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Murksy

Bewertungen

Insgesamt 171 Bewertungen
Bewertung vom 29.08.2018
Der Abgrund in dir
Lehane, Dennis

Der Abgrund in dir


ausgezeichnet

Ich gebe zu, dass ich Lehane nur von seinen Verfilmungen wie Mystic River, Shutter island oder die Mitarbeit an Serien wie The wire kannte. Gelesen habe ich den Meister des Verwirrspiel allerdings noch nicht. Dies werde ich nachholen! Denn in seinem neuesten Thriller beweist der Autor höchstes Geschick darin, die Charaktere und die Leser in scheinbarer Sicherheit zu wiegen, um sie dann durch neue raffinierte Wendungen und Entwicklungen auf eine Achterbahnfahrt der Möglichkeiten mitzunehmen. Trotz der oft vielfältigen Fährten und falschen Spuren verirrt sich der Leser nicht, da es Lehane gelingt, erzählgewaltig und glaubwürdig das Netz zu entwirren, in die der gutgläubige Leser oder auch die Protagonisten (in diesem Falle Rachel) gelockt worden sind. Rachel wächst ohne Vater auf, die alles überragende Mutter hütet das Geheimnis auf geradezu boshafte Weise. Nach dem Tod der Mutter scheint der Vater für immer unerreichbar. Doch immer wieder tauchen winzige Hoffnungsschimmer auf, die Rachel weitersuchen lassen. Aber die geradezu manische Suche fordert ihren Tribut. Schleichend entwickelt Rachel Phobien, wird im Laufe der Geschichte sogar an ihr Haus gefesselt sein. Doch bis dahin wird sie verheiratet sein, ihre Karriere als Reporterin an die Wand fahren und dann doch endlich die große Liebe treffen. Ihr zweiter Mann Brian liebt Rachel scheinbar abgöttisch, hilft ihr beim Überwinden ihrer Ängste, bis Rachel eines Tages eine Beobachtung macht, die ihr Leben verändern wird. Wer ist Brian wirklich? Ist er zu perfekt um wahr zu sein? Bald geht es für Rachel um viel mehr., als ihre Liebe oder ihr Seelenheil.

Klingt spannend? Ist es! Verworren, durchtrieben, romantisch, psychologisch durchdacht und jede Seite ein Lesegenuss. Lehane ist ein großartiger Erzähler, raffinierter Ränkeschmied, kurz , ein absoluter Meister seines literarischen Faches. Wer klug konstruierte Psychothriller und Krimis liebt, kommt hier mehr als auf seine Kosten. Er wird Lehane verfallen. Versprochen!

Bewertung vom 28.07.2018
Scharfstellung
Melzer, Heike

Scharfstellung


gut

Zugegeben, die Zahlen sind interessant. Aber neu? Nein! Wie jede Revolution oder besser gesagt Veränderung im Laufe der Geschichte beeindruckt die "moderne" Sexualität erst einmal mit Zahlen. Die teilweise merkwürdig erscheinenden Fallbeispiele aus der Praxis der Autorin verstärken dies zusätzlich. Doch egal welche Änderung oder Erfindung (und die daraus resultierende "Revolution) man nimmt, erscheinen zunächst unfassbare Zahlen und Erscheinungen. Sei es der Buchdruck, die Dampfmaschine, das Auto oder der Computer. All dies hat die Welt und die Menschen, bzw. ihre Handlungen verändert. Erste Pornos auf Farbfilm? Die Welt geht zugrunde an diesem Abschaum, so der Tenor vieler Altvorderen. Computerspiele oder später das verruchte Internet? Wir werden alle zu geistlosen Zombies und die Kinder zu Massenmördern! Selbstverständlich hat sich die Sexualität mit all den Möglichkeiten verändert (und wird dies auch noch tun), ob das nun gefällt oder nicht. Mit Liebe hat dies nichts zu tun. Auch der Satz, dass sich die Treue ändern wird, kann ich nicht akzeptieren. Was sich nach wie vor nicht verändert hat, ist die Empfänglichkeit mancher Menschen für die Möglichkeiten. Ja, manch einer wird Computersüchtig, Pornosüchtig, Alkoholabhängig. Andere probieren etwas aus und langweilen sich irgendwann. Dass zunehmend wohlhabende Menschen in der Praxis erscheinen und ihre Probleme lösen wollen, erscheint hinsichtlich der Kosten durch all die Verlockungen kein Wunder. Arme Menschen können sich schlichtweg weder teure Datingportale oder Escortservices leisten. Dass die Verbreitung von Pornografie über Smartphones ein Massenphänomen ist, wundert nicht. Das Smartphon selbst ist ein solches. Kaum eine Region in der Welt ist nicht von diesen modernen Kommunikationsmitteln verschont. Ist das gut oder schlecht? Genau, sowohl als auch. Kann man das Rad zurückdrehen? Wohl kaum. Man kann nur Aufklären, Erziehen und versuchen, mit den Möglichkeiten vernünftig umzugehen. Ob dieses Buch dabei hilft, möchte ich bezweifeln. Ja, es gibt Ratschläge. Und ja, es ist auch eine offensichtliche Werbeplattform. Müssen die einschlägigen Pornoseiten, Dating-Portale oder sogar diverse DVD-Titel genannt werden? Ich denke nein. Wer etwas sucht, wird dies auch so finden. Wer "toys" sucht, braucht auch keine Produktplatzierung in diesem Buch. Und auch wenn es mit Augenzwinkern gemeint war, brauche ich persönlich nicht die Vorstellung einer Kanzlerin, die durch ihre wohnliche Nähe als mögliche Premiumkundin für ein Masturbationshilfsmittel dargestellt wird. Aber wem es gefällt. So wie der Gebrauch des Smartphones bereits zu anatomischen Veränderungen (Genickhaltung und Daumenverkrümmung) führt, wird auch der unbeschränkte Zugang zu Pornos und Sexualpartnern weiterhin die Menschen verändern. Letztendlich sind wir triebgesteuert und wie z.Bsp. der enorme Fleischkonsum oder das Thema Umweltschutz zeigt, nur bedingt vernunftbestimmt. Menschen eben, fehlerbehaftet und unvollkommen. Und das ist gut so.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.07.2018
Opfer
Lemaître, Pierre

Opfer


ausgezeichnet

Bei einem brutalen Überfall wird eine unbeteiligte Frau beinahe getötet. Nur knapp entgeht die Zeugin dem Tode und wird schwer verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert. Doch einer der Verbrecher ist hinter ihr her. Trotz Polizeischutz kommt er der Frau gefährlich nahe. Was niemand ahnt, ausgerechnet diese Frau ist die Freundin eines Kommissars, der sich des Falles annimmt. Obwohl sein Enthusiasmus verdächtig erscheint, spinnt der Kommissar ein Lügennetz, dass seine wahrten Beweggründe verdecken soll. Er will die Frau retten, bringt damit seine Karriere in Gefahr. Der Killer scheint ihm aber immer einen Schritt voraus zu sein. Mittlerweile hat die Frau den Täter identifiziert. Die Jagd ha begonnen, doch im Laufe des Falles wird sich zeigen, dass noch viel mehr hinter dem Überfall steckt. Wird der Kommissar seine Freundin retten können? Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt.


Der Autor schafft es von der ersten Zeile an, einen Spannungsbogen aufzubauen und zu halten, der seines gleichen sucht. Die fast schon trockene, detaillierte Schilderung des brutalen Überfalles und die beobachtende Erzählweise fesseln den Leser, der zugleich abgestoßen aber auch verlockend von der Kälte des Mörders angezogen wird. Gesteigert wird dieses voyeuristische Prickeln durch die Ich-perspektive des Mörders. Das Buch zieht den Leser somit als "Mitwisser" oder sogar "-täter" in den Strudel der Geschehnisse, die sich langsam auflösen und das perfide Spiel des Täters offenbaren. Aus dem einfachen Überfall wird ein raffinierter Krimi, der den Kommissar zum gehetzten Jäger macht. Die nüchterne Beobachtungsgabe des Autors lassen den Leser an den Seiten kleben, unmöglich, das Buch aus den Händen zu legen, bevor man nicht den Schluss des Dramas miterlebt hat. Ein Thriller der Extraklasse!

Bewertung vom 30.06.2018
Fake
Rayburn, James

Fake


ausgezeichnet

Eine amerikanische Geisel stirbt bei einem Drohnenangriff. Für die Befürworter der Friedensgespräche ein Desaster. Für die Gegner eine Wohltat. Um die Verhandlungen am Laufen zu halten, soll die Welt glauben, dass die Aktivistin noch lebt. Auch ihr Ehemann, der seit ihrer Geiselnahme "wichtig" war, hat ein Interesse am "Weiterleben" seiner Frau. Also entsteht das waghalsige Projekt, mit einer Schauspielerin ein Video zu drehen, das als Lebenszeichen gelten soll. Die Drahtzieher hinter dem Drohnennangriff haben ganz andere Interessen und setzen alles daran, den Tod der Frau zu bestätigen. Dabei gehen sie auch über Leichen.
Ein reißerischer Thriller, der nur allzu gut in die Welt der "fake news" passt. Was kann man glauben? Was ist gefälscht? Ist der normale Bürger überhaupt in der Lage, fake news zu erkennen? Natürlich ist der Thriller actionreich vielleicht etwas überzeichnet. Trotzdem spielt das Buch geschickt mit den "was wäre wenn" Momenten. Die Grundstory ist auf jeden Fall glaubhaft. Erinnert mich an den großartigen Film "wag the dog", der auch schon mit der Medieninszenierung des Krieges spielte. Das Buch bietet schnelle, spannende Unterhaltung und lässt kaum Zeit zum Durchatmen. Für Genrefans ein Muss.

Bewertung vom 13.06.2018
Barbarentage
Finnegan, William

Barbarentage


ausgezeichnet

Wenn der Swell passt und der line-up steht, die Tube perfekt verläuft und die Welle zur richtigen Zeit bricht, dann haben Sie die richtige Welle..oder zumindest eine Ahnung, worum es geht. Dass das Buch eines fanatischen Surfers teilweise sehr viel Fachbegriffe enthält (das Glossar am Ende des Buches hilft zumindest ein wenig den Ahnungslosen), ist zu erwarten. Doch auch Nichtsurfer begreifen schnell die Faszination und die Besessenheit des Autors. Wer hingegen beim Anblick einer Welle am Meer absolut gefühlslos bleibt, sollte das Buch eher nicht lesen. Alle anderen erwartet ein wortgewaltiges Werk, dass en Lebensweg eines Mannes begleitet, der von Kindesbeinen den Wellen verfallen ist. Jede freie Minute wird genutzt, Freunde, Familie, Schule sind alles nur Nebensache. Die perfekte Welle ist das Ziel, bzw. der perfekte Ritt auf einer solchen. Detailreich beschreibt der Autor die fast mystische Wissenschaft, eine Welle zu lesen. Das ist nichts, was an einem Wochenendtrip oder einem Urlaub zu meistern ist. Monatelanges, exzessives Studium ist notwendig, um das Geheimnis eines jeden Spots zu deuten. Für Nichtsurfer ein scheinbar manisches Unterfangen. Wer paddelt freiwillig stundenlang im kalten Wasser oder lässt sich bei einem Waschgang die Haut abschürfen, wenn nicht sogar die Knochen brechen? Staunend verfolgt man den Werdegang des Jugendlichen, der in seiner Begeisterung ohne finanzielle Mittel alles unternimmt, um die Leidenschaft zu leben. Aber auch die Gewalt der damaligen Zeit (Barbarentage trifft es zu recht) stößt faszinierend ab. Unglaublich, wie die Kinder damals aufwuchsen und welche Aufschreie heute durch die Gesellschaft gehen würden. So gibt das Buch auch einen interessanten Einblick in eine andere Zeit und Gesellschaft, die roher, aber in mancherlei Hinsicht auch freier war. Preise, wie der schwergewichtige Pulitzer, geben natürlich dem Leser eine gewisse Erwartung mit. Die Qualität der Erzählung in seiner fesselnden Intensität ist beeindruckend, der Zugang zum Fachchinesisch der Surfer bleibt manchmal verwehrt und man liest allzu technische Passagen vielleicht zu schnell weg. Was bleibt, ist eine großartige Lebensgeschichte, die spannend und fesselnd ist. Und wer dann die Augen schließt, hört vielleicht das Donnern der Brandung und das leise Zischen der Bretter, wenn sie die waghalsigsten Manöver auf den Kämmen vollführen. Für mich ist eines sicher, ich weiß jetzt wieviel Arbeit und Anstrengung dahintersteckt, so scheinbar mühelos eine Welle zu reiten.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.05.2018
#EGOLAND
Nast, Michael

#EGOLAND


weniger gut

Nast ist ein Bestsellerautor. Punkt. Naheliegend, einen Roman zu schreiben. Denn die Käufer sind dann schon in greifbarer Nähe. Dass Nast in dem Roman über das Thema schreibt, dass ihn bekannt gemacht hat, tut nichts zur Sache. Angeblich beruht der Roman auf wahren Begebenheiten, zumindest suggeriert das der Autor geschickt und bringt sich selber in fast schon genialer Manier ins Spiel und hält sich selbst den Spiegel vor als Autor, der von der Oberflächlichkeit lebt. Dass er das berühmte Fargozitat bemüßigt, darf allerdings als Eigentor angesehen werden. Haben doch die Brüder Cohn zugegeben, dass Fargo mitnichten auf wahren Begebenheiten beruht, sondern das Zitat und Aufmacher des Films/Serie einen geschickter Werbegag war. Wie dem auch sei. Zitate sind ein gutes Stichwort. Unzählige Film- und Literaturanleihen werden aufgereiht, von den nicht näher benannten (American Psycho) ganz zu schweigen. So erscheinen die Protagonisten selbst irgendwann wie Filmfiguren in einem Drama um Sex, Narzissmus und Intrigen. Dass dies das Leben einer gewissen Schicht in Berlin exakt wiedergibt, zeigt, das Nast wirklich ein brillanter Beobachter seiner Generation ist. Folgt man dem Buch, ist dies eine Generation von instagramverseuchten Egomanen, die weder zu richtigen Gefühlen noch zu Beziehungen fähig sind. Der Schein zählt, ewige Jugend und Attraktivität das Ziel. Nur nicht zu viel von sich preisgeben, die Oberfläche muss glänzen. Nast schildert dies treffend, wenn er auch letztendlich nichts Neues zu bieten hat. Was von dem Roman bleibt? Gute Frage. Nach dem Lesen und dem ständigen wissenden Nicken "Genau so geht es in Berlin zu" vergisst man das Buch schnell wieder, das Rad dreht sich weiter. Das treffendste Zitat aus dem Buch lautet diesbezüglich: Er kann so wunderbar über nichts schreiben.

Bewertung vom 01.05.2018
Riskante Manöver / Mats Holm Bd.1
Bingül, Birand

Riskante Manöver / Mats Holm Bd.1


sehr gut

Der spannende, aber sehr klischeebehaftete Roman handelt von einem Public relation-Agenten, der für eine Pharmafirma eine Krise entspannen soll. Mehrere Kinder sind nach Einnahme eines laut Firma kinderverträglichen Medikamentes in Krankenhäuser eingeliefert worden. Ein Kind wird sogar sterben. Holm nimmt den moralisch zumindest zweifelhaften Auftrag an, unter der Bedingung, dass im die Firmenleitung die ganze Wahrheit erzählt (nun, etwas naiv, Herr Holm, oder?). Mit raffinierten Tricks versucht nun der sogenannte "Master of Desaster" mit seiner Partnerin zusammen, die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Dabei muss er sich mit verzweifelten Eltern, der mächtigen Pharmabranche und den nicht zu unterschätzenden Pharmakritikern beschäftigen. Eine verschwundene Mitarbeiterin der Firma wird verdächtigt, Geheimnisse an die Konkurrenz verraten zu haben. Als auch noch ein Mord passiert, spitzt sich die Lage zu und Holm scheint den Fall zu verlieren...
Wie gesagt, spannend geschrieben und unterhaltsam. Allerdings werden auch so ziemlich alle Klischees verwendet, die man sich so vorstellen kann: Alphatiere im Vorstand, dunkle Machenschaften mit Testfirmen in Indien, Werksspionage, auf eigene Faust agierende PR-Agenten und so weiter.
Letztendlich wird das alte Feindbild "Pharmaindustrie" bestätigt und das tote Mädchen bleibt leider ein Kollateralschaden. Nicht alles im Buch ist glaubhaft, aber das schmutzige Geschäft kauft man dem Autor sofort ab.

Bewertung vom 14.04.2018
Das Eis
Paull, Laline

Das Eis


ausgezeichnet

Das Buch von Laline Paull ist eine hochinteressante und vielschichtige Mischung aus Abenteuerroman, Umweltkrimi, Spionagethriller und Gerichtsdrama. Und der Autorin gelingt es tatsächlich, sich weder zu verzetteln, noch die Glaubwürdigkeit der Geschichte und ihrer Personen aus dem Blick zu verlieren. Hauptpersonen des Dramas sind Sean und Tom, zwei Arktisfanatiker und Abenteurer. Was sie trennt, ist die Herkunft und der Antrieb. Tom, ehemaliger Chef bei Greenpeace, will die Arktis retten. Sean will dies ebenso, aber er will auch reich und berühmt sein, seine Herkunft hinter sich lassen und allen beweisen, dass er es geschafft hat. Dies gelingt ihm auch. Mit Hilfe ihres Förderers Kingsmith organisieren sie ihre erstew Expedition ins Eis. Jahre später, mittlerweile hat das Leben die beiden Männer getrennt, will Sean eine Lodge bauen. Doch an das gefragte und umkämpfte Land zu kommen, scheint undenkbar. Doch mit Hilfe Toms gelingt das schier unmögliche. Ein Stück der Arktis gehört plötzlich Sean und seinen Investoren. Der Plan: gut betuchte und mächtige Menschen sollen dort in aller Ungestörtheit ihren Geschäften nachkommen und nebenbei überzeugt werden, die Arktis zu retten. Ein gewagtes Unterfangen, das aber scheinbar zu gelingen scheint. Bis eines Tages bei einem Ausflug der Besitzer der Lodge eine Eishöhle einstürzt. Sean wird wie durch ein Wunder gerettet, Tom bleibt in der Höhle zurück. Jahre später kalbt vor den Augen eines Ausflugsschiffes ein Eisberg uns spült eine Leiche an die Oberfläche: Tom. Es beginnt eine Untersuchung, die zeigen soll, wie es damals zum Tode des Umweltaktivisten kommen konnte. Doch die Untersuchung bringt noch viel mehr zum Tage. Aus Freunden werden Feinde, dunkle Geschäfte kommen ans Licht und Sean muss sich entscheiden, für was er steht.
Genauso spannend, wie das alles klingt, ist es auch. Dabei ist der Roman hochaktuell, behandelt die Arktis mit all ihren Facetten (sei es Umweltschutz, Gier nach Rohstoffen oder die plötzlich frei gewordene Handelsroute). Fein wird dargestellt, dass es kein schwarz und weiß gibt. Der Kampf um die Arktis, deren Nutzung als auch Rettung, ist ein Kampf voller Kompromisse. Aber auch ein schmutziger Kampf der Konzerne und Regierungen. Die Natur wird zum Spielball vieler Interessen.
Was mich aber neben der hervorragend gestrickten Geschichte am Meisten fasziniert hat, waren die Zitate aus Reiseberichten berühmter Arktisforscher. Das Leben der Inuit, die Härten der Arktis und die schier unmenschlichen Strapazen der Erforscher werden nach jedem Kapitel mit einem Auszug aus einem der Reisberichte geschildert. Das hat mich so mitgerissen, dass ich sofort einige der Quellen gekauft habe und mich in dieses Thema verliebt habe. Was mehr kann ein Roman leisten, als die Menschen wachzurütteln und auf den Untergang eines Naturwunders hinzuweisen. Ganz im Sinne der beiden Freunde aus dem Roman: man schützt nur, was man kennt und liebt.

Bewertung vom 04.04.2018
MUTIG
McGowan, Rose

MUTIG


gut

Die Schauspielerin, oder Künstlerin, wie sich Rose McGowan lieber selbst bezeichnet, beschreibt in diesem Buch sehr offen und schonungslos ihre schreckliche Kindheit in einer Sekte. Geprägt von männlicher Dominanz und sexueller Perversion flieht sie mit ihrem Vater nach Amerika. Der Herr entpuppt sich im Laufe der Zeit aber auch als ein sehr zwiespältiger Mensch, dem es nicht an psychischer Brutalität mangelt. Die junge McGowan entwickelt sich zum punkigen Goth-Girl, dass sich auflehnt und ihren eigenen Kopf hat. Umso unverständlicher, dass sie trotzdem von Hollywood gefangen wird und sich anpasst. Aber wie sie im Buch anmerkt, man will ja leben und Geld verdienen. Und der Reiz des Ruhmes lockt natürlich auch die junge Frau. Im Laufe der Zeit wird ihr Männerhass (auch wenn das nicht auf alle Männer zutreffen mag) größe und erreicht ihren Höhepunkt mit der Vergewaltigung durch Weinstein, den sie im Buch nur Monster nennt. Doch das System des perversen Moguls war bekannt. Trotzdem hat niemand die junge Schauspielerin gewarnt. Allerdings bleibt es nach wie vor ein Rätsel, wie 20 Jahre lang ALLE schwiegen. Opfer und Mitwisser. Die Erklärung von McGowan ist zwar in Teilen schlüssig, aber sich trotzdem schweigend weiter an die Riten von Hollywood haltend (Ruhm und Geld sind gefährliche Drogen), widerlegt die Autorin in ihrem letzten Teil des Buches selbst. Hätte sie und andere damals schon reagiert, vielleicht wäre vielen anderen Frauen ein ähnliches Schicksal erspart geblieben. Nicht als Baueropfer enden zu wollen, ist verständlich. Trotzdem zu schweigen, aus welchen Gründen auch immer, kann und darf nicht die Lösung sein. Selbst wenn man dafür seine Karriere aufs Spiel setzt. Nachdem die sogenannte Karriere dem Ende entgegen geht, haben plötzlich viele den Mut, die Wahrheit zu sagen. Ich nenne das heuchlerisch, und nicht mutig. McGowan, die mit ihrer neuen Bewegung letztendlich auch nichts anderes als eine Sekte gründet, hat das Monster Hollywood zu oft gefüttert. Sei es ihr naiver Auftritt im naked dress (weder schön noch verständlich) oder ihr nacktes Posieren für den Rolling Stone. NATÜRLICH darf jede Frau bestimmen, was sie wann und wie trägt. Aber zu behaupten, dass die Reaktionen so nicht zu erwarten waren, ist nicht glaubhaft. Die Begründung, ach, lasse ich den Medien doch ihren Spaß und spiele mit, klingt fadenscheinig. Warum lässt sie sich auf ein solches Fotoshooting ein? Keine Promo für Film? Lachhaft! Das Buch bekommt drei Sterne, weil es wichtig war (wenn auch zu spät) die perverse Welt Hollywoods und vor allem der Weinsteins zu entlarven.
Auf Dauer wird der hasserfüllte Sermon der Autorin zu nervig, um dem Buch wirklich alles abzukaufen, was McGowan anbringt. Bis hin zum Punkt Eigenwerbung, wenn die Frau auf den letzten Seiten ihr Buch, ihre Platte und sogar ihre neue Kosmetiklinie anpreist. McGowan sass in einer Löwengrube, die sie gefüttert hat und immer noch füttert. Der Zorn der Frau ist verständlich, die oftmals sehr einseitige Darstellung als arme Frau, die in Hollywood eh nichts zu sagen hat, wirkt leider stellenweise nur noch verbittert.

Bewertung vom 28.03.2018
Du kannst, wenn du willst
Fuchsgruber, Rafael;Antje Wensel

Du kannst, wenn du willst


gut

Man muss dieses Buch denke ich aus zwei Perspektiven sehen. Zum einen ist es die Geschichte einer Frau, die zeitweise an sich und ihrem Körper verzweifelt. Keine Diät hilft, weder Kraftsport noch gute Vorsätze helfen dauerhaft. Irgendwann wird sie erfahren, dass sie krank ist. Lipödem heißt die Stoffwechselkrankheit, die zu Fettablagerungen im Körper führen. Es gibt keine Heilung. Trotzdem gibt die Frau nicht auf. Obwohl ihr Ärzte nicht helfen können, ja teilweise vom Laufen abraten, startet die Frau ihr großes Projekt: 250 km durch die Namib-Wüste zu laufen! Das Buch blickt im ersten Teil immer wieder zurück, reißt kurz die Jugend an und ist dabei etwas sprunghaft und oberflächlich. Der zweite Teil des Buches beschäftigt sich dann mit Masse mit dem großen Lauf. Die zweite Perspektive kann sich nun also auf die Läuferin richten. Hier will und kann das Buch kein Lauftrainer sein. Allerdings kommen mir hier einige Aspekte doch zu kurz. Ultraläufe, egal wie positiv sie in diesem Fall auf die Psyche der Autorin gewirkt haben, sind und bleiben Raubbau am Körper. Wer etwas anderes behauptet, lügt. Es muss also nicht Extremsport sein. Frau Wensel hat für sich diesen Weg gewählt. Ihr großes Ego lässt keine halben Sachen zu. Nach wenigen Wochen als Läuferin nimmt sie an einem 10 km Lauf teil, dann folgen bald die ersten Marathons. Es scheint wie ein innerer Zwang zu sein, sich selbst zu beweisen, dass man auch mit mehr Gewicht etwas leisten kann. Ich unterstelle Frau Wensel kein mangelndes Selbstwertgefühl. Aber als Läufer kenne ich meine Grenzen und weiß, was mir gut tut. Manchmal bezweifle ich bei der Lektüre, ob Frau Wensel das weiß. Als Ratgeber für Menschen mit ähnlichen Problemen taugt das Buch also nicht. Allerdings macht es allen Mut, die sich nicht trauen, sich große Aufgaben zu stellen. Man kann alles schaffen. Wohlgemerkt, muss man aber nicht. Manchmal ist weniger mehr. Bei diesem kurzen Buch hätte ich mir hingegen manche Kapitel etwas länger gewünscht, der Untertitel vom schweren Weg zur Ultraläuferin kommt mir etwas zu flott erzählt daher. Umrahmt wird das Buch von einigen Fotos, die hauptsächlich idyllischer Natur sind. Ein paar Fotos blutiger Füße hätte vielleicht die wahren Strapazen einer solchen Tortur gezeigt und würde unerfahrene Nachahmungstäter zur Vorsicht gemahnen. Eine faszinierende Lebensgeschichte, die meiner Meinung nach zu kurz komm und eine Läuferkarriere, die auf jeden Fall beeindruckt, aber kein Rezept für jedermann sein kann.