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Zabou1964
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Krefeld

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Insgesamt 195 Bewertungen
Bewertung vom 13.08.2013
Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer
Capus, Alex

Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer


ausgezeichnet

Seit „Léon und Louise“ steht der Autor Alex Capus bei mir ganz hoch im Kurs. Ich liebe seinen scheinbar nüchternen Erzählstil, der die bewegenden Geschichten seiner Protagonisten dem Leser nahe bringt. Auch mit seinem neuesten Werk konnte er mich wieder bestens unterhalten und ließ mich ein besonderes Verhältnis zu seinen Charakteren aufbauen.

Capus erzählt die Geschichte dreier Schweizer, die sich vermutlich nie im Leben begegnet sind. In seiner Fantasie könnte dies aber im November 1924 geschehen sein. Am Züricher Hauptbahnhof könnten sich ihre Wege gekreuzt haben. Laura d’Oriano war damals ein 13-jähriges Mädchen, das mit ihren Eltern auf dem Weg nach Marseille ist. Sie träumt von einer Karriere als Sängerin. Der Züricher Felix Bloch hat gerade die Schule abgeschlossen und muss sich entscheiden, was er studieren will. Auf jeden Fall will er mit seinem Wissen nicht der Kriegsmaschinerie dienen. Und dann gibt es da noch Emile Gilliéron, der mit der Asche seines Vaters im Zug sitzt und diese in dessen Heimat verstreuen will. Er ist, genau wie der Verstorbene, ein Maler, der seine Berufung darin gefunden hat, im Dienst berühmter Archäologen zu stehen und Details, die die langen Jahre im Boden zerstört haben, mit etwas Fantasie wieder zu vervollständigen.

Die Protagonisten habe alle drei tatsächlich gelebt. Alex Capus hat deren Leben sehr exakt recherchiert. Was sich nicht nachweisen ließ, hat er sich ausgedacht. Dies ruft er seinen Lesern aber immer wieder in Erinnerung. Es gibt Sätze, die mit „vielleicht“ oder „es könnte sein, dass“ beginnen. Das ist ein sehr ungewöhnlicher Stil, der mir jedoch ausgesprochen gut gefällt.

Keine der drei Hauptfiguren macht am Ende das, was sie wirklich wollte. Laura wird unfreiwillig zur Spionin, Felix studiert Physik und baut mit anderen Wissenschaftlern zusammen die Atombombe und Emile wird zum Handlanger von Arthur Evans, der meint, den Palast des Minos in Knossos auf Kreta entdeckt zu haben. Alle drei Schicksale haben mich sehr bewegt.

Capus ist es auf nur 282 Seiten gelungen, mir alle drei Menschen mit ihren Stärken und Schwächen nahe zu bringen. Besonders interessant fand ich die Vorgänge auf Kreta, da ich selbst schon diesen „Palast des Minos“ besucht habe und von der archäologischen Seriosität dieses Projekts nicht wirklich überzeugt war. Auch Lauras Geschichte ist mir nahe gegangen. Ihr Traum, eine ernsthafte Gesangskarriere einzuschlagen, zerplatzt leider sehr schnell. Also tritt sie, wie ihre Mutter, in Varietés auf, bis sie zur Spionin wird. Dem Schaffen Felix Blochs konnte ich jedoch nur schwer folgen. Schon in der Schule war mir das Fach Physik verhasst. Auch Alex Capus‘ interessanter Schreibstil konnte mir die Materie leider nicht näherbringen.

In einem Interview, das ich vor kurzem im TV gesehen habe, sagte der Autor, dass er mit seinen Büchern die Leser nur unterhalten wolle. Sie sollten dabei nicht auf die Sprache achten. Hier muss ich Alex Capus leider enttäuschen. Manche Sätze waren so schön, dass ich sie mehrfach gelesen und zum Teil sogar in ein Heft mit besonders schönen Sätzen abgeschrieben habe. Entschuldigung, Herr Capus, wenn ich nicht auf Ihre Sprache achten soll, dann müssen sie sich einen weniger ausgefeilten Schreibstil zulegen.

Fazit:
Drei Menschen, drei Schicksale, verwebt zu einem Buch, bei dem ich jeden Satz genossen habe.

© Simone Kühlewind

7 von 10 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.07.2013
Du bist fort und ich lebe
Schmöe, Friederike

Du bist fort und ich lebe


ausgezeichnet

Friederike Schmöe gehört zu meinen bevorzugten Krimiautorinnen. Umso erstaunter war ich, als ich ihr neuestes Werk las, das ich selbstverständlich sofort nach Erscheinen haben musste. Obwohl auch diese Geschichte sehr spannend ist, hat sie mit einem Kriminalroman nur wenig zu tun. Der Gmeiner Verlag führt das Buch übrigens unter der Rubrik „Frauenromane“, wo es meiner Meinung nach nicht hingehört. Für mich ist es Belletristik im wahrsten Sinne des Wortes.

Die junge Designerin Samantha May, die von allen nur Sam genannt wird, hat schwer unter ihrer Familie zu leiden. Sie passt sich immer an und ist stets für alle verfügbar. Aus diesem Grunde bereitet sie auch eine Ausstellung vor, die aus Anlass des 60. Geburtstags ihrer Mutter Victoria May, einer Malerin, ansteht. Bei den Vorbereitungen stößt sie auf ein Foto, das ihre Mutter mit einer jungen Frau zeigt, der Sam zum Verwechseln ähnlich sieht. Als sie in ihrer Familie nachfragt, stößt sie auf eine Mauer des Schweigens. Bei ihren Recherchen lernt sie den Journalisten Roman kennen, der ihr bei der Suche nach der Wahrheit behilflich ist. Was die beiden herausfinden, erscheint ungeheuerlich. Aber die Wahrheit lässt sich nicht länger verschweigen.

Der Schreibstil der Autorin fesselt mich jedes Mal aufs Neue. Ihre Geschichten sind nicht spektakulär. Was ihre Protagonisten erleben, könnte jedem von uns passieren. In welcher Familie gibt es kein Geheimnis? So außergewöhnlich wie das der Familie May mag es nicht sein, aber ich konnte mich sehr gut in Samantha hineinversetzen. Besonders gefallen hat mir das innige Verhältnis zu ihrer Großmutter Blanca. Die Unsicherheit Samanthas hat bestimmt jeder Leser schon einmal erlebt. Frau Schmöe beschreibt ihre Protagonisten so genial, dass ich immer mit ihnen fühlen kann.

Die Geschichte ist im Präsens verfasst, woran ich mich zunächst gewöhnen musste. Sehr hilfreich fand ich, dass nicht nur aus Samanthas Sicht erzählt wurde. So war ich ihren Recherchen das ein oder andere Mal einen Schritt voraus, was die Spannung jedoch nicht geschmälert hat.

Womit wir bei meinem einzigen Kritikpunkt wären: der Titel des Romans. Ich gehe davon aus, dass die Autorin hierbei keinen Einfluss hatte. Ich möchte an dieser Stelle nichts über den Inhalt des Buches verraten. Aber der Titel ist wirklich extrem schlecht gewählt. Wer das Buch gelesen hat, weiß warum.

Obwohl dies mein Lesevergnügen ein wenig getrübt hat, führt es nicht zu einer Abwertung. Meine Bewertung richtet sich nach dem Inhalt, nicht nach dem Äußeren eines Buches. Ich kann nur jedem raten, sich weder vom Genre noch vom sperrigen Titel abhalten zu lassen, dieses Werk zu lesen. Es beinhaltet eine spannende Familiengeschichte, die mich von der ersten bis zur letzten Seite fesseln konnte.

Fazit:
Frau Schmöe hat zu ihrer alten Form zurückgefunden. Obwohl dieses Werk kein Krimi ist, bietet es viel Spannung – aber auch Gefühl.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.07.2013
Feuer der Götter
Simon, Stefanie

Feuer der Götter


ausgezeichnet

Obwohl Fantasy normalerweise nicht zu meinen bevorzugten Genres gehört, haben mich an diesem Roman das Cover und der Klappentext angesprochen und mich zu dem Debütroman der Autorin Stefanie Simon greifen lassen. Damit hatte ich einen echten Glücksgriff getan, denn „Feuer der Götter“ hebt sich deutlich vom Einheitsbrei der Fantasylektüre ab. Der Autorin ist es gelungen, eine faszinierende Welt zu erschaffen, in die ich voll und ganz eintauchen konnte.

Die junge Stadtfrau Naave führt im sogenannten Graben ein ärmliches Leben und träumt davon, in einer besseren Gegend neu zu beginnen. Als ihr unverhofft der Feuerdämon Royia förmlich vor die Füße fällt, sieht sie ihre Chance gekommen. Auf Feuerdämone ist vom Palast eine Fangprämie ausgesetzt, denn sie gelten als äußerst gefährlich. Also bringt Naave Royia zum Palast. Aber dort kommt alles anders, als sie es sich erhofft hat. Eine spannende Geschichte beginnt.

Der Autorin ist es gelungen, eine Welt zu erschaffen, die faszinierender kaum sein könnte. Die Namen und Lebensumstände erinnern an die Inkas. Die Sprache ist so bildhaft, dass ich mich fühlte, als ginge ich an der Seite von Naave und Royia durch den Dschungel. Besonders beeindruckend fand ich die Flora und Fauna.

Zudem bietet der Roman eine äußerst spannende Geschichte, die durch zahlreiche Wendungen immer wieder für Überraschungen sorgt. Und auch die Romantik kommt in diesem Werk nicht zu kurz. Sehr langsam entwickelt sich eine Liebesgeschichte, die gegen alle Regeln verstößt. Die Charaktere und deren Handeln sind glaubhaft. Besonders an die vorlaute Naave hatte ich sehr schnell mein Herz verloren. Mit ihrer direkten und forschen Art war sie mir auf Anhieb sympathisch. Aber auch Royia, der eigentlich dazu bestimmt war, auf den Berg der Götter zu gehen und dort seine Aufgabe zu erfüllen, hat mir sehr gut gefallen.

Ich hoffe sehr, noch weitere Bücher aus der Feder der Autorin lesen zu dürfen. Wenn Fantasy so geschrieben ist, könnte es doch noch zu einem meiner bevorzugten Genres werden.

Fazit:
Spannende Unterhaltung in einer faszinierenden Welt – so muss Fantasy sein!

© Simone Kühlewind

Bewertung vom 01.06.2013
Goldkehlchen
Stammkötter, Andreas

Goldkehlchen


ausgezeichnet

In ihrem neuesten Fall ermitteln die Kommissare Kroll und Wiggins im Umfeld des Thomanerchors Leipzig. Da ich die sächsische Messestadt von einigen Besuchen kenne und mir der letzte Kriminalroman des Autors „Messewalzer“ sehr gut gefallen hatte, wollte ich „Goldkehlchen“ natürlich auch lesen. Andreas Stammkötter konnte mich erneut mit einer ausgefallenen Geschichte, die ganz ohne Blut und Tote auskommt und trotzdem spannend ist, überzeugen.

In der Thomaskirche in Leipzig wird das Grab des berühmten Komponisten Johann Sebastian Bach aufgebrochen vorgefunden. Die rechte Hand des Musikers fehlt. Bereits am nächsten Tag klagen einige Mitglieder des Thomanerchors über Durchfall und Erbrechen. Die zuständigen Kommissare Kroll und Wiggins stehen vor einem Rätsel. Wer hat etwas davon, Knochen zu stehlen und die Chormitglieder zu vergiften? Während die beiden noch im Dunkeln tappen, betätigen sich zwei Schüler des Alumnats als Hobbydetektive. Und dabei sind sie sehr viel erfolgreicher als die Profis von der Polizei.

Was relativ harmlos beginnt, nämlich mit dem Diebstahl der Hand Bachs, nimmt schon bald bedrohliche Formen an. Die beiden 14-jährigen Paul und Georg „ermitteln“ auf recht eigenwillige Art und Weise. So manches Mal dachte ich, sie sollten sich nun lieber endlich den Kommissaren anvertrauen, um sich nicht selbst in Gefahr zu bringen. Ein wenig erstaunt war ich über die außergewöhnliche Intelligenz und Kombinationsgabe der Teenager. Aber ich denke, dass zur Aufnahme auf die ehrwürdige Schule des Thomanerchors noch etwas mehr gehört als eine gute Stimme.

Sehr erfreulich fand ich, durch die Lektüre einiges über den Thomanerchor zu erfahren. Ein Glossar am Ende des Buches wäre allerdings durchaus hilfreich gewesen, denn es werden einige Fachausdrücke verwendet, die mir nicht geläufig waren.

Die Kommissare Kroll und Wiggins sind beide sympathisch, wenn auch ziemlich unterschiedlich. Aber gemeinsam mit Staatsanwalt Reis bilden sie ein Team, das gut zusammenarbeitet. Ohne die Hilfe der Teenager hätten sie jedoch noch sehr lange im Dunkeln getappt.

Andreas Stammkötter beweist mit diesem Kriminalroman, dass es für eine spannende Handlung nicht zwingend mehrerer Leichen und unnötigen Blutvergießens bedarf. Die Geschichte ist logisch aufgebaut und hat mich mit gut durchdachten Charakteren begeistern können. Einige unerwartete Wendungen haben für Spannung gesorgt. Am Ende löst sich alles ganz einleuchtend auf.

Ich hoffe, auf den nächsten Band dieser Reihe nicht wieder zwei Jahre warten zu müssen.

Fazit:
Unblutiger aber spannender Krimi im Umfeld des Thomanerchors.

© Simone Kühlewind

Bewertung vom 22.05.2013
Kölner Luden
Keller, Stefan

Kölner Luden


ausgezeichnet

Da mir bereits die ersten beiden Bände dieser Reihe sehr gut gefallen haben, wollte ich natürlich wissen, mit wem es der Kölner Privatdetektiv Marius Sandmann in seinem neuesten Fall zu tun bekommt. Dem Autor ist es wieder gelungen, mich zu fesseln und mir einige unbekannte Seiten Kölns zu präsentieren.

Ein Mann mittleren Alters beauftragt Marius Sandmann mit der Suche nach seinem leiblichen Vater. Das einzige, was er als Hinweis auf dessen Identität zu bieten hat, ist ein Foto aus einem Bildband des Kölner Fotografen Chargesheimer. Dieses Bild wurde in den 60er-Jahren bei einer Karnevalsfeier auf dem Kölner Kiez aufgenommen. Trotzdem nimmt Marius den Auftrag an und begibt sich auf Spurensuche im Kölner Milieu. Dabei trifft er auf einen Alten im Rollstuhl, der den Mann auf dem Foto zu kennen scheint. Doch dieser Zeuge wird am nächsten Tag tot in seiner Wohnung aufgefunden. Sowohl für die Polizei als auch für die ehemaligen Kiezgrößen Münzenberg und Altmann ist schnell klar, dass nur Marius der Mörder sein kann. Die Jagd auf den Privatdetektiv beginnt.

Obwohl Marius Sandmann keine sonderlich sympathische Figur ist, ist er mir mittlerweile ans Herz gewachsen. Er unterdrückt jegliche Gefühle, auch seiner Freundin und Lebensgefährtin Verena Talbot gegenüber. Seine Abstinenz und sein hartes Sportprogramm machen ihn für mich auch nicht gerade zu einem Sympathieträger. Trotzdem mag ich ihn und als er in Gefahr geriet, habe ich um ihn gebangt.

In einem zweiten Handlungsstrang erzählt Stefan Keller die Geschichte um die Kommissarin Paula Wagner weiter. Im letzten Teil der Reihe hatte sie sich bei vielen Kollegen unbeliebt gemacht. Das hat zur Folge, dass sie nun befördert und in eine eigene Abteilung abgeschoben wird, die sich mit alten, ungelösten Fällen beschäftigt - die Task Force Science. Auch privat geht die Kommissarin neue Wege, die ich sehr erfreulich fand. Darüber möchte an dieser Stelle aber nichts verraten.

In Rückblenden erfährt der Leser immer wieder, was sich in der Vergangenheit zugetragen hat. Trotzdem bleibt die Geschichte sehr spannend. Bis zum Schluss war mir nicht klar, wer den Rollstuhlfahrer ermordet hat und inwiefern der Vater von Marius‘ Mandanten in den Fall verwickelt ist.
Marius‘ Unschuld kann auch erst ganz zum Schluss bewiesen werden.

Obwohl ich nur 50 km von Köln lebe, gibt es Ecken, die mir bisher nicht bekannt sind. Dazu gehört eindeutig „Unter Krahnenbäumen“, das ehemalige Rotlichtviertel Kölns. Bei meinem nächsten Besuch in der Domstadt werde ich mich dort auf jeden Fall einmal umschauen. Einem der alten Luden hat Stefan Keller den Kölner Dialekt in den Mund gelegt. Ich lese das sehr gerne und verstehe es auch. Für alle, die des Kölschen nicht mächtig sind, bleibt es aber verständlich und nimmt auch nicht überhand im Buch.

Fazit:
Ein spannender Ausflug ins Kölner Rotlichtmilieu der 60er-Jahre.

© Simone Kühlewind

Bewertung vom 05.05.2013
Flamme von Jamaika
André, Martina

Flamme von Jamaika


ausgezeichnet

Martina André zählt zu meinen Lieblingsautorinnen, weil ihre Bücher gut recherchiert und bildhaft geschrieben sind. Deshalb ist jedes neue Werk aus ihrer Feder ein absolutes Muss für mich. Und auch mit „Flamme von Jamaika“ konnte sie mich wieder in ihren Bann ziehen und in ferne Welten entführen.

Zum Glück habe ich mich nicht vom etwas kitschig anmutenden Cover und Titel abschrecken lassen. Aber ich weiß zum Glück, dass in Büchern, auf denen Martina André steht, auch Martina André drin ist. Hier hat sich der Verlag wohl vom momentanen Trend der Love-und-Landscape-Romane beeinflussen lassen. Bei der „Flamme von Jamaika“ handelt es sich übrigens um eine Blume, nach der sich im Roman eine Rebellengruppe benannt hat.

Die deutsche Kaufmannstochter Helena Huvstedt reist 1831 nach Jamaika, um den Plantagenbesitzer Edward Blake zu heiraten. Begleitet wird sie von ihrer Gesellschafterin Maggie. Obwohl sich Edward vor der Eheschließung noch charmant und zuvorkommend gibt, muss Lena schon bald erkennen, dass er im Grunde ein brutales Scheusal ist, der seine Sklaven wie Tiere behandelt und Lena nur heiratet, um Nachkommen zu zeugen. Zudem erscheint bei der Hochzeitsfeier eine Schwarze, die einen Fluch über Lena und die Familie Blake verhängt. Als Lena in der Nacht etwas Ungeheuerliches beobachtet, beschließt sie, zusammen mit Maggie zu fliehen und nach Deutschland zurückzukehren.

Als sie auf der Flucht einer Gruppe Rebellen begegnen, nimmt einer der Männer Lena gefangen, um sie gegen drei zum Tode verurteilte Kameraden auszutauschen. Während der Gefangenschaft kommen sich die beiden näher und Lena muss erkennen, dass die Situation der Sklaven in Jamaika viel dramatischer ist, als sie bisher angenommen hat. Außerdem erfährt sie Dinge über ihren Mann und ihren Schwiegervater, die sie diese hassen lehrt. Doch um den Rebellen zu helfen, muss sie zu Edward zurückkehren.

Martina Andrés einzigartiger Schreibstil hat mich sofort nach Jamaika versetzt. Die Beschreibungen der Landschaft, der Orte und der Figuren haben in meinem Kopf einen Film entstehen lassen, der spannender und farbenprächtiger nicht sein konnte. Zu den Charakteren habe ich sofort Verbindung gehabt, konnte mich z. B. in Lena hineinversetzen und ihre Ängste und Gefühle teilen. Aber auch die Situation der Sklaven und deren Beweggründe zur Rebellion konnte ich nachvollziehen.

Bei der Beschreibung der Liebesszenen geht die Autorin sehr gefühlvoll vor, nimmt aber dennoch kein Blatt vor den Mund. Die Schilderungen der Folterungen und Misshandlungen sind nicht geschönt, aber auch nicht übermäßig blutig. Martina André hat hier ein gesundes Mittelmaß gefunden, dem Leser die Zustände realistisch darzustellen.

Eine gründliche Recherchearbeit ist dem Roman anzumerken. Im Nachwort erklärt die Autorin einiges dazu. Ein Personenverzeichnis sowie ein ausführliches Glossar sind sehr nützlich und liefern weitere Hintergrundinformationen.

Fazit:
Ich bin vollkommen begeistert von dieser spannenden und authentischen Geschichte.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.04.2013
Zechenbrand
Kruse, Margit

Zechenbrand


ausgezeichnet

Nachdem mir bereits der erste Fall für Margareta Sommerfeld sehr gut gefallen hatte, musste ich natürlich auch den zweiten Band dieser Reihe um die sympathische Hobbydetektivin aus Gelsenkirchen lesen. Schon das Cover macht klar, mit welcher Berufsgruppe sich die Autorin in diesem Roman beschäftigt: Es zeigt einen typischen Bergmannshut vor einer zerbrochenen Fensterscheibe, wie sie für brachliegende Industriegebäude typisch ist.

Die stillgelegte Zeche „Bergmannsglück“ soll abgerissen werden. Auf dem Gelände sollen neue Betriebe angesiedelt werden. Eine Bürgerinitiative, der auch Margaretas Bruder Gisbert angehört, ist für den Erhalt der historischen Gebäude und die Einrichtung einer Begegnungsstätte. Als eines Tages der junge Kevin, Sohn von Gisberts Nachbar Koslowski, erschlagen auf dem Gelände aufgefunden wird, schwört Margareta sich, den Täter zu finden. Die Lage spitzt sich zu, als kurz darauf eine zweite Leiche entdeckt wird. Doch Margareta gibt nicht auf und bringt sich damit selbst in Gefahr.

Margit Kruses Büchern merkt man an, dass sie ein echtes Kind des Ruhrpotts ist. Sie schaut den Leuten aufs Maul, beschreibt humorvoll deren Auftreten und Sprache. Dabei verliert sie aber nicht den Blick für die Sorgen und Nöte der Menschen: Arbeitslosigkeit, ärmliche Verhältnisse und Perspektivlosigkeit. Die Zerstörung von Industriedenkmälern ist ein weiteres Thema, das in diesem Roman angeschnitten wird.

Die Figuren sind sehr authentisch beschrieben. Besonders amüsant fand ich die Darstellungen des Kumpels Norbert Koslowski, der mir mit seinem Ruhrpottdialekt immer wieder ein Lächeln aufs Gesicht zauberte. Auch der etwas schräge Biologielehrer Löschke, der Margareta nach einer gemeinsamen Nacht nicht mehr von der Seite weichen will, ist köstlich beschrieben. Margaretas Schnüffeleien sind wieder sehr unkonventionell und chaotisch. Sie verstrickt sich dermaßen in Lügen, dass ich kaum noch folgen konnte. Gemeinsam mit ihr tappt der Leser im Dunkeln und kann so miträtseln, wer die Morde begangen hat. Es gibt einige Verdächtige. Wer der wahre Mörder ist, erfährt man erst ganz zum Schluss.

Neben allem Lob muss ich hier allerdings auch mal Kritik üben. Das Buch enthält sehr viele Rechtschreibfehler, die mich erheblich in meinem Lesefluss gestört haben. Ich frage mich ernsthaft, ob es beim Gmeiner Verlag keinen Korrekturleser gibt. Da mir der Kriminalroman aber ansonsten wieder rundum gefallen hat, möchte ich dafür keinen Stern abziehen.

Fazit:
Ein spannender Fall für Margareta Sommerfeld, die erneut mit viel Charme und Witz im Ruhrpott ermittelt.

Bewertung vom 11.03.2013
Die Himmelsbraut
Fritz, Astrid

Die Himmelsbraut


sehr gut

Antonia wächst als jüngstes von vier Kindern behütet auf Burg Holderstein auf. Mit Phillip, ihrem Freund aus Kindertagen, verbindet sie eine zarte Jugendliebe. Doch durch ein schreckliches Ereignis kommt alles ganz anders, als sie es sich erhofft hat. Sie muss sich zwischen einem ungeliebten Ehemann oder dem Leben im Kloster entscheiden. Da die Ehe mit einem anderen als Phillip für sie nicht in Frage kommt, entscheidet sie sich notgedrungen für das Kloster, in dem bereits ihre ältere Schwester Magdalena lebt. Sie kann sich nur schwer an das Gefangensein gewöhnen und hat Sehnsucht nach Phillip, der unterdessen in Freiburg studiert und Bekanntschaft mit den Anhängern Luthers macht. Es formieren sich Bauernaufstände, die es auf die Klöster und Kirchen abgesehen haben. Antonia und Magdalena befinden sich in großer Gefahr.

Die Geschichte beginnt im Jahr 1520 und endet 1525. Handlungsort ist der Schwarzwald, der in dieser Zeit von Bauernaufständen geprägt war. Die Forderungen des Reformators Luther, den Glauben dem einfachen Volk, das der lateinischen Sprache nicht mächtig war, zugänglich zu machen, stößt auf offene Ohren. Die Klöster stellten hohe Forderungen an die Bauern. Mit deren Abgaben lebten die Nonnen und Mönche zum Teil in Saus und Braus. Am Beispiel der Protagonistin Antonia erzählt die Autorin hier auch von einem solchen Kloster, was jedoch das zweite Kloster war, in dem die Schwestern lebten. Im ersten Zisterzienserkloster ging es sehr gesittet und streng zu. Der Alltag des Klosterlebens wird sehr detailliert geschildert.

Im Wechsel zu Antonias Leben erfährt der Leser auch immer wieder, wie es dem Studenten Phillip in Freiburg ergeht. Er kommt mit einem der Anführer der Bauernbewegung, Hans Müller von Bulgenbach, in Kontakt. Dadurch bekommt der Leser einen Eindruck von dem Aufstand gegen die Obrigkeit.

Alles in allem hat der Roman mich gut unterhalten, wenn auch mir persönlich die Schilderungen des Klosterlebens und der Bauernaufstände zum Teil etwas zu detailliert waren. Das hat mir etwas die Spannung genommen. Das Ende war voraussehbar, hat mich aber dennoch zufriedengestellt.

Fazit:
Ein interessanter Einblick in das Klosterleben und die Bauernaufstände im 16. Jahrhundert.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.03.2013
Klack
Modick, Klaus

Klack


ausgezeichnet

Auf dieses Buch aufmerksam geworden bin ich durch eine Leseprobe. Da mich die Wirtschaftswunderjahre schon immer fasziniert haben und ich mich, obwohl ich erst 1964 zur Welt gekommen bin, doch noch an einiges erinnern kann, hat mich der Roman interessiert. Das Cover zeigt ein altes Foto von einem Liebespaar, das neben einem alten Mercedes im Gras liegt. Das hat zwar nicht direkt etwas mit der Geschichte zu tun, ist aber sehr ansprechend.

Dieser Roman spielt in den Jahren 1961 und 1962 in der norddeutschen Provinz. Klaus ist 15 Jahre alt, lebt mit seinen Eltern, seiner drei Jahre älteren Schwester und seiner Oma in einem Haus. Im Nachbarhaus, dem „Schandfleck“, zieht eine italienische Familie ein. Und ab diesem Tag ist nicht mehr, wie es war. Klaus entflammt in jugendlicher Liebe zu Clarissa, der 15-jährigen Tochter der Tinottis. Er versucht alles, um ihr Herz zu gewinnen. Aber seine Eltern und erst recht seine Großmutter wollen mit den „Spaghettifressern“ nichts zu tun haben, verbieten ihm gar den Umgang mit ihnen.

Beim Aufräumen des Dachbodens entdeckt der Icherzähler einen Karton mit alten Fotos und schwelgt in Erinnerungen. Zu jedem der Fotos gibt es ein Kapitel im Buch. Der Autor beschreibt nicht nur die Gefühle des pubertierenden Markus sondern auch die wirtschaftliche und politische Situation zu dieser Zeit. Mauerbau, Angst vor einem Atomkrieg, die Kubakrise und natürlich die ersten Gastarbeiter und das Verhältnis zu ihnen finden Erwähnung. Die Erzählweise ist humorvoll und zeigt die Nöte, in denen sich Markus wegen seiner Schwärmerei zur hübschen Italienerin befindet. Ich musste sehr oft schmunzeln. Besonders die kleinen Details, wie z. B. die Beschreibung der Musik und der Kinofilme der Zeit, haben mir sehr gut gefallen.

Fazit:
Eine Reise in die Wirtschaftswunderjahre der BRD, die mich ausgezeichnet unterhalten hat.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.