen sacken lassen, kann aber immer noch nicht wirklich in Worte fassen, wie grandios ich es fand. Es kam einfach zur richtigen Zeit, hat einen Nerv getroffen.

Drei Generationen einer Bauernfamilie auf einem abgelegenen Hof in Südtirol erzählt der Roman. Auf knapp 300 Seiten gelingt es der Autorin Jarka Kubsova viel hineinzupacken: ausgefeilte Figuren (grandios gezeichnet sowohl Rosa als auch Franziska!) und große Themen wie die Veränderung in der Land- und Viehwirtschaft, Fortschritt(szwang), Generationenkonflikte, Care Arbeit (auch wenn der Begriff nie fällt), mentale Gesundheit. Besonders diesen letzten Aspekt, der perfekt eingebettet ist die restliche Erzählung, fand ich sehr spannend und authentisch umgesetzt, ebenso den Umgang der verschiedenen Generationen damit. Ich glaube, das Buch hat mich deshalb so sehr berührt, weil mir vieles sehr bekannt vorkommt, ich vieles davon selbst erlebt habe. Auch wenn ich nie auf einem Bergbauernhof gelebt habe, ich komme aus einem kleinen Dorf in Bayern, aus einem Hof der über 300 Jahre in Familienbesitz war, heute aber keiner mehr ist, habe den Wandel miterlebt, kenne die Generationenkonflikte, kenne das Fortgehen, das Zurückkehren, kenne sogar das Specksteinschleifen in Rehaeinrichtungen – kurz gesagt: it hit home. Obwohl es viele gewichtige, teils schwere Themen sind, die im Roman behandelt werden, verliert er nie wirklich die Leichtigkeit, die auch dazu beigetragen hat, dass ich mich manchmal an “Ein ganzes Leben” von Robert Seethaler oder “Bergsalz” von Karin Kalisa erinnert fühlte. Gleichzeitig wird aber das einfache Leben, die Naturverbundenheit nie romantisiert, selbst dann nicht, wenn vom Aufspüren von Sehnsüchten die Rede ist. Das Ende, das mich dann tatsächlich so berührte, dass Tränchen geflossen sind, ist eine fast märchenhafte Mischung aus Utopie und Hoffnung. “Bergland” ist eines meiner Jahreshighlights, eine absolute Leseempfehlung.

9 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.