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Benutzername: 
Lunamonique
Wohnort: 
Bremen

Bewertungen

Insgesamt 416 Bewertungen
Bewertung vom 24.06.2020
Halligmord / Minke-van-Hoorn Bd.1
Henning, Greta

Halligmord / Minke-van-Hoorn Bd.1


gut

„Halligmord“ ist der erste Kriminalroman von Autorin Greta Henning. Wer sich hinter dem Pseudonym verbirgt bleibt offen.

Kommissarin Minke van Hoorns erster Kriminalfall ist kniffelig. Ein mysteriöser Fund stellt Fragen auf. Minke überredet ihren Zwillingsbruder, Rechtsmediziner Bo, behilflich zu sein. Auf der Hallig Nekpen gilt es ein Geheimnis zu lüften. Die Ermittlungen sorgen für Unruhe.

Der Einstieg mit einem perfektionistischen Charakter hat etwas unterschwellig Beklemmendes. Spannung will im ersten Buchdrittel nicht aufkommen. Es lässt sich schnell erahnen, wer das Opfer ist. Interessant ist Minkes Werdegang von der Meeresbiologin zur Kommissarin. Sie tritt überraschend in die Fußstapfen ihres verstorbenen Vaters Michael van Hoorn. Mit Minkes faulem und sturen Kollegen Klaus, der sich wenige Tage vor der Rente nicht mehr an den Ermittlungen beteiligen will, fließt Humor ein. Wer ist Minkes verspäteter, neuer Assistent, der über lange Strecken noch gar nicht in Erscheinung tritt? Diese Frage weckt Neugierde. Am Erzählstil hapert es. Es kommt keine fesselnde Atmosphäre auf. Der Kreis der Verdächtigen ist klein. Bis auf Klaus wirken alle Charaktere blass. Selbst Minke fehlt es an Eigenarten. Die seltsame Esther entspricht zu sehr Klischees. Mehr persönlicher Stil der Autorin hätte geholfen. So lässt der Auftakt Intensität missen. Das Tempo ist zu langsam. Es gibt keine packenden Szenen. Eine Wahrheit überrascht. Sie passt nicht ins vorherige Bild. Selbst eine eigentlich zunehmende Dramatik verliert sich. Viel zu zögerlich und seltsam ziellos fällt eine Suche aus. Gelungen dargestellt wird die Hallig-Kulisse. Wobei auch hier etwas zu sehr auf die Wetterkarte gesetzt wird. Es fehlt an neuen Ideen. Erst im letzten Buchdrittel dreht die Geschichte etwas auf. Viel zu spät, der Plot hat längst an Überzeugungskraft verloren. Das Ende ist gelungen, das letzte Kapitel dagegen eher überflüssig.

Das Cover setzt auf den Titel. Tatsächlich erregt der ungewöhnliche Handlungsort Aufmerksamkeit. „Halligmord“ erfüllt nicht die Erwartungen eines fesselnden, urigen Nordseekrimis. Potential ist da, was noch mehr wesentlich mehr ausgeschöpft werden kann. Auch muss dringend an den Charakteren gefeilt werden. Das neue Ermittlerteam weckt die Neugierde auf Band 2.

Bewertung vom 22.06.2020
Der Weg in die Freiheit / Riviera-Saga Bd.2
Kröhn, Julia

Der Weg in die Freiheit / Riviera-Saga Bd.2


ausgezeichnet

In Band 2 „Riviera – Der Weg in die Freiheit“ von Autorin Julia Kröhn stehen eine große Liebe und bewegende Schicksale im 2. Weltkrieg im Vordergrund. Geschichtliches verbindet sich gekonnt mit Wegen, die sich auf überraschende Weise kreuzen.

„Frankfurt, 1938: Für die Nazis gilt die Sehnsucht nach Italien als "urdeutscher Trieb", und Reisen dorthin erfreuen sich weiter großer Beliebtheit. Salome nutzt die Trips nach Rom, die das Reisebüro ihres Vaters organisiert, um jüdischen Familien zur Ausreise aus Deutschland zu verhelfen. Als Mussolini diese nicht länger in seinem Land duldet, flieht sie mit ihnen über das Mittelmeer nach Frankreich.“

„Was bisher geschah...“ gibt Auskunft über die Geschehnisse in Band 1. Ein nettes Extra, aber eigentlich nicht nötig. Zu frisch sind die Erinnerungen des Lesers an den Riviera-Auftakt. Mit dem ersten Kapitel wäre der Einstieg ohne Probleme gelungen. Die Gefahr für Fluchthelferin Salome ist groß und steigt noch im Laufe der Geschichte. Auch Félix geht hohe Wagnisse ein. Er avanciert mit seinen Eigenarten, Ironie, Spott, Humor, Mut und einem weit größeren Herzen, als sich erahnen ließ, zur Lieblingshauptfigur. Auch in gefährlichen Situationen behält er seine Sturheit bei, zeigt weder Angst noch Verzweiflung. Die steigende Gefahr und ungewisse Schicksale sorgen für Spannung. Auch einige Nebenfiguren wachsen einem ans Herz wie Herr Theodor, Leon und Marius. Im Laufe der Geschichte nehmen Tragik und Dramatik zu, immer wieder trennen und kreuzen sich Wege. Im Schrecken des Krieges gibt es immer wieder kleine Lichtblicke, Menschen, die Fluchtbeihilfe leisten und ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen. Das Geschichtliche bildet die Kulisse für eine filmreife Handlung. Jeder muss über sich hinauswachsen. Sehr gelungen sind Erzählstil und Sprache. Herr Theodor und Félix erhalten durch ihre spezielle Sprache und Leon durch Einfallsreichtum und Humor Persönlichkeit. Willkür und Deportationen sorgen für Entsetzen. Die Schlinge zieht sich enger. Es geht ums nackte Überleben. Schicksale rühren zu Tränen. Im letzten Buchdrittel treten Wahrheiten zu tage. Eine Entscheidung will nicht zum Charakter passen. Hier hinkt die Geschichte etwas. Das Ende ist nicht ganz wie erwartet, stellt aber zufrieden.

Das Cover hat Seriencharakter. Der Titel setzt den Inhalt perfekt in Szene. Farbwahl und Details passen guten zur Zeit. „Riviera – Der Weg in die Freiheit“ erfüllt die hohen Erwartungen. Eine fesselnde Geschichte um Freundschaft, Sehnsucht, Liebe, und Hoffnungen auf einen Neuanfang. Ein Hauch von „Vom Winde verweht“ schwingt mit. Sehr empfehlenswert!

Bewertung vom 06.06.2020
Dunkles Lavandou / Leon Ritter Bd.6
Eyssen, Remy

Dunkles Lavandou / Leon Ritter Bd.6


ausgezeichnet

„Dunkles Lavandou“ ist Band 6 der Leon-Ritter-Krimireihe von Schriftsteller und Drehbuchautor Remy Eyssen. Rechtsmediziner Leon Ritter bekommt es mit kniffeligen Fällen zu tun. Nichts ist, wie es auf den ersten Blick erscheint.

Eine Vermisste taucht auf ungewöhnliche Weise wieder auf. Die Umstände sprechen ein eindeutiges Bild, bis Rechtsmediziner Dr. Leon Ritter auf Ungereimtheiten stößt. Es handelt sich um einen grausamen Mord, der alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt. Polizeichef Zerna will Leons Theorien nicht folgen.

Der Prolog sorgt für einen beklemmenden Einstieg und greifbare, düstere Aussichtslosigkeit. Mit den ersten Seiten steigen die Erwartungen an eine packende Geschichte. Handlungswechsel, die südfranzösische Lebensart, Leons Vorliebe für Olivenöl und Captaine Isabelle Morells Faible für provenzalische Köstlichkeiten, bieten einen angenehmen Kontrast. Mit dem besonderen Handlungsort Le Lavandou, Eigenarten und Flair, kommt Atmosphäre auf. Leon Ritter mit seinen eigenwilligen Arbeitsmethoden ist eine interessante Hauptfigur. Er verschafft sich auf sympathische und selbstbewusste Weise Respekt. Seine Persönlichkeit und das Ermittlerteam Isabelle, Kadir und Masclau haben einen großen Anteil an der Intensität des Krimis. Persönliches fließt mit ein. Leon ist mit seinen Recherchen beschäftigt, während weitere Herausforderungen auf ihn und seine Familie hereinbrechen. Mit actionreichen Szenen kommt Hochspannung auf. Der Plot ist sehr gut durchdacht. Tempowechsel und filmreife Wendungen sorgen für einen hohen Unterhaltungswert. Spekulationen werden in Gang gesetzt, Mutmaßungen wieder verworfen. Der Täter wird aus der Reserve gelockt und bleibt doch im Dunkeln. Als Gegensatz zum klugen, überlegt und mutig handelnden Rechtsmediziner Leon Ritter fungiert ein Sonderermittler, der an seine Grenzen kommt. Neben Charakteren, Plot und originellen Fällen beeindruckt auch das medizinische Wissen, das z.B. mit verräterischen Spuren die Ermittlungen voranbringt. Während die Dramatik zunimmt, lädt ein Quäntchen Humor zum Schmunzeln ein. Die Zeit läuft gegen die Ermittler. Der Druck auf alle Beteiligten steigt. Das Ende kommt viel zu schnell. Zu sehr hat die Geschichte mitgerissen.

Der Titel weckt die Neugierde auf den Krimi. Über einer Idylle ziehen dunkle Wolken auf. „Dunkles Lavandou“ toppt die Erwartungen mit sehr gut inszenierten Winkelzügen, einem fesselnden Erzählstil und einer Fülle an Details, die Bilder im Kopf entstehen lassen. Das Pendeln zwischen Hochspannung und Atempausen fasziniert. Ein sehr empfehlenswerter Krimi.

Bewertung vom 02.06.2020
Belmonte Bd.1
Riepp, Antonia

Belmonte Bd.1


gut

Antonia Riepp ist das Pseudonym von Autorin Susanne Mischke. „Belmonte - Eine deutsch-italienische Familiensaga“ ist ihr erster Familienroman. Simona stößt auf ein dunkles Geheimnis.

Belmonte 1944, Teresas und Martas Leben nimmt eine schicksalhafte Wendung. Ihre Freundschaft wird auf eine große Belastungsprobe gestellt. Allgäu in der Gegenwart, Landschaftsgärtnerin Simona zweifelt an ihrer Beziehung zu Sebastian. Auch auf ihrer Arbeit gibt es Ärger. Eine Nachricht verändert alles.

Der Rätsel um eine der Hauptfiguren wird zum roten Faden der Geschichte. Der Wechsel zwischen den Handlungssträngen gelingt flüssig und irritiert nur selten. Die Geschehnisse in Kriegs- und Nachkriegszeiten fesseln mehr. Teresas und Martas Freundschaft hat Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen. Der Plot und die Verstrickungen sind gut inszeniert. Im Mittelpunkt stehen die Frauen der vier Generationen, und zwei Handlungsorte, Belmonte in Italien und das Allgäu. Belmonte entwickelt gewichtigere Atmosphäre. Bald ist der Leser einer Hauptfigur voraus. Sie ahnt nichts von den damaligen Ereignissen und Beweggründen der Urgroßmutter. Es gibt Charaktere, die sich mehr ins Herz spielen und andere in den Hintergrund drängen. Simonas Oma Franca bildet einen besonderen Part. Sie ist auf sympathische Weise ein Motor der Geschichte. Simona erfährt, dass auch sie Geheimnisse hatte. Gelungen ist die Idee, wie Details aus der Vergangenheit ans Tageslicht kommen. Das Thema „Große Liebe“ wird mit verschiedenen Schicksalen verflochten. Nicht immer sind Entwicklungen und Ausgang nachvollziehbar. Das Glück hängt stets am seidenen Faden. Im letzten Buchdrittel sorgen die Liebesirrungen und Wirrungen für weniger Atmosphäre. Eine ältere Hauptfigur überzeugt mit Eigenwilligkeit, Emotionen und Tatendrang. Puzzlestücke fügen sich zusammen. Die Auflösungen zum Schluss sind weniger spannend als erwartet. Ein bisschen Enttäuschung kommt auch mit einer letzten Entscheidung auf.

Die Coverszene entführt in ein anderes Land und in eine andere Zeit. Gut gelungen ist die Kombination der Farben. Der Titel wäre mit einer anderen Platzierung noch besser ins Auge gefallen. „Belmonte – Eine deutsch-italienische Familiensaga“ erzählt von starken Frauen und ihren berührenden Schicksalen. Wünsche, Ziele und das Glück stehen auf gläsernen Füßen. Mit Verstößen gegen die Regeln, dem Kampf um Freiheiten und eigene Entscheidungen entwickeln sich spannende Passagen. Trotz kleiner Mankos empfehlenswert.

Bewertung vom 01.06.2020
Die verlorene Frau
Gunnis, Emily

Die verlorene Frau


gut

Mit ihrem Debüt-Roman „Das Haus der Verlassenen“ gelang Schriftstellerin und Drehbuchautorin Emily Gunnis der Durchbruch. In „Die verlorene Frau“ hat ein Verbrechen Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen.

Während Ehemann und Reisefotograf Adam in Nigeria seinem Job nachgeht, kommt Jessis Baby zur Welt. Vater Harvey tut alles, um Jessi die aufsteigende Panik und Verlustangst um ihr Kind zu nehmen. Als er das Krankenhaus verlassen muss, gelingt Jessi mit ihrem kranken Baby die Flucht.

Das erste Buchdrittel verwirrt mit einem Erzählstil, der ständig in Zeit und Perspektiven springt. Welches Geheimnis umrangt ein altes Verbrechen, und warum hat es Auswirkungen auf die Geschehnisse 2014? Es fällt anfangs schwer, mit den Charakteren mitzufühlen. Die ständigen Handlungswechsel machen es unmöglich, Nähe zu den Hauptfiguren aufzubauen. Auffällig sind bald die vielen unterschiedlichen Traumata und Psychosen. Die Geschichte wirkt davon zu überlastet. Eine plötzliche Ich-Perspektive sorgt für zusätzliche Verwirrung. Der Erzählstil lässt auch hier erst nur Vermutungen zu. Immer mehr Wahrheiten kommen zu tage. Spannung mag sich nicht aufbauen. Ein weiterer Handlungsort entführt in eine andere Zeit und entwickelt etwas mehr Intensität. Die Emotionen werden greifbarer. Warum ist Jessi mit ihrem Baby aus dem Krankenhaus geflohen? Hat sie etwas entdeckt? Ihr Verhalten bleibt rätselhaft, gerade auch weil sie ihr Kind in Gefahr bringt. Sämtliche Charaktere, ob Haupt- oder Nebenfiguren, bleiben zu blass. Die Stimmung des Romans ist durch die Traumata und familiären Verstrickungen drückend. Es gibt keine Identifikationsfigur und Persönlichkeit, die einem ans Herz wächst. Für Harriet kommt immer mehr Verständnis auf. Ihr Schicksal schockiert. Im letzten Buchdrittel entfaltet ein geschickter Winkelzug des Plots seine Wirkung. Die einzelnen Fäden lassen sich mehr nachvollziehen. Es kommt mehr Atmosphäre auf. Warmherziges fließt mit ein. Die Charaktere bekommen mehr Konturen. Auflösung und Ende sind schlüssig. Interessant ist die Anmerkung der Autorin im Anschluss.

Die Coverszene stimmt auf eine schicksalhafte und verhängnisvolle Geschichte ein. Der Titel wirkt nicht sehr kreativ. Details unterstreichen die Düsternis der Geschichte. „Die verlorene Frau“ hinterlässt einen zwiegespaltenen Eindruck. Um den Roman wirklich beim Lesen zu entschlüsseln, sollte man sich Zeit nehmen. Am Ende hinterlässt er Eindruck mit dem Hinweis auf eine besondere Kulisse und die daraus verwobene Geschichte.

Bewertung vom 30.05.2020
Die Tribute von Panem X: Das Lied von Vogel und Schlange / Die Tribute von Panem Bd.4
Collins, Suzanne

Die Tribute von Panem X: Das Lied von Vogel und Schlange / Die Tribute von Panem Bd.4


ausgezeichnet

Mit Band 4 „Die Tribute von Panem - Das Lied von Vogel und Schlange“ ergänzt Autorin Suzanne Collins ihre „Tribute von Panem-Reihe“-Trilogie. Die Handlung spielt 64 Jahre vor Band 1.

Der 18jährige Coriolanus Snow, bester Schüler der Akademie, sieht im Mentorenprogramm und einem vielversprechenden Tribute die einzige Chance, seine Familie aus der Armut herauszuholen. Das Einzige, was sie noch besitzen ist das Penthouse im Kapitol. Die Demütigung, dass ihm ausgerechnet das Mädchen aus Distrikt 12 zugewiesen wird, ist schwer zu ertragen.

Der Einstieg mit dem jungen, verzweifelten Coriolanus, der mühsam den Schein zu wahren versucht, ist sehr gelungen. Nur die Wenigsten wissen, wie es tatsächlich mit dem Reichtum der Snows aussieht. Der Fokus der Geschichte liegt auf zwei Hauptfiguren. Mit dem Auftauchen von Coriolanus' eigenwilligem Tribute Lucy Gray Baird nimmt die Intensität zu. Das Mädchen fasziniert mit Mut, Klugheit und Einfallsreichtum und stiehlt Snow bald die Show. Das Kennenlernen der beiden, die wachsende Verbindung ist sehr gut in Szene gesetzt. Fast vergisst man als Leser die Brutalität, die hinter allem steckt, bis sie auf überraschende Weise Grauen verursacht. Nicht nur Lucy Gray hat Persönlichkeit, sondern auch alle weitere Akteure der Hungerspiele. Mentor Sejanus wird für Coriolanus zur ungewohnten Herausforderung. Zweifel an den Spielen fließt ein. Die an den Fäden ziehen lassen keine Auswege zu und verteilen Lektionen. Mentoren wie Tribute werden zu Schachfiguren in einem abgekarteten, grausamen Spiel. Zahlreiche Überraschungseffekte lassen den Atem stocken. Einiges ist nicht nur für die Charaktere schwer zu ertragen. Der Plot ist sehr gut gedacht und legt den Fokus auf Entwicklungen und Veränderungen. Verrat, Heimtücke, Manipulation, der Überlebenskampf hat längst begonnen. Es gibt keine Sicherheit mehr. Gut dargestellt sind Mitgefühl und Gewissensbisse. Keiner der Mentoren und Tribute ist eiskalt, sondern muss seine Emotionen in den Griff kriegen. Kaum etwas lässt sich vorhersehen. Geschickt eingefädelte Wendungen sorgen für Spannung. Im letzten Buchdrittel zieht sich die Geschichte mal etwas etwas hin, mal überschlagen sich die Ereignisse. Nicht immer lassen sich Misstrauen und Sinneswandel so richtig nachvollziehen. Manches bleibt im Dunkeln. Im Ende steckt Ironie.

Goldene Details und der Titel ziehen alle Blicke aufs Buch. Das Düstere wird mit dem schwarzen Hintergrund perfekt untermalt. „Die Tribute von Panem – Das Lied von Vogel und Schlange“ fesselt mit einem jungen, noch fast unverdorbenen Coriolanus und einer schicksalhaften Geschichte, die ihm den Stempel aufdrückt. Welche Grenzen überschreiten Menschen in Ausnahmesituationen? Steckt in jedem ein Monster? Die Fragen werden in eine originelle, packende und filmreife Story verpackt.

Bewertung vom 21.05.2020
Lips Don't Lie
Scott, Ginger

Lips Don't Lie


ausgezeichnet

In „Lips don't lie“ von Autorin Ginger Scott kämpft eine rebellische Protagonistin gegen das Schicksal an und sieht das Gute in Jemanden, der sich längst verloren glaubt.

„The more you love, the less you fear. Tristan ist seit dem Tod seines Vaters Mitglied in der FiftySeven, der gefährlichsten Gang in Millers, Arkansas. Wer dabei ist, gehorcht. Wer austreten will, stirbt. Alle Hoffnungen auf eine bessere Zukunft hat Tristan längst aufgegeben - bis Riley in sein Leben tritt. Doch er darf ihr seine Gefühle niemals zeigen, denn wer ihm etwas bedeutet, wird zur Zielscheibe der Gang.“

Der Prolog macht eine verhängnisvolle Nähe und Bewunderung greifbar, eine Hauptfigur, die in viel zu jungen Jahren zum Spielball geworden ist. „Tristans Geschichte ist nicht nur ausgedacht. Teile davon sind sehr real, basieren auf einigen tragischen Lebensgeschichten, von denen ich viele persönlich kenne. Manchmal werden gute Menschen in schlimme Dinge verwickelt und manchmal gibt es keine Wahl.“ Das Thema „Gangmitglieder“ wird in eine mitreißende, fesselnde Geschichte verpackt. Die Ich-Perspektiven ermöglichen viel Nähe zu den beiden Hauptfiguren. Tristan und Riley und ihre Emotionen stehen im Mittelpunkt des Romans. „Ich habe Angst vor ihr. Aber noch mehr Angst um sie.“ Eine anhaltende, unterschwellige Bedrohung sorgt für Spannung. Tristan kämpft ums Überleben. Er kann sich keine Träume und Sehnsüchte erlauben. Er muss funktionieren, darf keine Schwächen zeigen. Frust, Angst, Verzweiflung, Hass, Wut, die Gefühle fahren Achterbahn. Es geht um Freundschaft und Liebe. Der kleinste Fehler kann den Tod bedeuten. Auf der einen Seite die taffe Rebellin, auf der anderen Seite ein sympathischer Gangster, der längst an seinem Weg zweifelt. Haben die beiden eine Chance? Nicht ausgebaut werden rätselhafte Geschehnisse. Das Lauernde wird nicht völlig ausgespielt. Zwei Persönlichkeiten sorgen für Atmosphäre und rührselige bis herzergreifende Szenen. Eine gemeinsame Leidenschaft ermöglicht ungewöhnliche Kulissen und Szenen. Das Düstere wirkt filmreif und real. Etwas zu kurz kommen die Nebenfiguren. Die Intensität leidet darunter nicht. Im letzten Buchdrittel nimmt die Geschichte Fahrt auf. Wendungen und Showdown sind anders als erwartet. Manches rührt zu Tränen. Die Verwicklungen sind gelungen.

Der Titel lässt den Inhalt nicht erahnen. Mit wenigen Mitteln erregt das Cover Aufmerksamkeit. Es wirkt anziehend und modern. „Lips don't lie“ist eine ungewöhnliche und herzerwärmende Liebesgeschichte, die in einer düsteren Welt voller Fallstricke spielt. Mehr Packendes wäre möglich gewesen. Der Fokus auf Tristan und Riley geht auf. Eine Geschichte, die man nicht so schnell vergisst. „Und jetzt bin ich der Kerl, der ihr hilft. Genau in dieser Minute habe ich zwei Wege betreten – und ich darf nicht zulassen, dass sie sich kreuzen. Die Kollision würde tödlich enden.“

Bewertung vom 21.05.2020
Nur einen Herzschlag entfernt
Carlino, Renée

Nur einen Herzschlag entfernt


ausgezeichnet

„Nur einen Herzschlag entfernt“ ist nach „Sweet Thing“ und „Dieser eine Augenblick“ das neueste Werk von Schriftstellerin und Drehbuchautorin Renée Carlino.

Mitbewohnerin Cara drängt ihre beste Freundin Emiline „All die Straßen auf unserem Weg“ von Autor J. Colby zu lesen. Der Bestseller hat sie begeistert. Kaum ist Emiline in die ersten Zeilen vertieft, schlägt ihr Herz schneller. Das Buch handelt von ihrer Kindheit. Nur einer kann es geschrieben haben: Jackson Fisher. Vor zwölf Jahren hat sie ihre erste große Liebe das letzte Mal gesehen.

Die Idee zur Geschichte ist originell. Eine große Liebe, die zerbricht und ein Buch, das alle Erinnerungen an damals wieder zum Leben erweckt. Was ist passiert? Der Grund für das Ende bildet ein Rätsel und den roten Faden der Geschichte. Emiline zweifelt an ihrer Beziehung zu Trevor. Sind sie sich wirklich nahe und vertraut oder kennen sie sich eigentlich nicht wirklich? Das Buch platzt in Emilines aufgeräumtes Leben wie ein Tsunami und stellt alles auf den Kopf. Will sie sich der Vergangenheit stellen? Kann sie ihre Wut auf den Verfasser in den Griff kriegen? Wie die Hauptfigur fiebert auch der Leser mit, wie und wo Emiline und Jackson alias Jason genannt Jase aufeinander treffen. Die Liebesgeschichte der beiden fesselt von der ersten Sekunde an. Mit den Romanausschnitten entwickelt sich das Buch zum Pageturner. Fast gerät die Hauptgeschichte dabei ins Hintertreffen. „Warum hat Jase dieses Buch geschrieben? Warum erzählt er es aus meiner Perspektive? Hat er gehofft, ich würde es lesen?“ Das Eintauchen in die Vergangenheit der beiden rührt bald zu Tränen. Unfassbar, was die Zwei erlebt haben und welche Hindernisse ihnen in den Weg gelegt wurden. Die Intensität der Liebesgeschichte erinnert an Filme wie „Love Story“. „Es ist einfach nicht möglich, jemanden aus tiefster Seele zu hassen, wenn man ihn nicht auch wenigstens ein bisschen liebt.“ Emiline kämpft mit ihren Gefühlen und muss sich ihrer Vergangenheit stellen, auch wenn das alte Wunden wieder aufreißt. „Warum hat er mich nicht gesucht? Will ich überhaupt gefunden werden?“ Jase bringt mit seinem Auftauchen und seiner besonderen Art auch Humor ins Spiel. In seinem Roman vermischen sich Wahrheit und Fiktion. Kann Emiline ihm verzeihen?

Die verschwommene Lichterszene auf dem Cover und der kreative Titel stimmen auf eine romantische Geschichte ein. Die Farbwahl unterstreicht die Atmosphäre. „Nur einen Herzschlag entfernt“ übertrifft alle Erwartungen. Das Thema „Erste große Liebe“ wird auf originelle, herzergreifende und erschütternde Weise umgesetzt. Ein Buch, das man nicht mehr aus der Hand legen mag und mindestens zu einer zweiten Lektüre animiert. Sehr empfehlenswert!

Bewertung vom 17.05.2020
Young Rebels
Knödler, Benjamin;Knödler, Christine

Young Rebels


ausgezeichnet

In „Young Rebels - 25 Jugendliche, die die Welt verändern!“ vom Autorenduo Benjamin und Christine Knödler kämpfen 25 junge Rebellen um Freiheit, Gleichberechtigung, Bildung, Demokratie, Natur- und Umweltschutz und vieles mehr.

„Wer einmal angefangen hat, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen, wird vieles finden, was sich verbessern lässt. So wie Hailey Fort es vormacht. Der Welt hat sie ein menschlicheres Gesicht gegeben. Ihr Facebook-Foto zeigt sie vor einem ihrer mobilen Unterkünfte, wie sie lachend ein Schild hochhält. „Liebe gewinnt“ steht darauf. Danach können alle handeln, ganz egal, wie klein oder groß sie sind. Ganz egal, wie klein oder groß ist, was wir tun.“

Das Vorwort beleuchtet Hintergründe und Entstehung des Buches und stimmt auf 25 spannende Porträts ein. Das ein oder andere Gesicht, der ein oder andere Name ist geläufig. Klima-Aktivistin Greta Thunberg zählt genauso zu den jungen Rebellen wie Bildungs-Aktivistin Malala Yousafzai und Umwelt-Aktivist und Erfinder Boyan Slat. Nicht nur die Menschen hinter dem Engagement begeistern sondern auch die Themenvielfalt. Karolina Farská kämpft gegen Korruption in der Slowakei. Poetry-Slammer Solli Raphael setzt sich für soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz ein. Das Buch erzählt, wie sie zu Aktivisten geworden sind, mit welchen Widerständen sie kämpfen mussten und was sie inzwischen erreicht haben. Vollständig kann die Auflistung nicht sein. Die 25 jungen Menschen stehen für Viele auf der Welt, die Dinge hinterfragen, auf Missstände aufmerksam machen und sich mit besonderer Leidenschaft engagieren. Illustratorin Felicitas Horstschäfer setzt die Gesichter der 25 Aktivisten in Szene und zeigt das Kämpferische in prägnanten Details. Der Einsatz, die Lebensaufgaben der jungen Rebellen beeindrucken. Alle haben sie ihr Herzensprojekt gefunden. Jeder auf seine Weise ist Weltenretter und Game Changer. Zu Tränen rührt Emma González, Aktivistin für strengere Waffengesetze. Sie hat am 14. Februar 2018 den Amoklauf an der Marjory Stoneman Douglas High School miterlebt. Ihr Porträt enthält Ausschnitte aus ihrer Rede vom 24.März 2018 in Washington D.C.. In jedem der Porträts stecken auch die Probleme unserer Welt. Das alles so geballt zu lesen, lässt niemanden kalt. „Ich wünsche mir eine breite, offene und couragierte Gesellschaft. In Teilen ist die Gesellschaft noch zu leise. Ich wünsche mir, dass sich noch mehr Leute einbringen, dass noch mehr Leute schlechte Entwicklungen nicht ignorieren, sondern aktiv und bunt dagegenhalten.“ Zitat Jakob Springfeld, Aktivist für Klimaschutz und gegen Rechts.

Der Titel zieht alle Blicke aufs Buch. Spielerische Details weisen auf Inhalt und Themenvielfalt hin. „Young Rebels – 25 Jugendliche, die die Welt verändern!“ ist für Kinder ab 10 Jahren gedacht, spricht aber auch die ganze Familie an. Die Porträts können Mut machen, sich selbst zu engagieren und sein eigenes Herzensprojekt zu finden. Sehr empfehlenswert für alle Wissbegierigen und zukünftige Weltenretter.

Bewertung vom 14.05.2020
Der Traum vom Meer / Riviera-Saga Bd.1
Kröhn, Julia

Der Traum vom Meer / Riviera-Saga Bd.1


gut

„Riviera - Der Traum vom Meer“ ist Band 1 der Riviera-Saga von Autorin Julia Kröhn. Mit Band 2 „Der Weg in die Freiheit“ endet die Familiensaga um Salome.

Frankfurt 1922, die achtjährige Salome träumt vom Meer. Sie hat es noch nie gesehen und kann nicht schwimmen. Untermieterin Paola, eine geborene Italienerin, teilt die Sehnsucht. Sie steckt hinter der Idee, dass Salomes Vater, der ein Reisebüro besitzt, zukünftig Reisen nach San Remo an die Riviera anbietet. Auf ihrer ersten gemeinsamen Italien-Reise lernt Salome Ornella, die Tochter des Hotelbesitzers Renzo Barbera kennen.

Salomes Sehnsucht nach dem Meer ist ein gelungener Einstieg. Das Mädchen hat eine besondere Phantasie und lässt sich auch von der strengen Großmutter nicht ausbremsen. Humor fließt mit Oma Tildas seltsamen Versuchen, ihre Erziehungsmethoden durchzusetzen, ein. Salome heckt mit Paola Schabernack aus. Die junge Frau bietet ihr Halt, bis ein Schicksalsschlag alles ändert. Am neuen Handlungsort italienische Riviera kann sich die Atmosphäre erst richtig entfalten. Herzergreifend ist die Freundschaft zwischen Salome und Ornella, die bald auf eine harte Probe gestellt wird. Das Gegensätzliche zeigt sich sowohl körperlich als auch im Wesen. Durch Salome kommt Ornella aus sich heraus. Sie fühlt sich dennoch weiterhin unscheinbar und muss um Respekt kämpfen. Die Annäherung an eine sperrige und eigenwillige weitere Hauptfigur fällt schwer. Er hat ein Faible für Schauriges, liebt den Tod und redet gerne in Zitaten. Faszination mag so lange nicht aufkommen, bis er sich etwas öffnet und Herz zeigt. Politisches und Geschichtliches fließt eher am Rande ein. Die Aufteilung des Buches in Jahresabschnitte ist gelungen. Aufgrund der Zeitsprünge kommt öfters die Frage auf, wie alt die Hauptfiguren gerade sind. Salome und Ornella beweisen viel Einfallsreichtum und lenken ihre Väter, ohne dass diese es groß bemerken. Bald spielt die Liebe eine zentrale Rolle und bringt das Leben der beiden durcheinander. Im letzten Buchabschnitt nehmen die bedrohlichen Veränderungen in Deutschland mehr Gewicht ein. Salome erkennt ihren Weg. Ihr Kampfgeist ist bewundernswert, und die Spannung auf Band 2 steigt.

Die Sehnsucht nach Meer und die Atmosphäre des Handlungsortes werden anziehend in Szene gesetzt. Der Titel weckt die Neugierde. „Riviera – Der Traum vom Meer“ entwickelt Intensität mit einer besonderen Freundschaft und interessanten Handlungsorten. Die Veränderungen der Charaktere sind gelungen dargestellt. Das Mitreißende hält nicht durchgehend an. So manches Verhalten ist nicht nachvollziehbar. Bewundernswert sind die, mit dem geschichtlichen Hintergrund verwobenen, Ideen und miteinander verbundenen Schicksale.