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Sternzauber
Wohnort: 
Düren

Bewertungen

Insgesamt 124 Bewertungen
Bewertung vom 03.09.2022
Sanfte Einführung ins Chaos
Orriols, Marta

Sanfte Einführung ins Chaos


sehr gut

Ein stark polarisierendes Thema, dargestellt im großen Gefühlschaos eines Paares

Bei dem Buch „Sanfte Einführung ins Chaos“ von Marta Orriols hat mich das Cover zunächst nicht sehr überzeugt. Nach der Lektüre sehe ich dort eine Szene, die auch aus der Geschichte stammen könnte, zuvor hatte mir das Bild jedoch nichts über den Inhalt verraten und der gelbe Farbstreifen irritierte mich. Die Gestaltung des Vorsatz hat mich dann jedoch wiederum in Kombination mit dem Buchumschlag sehr überzeugt, denn dort wird das Thema des Covers nochmals gekonnt aufgegriffen und weiter geführt.

Die Geschichte des Paares aus Marta und Dani spielt sich innerhalb weniger Tage ab und zwar in dem kurzen Zeitraum zwischen der Feststellung, dass Marta ungewollt schwanger ist, bis zu dem Tag, an dem sie einen Termin zum Schwangerschaftsabbruch vereinbart hat. Denn für sie steht fest, dass sie das Kind nicht bekommen möchte. Trotzdem ereignet sich in den nächsten Tagen sowohl bei Marta, als auch bei Dani ein regelrechtes Gefühlschaos, an dem die Autorin mich als Leserin intensiv hat teilhaben lassen.

Ihr Schreibstil gefällt mir insgesamt gut, es war für mich allerdings etwas ungewohnt, dass der allwissende Erzähler der Geschichte übergangslos in den Perspektiven springt – so wird im einen Moment noch ausführlich aus Danis Sichtweise berichtet, um im nächsten Moment Dinge zu erzählen, die nur in Martas Geist stattfinden können. Der Text ist zwar in mehrere Bereiche unterteilt, auch in Bereiche, die mit „ER“ bzw. „SIE“ überschrieben sind, doch spielen immer auch beide Hauptcharaktere eine Rolle.

Es hat mich angesprochen, wie feinfühlig die Autorin die Gefühlschwankungen der Betroffenen beschreibt und wie eindringlich die Not dieser wichtigen Entscheidung mit all den unterschiedlichen Hintergründen und Voraussetzungen deutlich wird. Eine solch existenzverändernde Entscheidung, wie die für oder gegen ein Kind, wird in diesem Buch aus zwei verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet und mit vielem Für und Wider abgewogen.

Egal, wie ich als Leserin zu der in dieser Geschichte getroffenen Entscheidung stehe, über die ich hier natürlich nichts verraten möchte, so finde ich auf jeden Fall, dass der Text zum „Hinfühlen“ und Nachdenken anregt – eine klare Leseempfehlung für alle, die sich für das Thema interessieren.

Bewertung vom 03.09.2022
Die Wolkenstürmerin
Zimmermann, Birgit

Die Wolkenstürmerin


sehr gut

Eine schöne Zeit- und Liebesgeschichte mit Spannung und Kurzweil

„Die Wolkenstürmerin“ von Birgitt Zimmermann hat mich abtauchen lassen - in eine ganz andere Zeit, mit ganz anderen Voraussetzungen, gesellschaftlichen Normen und Lebenswelten. Für mich ist es immer wieder unbegreiflich und sehr interessant, wie anders das Bild der Frau in der Öffentlichkeit, und vor allem bei Männern, noch vor gar nicht so langer Zeit war! Ich bin immer wieder erschrocken darüber, wie selbstverständlich eine absolute Selbstständigkeit, Selbstbestimmung und Freiheit für mich ist und wie lange genau das eben nicht so war für viele Frauen – ich denke, dass wir uns dies in der heutigen Zeit öfter bewusst machen sollten und dieses Buch hat mich dazu aufgefordert.

Die Geschichte wird aus der Sicht von Marlene Lilienthal erzählt, einer jungen Frau, die vor kurzem ihre Eltern verloren hat und die nun versucht, sich in der, von Männern dominierten (Arbeits-)Welt zu behaupten bzw. ihren Platz zu finden. Sie möchte die Flugzeugbaufirma ihres Vaters und Onkels unbedingt vor einer Übernahme retten und entwickelt daher eine Tochterfirma als Flugtaxiunternehmen. Gleichzeitig trifft sie jedoch auch auf einen Mann, der sie nicht mehr los lässt und im Buch erleben wir als Leser mit, wie sich ihr Leben nach diesen besonderen Ereignissen weiter entwickelt.

Der Text ist meiner Meinung nach gut und flüssig geschrieben und mir gefällt auch der sprachliche Ausdruck der Autorin, besonders wenn sie Vergleiche für Gefühle oder Stimmungen nutzt. Außerdem hat es mir sehr gefallen, dass die Überschriften der einzelnen Kapitel mit den Daten des Geschehens überschrieben sind – so ist eine Orientierung und zeitliche Einordnung jederzeit leicht möglich.

Das Cover des 366 Seiten starken Romas ist mir etwas zu lieblich, gefällt mir aber ansonsten gut. Nach der Lektüre habe ich mich gefragt, ob es bei der Geschichte einen wahren Kern gibt und fand es schade, dass es dazu keinerlei Angaben im Anschluss gab. Da ich jedoch auch im Internet auf die Schnelle keinerlei Informationen gefunden habe, gehe ich davon aus, dass die Handlung rein fiktiv ist.

Mit hat dieses Buch angenehme und kurzweilige Lesestunden beschert und ich kann es all jenen Lesern empfehlen, die eine Mischung aus historischer Zeit- und Liebesgeschichte, mit einem guten Schuss Spannung mögen!

Bewertung vom 03.09.2022
Der kleine Herr Heimlich bastelt am Glück
Loose, Anke

Der kleine Herr Heimlich bastelt am Glück


ausgezeichnet

Zauberhaft, liebevoll und mit locker-leicht-verpacktem Tiefsinn!

Das Cover von „Der kleine Herr Heimlich bastelt am Glück“ gibt meiner Meinung nach einen wunderbaren Einblick in die Atmosphäre der Geschichte und gefällt mir sehr: es ist in warmen Farben gestaltet, wirkt heimelig, freundlich und kreativ – all das findet sich auch im Buch wieder. Anke Loose versteht es unglaublich gut im Text eine wunderbare Wohlfühlatmosphäre zu schaffen und Ariane Camus unterstreicht das mit ihren Bildern hervorragend. Sie sind farbenfroh aber nicht grell, gradlinig aber detailreich und sehr liebevoll gestaltet. Ich bin ganz begeistert und ergänzend zum Text enthalten sie auch teilweise noch Einzelheiten, die zum weiteren Entdecken einladen.

Der kleine Herr Heimlich ist ein Hauswichtel, der bei Familie Lönnecke wohnt und der beste Freund von Lotte, dem jüngsten Kind ist. Die beiden lieben es gemeinsame Bastelnachmittage zu gestalten, Herr Heimlich sorgt aber auch für das Wohlergehen aller Familienmitglieder, in dem er sich um Haushalt, Garten und alle anderen Bedürfnisse kümmert. Gemeinsam erleben die beiden so manches Abenteuer, helfen, wo immer sie gebraucht werden und erweitern spielerisch ihr „Weltwissen“.

Anke Loose verwendet im Text eine derart ausgefeilte, aber locker-leichte, lustige und einfach zauberhaft pointierte Sprache, dass ich regelrecht verliebt in ihre Ausdrucksweise bin! Die Geschichte erhält durch ihre Sprache so viel an Charakter, die Personen werden so lebendig und der Wortwitz ist einfach unschlagbar – als Erzieherin mit der Aufgabe der Sprachförderung geht mir da wirklich das Herz auf, denn so macht das Lesen und Sprechen, das Zuhören und Weiterdenken einfach nur Spaß!

Ganz besonders begeistert war ich auch davon, dass die Dinge, die in der Geschichte gebastelt werden, stark zum Nachbasteln einladen, denn es gibt sogar (integriert in den Ablauf) wunderschön gestaltete Bastelanleitungen – wirklich toll!

Nicht zuletzt hat mich an erster Stelle der große Respekt und der liebevolle Umgang mit allen Lebewesen, sowie die selbstverständliche Hilfsbereitschaft, Toleranz und Offenheit beeindruckt und begeistert, die aus dem Text, aber auch aus den Bildern sprechen. Für andere da zu sein, liebevoll und aufmerksam miteinander umzugehen und den Wert von Freundschaft und Familie wertzuschätzen spielt eine zentrale Rolle in dieser Geschichte, doch auch die Achtsamkeit sich selbst gegenüber wird nicht vergessen. Herr Heimlich sorgt zwar als Hauswichtel für die Familie, vergisst aber auch sich selber und seine eigenen Bedürfnisse nicht und steht dafür ein, so dass ein ausgewogenes Gleichgewicht entsteht.

Überhaupt wird keine heile rosa Glitzerwelt gemalt, denn es gibt auch Streit, Unverständnis und Unsicherheit, sowie Verwirrung – für mich wichtig, denn auch diese Seiten gehören zum Leben dazu. Aber umso schöner, wenn die Kinder beim (Vor-)Lesen eine Ahnung vom möglichen Umgang mit solchen Gefühlen und Situationen kennen lernen können und Vergleichsbeispiele zu eigenen Erlebnissen entdecken.

Aber auch für Erwachsene gestaltet sich das Vorlesen sicherlich nicht langweilig, denn ich finde, dass Leser aller Altersstufen interessante Inhalte, lustige Momente oder Denkanstöße für sich finden können und das (Vor-)Lesen so zu einem schönen Familienerlebnis werden kann.

Dieses Buch hat mich restlos überzeugt und ich wünsche allen Interessierten viel Freude beim Kennenlernen der Wichtelwelt!

Bewertung vom 03.09.2022
ministeps: Wie klingt deine Welt?

ministeps: Wie klingt deine Welt?


ausgezeichnet

„Wie klingt deine Welt?“ – Bei diesem Bilderbuch für Kleinkinder ab 9 Monaten ist der Titel wirklich Program. Die Bilder veranschaulichen jeweils Szenen aus der Lebenswelt der Kinder, die Geräusche verursachen, wobei die Szene bzw. der Geräuscheproduzent mal alleine auf der Seite zu sehen ist, andere Bilder jedoch auch mehr Details liefern und zum Beispiel zudem einen Hintergrund zeigen. Dadurch können Kinder unterschiedlicher Alter – und Entwicklungsstufen die Bilder für sich herauspicken, die zu ihrem Entdeckungsbedürfnis und kognitiven Voraussetzungen passen, was ich sehr gut finde.

Die Bilder von Martina Kohl sind liebevoll und aussagekräftig gestaltet, bunt, aber nicht grell oder übertrieben und sie bieten meiner Meinung nach eine gute Balance an einfachen Informationen für Kinder diesen Alters. Besonders schön finde ich auch, dass die Menschen im Buch nicht alle eine Hautfarbe und Herkunft zeigen, sondern multikulturelle Erlebnisse ermöglichen.

Von Fahrzeugen über Tiere, Situationen (schlafen, erkältet sein, planschen) und Gefühle (weinen, wegen Verletzung) sind verschiedenste Bilder enthalten, zu denen die Kinder die Geräusche beisteuern können. Ich finde es gut, dass es eben keine vorgefertigten Geräusche im Buch gibt, sondern die Kinder und ihre Bezugspersonen zum eigenen Erzeugen angeregt werden. Dies fördert sowohl die Beziehung untereinander, als auch natürlich vor allem die eigene Lautproduktion und das Sprechen. Zudem erweitern die Kinder spielerisch ihren Wortschatz und können selber aktiv werden.

Für die Erwachsenen stehen Wörter für mögliche Geräusche neben den Bildern, so dass die Kinder zudem auch Buchstaben sehen können, was wiederum erste Kontakte mit diesen ermöglicht. Jedoch bleibt es natürlich den Schauenden frei überlassen, auch andere Geräusche zur Szene zu finden, was mir ebenfalls gefällt, denn bei einer Situation in der Oma im Sessel schläft, steht beispielsweise „Pssst“ daneben, wobei sicherlich auch Schnarchen eine mögliche Interpretation wäre.

Mir gefällt dieses Buch für erste gemeinsame Bucherlebnisse sehr und ich denke, dass es auf vielfältige Weise (z. B. auch zu Such- und Rollenspielen etc.) genutzt werden kann!