Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Bibliomarie

Bewertungen

Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 23.04.2021
Mit fünfzig erwartest du Meer
Voss, Elli

Mit fünfzig erwartest du Meer


ausgezeichnet

Werner war schon immer zuverlässig, treusorgend und verantwortungsbewusst. Vielleicht hat sich Romy genau wegen dieser Eigenschaften für ihn entschieden. Auch wenn sie die Familienurlaube meist an staubigen Ausgrabungsstätten verbrachten, denn als leidenschaftlicher Archäologe kannte Werner keine schöneren Ziele. Aber jetzt wird Romy Fünfzig und tatsächlich hat sich da so etwas wie Langeweile in die Ehe eingeschlichen. Aber dann überrascht sie Werner mit einer romantischen Reise nach Italien, ein Open Air Konzert mit ihrem Lieblingssänger inklusive.

Doch dann findet Romy beim Kofferpacken eine Hotelquittung für ein Doppelzimmer in Werners Jacke und die Romantik-Reise ist ein Kaffeefahrt-Schnäppchen mit Heizdecken und Kochtopfverkauf. Einzig die etwas unkonventionelle Lilo als Mitreisende heitert Romy etwas auf. Als bei einer Raststätte sich Romy und Lilo etwas verspäten, ist der Bus weg. Werner ist einfach ohne sie abgefahren – ausgerechnet ihr zuverlässiger Werner!

Nun beginnt ein turbulentes Abenteuer, das die beiden so unterschiedlichen Frauen Romy und Lilo zu Freundinnen werden lässt und Romy noch eine ganze Menge Erkenntnisse beschert.

Elli Voss hat sehr realistisch eingefangen, wie sich eine gute Ehe allmählich in pure Langeweile verwandelt, ohne dass es die Ehepartner merken. Dabei schreibt sie unglaublich komisch und kann Alltagsszenen wunderbar zuspitzen. Ich habe mich immer wieder beim Schmunzeln, Kichern und beifälligem Nicken ertappt. Ihre Dialoge sind zum Schreien komisch und bringen richtig Tempo in die Geschichte.

Dazu kommt der Ideenreichtum des Plots. Wenn sich Romy und Lilo auf eigene Faust nach Italien aufmachen wollen und endlich einen Bus finden, der die beiden Gestrandeten mitnimmt, beginnt ein Abenteuer, bei dem wirkliche kein Auge trocken bleibt. Auch Schmetterlinge im Bauch kann man erleben.

Eingestreut - und das ist ein besonderes Plus – sind Abdrucke aus Romys Ratgeber-Kolumne einer Frauenzeitschrift. Nun hat sie die Gelegenheit ihre Ratschläge selbst umzusetzen.

Mir hat der Roman ausgesprochen gut gefallen, dabei fand ich besonders gelungen, dass es bei allem Witz auch leise Szenen gibt. Auch ein Leben jenseits der Fünfzig hat noch aufregende Momente und Erlebnisse.

Bewertung vom 21.04.2021
Kretische Feindschaft / Michalis Charisteas Bd.1
Milonás, Nikos

Kretische Feindschaft / Michalis Charisteas Bd.1


gut

Es gibt eine große Zahl von deutschen Autoren, die ihre Liebe zu Ländern und Landschaften mit einem Krimi ausdrücken. Meist wählen sie dann auch ein passendes, landestypisches Pseudonym. So versteckt sich hinter dem Namen Nikos Milonás der deutsche Autor Frank D. Müller.

In diesem Krimi spielt Kreta die Hauptrolle, man merkt die Verbundenheit des Autors mit der Insel, seine Sympathie für die Kreter, ihren Eigenarten, ihrer Lebensweise und natürlich ihrer Küche. Diese Beschreibungen nehmen deshalb auch einen breiten Raum ein. Der Plot und seine Figuren laden dazu ein.

Michalis Charisteas ist ein Mittdreißiger, Kriminalpolizist in Chania und lebt immer noch im ehemaligen Kinderzimmer der Wohnung, die über der Taverne der Familie liegt. Liiert ist er mit der Kunsthistorikerin Hannah aus Berlin, die alle paar Monate nach Kreta kommt. Immer ein großes Ereignis für die Familie, die Hannah schon vereinnahmt hat. Mutter Loukia sähe sie gern als Ehefrau und Mutter ihrer Enkelkinder, was immer für Stirnrunzeln bei Michalis und Hannah sorgt.

Ihr aktueller Besuch wird von einem ärgerlichen Fall überschattet, der viel von ihrer gemeinsamen Zeit kostet. Der Bürgermeister einer kleinen Küstenstadt ist verschwunden und ein Tag später wird der Wagen mit der Leiche abgestürzt von der Küstenstraße gefunden. Sofort besteht der Polizeichef auf einen tragischen Unfall, aber für Michalis und seinen Kollegen stellt sich die Sache etwas anders dar. Aber Ermittlungen sind unerwünscht und Indizien und Beweise werden ignoriert oder sogar vernichtet. Das lässt Michalis keine Ruhe, auch wenn er sich damit in die Nesseln setzt.

Der Kriminalroman ist ein typisches Urlaubsbuch, es macht Laune und ist unterhaltsam. Der Fall spielte für mich nicht die Hauptrolle, zu sehr legt der Autor Augenmerk auf das ganze Drumherum. Dem wird viel Platz eingeräumt und ich habe es nicht mal ungern gelesen. Schließlich ist der Urlaub per Buch im Augenblick die einzige Möglichkeit.

Der Krimihandlungsstrang hätte aber durchaus spannender sein dürfen und die Ermittlungsarbeit stringenter. Immer wenn eine Spur sich auftat, wurde die Ermittlung durch die diversen Chefs gestoppt, nur um später klein beizugeben, weil Michalis wieder ein Indiz ausgegraben hat, das selbst der korrupte Gouverneur nicht ignorieren konnte.

Kurz gesagt, ein nettes Kreta-Buch mit Krimi und ganz viel griechischen Lebensgefühl. Jammas!

Bewertung vom 20.04.2021
Der tote Rittmeister / Viktoria Berg Bd.2
Dix, Elsa

Der tote Rittmeister / Viktoria Berg Bd.2


sehr gut

Ein historischer Kriminalroman, elegant und sommerlich leicht. Die Autorin schildert die Seebad- Atmosphäre zur Kaiserzeit, spart auch Gesellschaftskritik nicht aus.

Norderney um die Jahrhundertwende. Ein elegantes Seebad, Adel und gutsituiertes Bürgertum verbringen ihre Sommerfrische gern in den luxuriösen Hotels. Das Thronjubiläum steht 1913 an und ganz Norderney ist schon in festlicher Stimmung. Doch der Mord an einem Rittmeister der Kavallerie stürzt die Offiziellen in Entsetzen.

Viktoria Berg, eine Tochter aus gutem Haus, die ihren eigenen Weg ging und zum Entsetzen der Eltern als Lehrerin arbeitet, verbringt ebenfalls ihren Urlaub auf der Insel. Sie möchte Elli, ihre Schülerin im Seehospiz besuchen, die dort ihre Lungenkrankheit auskurieren soll. In der Hoffnung, dass Viktoria vielleicht doch noch eine vielversprechende Bekanntschaft macht, hat ihr Vater auf den Aufenthalt im eleganten Hotel Bellevue gebucht. Doch statt das Gesellschaftsleben zu genießen kümmert Viktoria sich lieber um ihre Schülerin. Auch im Seehospiz gibt es Unannehmlichkeiten, Rieke, die Ellis Bettnachnachbarin ist verschwunden, aber das scheint, außer Viktoria und Elli niemanden so recht zu kümmern.

Außerdem trifft Viktoria auf Christian Berg, den Hamburger Journalisten, dem sie bereits vor einem Jahr sehr nahe gekommen ist. Berg wird als Hilfspolizist abkommandiert um den Mordfall noch vor den Jubiläumsfestlichkeiten zu untersuchen, ein Wiedersehen bleibt also nicht aus.

Das Buch hat den Untertitel „ Ein Seebad-Krimi“ und genau die Atmosphäre der noblen Seebäder und Sommerfrischen hat Elsa Dix sehr atmosphärisch getroffen. Man sieht im Kopf die Damen auf der Promenade flanieren, in modischen Kleidern und Sonnenschirmen, die Herren in Uniform oder zivil, aber unbedingt sehr schneidig. Aber man sieht auch die Welt dahinter, die kleinen Leute, Dienstboten oder Insulaner. Elsa Dix lässt immer wieder kleine Seitenhiebe auf den Standesdünkel einfließen und zeigt sehr deutlich auch die gesellschaftlichen Missstände auf. Durch ihre beide Protagonisten, die aufgeschlossene, moderne Viktoria, die trotz Wohlstand ein nützliches Leben führen möchte und Christian, der sich aus kleinsten Verhältnissen hochgearbeitet hat, wird das noch unterstrichen. Beide sind die frühen Vertreter einen neuen Gesellschaft.

Daneben gelingt ihr ein fesselnder Krimi, der genau in diesem Spannungsfeld angesiedelt ist. Ihre leichte, sehr angenehm lesbare Sprache, die genau den Ton dieser Zeit trifft, macht das Buch zu einem reinen Lesevergnügen. Sie verbindet sehr geschickt die beiden Handlungsstränge zu einem spannenden Plot, der mit einigen gewieften Wendungen überrascht.

Ein empfehlenswerter historischer Krimi mit ganz viel Küstenatmospäre.

Bewertung vom 18.04.2021
Möwensommer (eBook, ePUB)
Römer, Lotte

Möwensommer (eBook, ePUB)


sehr gut

Eine Nordseeinsel in frischer Sommerbrise, ein zauberhafter, kleiner Blumenladen und eine ganze Menge amouröser Irrungen und Wirrungen – herauskommt ein luftig-leichter Sommerroman.

Lina arbeitet als Floristin in der „Blühenden Fantasie“ und könnte sich ein Leben woanders, als auf ihrem geliebten Norderney gar nicht vorstellen. Trotzdem fehlt noch ein Eckchen zum Glück: der richtige Mann. Man könnte meinen, Mathis wäre der geeignete Kandidat, aber nach einem Vorfall an Linas 18. Geburtstag, hat sich ihre Hoffnung zerschlagen. Allerdings ist Mathis ein echter Freund geblieben.

Als der charmante Bent als neuer Standesbeamter auf die Insel kommt, bekommt Lina Herzklopfen. Offensichtlich will Bent mehr als nur einen Flirt.
Ach, eigentlich weiß man von der ersten Seite an, wie der Roman weitergehen und enden wird. Aber bei Schokolade weiß ich auch beim ersten Bissen, wie sie schmeckt und trotzdem ist jedes neue Stück eine neue Versuchung.

Der Roman ist ein süßer und leichter Happen, genau richtig für ein paar Lesestunden auf dem Balkon oder der Terrasse, denn auf den Strandkorb muss man zur Zeit ja leider verzichten. Die Autorin lässt ihre Leserinnen ein wenig träumen und neben den Liebesverwicklungen, die frisch und witzig erzählt sind, finden sich immer wieder auch warmherzige Szenen und machen aus Norderney einen kleinen Sehnsuchtsort.

Bewertung vom 16.04.2021
Dunkler Grund / Theo Krumme Bd.7
Berg, Hendrik

Dunkler Grund / Theo Krumme Bd.7


ausgezeichnet

Auf einer Segelyacht im Husumer Hafen wird eine tote junge Frau entdeckt. Erstochen und dann wie Müll im blauen Sack entsorgt. Nantje, die überall beliebt war und in Husum zusammen mit Ehemann Sebastian Schreiber ein erfolgreiches Fischrestaurant führt.

Theo Krummes Misstrauen ist geweckt, als er Sebastian spricht. Zu glatt, zu eloquent, ein Schauspieler, wie Krumme sofort urteilt. Ganz im Gegenteil von Pat, seiner Partnerin im Team, die hier ganz anderer Meinung ist. Dabei sind Pat und Krumme ansonsten oft einer Meinung. Sie arbeiten sehr gut zusammen. Bei Krumme fühlt sich Pat ernst genommen und erfährt Hochachtung, ganz anders als bei den anderen Kollegen, deren Kompetenz eher ihm Mansplaining liegt. Da wünschte ich mir, dass ihnen Pat endlich auch mal bestimmter entgegentritt. In dem Zusammenhang fand ich auch die Figur des Präsidiumschef Krüger schwer erträglich.

Was ist an diesem Krimi so besonders? Denn Nordsee ist ist Hintergrund einer ganzer Reihe von Küstenkrimis. Ich finde, es ist die Atmosphäre, in Autor Hendrik Bergs Büchern. Die erreicht er mit seinen, mitunter recht schrägen Figuren, die immer sehr farbig gezeichnet sind und dann natürlich mit seiner Nebenhandlung. In diesem Buch führt sie nach Rungholt, kurz vor der schicksalshaften Sturmflut.
Berg schreibt spannend und kann den Leser mit seiner Geschichte gleich in Bann ziehen. Mir ging das jedenfalls so und das mir sehr gut gefallen.

Der Plot ist raffiniert ausgedacht und hat mich zum miträtseln inspiriert, wobei ich lange mit Theo Krumme in seinem Verdacht einig war. Aber zum Ende hat sich Hendrik Berg noch einen besonderen Dreh ausgedacht.
Ich kannte bisher nur einen Band mit Krumme und Pat, aber hatte überhaupt keine Schwierigkeiten in die Geschichte einzusteigen. Ich hatte auch nie das Gefühl, dass mir Details aus den Vorgeschichten fehlen. Ein empfehlenswerter Küstenkrimi, wie ein kleiner Urlaub an der See.

Bewertung vom 15.04.2021
Lady Churchill / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.2
Benedict, Marie

Lady Churchill / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.2


sehr gut

Die Autorin wählt für ihren neuen Roman wieder eine Protagonistin die ganz im Schatten ihres Mannes verschwindet- Clementine Churchill. Sie legt ihr Buch ganz nach dem Motto an Hinter jedem großen Mann steht eine starke Frau. Auf die Ehefrauen von Politikern trifft das sicher besonders zu.

„In den Geschichtsbüchern wird höchstwahrscheinlich nur der Name meines Mannes stehen, obwohl alles, was er sagt und tut, auch meine Handschrift trägt. Die Zeit wird es wohl weisen."

Clementine stammt aus gutem, aber nicht vermögendem Haus. Dazu kommt, dass der Ruf ihrer Mutter nicht untadelig ist. Als eine Tante ihrer Mutter, Lady St Helier, sie zu einer Gesellschaft einlädt, trifft sie auf den jungen, aufstrebenden Winston Churchill. Dessen Abstammung ist untadelig, sein Großvater ist der Duke of Marlborough. Aber als Sohn eines jüngeren Sohnes hat er zwar einen guten Namen, aber kein Vermögen. Für seine beruflichen Pläne ist aber eine Ehefrau an seiner Seite unerlässlich. So macht er Clementine sehr bald einen Heiratsantrag.

Clementine ist gebildet, vielseitig interessiert und charaktervoll. Die Ehe wird eine schwierige, aber gute werden. Für Clemmie, wie sie genannt wird, ist es klar, dass sie hinter den Plänen ihres Mannes steht und trotz Kindern und einem fordernden Haushalt ihm jederzeit Unterstützung gibt.
Er befolgt im Gegenzug bedingungslos ihre Ratschläge und oft scheint es nur einen mahnenden, fordernden Blicks von Clemmie zu bedürfen um Winston zu lenken. Diese Rolle behagt ihr auch mehr, als die Rolle der Mutter. Ab und zu plagt sie das schlechte Gewissen, wenn sie ihre Reisen, ihre Erholung immer ohne Kinder oder Familie plant, weiß sie sie doch in guter Obhut der diversen Nannys. Diese mehrwöchigen Erholungsaufenthalte sind ihr wichtig, sie braucht sie um Kraft zu tanken. Trotzdem bleibt immer das Gefühl, als Mutter versagt zu haben.
Aber sie bleibt sich treu, ein Rückzug auf die Familie allein, kommt für sie nicht infrage. Zu sehr ist sie an Politik interessiert und vor allem an den Auswirkungen auf die Frauen. Sie engagiert sich für das Frauenwahlrecht und ist sicher, Churchills Sinneswandel in dieser Frage ist allein ihr zu verdanken. Während der Kriege wird sie aktiv in diversen Organisationen tätig. Es ist fast beängstigend, mit welcher Energie Clementine ihren Mann antreibt, vor allem auch in den Phasen von Churchills Depressionen. Sie ist die Frau, die mehr Einfluss auf die Politik Churchills hatte, als seine Berater. Sie zahlt auch klaglos den hohen Preis dafür.

Der Vorteil eines Romans über eine bekannte Persönlichkeit, die nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit steht, ist, dass die Autorin auf Eckdaten und dokumentiere Ereignisse zurückgreifen kann, die Leerstellen dazwischen aber ganz im Sinne ihres Romans füllen kann. Das macht die Autorin auf spannende Art und Weise und ihr gelingt es, ein farbiges und lebendiges Zeitbild zu schaffen. Es beleuchtet die Churchills Politik aus einem ganz privaten Blickwinkel.

Ein lesenswerter Roman mit vielen zeitgeschichtlichen Bezügen.

Bewertung vom 15.04.2021
Lange Schatten über der Côte d'Azur / Kommissar Duval Bd.8
Cazon, Christine

Lange Schatten über der Côte d'Azur / Kommissar Duval Bd.8


sehr gut

Der alte Friedhof “Le Grand Jas“ der Stadt Cannes ist über Jahrhunderte gewachsen, es gibt auch das Carré Israélite. Dort wird auf einem Gedenkstein ein junger Mann tot aufgefunden. Er wurde offensichtlich Opfer eines Verbrechens und da Simon Wolff, so hieß der Tote, Jude ist, ermittelt Kommissar Duval in alle Richtungen. Eine Spur führt auch zur alt eingesessenen Familie Bergerac, die seit Generationen angesehene Richter und Staatsanwälte stellte.

Ziemlich vermintes Gelände für Duval, der auch gleich den Druck seiner Vorgesetzten spürt. Aber natürlich lassen er und sein Team sich davon nicht abhalten.

Auch in ihrem achten Fall mit Kommsissar Duval hat Christine Cazon sehr viel südfranzösisches Flair eingebracht. Cannes, mit dem historischen Friedhof ist natürlich auch eine sehr schöne Kulisse. Der Fall führt sehr bald in die Geschichte der Stadt und zwar in die Zeit vor und während der deutschen Besatzung. Und auch wenn die Franzosen sehr stolz auf ihre Resistance sind, gab es ja auch eine andere Seite über die weniger gern gesprochen wird. Ob es nun vorauseilender Gehorsam war oder auch eine gewisse Nähe zur Ideologie der Nazis – davon möchte man heute nicht mehr sehr viel hören.

Aber nicht nur der Fall macht Duval zu schaffen, auch in seinem Privatleben geht es mehr als anstrengend zu. Er und seine Freundin Anne sind Eltern geworden und für Duval ist es eine große Umstellung, denn im Gegensatz zu früher, bei seinen inzwischen erwachsenen Kindern aus ersten Ehe, erwartet Anne wesentlich mehr Beteiligung von Duval.

Ich finde die Südfrankreich-Krimis von Christine Cazon immer sehr unterhaltsam und auch geschickt aufgebaut. Der Plot ist spannend, auch wenn man – zumindest in diesem Fall – schon früh eine Ahnung hat, wohin sich die Handlung entwickelt. Bei einem Serien-Kommissar entwickelt sich zwangsläufig eine gewisse Routine, die Autorin umschifft das ganz geschickt mit immer neuen Verwicklungen im Privatleben und gut recherchierten Hintergrund für ihre Krimi-Idee.

Abgerundet wird das noch mit einer Detailkarte des „Le Grand Jas“ im Umschlag, so kann man immer genau die Recherchen auf dem Friedhof verfolgen.

Bewertung vom 14.04.2021
Die Toten vom Gare d'Austerlitz
Lloyd, Chris

Die Toten vom Gare d'Austerlitz


gut

Es ist der 14. Juni 1940. Die Nazis marschieren in Paris ein und Inspecteur Éduard Giral wird zu einem Verbrechen gerufen. Vier Männer werden am Gare d’Austerlitz tot aufgefunden, gestorben durch Giftgas, wie es im 1. Weltkrieg verwendet wurde. Kurz darauf steht er vor einer weiteren Leiche. Ein Mann ist mit seinem Kind aus dem Fenster gesprungen. Als einziger stellt Giral einen Zusammenhang her, die Männer stammen wohl alle aus einer kleinen Stadt in Polen.

Seine Ermittlungen sind schwierig, die Besatzer machen den Polizisten das Leben schwer. Ausgangssperre und Entwaffnung und ständige Überwachung bestimmen die Zeit. Giral bekommt einen deutschen Aufpasser der Geheimen Feldpolizei zur Seite gestellt.

Giral ist eine gebrochene, schwierige Persönlichkeit. Traumatisiert von seinen Erfahrungen aus dem 1. Weltkrieg hat er den Kontakt zu seiner Familie verloren. Als dann plötzlich sein Sohn Jean Luc auftaucht, der sich unbedingt der den französischen Truppen im Süden anschließen will, und seinen Vater wegen der – erzwungenen – Zusammenarbeit mit den Deutschen verachtet, wird es noch schwieriger für Giral.

Für mich war an diesem Buch der historische Hintergrund ausschlaggebend. Ein Blick auf die Tage der deutschen Besatzer in Paris, das war so lebendig, wie von einem Zeitzeugen erzählt. Die Auswirkungen auf den Alltag der Pariser, die innere Widerstand der Bevölkerung, das bildet den Hintergrund.

Daneben wird in Rückblicken Girals Leben 1925 thematisiert und erklärt sein Trauma und seine Zerrissenheit. Das hat mich nicht ganz so gefangengenommen und trotz dieser Rückblenden, blieb mir Giral fremd und seine Persönlichkeit nicht so vielschichtig, wie ich erwartet hätte.

Raffiniert ist der Plot aufgebaut, Giral muss wie ein Schachspieler seine Züge weit voraus planen. Er ist mit seiner unnachgiebigen Ermittlungsarbeit ins Visier der SS und der Abwehr geraten. Gleichzeitig muss er unbedingt seinen Sohn aus allem heraushalten. Da musste ich schon sehr konzentriert bei der Geschichte bleiben um nicht den roten Faden zu verlieren.

Der historische Hintergrund hat mich dabei mehr fasziniert als der Kriminalfall und seine Auflösung, obwohl der Autor auch das sehr spannend angelegt hat.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.04.2021
Die Blaue Reiterin
Pfundmeier, Monika

Die Blaue Reiterin


sehr gut

Theres Hack führt nicht nur als Metzgerin den Familienbetrieb weiter, sie hat auch oft richtigen Riecher wenn es um ungeklärte Todesfälle geht.

Hanna, eine liebenswerte alte Dame und Künstlerin, die in ihrer Jugend in Murnau noch von der großen Gabriele Münter unterrichtet wurde, wird tot im Murnauer Moos gefunden. Ein Unfall, so stellt die Polizei fest. Doch weder Theres, noch ihr Vater Sepp geben sich damit zufrieden. Zu viele Auffälligkeiten gibt es im familiären Umfeld der guten Freundin der Familie.

Theres, die von sich sagt, dass als Metzgerin und Jägerin der Tod praktisch ihre Spezialität ist, beginnt zusammen mit ihrem guten Freund, dem Dorfpfarrer Paul und ihrem Vater zu ermitteln.

Der in Oberammergau spielende Krimi verbindet auf sehr gekonnte Weise zwei Zeitebenen miteinander. Rückblenden führen in die 60er Jahre, als Hanna bei ihrem Onkel aufwächst. Ein strenger, immer auf seinen Vorteil bedachter Mann, der die neue Zeitordnung nicht akzeptieren kann. Eine freudlose Zeit für Hanna.

Diese historischen Abschnitte haben mir sehr gut gefallen. Man erfährt viel vom Leben der Künstlergruppe „ Blaue Reiter“, mit denen sich Murnau bis heute rühmen kann. Auch die Zeit nach dem Krieg wird sehr lebendig geschildert.

Es ist auch Monika Pfundmeiers Sprache, die mich überzeugt. Sie fegt wie ein frischer Wind durch das Genre des Regionalkrimis, das ist mit leichten Dialektanklängen heimatverbunden und bodenständig, aber auch innovativ. Theres Hack ist ein Charakter, der mir gut gefällt. Sie hat ihren Platz gefunden, ist aufgeschlossen und neugierig. Genau die richtigen Eigenschaften, um zu hinterfragen und Schlüsse zu ziehen.

Auch der zweite Krimi um Theres Hack hat mich überzeugt. Von ihr möchte ich gerne noch mehr lesen.

Auch die Ausstattung des Taschenbuchs fällt ins Auge. Ganz besonders der grüne Farbschnitt, der das Buch so auffällig macht und die Covergestaltung mit einen historischen S/W Foto und dem kontrastieren blauen Farbklecks führt den Bogen zur Handlung.

Bewertung vom 13.04.2021
Reise mit zwei Unbekannten
Brisby, Zoe

Reise mit zwei Unbekannten


gut

Alex und Max verabreden sich auf einem Mitfahrerportal im Internet. Schon die erste Begegnung ist von Missverständnissen geprägt. Alex ist mehr als überrascht, dass sich Max als die hochbetage Maxine herausstellt und Maxine hat bei Alex eher eine Frau erwartet und nicht diesen seltsamen jungen Mann. Nun starten zwei ganz unterschiedliche Charaktere einen gemeinsamen Roadtrip, der Brüssel zum Ziel hat.

Alex ist schüchtern, unsicher, mittelschwer depressiv, wie sein Arzt konstatiert hat, Maxine vergisst sehr viel und hat bei sich Alzheimer diagnostiziert. Damit kennt sie sich aus, sie hat schließlich jahrelang ihren Mann mit dieser Krankheit begleitet. Aber ihr Aufbruch bleibt nicht unbeobachtet und aus Gründen, die niemand so recht nachvollziehen kann, wird schnell eine Entführung aus der Abfahrt gemacht und Alex und Max reisen von Presse und Polizei verfolgt durch den Norden Frankreichs.

Zwei ganz verschiedene Menschen, die sich allmählich öffnen und Vertrauen zueinander gewinnen, das ganze garniert mit den absurdesten Begebenheiten, die man sich vorstellen kann. Das ist der temporeiche Plot dieses unterhaltsamen Romans mit durchaus ernsten Untertönen.

Die Autorin schreibt wirklich flott und ideenreich, viele Einfälle reizen zum Schmunzeln, zumindest bei den ersten Malen, aber leider wird manches zu oft wiederholt. So Maxines Schwächen mit Sprichwörtern, die sie gerne und oft, aber im falsch anwendet.

Beide Charaktere sind sehr gegensätzlich angelegt und ergänzen sich dadurch besonders. Daraus zieht die Autorin auch viel Situationskomik und gleichzeitig empfand ich das auch als Schwäche des Buches. Viele dieser Szenen waren einfach nur absurd und wiederholten sich in kleinen Abwandlungen, rutschten auch öfters ins Klamaukhafte ab. Das Buch hätte eigentlich