Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
julemaus94
Wohnort: 
Jena

Bewertungen

Insgesamt 442 Bewertungen
Bewertung vom 31.10.2022
This Charming Man / The Stranger Times Bd.2
McDonnell, C. K.

This Charming Man / The Stranger Times Bd.2


sehr gut

Gewohnt bissig

In der neuesten Ausgabe der "Stranger Times" geht es um eine recht blutige Mordserie in Manchester, bei der alles auf Vampire hinzudeuten scheint. Aber die gibt es doch nicht wirklich, oder? Die Community der Übernatürlichen ist zwar ziemlich groß, aber selbst die haben noch nie von der Existenz dieser Fabelwesen gehört. Also ermitteln Hannah und ihre Mitstreiter und gehen der Ursache weiter auf den Grund.

Es ist schön, mit den vielen liebgewonnenen Figuren Wiedersehen feiern zu können. Manche von ihnen haben einen größeren Auftritt als andere. Dazu kommen noch ein paar neue Mitspieler, die die Geschichte um einiges skurriler und unterhaltsamer machen.

Die im Vordergrund stehende Story ist spannend, ziemlich blutig und überrascht zum Schluss mit einer interessanten Auflösung.

Genauso interessant ist aber auch die Rahmenhandlun, die die geplanten drei Bände miteinander verbinden soll. Es gibt ein paar neue Hinweise und Antworten, genauso viele neue Fragen werden aber auch aufgeworfen. Hier merkt man dem Buch eben doch an, dass es sich um den (ungeliebten) mittleren Band handelt, der den Leser am Ball halten soll, ohne zu viel Spannung durch Antworten aufzugeben.

Bei mir geht das Konzept auf jeden Fall auf, ich kann das große Finale kaum erwarten!

Bewertung vom 31.10.2022
Miss Kim weiß Bescheid
Cho, Nam-joo

Miss Kim weiß Bescheid


sehr gut

Funktioniert nicht ganz so gut

Ihr Debut war letztes Jahr wohl in aller Munde und ein durchschlagender Erfolg. Cho Nam-Joo bot einen unheimlich interessanten Einblick in die Gesellschaftsstrukturen eines sehr verschlossenen Landes und legte dabei den Fokus auf die weibliche Hälfte der Bevölkerung.

Mit ihrem neuen Buch knüpft sie direkt an ihr erstes Buch an, erzählt diesmal aber acht unabhängige Geschichten. Man erhält Einblicke in acht verschiedene Leben, einer davon betrachtet die Autorin nach dem Erfolg ihres Buches.

Dabei legt sie verschiedene Gesellschaftsprobleme offen, die alle in Zusammenhang mit der Ungleichbehandlung von Mann und Frau stehen.
Es gelingt ihr, wie schon bei ihrem Vorgänger, meisterhaft mit wenigen Worten unheimlich viel auszudrücken.

Allerdings funktioniert die koreanische Zurückhaltung in Verbindung mit den knappen Texten der Kurzgeschichten nicht ganz so gut wie als Roman. Zu viel bleibt ungesagt oder wirkt nicht prägnant genug. Das Wichtigste wird transportiert, aber der einschlagende Effekt, den man erwartet oder sich zumindest erhofft hat, kommt nicht ganz zur Geltung.

Bewertung vom 24.10.2022
Susanna
Capus, Alex

Susanna


gut

Vergebene Chance

Alex Capus schafft es normalerweise, historischen Stoff aufzugreifen und in ein ansprechendes fiktives Gewand zu verpacken. In seinem neuesten Roman hat er sich Susanna Faesch ausgesucht, die als die Künstlerin und Aktivistin Caroline Weldon bekannt wurde.

Susanna wächst als jüngstes von mehreren Geschwistern unter der Regie ihres strengen Vaters in Basel auf, bis die Mutter mit ihr nach New York auswandert. DOrt wächst sie behütet auf und folgt schon früh ihrer Leidenschaft fürs Malen, bis sie in ihren 40ern auf Sitting Bull trifft.

Mit Caroline Weldon hat sich der Autor eine wirklich spannende Frau ausgesucht, die viel Potential für ein spannendes Buch geboten hätte. Leider hält er sich zu lange in ihren weniger fesselnden frühen Jahren auf. So erfährt man zwar, wie sie zu der Frau wurde, die später ins Licht der Öffentlichkeit getreten ist. Dafür bleibt in diesem Roman leider kein Platz mehr für die öffentliche Person. Denn mit dem Aufeinandertreffen von Malerin und Sitting Bull endet der Roman auch schon wieder.

So schafft es Herr Capus zwar, das Interesse an Frau Faesch zu wecken, man ist allerdings auf eigene Recherchen angewiesen, um mehr über die Erlebnisse von Frau Weldon zu erfahren.

Bewertung vom 23.10.2022
Freiheitsgeld
Eschbach, Andreas

Freiheitsgeld


weniger gut

Verschenktes Potential

Wer würde nicht gerne mal einen Blick in die Zukunft werfen und ein Deutschland in 40 Jahren erkunden? Der in diesem Genre eigentlich erfahrene Autor hat einen Versuch gewagt, der leider nicht viel mehr als genau das darstellt.

In Deutschland wurde vor Jahren das Freiheitsgeld eingeführt. Roboter übernehmen mittlerweile die meisten Arbeiten und machen Jobs seitdem in großen Teilen obsolet. Den Menschen fehlt mehr und mehr der Lebenssinn. Und als auch noch der Vater des Freiheitsgeldes tot aufgefunden wird, werden langsam Zweifel laut- zumindest beim Leser.

Klingt eigentlich spannend? Könnte es auch wirklich sein: der Roman bietet einiges an Potential, Eschbach wirft einige interessante Ansätze in den Raum. Leider schafft er es aber nicht, die vielen Ideen zu einem überzeugenden Plot zu stricken. An vielen Stellen wirkt das Ganze gekünstelt, übertrieben.

Dazu bringt er noch eine Vielzahl an Figuren in Stellung, deren Erscheinen oft eher unnötig wirkt, sie bieten kaum Mehrwert für die Story.

Zudem hat Eschbach hier ein paar wirklich altbackene Klischees verbaut, die angesichts des futuristischen Plots einfach nicht überzeugen können.

Der stellenweise Sexismus und die übertrieben körperlichen Szenen schreien beinahe nach "altem weißen Mann", dass es schon fast komisch wirkt. Eigentlich ist es aber nur traurig, denn darüber verliert der Plot an Drive und gipfelt in einem enttäuschenden Finale.

Insgesamt hat man das Gefühl, dass diesem Roman einfach noch etwas Überarbeitung und Inspiration gefehlt hat. Eschbach kann es eigentlich besser, das haben seine bisherigen Bücher oft genug bewiesen.

Bewertung vom 19.10.2022
Baumschläfer
Duda, Christian

Baumschläfer


sehr gut

Protokoll eines Schicksals

Ein kurzer Zeitungsartikel war die Inspiration für Christian Dudas neustes Buch. Dabei entstand weniger ein Roman als mehr ein protokollarisches Zeitzeugnis, mit dem einem verstummten Jungen eine Stimme verliehen wird.

Marius Schicksal ist an dem Tag besiegelt, als sein Vater die Mutter tötet und ihn dabei schwer verletzt. Als Opfer häuslicher Gewalt rutschen er und seine Schwester in eine Spirale aus fehlwirkenden Behörden und menschlicher Hilflosigkeit, aus der es nur einen Ausweg gibt.

In akribischer Recherchearbeit hat Christian Duda die letzten Monate eines jungen Mannes recherchiert und aufgeareitet, der unverschuldet in die Mühlen der deutschen Bürokratie gerät. Einer Bürokratie die eigentlich nur helfen will, dabei aber so unflexibel und starr agiert, ohne auf Einzelschicksale gebührend reagieren kann, auch wenn sie es will.

Obwohl die Schilderungen sehr nüchtern und bruchstückhaft dargestellt werden, bekommt man tiefe Einblicke in die Gedanken dieses verstörten, einsamen Jungen, der nie gelernt hat, Hilfe anzunehmen.

Das trifft einen hart, erschüttert immer wieder, vor allem da man von Anfang an ahnt, dass dies kein gutes Ende nehmen kann und wird.

Aber solche Geschichten muss man lesen, denn sie erzählen vom Leben. Einem Leben, das man selbst hoffentlich nie erfahren wird.

Bewertung vom 14.10.2022
Violeta
Allende, Isabel

Violeta


sehr gut

Starke Frau

Diese Beschreibung trifft sowohl auf die Autorin als auch ihre Hauptfigur zu. Isabel Allende hat ein Händchen für interessante Frauenfiguren, was sie mit ihrem aktuellen Buch mal wieder unter Beweis stellt.

Violeta wird zu Beginn des 20. Jahrhunderts geboren, mitten in den schlimmsten Auswüchsen der Spanischen Grippe. Als einzige Tochter des begüteten Ehepaares Del Valle wächst sie verhätschelt und verzogen auf, erlebt in ihrem Leben aber auch so einige Tiefschläge. Von denen berichtet sie ihrem geliebten Enkel am Ende ihres ein Jahrhundert überspannenden Lebens.

Isabel Allende hat ein unnachahmliches Talent, die Lebenserfahrung einer einzigen Figur spannend und ereignisreich zu erzählen, dabei die geschichtlichen Ereignisse, die diese erlebt hat, einzuflechten, ohne zu einem Geschichtslehrbuch zu verkommen.

Dabei schafft sie es, ihre Violeta mit Ecken und Kanten zu versehen. Sie ist keine strahlende Madonna im gleißenden Licht, sondern hat ebenso wie jeder normale Mensch auch seine Fehler und Charakterschwächen. Gerade das macht sie zu einer real wirkenden, nachvollziehbaren Frau, zu der man im Laufe der Erzählung eine Beziehung aufbaut.

Auch wenn das Buch einer fiktiven Biografie gleicht, liest sie sich unheimlich spannend und fesselnd, sodass man die 400 Seiten innerhalb kurzer Zeit verschlungen hat und das Buch mit Trauer darum zuschlägt, die Chance verpasst zu haben, diese interessante Frau kennenlernen zu können.

Bewertung vom 12.10.2022
Unsre verschwundenen Herzen
Ng, Celeste

Unsre verschwundenen Herzen


gut

Sprachgewaltig

Das Cover ist so unscheinbar estaltet, dass man von außen nur schwer abschätzen kann, in welche Richtung sich das Buch entwickeln wird, welchem Genre man es zuordnen kann. Dass man hier eine explosionsartige gesellschaftskritische Dystopie in den Händen hält, hätte ich beim besten Willen nicht gedacht.

Bird wächst in einem Amerika mit PACT auf. Das das Leben beherrschende Regelwerk führt zu einer Ausgrenzung asiatischstämmiger Menschen und deren Kultur, zur zwangsweisen Umsiedelung von Kindern. Auch Birds Mutter Margarete Miu ist verschwunden, seine Erinnerungen an sie verschwimmen bereits, bis er plötzlich ein Lebenszeichen von ihr erhält, das ihn auf eine wilde Odyssee lockt.

Celeste Ng hat einen unglaulich poetischen Schreibstil, der mit seiner Mischung aus Ruhe und Wortgewalt einen immensen Sog entwickelt.

Dazu hat sie eine Welt errichtet, die sowohl Parallelen zur Vergangenheit als auch Gegenwart knüpft. Das Verhalten der Menschen, für unbeherrschbare Krisen einen bestrafbaren Schuldigen zu suchen, schlägt sich hier auf übelkeitserregende Art und Weise Bahn.

Dadurch entwickelt sich in der ersten Hälfte des Buches eine unheimlich starke Geschichte, die durch einen unglücklich gewählten Perspektivwechsel leider zu viel an Schlagkraft verliert. Bis zu seinem fulminanten Ende plätschert es etwas vor sich hin und verliert die Aufmerksamkeit des Lesers dadurch leider zu sehr.

Alles in allem ein Buch mit starkem Einstieg und schwachem Ausklang.

Bewertung vom 12.10.2022
Mörderische Masche / Der Häkelclub ermittelt Bd.1
Letterman, Karla

Mörderische Masche / Der Häkelclub ermittelt Bd.1


gut

Veräppelt

Dass man sich von Covern oder Klppentexten in die Irre führen lässt, kommt ja leider des Öfteren vor. Dass sich ein Verlag aber dermaßen in der Genreeinordnung seiner Bücher irrt, kannte ich so aber auch noch nicht.

Als Henris Frau Meike bei einem Unfall auf der Bullenweide stirbt, muss er nicht nur mit seiner Trauer umzugehen lernen, sondern erbt auch noch ihren Handarbeitsladen. Zukünftig schlägt er sich also mit Wolle und Stricknadeln herum, von den Frauen des Häkelzirkels ganz zu schweigen.

Und damit wäre eigentlich auch schon die ganze Geschichte beschrieben. Denn am Ende des Buches steht nicht etwa ein aufgeklärter Mordfall, wie man vielleicht von der Beschreibung Cosy Crime erwarten würde, sondern- ja was eigentlich.

Viel Seelenschau, viel Dorf- und Männertratsch und ganz viel Handarbeit. Zusammengehalten wird das Ganze von einem recht dünnen roten Faden, der sich des Öfteren verheddert und kleine Knoten schlägt.

Ganz nett, muss man aber nicht unbedingt gelesen haben.

Bewertung vom 12.10.2022
Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit
Pulley, Natasha

Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit


ausgezeichnet

Bezaubernd anspuchsvoll

Es gibt Bücher, bei denen kann man am Anfang noch so überhaupt nicht abschätzen, in welche Richtung sie sich entwickeln werden; welche Kraft sie dabei entwickeln. Natasha Pulleys neustes Werk ist genau so eines.

Joer Tournier steigt am Gare du Rois aus dem Zug und kann sich plötzlich an nichts mehr erinnern. Nur dieses unbestimmte Gefühl bleibt, dass sich irgendetwas verändert hat. Dieses Gefühl verstärkt sich noch, als er eine 90 Jahre alte Postkarte erhält, die ihn nach Schottland zu einem seltsamen Leuchtturm leitet. Und plötzlich
findet er sich einige Jahre in der Zeit zurück versetzt.

Dieses Buch hat alles, Zeitreisen, Seelschiffe, epische Schlachten und zarte Gefühle. Natasha Pulley vermischt all das mit ihrem sanften, ruhigen Erzählstil, der im Laufe der Geschichte eine emotionale Wucht entwickelt.

Dabei ist es wirklich keine seichte Wohlfühlgeschichte. Zeitreisen bringen es leider mit sich, dass sie sich verstricken, mehrere Erzählstränge entwickeln und von Leser ein gewisses Mitdenken erfordern. Dafür wird man aber mit einer ungewöhnlichen, überraschenden Geschichte belohnt, für die sich die Anstrengung definitiv lohnt.

Bewertung vom 12.10.2022
Totenbeschwörung für Anfänger / Emily Seymour Bd.1
Jager, Jennifer Alice

Totenbeschwörung für Anfänger / Emily Seymour Bd.1


gut

Schwächer als gedacht

Was verspreche ich mir von einem Buch mit quietschpinkem Cover, in dem es um Totenbeschwörer gehen soll? Eine spannende, magische Geschichte, nicht zu anspruchsvoll für Jugendliche ab 12 Jahren. Und grundsätzlich habe ich auch genau das bekommen.

Emily ist der einzige Nachwuchs ihrer Familie, der keinerlei magische Kräfte besitzt und dementsprechend auch keinen Einblick in die vielen, vielen Geheimnisse und Pläne ihrer Familie eingeweiht wird. Aus irgendeinem Grund wird sie aber trotzdem mtigenommen, als gemeinsam mit dem Sohn der total verfeindeten Rivalen-Familie ein Ritual auf dem Friedhof durchgeführt werden soll. Es kommt wie es kommt, sie stellt mal wieder ihre Tollpatschigkeit unter Beweis und bringt damit Ashton um. Mit ihrem Plan, eben diesen wiederzuerwecken beginnt das große Abenteuer, an dessen Ende einige große Enthüllungen warten.

Ja, die Welt rund um magische Raumfalten, in denen die Zeit mal schneller und mal langsamer verläuft, und die in ihnen lebenden Fabelwesen klingt interessant. Leider erfährt man im Verlaufe der Geschichte etwas zu wenig darüber, um sich ein genaueres Bild machen zu können.

Der Fokus liegt klar auf der tollpatschigen, ahnungslosen Emiliy, die gemeisam mit dem collen, eigentlich fast gleichaltrigen, aber doch so viel erwachseneren Ashton eine Verschwörung aufdecken will. Und das doch bis zum Ende des ersten Bandes (denn natürlich ist dies wieder nur ein Reihenauftakt) nicht mal ganz schafft.

Es ist bunt, es ist laut und doch kommt weniger dabei rum als erhofft. Leider ist vor allem Emily auf die Dauer dann doch ein wenig anstrengend. Denn eigentlich ist sie gar nicht so dumm, weiß doch mehr als man ihr auf den ersten Blick zutraut und wirkt doch immer wieder noch so jung.

Also ja, das Buch macht Laune und unterhält einen gut. Aber in der Summe ist es mehr heiße Luft als Substanz.