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Europeantravelgirl

Bewertungen

Insgesamt 327 Bewertungen
Bewertung vom 14.12.2023
Der Buchclub - Ein Licht in dunklen Zeiten
Lyons, Annie

Der Buchclub - Ein Licht in dunklen Zeiten


sehr gut

Ein Licht in finstersten Zeiten

Ein bewegendes Stück Zeitgeschichte ist „Der Buchclub – Ein Licht in dunklen Zeiten“. Das Herz der Geschichte und des Londoner Vorortes Beechwood, in dem sich „Binghams Bücher“ befindet, ist Gertie Bingham. Sie steht an einem Wendepunkt ihres Lebens, denn nach dem Tod ihres geliebten Ehemannes Harry möchte sie sich eigentlich zur Ruhe setzen. Tatsächlich ändert sich ihr Leben schlagartig, aber das liegt keineswegs am wohlverdienten Ruhestand. Vielmehr bringt ein jüdisches Flüchtlingsmädchen aus Deutschland frischen Wind in ihren Haushalt, und dann bricht Krieg aus und verändert alles.

Beim Einstieg in die Geschichte gab es noch eine gewisse Distanz zu den Charakteren. Im Verlauf der Erzählung habe ich Gertie und ihre Ziehtochter Hedy sowie alle anderen Bewohner aber immer mehr ins Herz geschlossen. Gleiches gilt für den Buchclub, der am Anfang der Handlung noch eine recht nüchterne Institution ist, während er in den dunkelsten Stunden des Krieges im Luftschutzbunker zum Stern der Hoffnung für alle Schutzsuchenden wird. Und es sind wirklich die finstersten Stunden der Menschheit, über die wir hier sprechen. Besonders beeindruckend fand ich den Spirit der englischen Bevölkerung mit Durchhalteparolen und Zusammengehörigkeitsgefühl, wenn jede/r einen Beitrag leisten möchte und sich alle gegenseitig unterstützen und dann schon mal Essensmarken für eine Feier zusammenlegen.

Im Verlauf der Handlung fiel streckenweise die Einordnung der Geschehnisse etwas schwer, weil es nur selten Angaben zu Jahreszahlen gibt, wodurch die Erzählung ein wenig ins Schwimmen geriet. Da hätte ich mir präzisere Angaben gewünscht.

Gegen Ende hin steigerte sich der Roman jedoch noch einmal enorm und wurde dermaßen tragisch und emotional, dass bei mir hemmungslos die Tränen flossen, denn man hat trotz der fiktiven Personen immer vor Augen, dass wahre Geschehnisse und unendliches Leid dahinterstehen.

Eine berührende Geschichte über die große Kraft des menschlichen Zusammenhalts und das Licht, das Bücher auch in die dunkelste Nacht bringen können.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.12.2023
Ich bin Frida / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.23
Bernard, Caroline

Ich bin Frida / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.23


ausgezeichnet

Selbstverwirklichung einer starken Frau

Gegen die grauen, kalten Wintertage musste Farbe her, und was wäre da besser geeignet als „Ich bin Frida“ von Caroline Bernhard? Farbe, weil natürlich die Kunstwerke von Frida Kahlo vor Aussagekraft und Farbigkeit nur so strotzen! Farbe aber auch, weil Frida Kahlo eine ausnehmend starke Persönlichkeit war, die mit ihrer Erscheinung Farbe in jeden Raum brachte.
Die Autorin hat sich einem Lebensabschnitt der mexikanischen Künstlerin gewidmet, der mir ehrlicherweise bisher eher unbekannt war, nämlich ihre Zeit in New York ab Oktober 1938. Doch obwohl mir viele Einzelheiten und Entwicklungen neu waren, habe ich vor allem den Mensch Frida Kahlo mit allen Ecken und Kanten, Widersprüchen und Zweifeln, aber auch voller Kraft und Stärke wiedererkannt. Die Schilderungen zeugen von herausragenden Recherchen der Autorin, denn nur so kann man eine bekannte Künstlerin und die damalige Zeit so lebendig und plastisch auferstehen lassen.
Während anfangs noch die ungewöhnliche Beziehung mit ihrem Ehemann Diego Rivera und die damit verbundenen widersprüchlichen Gefühle im Mittelpunkt stehen, bricht Frida daraus aus. Aus Frida Rivera wird Frida Kahlo, und diese macht sich allein auf den Weg, um in New York ihre erste Einzelausstellung zu betreuen.

Besonders gelungen fand ich auch die Passagen über die Entstehungsprozesse von einzelnen Bildern. Frida Kahlo hat einige Bilder immer wieder geändert und ergänzt, und dies fand ich wahnsinnig aufschlussreich zu lesen. Ich muss zugeben, dass ich einige Bilder nun mit anderen Augen sehe.

Ein sehr gut recherchierter und schön erzählter Roman über eine außergewöhnliche Frau und Künstlerin.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.12.2023
Wo die Libellen tanzen
Zenk, Leonie

Wo die Libellen tanzen


sehr gut

Das Haus am See

Es hat sich totgelaufen zwischen Valeria und Felix. Dabei hatte es so hoffnungsvoll begonnen, und Valeria war ihrer großen Liebe nach Berlin gefolgt, hatte für ihn ihre geliebte Arbeit als Klavierlehrerin aufgegeben, um dort miteinander eine Familie zu gründen. Doch manchmal spielt das Leben einfach anders. Felix arbeitet bis spät in die Nacht, mit der Schwangerschaft will es nicht klappen, und so wird Valeria immer einsamer, unzufriedener und frustrierter. Ein heftiger Streit bringt das Fass zum Überlaufen und Valeria packt ihre Sachen und flieht aus der gemeinsamen Wohnung.

Da ist noch eine Lücke in ihrem Leben, die geschlossen werden muss, und so reist sie in den Harz zur Ferienhütte ihrer Eltern, die ihr verstorbener Vater erbaut hatte und in der sie glückliche Kindheitsjahre verbracht hat. Nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters hat sich ein Schleier des Schweigens und Verdrängens auf Valeria und ihre Mutter gelegt, den nun bei ihrer Rückkehr aufzubrechen und sich aufzulösen beginnt.

Der Roman schildert einfühlsam Valerias Weg zu sich selbst, denn nichts anderes ist ihre Flucht aus ihrem bisherigen Leben, das ihr nun so gar nicht mehr passen mag. Ich konnte mich sehr gut in ihre Frustration hineinfühlen, wobei sich wieder einmal zeigt, dass das Leben einfach nicht schwarzweiß ist. Denn während ich Felix anfangs als unheimlich kalt und egoistisch erlebte, begann ich ihn im Verlauf des Romans zu verstehen, wohingegen ich befürchtete, dass Valeria sich verrennt und den Weg verliert. Die Abgeschiedenheit der Hütte bildet eine ganz wunderbare Kulisse für Valerias Suche nach der Vergangenheit und nach sich selbst.

Besonders gelungen fand ich die Dorfbewohner, allen voran Georg mit seiner rauen Schale und trockenen Sprüchen, aber ganz großem Herzen. Im Verlauf des Romans beginnen sich die Fäden aus der Vergangenheit mit denen der Gegenwart zu verknüpfen, sozusagen zu einem Faden der Ariadne, mit dessen Hilfe Valeria den Weg aus dem Labyrinth ihres verzwickten Lebens findet. Leider bricht die Erzählung eher abrupt ab und liefert in einem Epilog den Ausblick auf den weiteren Fortgang. Da hätte ich mir an dieser Stelle gewünscht, dass der Übergang mehr auserzählt worden wäre, um auch an dieser Stelle Valerias Gefühle und Motivation vollends verstehen zu können.

Ein wunderbar gefühlvoller Roman!

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Bewertung vom 30.11.2023
Der Wald
Rode, Tibor

Der Wald


sehr gut

Darf ein Geschöpf seinen Schöpfer vernichten?

Ein Blick in den Briefkasten, ein geheimnisvoller Umschlag und darin Pflanzensamen. Wer könnte da der Versuchung widerstehen, einfach mal zu schauen, was daraus wächst? Und genau diese Neugier hunderter von Menschen weltweit sorgt dafür, dass sich weltweit plötzlich eine invasive Pflanze ausbreitet. Nicht nur, dass diese außergewöhnlich schnell wächst, nein, auch scheinen nahezu alle Teile hochgradig giftig zu sein. Immer mehr Menschen werden schwer verletzt, und das Gewächs breitet sich weiter mit Gewalt aus. Der Forstwirt und Bestsellerautor Marcus Holland begibt sich mit seiner Kollegin auf Spurensuche nach China, von wo die rätselhaften Samenpäckchen versandt wurden. Auch die Archäobotanikerin Waverly Park, die IT-Spezialistin Ava und eine geheimnisvolle Organisation sind auf der Jagd. Doch wer verfolgt eigentlich welches Motiv?

Nachdem Tibor Rode sein Buch auf dem Crimethrill-Event vorgestellt hatte, war ich so angeteasert, dass ich diesen Thriller einfach lesen MUSSTE. Und was soll ich sagen? Ich wurde nicht enttäuscht! Der Autor kokettiert zwar im Roman augenzwinkernd mehrmals damit, dass dies ja schließlich kein Dan Brown-Roman sein, aber diesen Vergleich braucht er keineswegs scheuen. Die Story bespielt die höchst aktuellen Themen Klimaschutz und KI, sie bietet Geheimgesellschaften und den Wettlauf gegen die Zeit, eine Jagd rund um den Globus und spannende Enthüllungen. Nie weiß man, wer mit doppeltem Boden spielt und vielleicht noch einen Trumpf im Ärmel hat. Ich habe mich beim Lesen allerbestens unterhalten gefühlt wie bei einem großartigen Blockbuster. Besonders originell fand ich auch die eingestreuten Bezüge zu Goethe und vor allem dem Faust. Doch obwohl der Thriller gleich mehrfach die Gretchenfrage stellt, will er insgesamt doch nicht wirklich ein klares Bekenntnis abgeben. Grundlegende Fragen werden angeschnitten, um eine Positionierung wandert die Erzählung jedoch elegant herum. Da fehlte mir letztendlich ein wenig die Tiefe.

Als spannenden und rasanten Thriller kann ich dieses Buch jedoch ganz klar empfehlen!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.11.2023
Lindy Girls
Stern, Anne

Lindy Girls


sehr gut

Echt knorke, diese Truppe!

Es brummt im Berlin Ende der 1920er Jahre. Überall schießen Tanzgruppen wie Pilze aus dem Boden, nicht nur in den schicken Tanzpalästen, sondern auch in den Straßen Berlins wird getanzt. Der Charleston tritt seinen Siegeszug an, und Lebensfreude wird nach den bitteren Jahren des ersten Weltkriegs mit voller Wucht verbreitet. Auch Wally träumt vom Erfolg auf den großen Bühnen der Stadt mit ihrer eigenen Tanzgruppe, den „Lindy Girls“.

Wie in einem Reigen hüpfen wir beim Lesen im Lindy Hop von einer Tänzerin zur nächsten, erfahren vom harten Brotjob der einen, der Flucht aus den bürgerlichen Zwängen der anderen. Junge Frauen, die so manchen Kompromiss eingehen müssen auf dem Weg zur Verwirklichung ihrer Träume. Und nicht immer bleiben diese Zugeständnisse ohne Folgen. Der Roman versprüht jede Menge Zeitgeist, Rhythmus und Lebensgefühl und zeigt auch deutlich die Grenzen, an die die jungen Frauen in der männlich dominierten Gesellschaft stoßen. Da wird nichts beschönigt, aber am Ende der Kopf stets hochgehalten: „Eben eine echte Berlinerin, praktisch bis ins Mark. So haben wir es gelernt, so müssen wir sein, um durch dieses Leben zu kommen. Ob wir wollen oder nicht.“ Begleitet wird das Geschehen von der Musik jener Zeit, den frechen und teils frivolen Texten.

Der Roman weist dann auch weniger eine stringente Handlung auf, sondern lässt sich vom Lebensgefühl und der Musik treiben. Stellenweise hätte ich mir da ein wenig mehr Vertiefung gewünscht anstatt von Person zu Person zu hüpfen. Insgesamt ergibt sich jedoch ein aufregendes und aufschlussreiches Gesamtbild, sozusagen eine Momentaufnahme dieser spannenden Zeit im Berlin zwischen den Weltkriegen.

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Bewertung vom 26.11.2023
Eisprinzen küsst man nicht
Smith, Miri

Eisprinzen küsst man nicht


ausgezeichnet

Die Magie der Marzipanküsse

Was könnte schöner sein als pünktlich zur Adventszeit nach Jolly Tree zurückzukehren? Nachdem in dem kleinen, verschneiten Ort in Vermont bereits Mia und James ihr Glück gefunden haben, verhilft der Weihnachtszauber nun Alma zu viel weihnachtlichen Gefühlen. Eigentlich ist sie mit ihrem Job im B&B ganz zufrieden, auch wenn der nach der Trennung von ihrem fiesen Ex nur eine Notlösung ist. Doch dann schneit plötzlich ein ganz besonderer Gast herein: Calum Prince – wegen seiner kaltschnäuzigen Art auch „Eisprinz“ genannt. Dass er nicht immer so kühl und arrogant war, weiß Alma nur zu gut, denn auch wenn er sich nicht mehr daran erinnert, so konnte sie ihre erste Begegnung vor so vielen Jahren niemals vergessen.

Jolly Tree steht einfach für wunderbares Weihnachtsfeeling, reizende Kleinstadtbewohner und sehr leidenschaftliche Gefühle. Der Kurzroman schafft es, in nur rund 100 Seiten eine wirklich zuckersüße Weihnachtslovestory zu erzählen. Dabei gefiel mir dieser zweite Teil sogar noch besser als der erste! Wir haben Plätzchen (Marzipanküsse sogar mit Rezept im Buch!), Schnee, Kakao, Weihnachtslieder – und Leidenschaft, die die Kälte in Vermont zum Schmelzen bringt. Besonders niedlich fand ich Cals Besessenheit von Almas Sommersprossen! Mir hat dieser romantische Trip nach Jolly Tree viel Freude beim Lesen bereitet, ein richtig süßer Weihnachtskurzroman!

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Bewertung vom 24.11.2023
Die Bibliothek im Nebel
Meyer, Kai

Die Bibliothek im Nebel


ausgezeichnet

Jagd durch Europa und durch die Zeiten

1917 muss ein Bibliothekar aus Sankt Petersburg fliehen, nachdem er in den Wirren der Revolution seine Familie verloren hat. Auf einer Fähre macht er zwei schicksalverändernde Begegnungen – mit dem Mann, der sein Glück zerstört hat, und einem Mann, der nicht nur sein Leben retten wird.
1928 gerät ein kleines Mädchen in große Gefahr und ahnt noch nicht, dass ihr ganzes Leben bald Kopf stehen wird.
1957 ist aus diesem Mädchen eine erwachsene Frau geworden, die sich auf Spurensuche begibt und doch selbst Geheimnisse hütet.

Erneut ist Kai Meyer ein genial konstruierter Roman gelungen, dessen große Stärke darin besteht, dass eben diese Konstruktion nicht wuchtig im Vordergrund steht. Vielmehr kann man sich ganz auf diese Geschichte mit all ihren mannigfaltigen Eindrücken, grandiosen Beschreibungen und rätselhaften Komponenten einlassen und sich ihr ganz hingeben, ehe sich nach und nach die Zusammenhänge erschließen.

Was mich aber noch mehr begeisterte als der Roman an sich war dessen meisterhafte Verflechtung mit dem Vorgängerroman „Die Bücher, der Junge und die Nacht“. Meyer selbst sagte in einer Lesung, die ich besuchen durfte, dass „Die Bibliothek im Nebel“ keine Fortsetzung sein. Wohl wahr, denn es ist soviel mehr. Motive und Orte werden aufgegriffen, umklammert und eingeflochten, Personen werden zu Brückenpfeilern für später folgende Ereignisse. Vieles erscheint nun in einem anderen Licht und nach dem Ende des Romans packt mich das starke Bedürfnis, das zuvor erschienene Buch gleich noch einmal zu lesen und auf Spurensuche zu gehen. Ich bin übrigens aus tiefstem Herzen überzeugt, dass in einem Winkel des Gartens des Montecristo irgendwo eine sehr geliebte Minze wächst.

Insgesamt fand ich das erste Buch ein klein wenig vielschichtiger und komplexer, auch was die mythischen Komponenten anbelangt. Dafür konnte das zweite Buch mit Szenen wie aus alten Horrorstreifen punkten. So schnell werde ich mich keinem Puppentheater nähern können! Ich bin wahnsinnig gespannt, welche Überraschungen das dritte Buch für uns bereithält und gebe mich der Hoffnung hin, dass dies nicht der letzte Besuch im graphischen Viertel in Leipzig und nicht die letzte Begegnung mit einem russischen Gärtner und Abenteurer war.

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Bewertung vom 24.11.2023
Die Melodie von rotem Ahorn
Jähnel, Sven

Die Melodie von rotem Ahorn


ausgezeichnet

Zarte Gefühle wie ein Blatt im Herbstwind

Die Arbeit führt Nick für einige Wochen nach Japan, doch es gibt da auch noch die familiären Wurzeln seiner verstorbenen Mutter, die diese Reise für ihn besonders machen. Seine japanische Mutter war damals von ihren Eltern verstoßen worden, als sie zu Nicks Vater nach Deutschland gegangen war. Nick reist also ohnehin mit schwerem emotionalem Gepäck an, und dann trifft sie ihn wie ein Blitz, die Begegnung mit Lisa. Die Studentin läuft ihm gleich mehrmals über den Weg, und sehr schnell wird beiden klar, dass dies kein purer Zufall sein kann. Aber wie mit dem vermeintlichen Schicksal umgehen, wenn doch die äußeren Umstände so sehr dagegen sprechen? Während Nick bereit ist, sich Hals über Kopf in den Strudel der Gefühle zu stürzen und alles Weitere auf sich zukommen zu lassen, ist Lisa gefangen in ihren Ängsten und schrecklichen Erfahrungen der Vergangenheit.

Für mich spiegelte sich der Handlungsort Japan nicht nur in zahlreichen Ortsbeschreibungen und Alltagserfahrungen wider, sondern auch im Erzähltempo und dem Sprachstil. Dabei nähert sich der Autor respektvoll und verständniswerbend, aber durchaus auch mit Humor der japanischen Kultur und Lebensweise an, wobei es durchaus auch kritische Betrachtungen etwa des Frauenbildes gibt. Sven Jähnel schafft es darüber hinaus, Zartheit, Sanftmut und eine gewisse Melancholie allein durch seinen Erzählstil zu transportieren und damit die Geschichte von Nick und Lisa in eine besondere Atmosphäre zu hüllen. Seine Sprache verleiht dem Roman eine ganz besondere Grundstimmung, und genau hierin liegt für mich die Magie dieser Erzählung. Besonders gut gefielen mir auch die tiefen Charaktere, denen er Ecken und Kanten, Zögern und Zweifel zugesteht. Gerade Lisas Hadern und Zaudern sorgt dafür, dass die Liebesgeschichte nicht zu süß oder gar kitschig gerät, sondern es sind überwältigende Emotionen, die beide Liebende im ersten Moment überfordern.

Für mich ein ganz wunderbarer Roman über Japan, über die Liebe und den besonderen Zauber des japanischen Herbstes.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.11.2023
Die Frauen der Kamelien-Insel / Kamelien Insel Saga Bd.2
Bach, Tabea

Die Frauen der Kamelien-Insel / Kamelien Insel Saga Bd.2


ausgezeichnet

Die Schlange im Paradies

Nachdem mich der Auftakt der Kamelieninsel-Reihe so verzaubern konnte, freute ich mich ganz besonders auf die Rückkehr in die Bretagne. Und ich wurde nicht enttäuscht, denn gleich zum Einstieg in den zweiten Band dürfen wir an der bretonischen Hochzeit von Sylvia und Maël teilhaben.

Doch wie es im Leben oft so ist, kommt nach dem Höhepunkt der Romantik der Alltag mit all seinen Hürden und Ernüchterungen, und so haben Sylvia und Maël auch bald alle Hände voll zu tun mit der Versteigerung der Sylviana-Kamelie, der Modernisierung der Bauten auf der Insel – und einem gänzlich unterwarteten Problem namens Chloé. Die Ex-Freundin von Maël hat eine wahre Überraschung im Gepäck, nämlich dessen angeblichen Sohn Noah, und benimmt sich fortan wie die Schlange im Kamelienparadies.

Der Roman bietet Spannung, unerwartete Wendungen und Entwicklungen sowie ausgefeilte, starke Charaktere. Vor allem zeigt Tabea Bach wieder einmal ihr enormes Talent, auf den Gefühlen ihrer Leser*innen zu spielen wie auf einem Instrument. Immer wieder staune ich, wie sehr mich ihre Romane emotional aufwühlen. Gerade die Konstellation, dass sich Chloé zwischen Maël und Sylvia und in die Abläufe der Insel drängt, hat mein Blut in Wallung versetzt, ich war wütend, litt mit Sylvia und spürte ihre Verletzungen. Oh, wie habe ich mit Maël gehadert, seinem bisweilen gedankenlosen und unsensiblen Verhalten. Aber genau darin liegt die Stärke dieser Romane, denn sie berühren und lassen beim Lesen nicht kalt. Im Gegenteil, nach einer wahnsinnig aufregenden Szene gab es einen Moment, der mich tatsächlich zu Tränen gerührt hat. Das ist es letztendlich doch, was wir uns beim Lesen wünschen, nämlich berührt zu werden, uns bewegen zu lassen. Wer sich darauf einlassen kann, wird in diesem Roman reich belohnt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.11.2023
Two Lives to Rise / Breaking Waves Bd.2
Moninger, Kristina

Two Lives to Rise / Breaking Waves Bd.2


ausgezeichnet

Frei wie ein Wildpferd

Die Fortsetzung der vierteiligen Reihe rund um fünf Freundinnen holt uns zurück nach Harbour Bridge. Wie bereits im Auftakt springt die Handlung zwischen der Gegenwart und den Rückblicken in die vielen gemeinsam verbrachten Sommer. Allerdings erleben wir die Geschichte dieses Mal aus der Perspektive von Isabella – und ihrem nervigen Nachbarn Preston. Der führt sich nämlich auf wie ein Heimwerker-King und stört den ganzen Tag mit Lärm und Staub, stellt Isabella den Strom und das Wasser ab und sieht dabei auch noch unverschämt gut aus. Und bald legt er den Finger in Isabellas seelische Wunden, als er die Einzelgängerin partout nicht in Frieden lässt, sondern mit seinen Provokationen aus ihrem Schneckenhaus lockt. Die Story von Isa und Preston ist so stürmisch wie der Hurrikan, der eine wichtige Rolle spiel, so ungezähmt wie die Wildpferde in den Dünen hinter den Häusern und so leidenschaftlich wie ein Ritt auf der Welle. Denn natürlich kommen auch die Surfervibes wieder nicht zu kurz.

Zusätzlich finden sich in diesem zweiten Band einige erhellende Entwicklungen, was das Rätsel rund um die verschwundene Josie betrifft. Einige Puzzleteile fallen an ihren Platz, einige Fragen können beantwortet werden. Der Perspektivwechsel innerhalb der Freundinnengruppe bietet da spannende Einsichten, denn tatsächlich werden einige Begebenheiten erzählt, die wir schon aus dem Auftaktband kannten. Damals aus der Sicht von Avery, dieses Mal aus der Sicht von Isabella, und damit wird so manches Erlebnis ganz neu bewertet und eingeordnet.

Ich kann kaum die Fortsetzung der Reihe erwarten und freue mich schon sehr, dann aus dem Blickwinkel von Odina wieder ganz neue Einsichten zu erhalten.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.