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hasirasi2
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Dresden

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Insgesamt 1115 Bewertungen
Bewertung vom 08.10.2023
Die Formel der Hoffnung
Cullen, Lynn

Die Formel der Hoffnung


ausgezeichnet

Schlacht im Blut

„Beim Wettlauf gegen Polio war die Zeit wie Treibsand: Je angestrengter sie versuchte, voranzukommen, desto tiefer wurde sie heruntergezogen, bis sie feststeckte.“ (S. 291)
Vanderbilt-Hospital, Nashville, 1940: Nur durch eine Unachtsamkeit hat Dr. Dorothy Horstmann die Stelle als Assistenzärztin überhaupt bekommen – man hielt sie für einen Mann, weil man ihre Bewerbungsunterlagen nicht gründlich genug gelesen hatte und weibliche Ärztinnen unüblich (wenn nicht sogar undenkbar) waren. Doch Dorothy will nicht „nur“ Ärztin werden, sondern in die Forschung. Sie hat sich dem Kampf gegen Polio verschrieben, das sich immer mehr ausbreitete. Ab 1880 forderte die „Kinderlähmung“, die zum Teil auch Erwachsenen befiel, immer mehr Opfer. Wenn die Krankheit schnell genug erkannt wurde, konnte man mit Gipsverbänden, heißen Wollpackungen und der eisernen Lunge gegensteuern, aber viele Patienten blieben trotzdem ihr Leben lang gezeichnet oder überlebten nicht.

„Ich habe es satt, so oft von etwas so Winzigen besiegt zu werden, das man nicht einmal in Mikroskop sehen kann.“ (S. 130) Dorothy Horstmann ist eine sehr spannende Persönlichkeit. Ihre Vorfahren stammten aus Deutschland und hatten sich in Amerika ein gutes Leben aufgebaut, als ihr Vater an Hirnhautentzündung o.ä. erkrankte und geistig behindert blieb. Seine Andersartigkeit hat Dorothy aber nicht als Einschränkung empfunden, sondern als Gewinn. Da ihre Mutter jetzt das Geld verdienen musste, kümmerte er sich um Dorothy, zeigte ihr die Welt durch seine Augen, brachte ihr Museen und Musik nahe. Wahrscheinlich hat sie von ihm die Fähigkeit übernommen, Dinge aus verschiedenen Blickwinkeln zu sehen und alles immer wieder zu hinterfragen. Sie war zielstrebig und sehr intelligent, stand aber leider zu selten für sich ein und ließ sich von ihren Kollegen und Vorgesetzten kleinhalten und übergehen.

„Am Ende wollen wir doch alle das Beste, für die Kinder, für alle.“ (S. 100) Beim Lesen fragt man sich unweigerlich, ob Dorothy manchmal zu blauäugig war und es ihren männlichen Kollegen wirklich um die Impfung ging, oder darum, einen Wettkampf um jeden Preis zu gewinnen. Es werden ethisch verwerfliche Tests gemacht, Ergebnisse von anderen gestohlen und als eigene ausgegeben ...

Lynn Cullen erzählt von einer Frau, die aneckte und herausstach (und dass nicht nur wegen ihrer Körpergröße), die ihr ganzen Leben der Forschung widmete, unzählige Feldstudien machte, Zahlen sammelte und Kongresse besuchte und trotzdem von der Geschichte vergessen wurde – weil sie „nur“ eine Frau war, weil sie kaum anerkannt wurde, weil sie zu spät Gelder für Studien bekam und ein Mann aufgrund ihrer Entdeckungen den Impfstoff entwickelte.
Doch damit stand sie nicht allein. Ich war erschüttert zu lesen, dass eine der Uni-Sekretärinnen promovierte Mathematikerin war und die Statistiken zu der Verbreitung der Polio-Fälle, die die Männer zwar machten, aber nicht auswerteten, längst interpretiert hatte. Oder das eine andere Assistentin, die sich bei der Arbeit angesteckt hatte, querschnittsgelähmt im Rollstuhl saß und ihre Hände kaum noch bewegen konnte, trotzdem weiter Auswertungen machte. Diese Frauen stehen für viele, die nicht gesehen wurden, die für ihre Arbeit lebten und ihr Privatleben dahinter zurück stellten.

Ein interessantes Buch über eine sehr spannende, leider vergessene Wegbereiterin.

Bewertung vom 05.10.2023
Frau Glück und die Winterlichter
Liebig, Anna

Frau Glück und die Winterlichter


ausgezeichnet

Weihnachten im Glück-lichen Waschsalon

„Hauptsache, Elvis lebt.“ (S. 8) Seit 45 Jahren betreibt Gerda Glück einen Waschsalon im Frankfurter Norden. Gestartet sind sie und ihre Mutter damals mit 10 Waschmaschinen, denen Gerda die Namen berühmter SchauspielerInnen und SängerInnen gegeben hat, doch kurz vor Weihnachten 2008 gibt auch Rock Hudson den Geist auf. Jetzt ist Elvis ist letzte Maschine, die noch läuft.
Eigentlich kann Gerda schon länger nicht mehr von dem Salon leben. Sie hat zwar jeden Tag Kundschaft, aber die meisten besuchen sie nur auf einen Schwatz, auf Kaffee oder Tee und Kekse, die sie ihnen meist noch nicht mal berechnet. Nur wenige kommen zum Wäschewaschen, wie der ehemalige Finanzbeamte Karl, der bei ihr mit seinem Morgenkaffee in den Tag startet und im Laufe der Jahre zu ihrem besten Freund geworden ist. „Heute waren sie nur noch zwei alte Leute, die vor einer ebenso alten Waschmaschine saßen und mehr in der Vergangenheit als in der Zukunft lebten.“ (S. 110)
Doch nicht nur die Waschmaschinen, auch das Haus, das Gerda und ihre Mutter damals gekauft haben, ist in die Jahre gekommen. Regelmäßig springen die Sicherungen raus, vor allem im Advent, wenn Gerda ihren sowieso schon sehr bunten Laden in ein glitzerndes, blinkendes, musikalisches Weihnachtswunderland verwandelt. Aber noch kann sie sich nicht von ihm trennen, denn sie wartet seit 45 Jahren darauf, dass ihre große Liebe wiederkommt: „… vielleicht würde Jason eines Tages zurückkehren und so wie an jenem Novemberabend 1963 einfach in der Tür stehen. Er musste sie doch finden können. Wenn sie fortging, würde es dieses Wiedersehen niemals geben.“ (S. 20)

Bei Gerda kommt einfach keine Weihnachtsstimmung auf. Sie muss endlich eine Entscheidung wegen ihres Hauses und Geschäfts treffen, denn lange werden Notreparaturen nicht mehr halten. Aber „Dieser Ort war ihr Zuhause und nicht nur ein Platz zum Wäsche waschen.“ (S. 56) Außerdem erinnert sie sich gerade in dieser Zeit an die wenigen Wochen mit Jason, in denen sie sich kennengelernt, verliebt und ihre gemeinsame Zukunft geplant hatten. Wegen ihm hat sie sich nie wieder für einen anderen Mann interessiert und das Leben an sich vorbeiziehen lassen, dabei gibt es seit Jahren jemanden, der gern Jasons Platz einnehmen würde, sich aber nicht traut.
Um sich von ihren Problemen abzulenken, hilft sie den anderen Bewohner ihrer Straße, befolgt ihre Tipps aber selbst nicht.

Anna Liebig hat die vorweihnachtliche Stimmung in Frankfurt sehr gut eingefangen, den Weihnachtsmarkt auf dem Römer mit seinen Delikatessen, die bunten Lichter und die Musik. Auch der kleine Esel und das Karussell aus ihren beiden vorigen Weihnachtsbüchern tauchen kurz auf.
Geschickt flicht sie Gerdas Erinnerungen an die Zeit mit Jason ein, sodass man nicht zu früh erfährt, was damals eigentlich schief gegangen ist. Lag es daran, dass Beziehungen zwischen Deutschen und ehemaligen Besatzern verpönt waren und sich Gerda vor den Vorurteilen der Leute schämte? Wollte sie ihre Mutter nicht allein lassen, die außer ihr niemanden mehr hatte? Oder lag es an etwas ganz anderem?

„Frau Glück und die Winterlichter“ ist eine leicht melancholische, wunderbar hoffnungsvolle und romantische Weihnachtsgeschichte, in der nicht nur Gerda auf die große Liebe hofft.

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Bewertung vom 03.10.2023
Winterherz
Günther, Ralf

Winterherz


ausgezeichnet

Das Haus der blauen Kinder

„Sie werden sehen, die sind alle blau, die Herzkranken.“ (S. 8) Kurz vor Weihnachten wird der 14jährige Wilhelm von seiner Mutter aus Berlin ins Sanatorium Gottleuba bei Dresden gebracht. Erst vor wenigen Wochen wurden bei ihm schwere Herzprobleme festgestellt, aber selbst in der berühmten Charité hat man nicht herausfinden können, welche Krankheit er hat. Doch sie scheint galoppierend voranzuschreiten, niemand weiß, ob er Weihnachten noch erlebt.
In seinem Viererzimmer, dass er sich mit Milo, Edgar und Bruno teilt, ist er der Jüngste und augenscheinlich Gesündeste, den ihm fehlen (noch) die typischen blauen Lippen. Und er ist der Unternehmungslustigste, denn „Ich will Abenteuer erleben und nicht vor Langeweile sterben.“ (S. 63) Damit manövriert er sie immer wieder in gefährliche Situationen, aber die vier Freunde haben endlich wieder Spaß am Leben. Doch in einem Heim, das von starren Regeln geprägt ist, ist Individualität unerwünscht ...

Die Geschichte der Jungen ist sehr berührend, denn sie sind dem Tod geweiht und wissen das auch. Jeder Tag ist ein Geschenk. Die Ärzte können ihnen nicht mehr helfen, ihre Leiden durch die Kur nur lindern und ihnen dadurch vielleicht etwas mehr Lebenszeit schenken, in der sie allerdings nicht viel von dem machen dürfen, was Jungs in dem Alter Spaß macht. „Du wirst tot sein, mein Freund. Wie wichtig sind dir diese Regeln, wenn es um eine Abenteuer geht?“ (S. 80)

Für Wilhelm ist es besonders schlimm, weil er erst seit kurzem krank ist. Er hat Angst, ist zum ersten Mal von seiner Mutter getrennt und darf nicht mit ihr telefonieren, dabei macht er sich aus einem ganz bestimmten Grund Sorgen um sie. Und er entdeckt die Liebe, erst zu einer Schwesternschülerin und durch sie zu Büchern.
Edgar ist schon 18, verlobt und hat heimlich Hanteln in die Kur geschmuggelt, um weiter trainieren zu können. Denn wenn er schon sterben wird, will er dabei wenigstens gut aussehen.
Bruno ist eine echte Leseratte und hat unzählige Bücher dabei, um in ihnen die Abenteuer zu erleben, von denen er nur träumen kann: „Sie helfen mir, viele Leben zu haben.“ (S. 17)
Milos ist dunkelhäutig, weil sein Vater, den er nie kennenlernen durfte, aus Mosambik stammt. „Mein Vater wurde in sein Land zurückgeschickt, bevor ich geboren wurde. Er durfte meine Mutter nicht lieben. Es war bei Strafe verboten. Ich bin ein verbotenes Kind.“ (S. 19)

Ralf Günthers „Winterherz“ weckt bei mir sehr ambivalente, bittersüße Erinnerungen. Ich bin in Dresden geboren und aufgewachsen und war als Kind jeden Sommer (insgesamt 10- oder 11-mal) für jeweils 6 Wochen in Bad Gottleuba zur Kur. Ich erkenne die beschriebene Treppe und die Gebäude wieder und habe genau das erlebt, was der Autor beschreibt. Die Kuren fanden getrennt nach Geschlechtern statt, es gab nur über Briefe Kontakt zu den Familien und alles unterlag extrem strengen Regeln, an die man sich gefälligst zu halten hatte. Kein schönes Klima für Heranwachsende. Die mehr oder weniger versteckte Kritik am DDR-Regime kann ich sehr gut nachvollziehen.
Die Gebäude waren bei uns allerdings alle wieder aufgebaut und ich glaube, die erwähnte Zisterne war das kleine Schwimmbecken im Keller des Haues, in dem ich immer gewohnt habe. Und wir mussten uns die Wannen für die Schwefel- und Moorbäder nicht mehr teilen 😉 ...

Mein Fazit: Ein herzzerreißende Weihnachtsgeschichte über Freundschaft, über Leidensgenossen, bei den das Sterben zum Alltag gehört, über ihre gemeinsamen Träume und (vielleicht letzten) Abenteuer …

Bewertung vom 02.10.2023
Der Glanz der Zukunft. Loulou de la Falaise und Yves Saint Laurent
Marly, Michelle

Der Glanz der Zukunft. Loulou de la Falaise und Yves Saint Laurent


ausgezeichnet

Ein Leben für die Mode

„Ich kenne keinen Menschen, der so besessen von Kleidern und Accessoires ist wie Du.“ „Nun, es macht mir Spaß, meine Garderobe auf meine eigene Weise zu gestalten. Es ist wie ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang.“ (S. 83)
1966: Louise le Bailly de la Falaise ist 18, als sie von ihrer Mutter aus New York nach London geschickt wird, um in die Gesellschaft eingeführt zu werden. Nach vier sehr freien Jahren in der New Yorker Kunst- und Kulturszene „quält“ ihre Großmutter, Lady Rhoda Birly, sie jetzt mit Ballettstunden und Festivals, auf denen Louise ihre selbstgeschriebenen Gedichte vortragen muss und passenden Ehemännern in spe vorgestellt wird. Dabei würde sie ihre Freiheit gern noch ein bisschen genießen und lieber weiter durch Ateliers und über Flohmärkte streifen, um sich zu ihrer auffälligen Garderobe inspirieren zu lassen.
Schnell findet sich der perfekte Ehemann – der letzte Ritter Irlands. Desmond Fitz Gerald, The Knight of Glin, ist 10 Jahre älter als Louise und beeindruckt sie mit seiner Weltgewandtheit, Erfahrung, Abstammung und seinem Freundeskreis, zu dem u.a. Mick Jagger gehört. Ihre Großmutter und Eltern sind begeistert, alles wird arrangiert, ohne nach ihrer Meinung zu fragen. Doch ihr ausgeflippter Stil, der Desmond vor der Ehe gefiel, passt so gar nicht auf sein irisches Schloss und zu seiner Ehefrau. Auch, dass sie einen Schreibmaschinenkurs macht und als Moderedakteurin beim Queen-Magazin arbeitet, gefällt ihm nicht. Die Ehe scheitert. Sie geht nach New York und Paris, taucht noch tiefer in die Modewelt ein und lernt Yves Saint-Laurent kennen …

Michelle Marly verwebt in ihrem neuesten Buch geschickt Realität und Fiktion und bringt mir eine bemerkenswerte Frau näher, die ich bisher nicht kannte. Das Buch liest sich wie das Who-is-Who der 60er und 70er, lässt Modeikonen, Fotografen, Balletttänzer, Maler, Schauspieler und Musiker dieser Zeit wieder lebendig werden.

Louise wurde nach der Scheidung ihrer Eltern hauptsächlich von ihrer Mutter, einem früheren Modell und It-Girl erzogen, die sich für ihre Tochter den sicheren Hafen einer guten Ehe erhoffte. Sie versuchte Louise nach ihrem Vorbild zu formen und mischte sich in wirklich alles ein. Dabei wollte die nichts anderes, als sich durch (ihre) Mode ausdrücken und selbst verwirklichen. Als Loulou de Falaise erfand sie sich neu, brachte endlich ihr wahres Ich zum Vorschein. „Ihre größten Ziele waren zweifellos nicht die Liebe oder gar Versorgung fürs Leben, sondern Selbständigkeit und Erfolg.“ (S. 248) Sie war eine junge Frau zwischen Tradition und Moderne, zwischen Burberry und Flowerpower, zwischen Haute Couture und Flohmarkt. Sie startete als Modell, wurde Mode-Assistentin, (Schmuck-)Designerin und ließ sich von allem inspirieren, was sie umgab.

Anders als man beim Buchtitel vermuten könnte, spielt Yves Saint-Laurent nur eine Nebenrolle, trotzdem bekommt man einen guten Eindruck von ihm und seiner Arbeitsweise. Er ist extrem schüchtern und introvertiert, arbeitet bis zum Umfallen und vergöttert seine Mutter und Coco Chanel, die ihn leider zu einem seiner größten Fehlschläge inspirieren.

Natürlich spielen in einem Buch über diese Zeit und Szene auch Drogen eine große Rolle. Es wurde so ziemlich alles und leider oft viel zu viel konsumiert, ohne einen Gedanken an die Konsequenzen. Loulou schien sich dabei aber sehr zurückgehalten zu haben.

Ein beeindruckendes Buch über das sehr bewegte, bunte Leben einer Frau und Künstlerin, die sich selbst neu erfand und in der Mode verwirklichte.

Bewertung vom 30.09.2023
Die Lichter der Stadt / Fräulein Gold Bd.6
Stern, Anne

Die Lichter der Stadt / Fräulein Gold Bd.6


ausgezeichnet

Herz aus Gold

„… ihr ging auf, dass eigentlich nichts an ihrem Leben perfekt war. Nichts außer Meta. Und dass sie sich besser beizeiten ein Beispiel an ihrer kleinen Tochter nehmen und endlich genug Liebe für das Unvollkommene, das Gescheiterte, dass Zweifelhaft ihrer Existenz aufbringen sollte. Nur so könnte sie ihr Leben in etwas verwandeln, auf das sie stolz wäre.“ (S. 16)
Berlin 1929: Seit 2 Jahren arbeitet Hulda als Hebamme in der Mütterberatungsstelle am Nollendorfplatz, allerdings darf sie keine Entbindungen mehr durchführen, sondern den Schwangeren und jungen Mütter nur noch erklären, wie sie mit ihren Babys umgehen und worauf sie achten müssen. Immer öfter vermisst sie ihren alten Job, die damit verbundene Aufregung und Verantwortung. Aber dann könnte sie sich nicht ausreichend um ihre dreijährige Tochter Meta kümmern, die ein echter, sehr dickköpfiger, Sonnenschein ist.
Als die junge Schauspielerin Milli zu ihr in die Beratung kommt, weil sich ihre Tochter nicht richtig entwickelt, fallen Hulda die Hämatome an Millis Armen auf. Ihr ist sofort klar, was das bedeutet, und sie will Milli helfen. Doch die glaubt, es wäre längst zu spät dafür. Das kann und will Hulda nicht hinnehmen.
Zudem sorgt sie sich um ihre Freunde und Bekannten. In Berts Kiosk, Jettes Apotheke und das Café der Winter wurde eingebrochen. Ist eine Bande unterwegs?
Außerdem gibt es weiterhin Stress mit den Nazis. Ihr Vater, der berühmte Maler Benjamin Gold, der sich für unantastbar hielt, wird überfallen und verprügelt. „Gewalt ist stärker als Kultur und gute Sitten.“ (S. 224)
Und dann ist da ein neuer Mann in Huldas Leben, bei dem sie sich endlich wieder als Frau, und nicht nur als Mutter fühlt, aber es ist kompliziert …

„Die Lichter der Stadt“ ist bereits der 6. Band mit der sympathischen Hebamme Hulda Gold und langsam wandelt sich die Reihe vom Krimi zum Gesellschaftsroman. Anne Stern beleuchtet die Zeit, die voller politischer und gesellschaftlicher Unruhen und Umbrüche ist.
Die Handlung dreht sich um Huldas Leben als alleinerziehende Mutter, was damals noch verpönt war, den Spagat zwischen Arbeit und Privatleben. Nicht zuletzt ist sie eine Frau, die sich nach Liebe und Partnerschaft sehnt. Außerdem hat Hulda ein Herz aus Gold. Sie setzt sich für die Schwachen und Hilflosen, Vergessenen und Ausgestoßenen ein, schaut hinter die Fassade der Menschen und versucht, zu helfen. Diesmal verschlägt es sie in die Theaterszene, aber auch Kellerkneipen und Bars, die vor allem von Homosexuellen frequentiert werden, die sich dort (noch) frei fühlen können.

Mit Irma Siegel führt Anne Stern eine neue spannende Protagonisten ein. Die schon ältere weibliche Kriminalbeamtin muss sich in der Polizeidirektion und bei ihren Ermittlungen vor Ort dauernd neu beweisen, muss stets mehr leisten als ihre männlichen Kollegen und wird trotzdem selten ernst genommen. „Schicken die in der Roten Burg jetzt also wirklich schon Frauen zu Kapitalverbrechen? So schlimm steht es bei den Behörden?“ (S. 246) Die Chance, in einem Mordfall zu ermitteln, bekommt sie nur, weil der eigentlich zuständige Kollege besoffen ist. Und sie löst den Fall mit Bravour (und Huldas Hilfe).
Irma ist bärbeißig und schroff, raucht ihre Zigarillos Kette – ein echtes Original. Und sie hat einen Mann und Kinder, aber eigentlich kein Interesse an ihrer Familie. Sie sieht sich in erster Linie als Polizistin und erst in zweiter als Ehefrau und Mutter. Ich hoffe, Irma begegnet Hulda auch in den zukünftigen Büchern wieder.

Ich bin wieder begeistert, wie sehr Anne Stern in die Geschichte ihrer Stadt eintaucht und sie für die Leser erlebbar macht. Und ich liebe ihre poetischen Beschreibungen: „Wie eine greise düstere Königin kam Hulda ihr liebes altes Berlin bei Nacht vor, die sich noch ein letztes Mal die glitzernden Juwelen angehängt hatte und nicht bemerkte, dass sie selbst nur noch Haut und Knochen war. Ein Skelett auf seinem Thron mit notdürftiger Tünche über dem Totenschädel.“ (S. 113)

Seit 6 Bänden fiebere ich mit Hulda mit, die wegen ihrer jüdischen Abstammung in immer größere Gefahr gerät, beobachte gespannt ihre weitere Entwicklung und hoffe, dass noch viele Abenteuer folgen werden. 5 Sterne für dieses Lesehighlight!

Bewertung vom 29.09.2023
5 Zutaten mediterran
Oliver, Jamie

5 Zutaten mediterran


ausgezeichnet

Einfach geniale, leckere Rezepte

Ich durfte das neue Kochbuch von Jamie Oliver testen und bin begeistert. Wer mag es nicht, wenn er Gerichte aus nur 5 Zutaten zaubern kann, die meist auch noch recht schnell gemacht, mediterran und gesund sind.

Ob Salate, Suppen, Sandwiches, Pasta, Gemüse, Gebackenes & Gefülltes, Seafood, Fisch, Hähnchen & Ente, Fleisch oder süße Sachen, es findet sich etwas für jeden Geschmack und Anlass. Man kann sich sogar ein richtiges Menü zusammenstellen, z.B. aus meinen bisherigen Lieblingsgerichten: Inselsalat, Tortilla-Frittata und dem Schokoladentraum mit Kaffee.

Besonders toll finde ich toll, dass so viele vegetarische Gerichte im Buch enthalten sind, aber natürlich gibt es auch Fisch und Fleisch in allen Variationen, mein Mann mochte da das knusprige Paprikahähnchen am meisten. Die Portionen waren alle sehr reichlich und häufig bietet Jamie Oliver alternative Zutaten an.

Die Rezepte haben einen besonderen Pfiff, sind aber in der Zubereitung kinderleicht und oft auch sehr gut vorzubereiten, wenn man zum Beispiel Gäste bewirten möchte.
Da abgesehen von Pfeffer, Meersalz, Rotweinessig und Olivenöl nie mehr als 5 Zutaten gebraucht werden und es sowohl ein Foto dieser Zutaten als auch eins des fertigen Gerichtes gibt, bei dem einem das Wasser im Mund zusammenläuft, ist das Kochbuch meiner Meinung nach auch perfekt für Kochanfänger geeignet. Nur fürs Schnibbeln sollte man lieber etwas mehr Zeit einplanen, so schnell wie Jamie Oliver bin ich leider noch nicht mit dem Messer 😉.

5 Sterne für diese wunderbar alltagstaugliche Kochbuch!

Bewertung vom 24.09.2023
Der Totengräber und der Mord in der Krypta / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.3
Pötzsch, Oliver

Der Totengräber und der Mord in der Krypta / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.3


ausgezeichnet

Wiener Geisterstunde

„Ein etwas heikler Fall, da brauche ich jemanden mit Fingerspitzengefühl. Jemanden wie Sie, Herzfeldt!“ (S. 23) Oberpolizeirat Moritz Stukart setzt aus mehreren Gründen auf Inspektor Leopold von Herzfeldt: Der in einer Gruft unter dem Stephansdom ermordete Dr. Lichtenstein war sein Freund, und er war Jude – genau wie Leo und Stukart.
Als Tatortfotografin Julia Wolff, Leos Freundin, die von ihr am Fundort gemachten Bilder entwickelt, entdeckt sie darauf etwas, für das es keine natürliche Erklärung gibt. Bedeutet das, dass es in der Gruft wirklich spukt? Und wenn nicht, wie können sie es beweisen? „Möglicherweise ist Spuk ja nur ein Name für etwas, für das die Wissenschaft noch keinen Namen gefunden hat.“ (S. 77)
Julia bitte den Totengräber Augustin Rothmayer um Hilfe, der sie auf die richtige Spur bringt. Dabei hat er gerade ganz andere Probleme. Ein Freund seiner Ziehtochter Anna aus dem Waisenhaus hat sich blutüberströmt zu ihnen auf den Friedhof geschleppt und etwas vom Nachkrapp genuschelt, der nachts Kinder aus dem Schlafsaal holt, bevor er in Rothmayers Armen stirbt. Anna ist verzweifelt und bringt ihn und Julia dazu, nachzuforschen, warum ihr Freund sterben musste.

Leo, Julia und Rothmayer sind sich sicher, dass hinter den Morden kein Geist und kein Nachtkrapp stecken, sondern Menschen. Aber sie können es nicht beweisen und Stukart und die Öffentlichkeit machen Druck, angefeuert von der Presse, die oft vor der Polizei weiß, was als nächstes passieren wird.

Lichtenstein hatte sich durch die Aufklärung von spiritistischem Humbug viele Feinde gemacht, zuletzt bei der Séance einer berühmten Operndiva. Diese weigert sich leider, dazu eine Aussage zu machen und lädt Leo stattdessen zur nächsten Zusammenkunft ein: „Übermorgen, um Mitternacht, zur Geisterstunde. Seien Sie rechtzeitig da.“ (S. 61). Dort lernt er einen sehr illustren Kreis kennen, zu dem auch der englische Schriftsteller Arthur Conan Doyle gehört, mit dem Leo allerdings wenig anfangen kann: Kriminalfälle hat er im Dienst genug, die braucht er nicht auch noch nach Feierabend. Außerdem quält ihn die Eifersucht, denn Julia trifft sich regelmäßig mit einem Freund aus Kindertagen. Und dann macht auch noch seine Mutter Urlaub in Wien und freundet sich mit Doyle an…

Leo konnte einem diesmal richtig leidtun. Der Fall ist extrem verzwickt und wie von Stukart befürchtet, interessiert der „tote Jude“ kaum jemanden. Stattdessen muss sich Leo wieder mit den giftigen Bemerkungen und Vorurteilen seiner Kollegen auseinandersetzen, obwohl er sich selbst gar nicht als Jude, sondern als Mensch bzw. Polizeiinspektor sieht.
Außerdem fordert seine Mutter viel Zeit für sich ein, wenn sie ihn schon mal besucht. Und sie hätte auch nichts dagegen, wenn er endlich heiratet – aber doch nicht unter seinem Stand und schon gar keine (Tatort)Fotografin! Zum Glück ist Julia nicht auf den Mund gefallen und bietet ihr ordentlich Paroli.
Julia hadert mit ihrer Beziehung zu Leo, Weil sie nicht nur die Standesunterschiede trennen. Er blendet gern ihre uneheliche Tochter aus, unternimmt oft etwas nur mit ihr allein und auch das immer seltener. Sie fühlt sich von ihm vernachlässigt und freut sich darum über die Aufmerksamkeiten ihres alten Freundes – zumal der aus derselben Schicht wie sie kommt und die gleichen Sorgen und Probleme hat.
Der Totengräber wiederum sorgt sich um Anna, die ihn immer mehr an seine verstorben Tochter erinnert. Als sie sich selbst auf die Suche nach dem Nachtkrapp macht, hat er Angst, sie auch noch zu verlieren.

„Der Totengräber und der Mord in der Krypta“ ist bereits der dritte Fall des ungewöhnlichen Ermittlertrios und mindestens genauso fesselnd und interessant wie seine Vorgänger. Ich fand es faszinierend, wie Oliver Pötzsch den Spiritismus und die Parapsychologie, die damals gerade „in“ waren, und den berühmten Schriftsteller Arthur Conan Doyle einbindet, der ja bekanntlich ein großer Anhänger / Verfechter des Spiritismus war.

Für mich ist auch dieser Band wieder ein echtes Lesehighlight und ich hoffen, dass Leo, Julia und Rothmayer bald wieder auf Verbrecherjagd gehen, auch wenn hier am Ende einige Veränderungen angedeutet wurden. Ein absolutes Muss für alle Histo-Krimi-Fans!

Bewertung vom 20.09.2023
Always love you / Ikonen ihrer Zeit Bd.11
Faber, Hanna

Always love you / Ikonen ihrer Zeit Bd.11


gut

Tolle Stimme, aber kein tolles Leben

„Gott hat dir diese Stimme gegeben, sie ist ein Geschenk, ein Privileg. Du hast sie, damit sie gehört wird!“ (S. 108)
1994: Kurz vor der Grammy-Verleihung schaut Whitney Houston auf ihr bisheriges Leben zurück – wie sie im Kirchenchor angefangen hat, später die Backgroundsängerin ihrer Mutter wurde, und es schließlich mit harter Arbeit (und Drogen) bis nach ganz oben geschafft hat. Sie ist sich bewusst, dass sie ohne ihre (Geschäfts-)Partnerin Robyn nie so weit gekommen wäre und dass ihr Mann Bobby Brown weder nett, noch gut für sie ist, trotzdem kann sie nicht von ihm lassen.

„Always love you“ ist die Hannah Fabers Romanbiographie über eine der berühmtesten Sängerinnen ihrer Zeit. Geschickt nutzt sie die 24 Stunden vor der Grammy-Verleihung als zentralen Dreh- und Angelpunkt des Romans, von dem aus sie die Handlung in Rückblenden ab 1980 stringent erzählt. Sie berichtet von Whitneys privaten und beruflichen Erfolgen und Misserfolgen. Dabei ist ihre Freundin Robyn immer an ihrer Seite, unterstützt sie bei allem und hält ihr den Rücken frei. Eigentlich sind die beiden ein Liebespaar, bis es Whitneys Karriere zu schaden beginnt.

Whitney wird als sehr zerrissene Persönlichkeit dargestellt, unsicher, aufbrausend, immer Drogen als Beruhigungsmittel oder zum Feiern in der Nähe – aber natürlich sind an ihrer Sucht die Schuld, die sie ihr besorgt haben. Doch sie ist auch liebevoll und großzügig, manchmal allerdings leider etwas unbedarft, wenn es ums Geld geht. Sie will nur Singen, der „Kleinkram“ interessiert sie nicht. Etwas verwundert war ich auch über ihren Umgang mit ihrem Glauben. Wie religiös sie ist fällt ihr nämlich ausgerechnet dann ein, als sie die „verbotene“ Beziehung zu Robyn beendet.

Robyn war für mich hier die deutlich spannendere Person, schon weil ich bisher kaum etwas über sie wusste. Sie scheint sich für Whitney aufgerieben und ihr eigenes Leben komplett hinter ihrem zurückgestellt zu haben. Außerdem hat sie ihr wirklich alles verziehen.

Insgesamt fand ich das Buch ganz interessant und den Schreibstil sehr bildlich, hätte mir allerding mehr Neues gewünscht. Ich hatte das Gefühl, vieles schon aus dem Film „Wanna Dance With Somebody“ vom letzten Jahr zu kennen. Zudem habe ich den großen Einfluss von Whitneys Eltern auf ihr Leben und ihre Karriere vermisst, der im Film stark thematisiert wurde, hier aber nur zu Beginn und später mal am Rand einer Szene vorkommt. Auch fand ich die Kapitel zum Teil recht weitschweifig und die Zeitsprünge zu viel.

Bewertung vom 18.09.2023
Die Liebe des Pilgers / Pilger Bd.3
Schier, Petra

Die Liebe des Pilgers / Pilger Bd.3


sehr gut

Liebe, Intrigen und Geheimnisse

„Aber ach, was ist die Menschheit nun einmal dumm, wenn es um die Liebe geht.“ (S. 95)
Nach Benedikts Fortgang ist die Welt für Palmiro dunkel geworden, auch wenn die beiden Männer ihre Liebe wahrscheinlich nie hätten leben können. Während seine Freunde gerade geheiratet haben oder kurz davor stehen, ist er allein und wird es wohl auch für immer bleiben. Also stürzt er sich in den Aufbau des Pelz- und Geschmeidehandels, den er einem anderen Geschäftsmann, der sich zu Ruhe gesetzt hat, abkaufen konnte. Plötzlich steht der ehemalige Straßenjunge einem großen Handelshaus vor und muss in diese Verantwortung hineinwachsen. Und so, wie Don Antonio ihm damals eine Chance geben hat, hält er es jetzt mit Mathys le Smithy, dem ehemaligen Spion des Inquisitors Erasmus von London, der als sein Partner den Geschmeidehandel übernehmen soll.

Oswald vom Langreth, der langsam den Wahnsinn verfällt, hatte das Gut und alle damit verbundenen Ämter an seinen jüngeren Bruder Colin übergeben, kommt jetzt aber mit der Situation nicht klar und sorgt für einigen Wirbel.

Benedikt besucht derweil nach über 20 Jahren erstmals wieder seine Familie und erfährt etwas über seine Vergangenheit, dass seine Gegenwart und Zukunft maßgeblich beeinflussen wird.

Außerdem ist der ehemalige Inquisitor Erasmus von London auf dem Weg in sein Heimatkloster und schafft es, auf seiner Reise Halt in Koblenz zu machen, um seine Erzfeinde vielleicht doch noch zu Fall zu bringen.

„Die Liebe des Pilgers“ ist der dritte und letzte Band der Kreuz-Trilogie, die sich um die Reliquie des Kreuzes des Zachäus dreht. Alle offenen Fäden werden verknüpft und zu einem (meist glücklichen) Ende geführt. Um alles zu verstehen, sollte man aber die beiden Vorgängerbände gelesen haben, wobei Autorin Petra Schier auch Rückblenden und Hinweise auf die Vergangenheit der Protagonisten einstreut, falls man etwas vergessen (oder doch noch nicht gelesen) hat.

Sie verbindet gekonnt mittelalterliche Geschichte mit Mystik (das Kreuz bleibt diesmal nämlich nicht stumm) und schreibt dabei sehr lebendig. Besonders amüsant finde ich immer die Wortgefechte zwischen den verschiedenen Personen (diesmal vor allem zwischen Mathys und Marina), denn wie heißt es so schön – was sich neckt, das liebt sich.
Dabei liegt ihr besonderes Augenmerkt auf der Kritik des damaligen Frauenbildes, dass die Mädchen oft viel zu jung verheiratet und schwanger wurden und überhaupt kaum Rechte hatten, wenn sie nicht gerade verständnisvolle Ehemänner oder Vormünder hatten.

Mir hat der Abschluss der Reihe gut gefallen.

Bewertung vom 17.09.2023
Tödlicher Grund / Die Hausboot-Detektei Bd.2
Achterop, Amy

Tödlicher Grund / Die Hausboot-Detektei Bd.2


sehr gut

Der Treuetest

Die Hausboot-Detektei braucht dringend Geld für Heizöl, denn es wird Herbst und immer kühler. Nur deswegen nehmen sie überhaupt Tessas Auftrag an, ihren Freund Luuk einem Treuetest zu unterziehen. Maddie passt genau in dessen Beuteschema, also spielt sie den Lockvogel und trifft Luuk. Doch kurz darauf meldet Tessa ihn als vermisst und dann stirbt sie – ein Fest für Hoofdcommissaris Wessel de Boer, dem die Detektive und ihr erster Erfolg ein Dorn im Auge zu sein scheinen. „Ich werde das Gefühl nicht los, dass Wessel uns nur zu gerne etwas anhängen würde. Auch wenn ich nicht verstehe, warum eigentlich.“ (S. 105) Schon nach Luuks Verschwinden versucht er, Maddie den Mord an ihm nachzuweisen, obwohl es nicht mal eine Leiche gibt. Also beginnen sie selber zu ermitteln und finden eine Spur, die nach Peru führt. Wie gut, dass Elin nach ihrem ersten Fall in Panama und damit nur wenige Flugstunden von Lima entfernt untergetaucht ist …

Amy Achterop hat im zweiten Band ihrer Hausboot-Detektei-Reihe schon fast einen Wissenschaftskrimi hingelegt, denn Tessa spielt ein doppeltes Spiel. Eigentlich soll sie für ihren Arbeitgeber ein Kollektorfahrzeug entwickeln, das auf dem Meeresboden seltene Erden etc. abbaut, stattdessen hat sie aber etwas ganz anderes geplant. „Sie, Tessa Teuling, wird die Tiefsee retten. Oder, naja, wenigstens dafür sorgen, dass ihre Zerstörung bis auf weiteres verschoben wird.“ (S. 12) Doch ihr Arbeitgeber ist nicht der Einzige, der das ganz große Geschäft wittert. Die Konkurrenz ist ihm dicht auf den Fersen und zu allem bereit.

Wie schon der erste Band lebt auch „Tödlicher Grund“ weniger vom Tempo, wobei das diesmal schon etwas angezogen hat, sondern eher von dem interessanten Fall mit seinem ungewöhnlichen Hintergrund und den skurrilen Protagonisten mit ihrem kriminellen Vorleben und den nicht ganz alltäglichen, zum Teil sehr speziellen Kenntnissen. Leider kamen Fru Gunilla und Hund diesmal nicht richtig zum Zug, dafür beweist Maddies Nachbarin und Freundin Juanita, dass sie in ihrem Nebenjob wirklich gut ist und trägt damit wesentlich zur Aufklärung des Falls bei.
Der Ausflug nach Peru hat gut zum Thema und in die Handlung gepasst – kleiner Teaser, die Autorin hat sich sehr zu meinem Amüsement wieder selber ins Buch geschrieben.
Ich mag das Zwischenmenschliche und den Humor der Reihe und bin schon sehr gespannt auf den nächsten Fall der Hausboot-Detektive.