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Zabou1964
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Krefeld

Bewertungen

Insgesamt 191 Bewertungen
Bewertung vom 22.05.2013
Kölner Luden
Keller, Stefan

Kölner Luden


ausgezeichnet

Da mir bereits die ersten beiden Bände dieser Reihe sehr gut gefallen haben, wollte ich natürlich wissen, mit wem es der Kölner Privatdetektiv Marius Sandmann in seinem neuesten Fall zu tun bekommt. Dem Autor ist es wieder gelungen, mich zu fesseln und mir einige unbekannte Seiten Kölns zu präsentieren.

Ein Mann mittleren Alters beauftragt Marius Sandmann mit der Suche nach seinem leiblichen Vater. Das einzige, was er als Hinweis auf dessen Identität zu bieten hat, ist ein Foto aus einem Bildband des Kölner Fotografen Chargesheimer. Dieses Bild wurde in den 60er-Jahren bei einer Karnevalsfeier auf dem Kölner Kiez aufgenommen. Trotzdem nimmt Marius den Auftrag an und begibt sich auf Spurensuche im Kölner Milieu. Dabei trifft er auf einen Alten im Rollstuhl, der den Mann auf dem Foto zu kennen scheint. Doch dieser Zeuge wird am nächsten Tag tot in seiner Wohnung aufgefunden. Sowohl für die Polizei als auch für die ehemaligen Kiezgrößen Münzenberg und Altmann ist schnell klar, dass nur Marius der Mörder sein kann. Die Jagd auf den Privatdetektiv beginnt.

Obwohl Marius Sandmann keine sonderlich sympathische Figur ist, ist er mir mittlerweile ans Herz gewachsen. Er unterdrückt jegliche Gefühle, auch seiner Freundin und Lebensgefährtin Verena Talbot gegenüber. Seine Abstinenz und sein hartes Sportprogramm machen ihn für mich auch nicht gerade zu einem Sympathieträger. Trotzdem mag ich ihn und als er in Gefahr geriet, habe ich um ihn gebangt.

In einem zweiten Handlungsstrang erzählt Stefan Keller die Geschichte um die Kommissarin Paula Wagner weiter. Im letzten Teil der Reihe hatte sie sich bei vielen Kollegen unbeliebt gemacht. Das hat zur Folge, dass sie nun befördert und in eine eigene Abteilung abgeschoben wird, die sich mit alten, ungelösten Fällen beschäftigt - die Task Force Science. Auch privat geht die Kommissarin neue Wege, die ich sehr erfreulich fand. Darüber möchte an dieser Stelle aber nichts verraten.

In Rückblenden erfährt der Leser immer wieder, was sich in der Vergangenheit zugetragen hat. Trotzdem bleibt die Geschichte sehr spannend. Bis zum Schluss war mir nicht klar, wer den Rollstuhlfahrer ermordet hat und inwiefern der Vater von Marius‘ Mandanten in den Fall verwickelt ist.
Marius‘ Unschuld kann auch erst ganz zum Schluss bewiesen werden.

Obwohl ich nur 50 km von Köln lebe, gibt es Ecken, die mir bisher nicht bekannt sind. Dazu gehört eindeutig „Unter Krahnenbäumen“, das ehemalige Rotlichtviertel Kölns. Bei meinem nächsten Besuch in der Domstadt werde ich mich dort auf jeden Fall einmal umschauen. Einem der alten Luden hat Stefan Keller den Kölner Dialekt in den Mund gelegt. Ich lese das sehr gerne und verstehe es auch. Für alle, die des Kölschen nicht mächtig sind, bleibt es aber verständlich und nimmt auch nicht überhand im Buch.

Fazit:
Ein spannender Ausflug ins Kölner Rotlichtmilieu der 60er-Jahre.

© Simone Kühlewind

Bewertung vom 05.05.2013
Flamme von Jamaika
André, Martina

Flamme von Jamaika


ausgezeichnet

Martina André zählt zu meinen Lieblingsautorinnen, weil ihre Bücher gut recherchiert und bildhaft geschrieben sind. Deshalb ist jedes neue Werk aus ihrer Feder ein absolutes Muss für mich. Und auch mit „Flamme von Jamaika“ konnte sie mich wieder in ihren Bann ziehen und in ferne Welten entführen.

Zum Glück habe ich mich nicht vom etwas kitschig anmutenden Cover und Titel abschrecken lassen. Aber ich weiß zum Glück, dass in Büchern, auf denen Martina André steht, auch Martina André drin ist. Hier hat sich der Verlag wohl vom momentanen Trend der Love-und-Landscape-Romane beeinflussen lassen. Bei der „Flamme von Jamaika“ handelt es sich übrigens um eine Blume, nach der sich im Roman eine Rebellengruppe benannt hat.

Die deutsche Kaufmannstochter Helena Huvstedt reist 1831 nach Jamaika, um den Plantagenbesitzer Edward Blake zu heiraten. Begleitet wird sie von ihrer Gesellschafterin Maggie. Obwohl sich Edward vor der Eheschließung noch charmant und zuvorkommend gibt, muss Lena schon bald erkennen, dass er im Grunde ein brutales Scheusal ist, der seine Sklaven wie Tiere behandelt und Lena nur heiratet, um Nachkommen zu zeugen. Zudem erscheint bei der Hochzeitsfeier eine Schwarze, die einen Fluch über Lena und die Familie Blake verhängt. Als Lena in der Nacht etwas Ungeheuerliches beobachtet, beschließt sie, zusammen mit Maggie zu fliehen und nach Deutschland zurückzukehren.

Als sie auf der Flucht einer Gruppe Rebellen begegnen, nimmt einer der Männer Lena gefangen, um sie gegen drei zum Tode verurteilte Kameraden auszutauschen. Während der Gefangenschaft kommen sich die beiden näher und Lena muss erkennen, dass die Situation der Sklaven in Jamaika viel dramatischer ist, als sie bisher angenommen hat. Außerdem erfährt sie Dinge über ihren Mann und ihren Schwiegervater, die sie diese hassen lehrt. Doch um den Rebellen zu helfen, muss sie zu Edward zurückkehren.

Martina Andrés einzigartiger Schreibstil hat mich sofort nach Jamaika versetzt. Die Beschreibungen der Landschaft, der Orte und der Figuren haben in meinem Kopf einen Film entstehen lassen, der spannender und farbenprächtiger nicht sein konnte. Zu den Charakteren habe ich sofort Verbindung gehabt, konnte mich z. B. in Lena hineinversetzen und ihre Ängste und Gefühle teilen. Aber auch die Situation der Sklaven und deren Beweggründe zur Rebellion konnte ich nachvollziehen.

Bei der Beschreibung der Liebesszenen geht die Autorin sehr gefühlvoll vor, nimmt aber dennoch kein Blatt vor den Mund. Die Schilderungen der Folterungen und Misshandlungen sind nicht geschönt, aber auch nicht übermäßig blutig. Martina André hat hier ein gesundes Mittelmaß gefunden, dem Leser die Zustände realistisch darzustellen.

Eine gründliche Recherchearbeit ist dem Roman anzumerken. Im Nachwort erklärt die Autorin einiges dazu. Ein Personenverzeichnis sowie ein ausführliches Glossar sind sehr nützlich und liefern weitere Hintergrundinformationen.

Fazit:
Ich bin vollkommen begeistert von dieser spannenden und authentischen Geschichte.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.04.2013
Zechenbrand
Kruse, Margit

Zechenbrand


ausgezeichnet

Nachdem mir bereits der erste Fall für Margareta Sommerfeld sehr gut gefallen hatte, musste ich natürlich auch den zweiten Band dieser Reihe um die sympathische Hobbydetektivin aus Gelsenkirchen lesen. Schon das Cover macht klar, mit welcher Berufsgruppe sich die Autorin in diesem Roman beschäftigt: Es zeigt einen typischen Bergmannshut vor einer zerbrochenen Fensterscheibe, wie sie für brachliegende Industriegebäude typisch ist.

Die stillgelegte Zeche „Bergmannsglück“ soll abgerissen werden. Auf dem Gelände sollen neue Betriebe angesiedelt werden. Eine Bürgerinitiative, der auch Margaretas Bruder Gisbert angehört, ist für den Erhalt der historischen Gebäude und die Einrichtung einer Begegnungsstätte. Als eines Tages der junge Kevin, Sohn von Gisberts Nachbar Koslowski, erschlagen auf dem Gelände aufgefunden wird, schwört Margareta sich, den Täter zu finden. Die Lage spitzt sich zu, als kurz darauf eine zweite Leiche entdeckt wird. Doch Margareta gibt nicht auf und bringt sich damit selbst in Gefahr.

Margit Kruses Büchern merkt man an, dass sie ein echtes Kind des Ruhrpotts ist. Sie schaut den Leuten aufs Maul, beschreibt humorvoll deren Auftreten und Sprache. Dabei verliert sie aber nicht den Blick für die Sorgen und Nöte der Menschen: Arbeitslosigkeit, ärmliche Verhältnisse und Perspektivlosigkeit. Die Zerstörung von Industriedenkmälern ist ein weiteres Thema, das in diesem Roman angeschnitten wird.

Die Figuren sind sehr authentisch beschrieben. Besonders amüsant fand ich die Darstellungen des Kumpels Norbert Koslowski, der mir mit seinem Ruhrpottdialekt immer wieder ein Lächeln aufs Gesicht zauberte. Auch der etwas schräge Biologielehrer Löschke, der Margareta nach einer gemeinsamen Nacht nicht mehr von der Seite weichen will, ist köstlich beschrieben. Margaretas Schnüffeleien sind wieder sehr unkonventionell und chaotisch. Sie verstrickt sich dermaßen in Lügen, dass ich kaum noch folgen konnte. Gemeinsam mit ihr tappt der Leser im Dunkeln und kann so miträtseln, wer die Morde begangen hat. Es gibt einige Verdächtige. Wer der wahre Mörder ist, erfährt man erst ganz zum Schluss.

Neben allem Lob muss ich hier allerdings auch mal Kritik üben. Das Buch enthält sehr viele Rechtschreibfehler, die mich erheblich in meinem Lesefluss gestört haben. Ich frage mich ernsthaft, ob es beim Gmeiner Verlag keinen Korrekturleser gibt. Da mir der Kriminalroman aber ansonsten wieder rundum gefallen hat, möchte ich dafür keinen Stern abziehen.

Fazit:
Ein spannender Fall für Margareta Sommerfeld, die erneut mit viel Charme und Witz im Ruhrpott ermittelt.

Bewertung vom 11.03.2013
Die Himmelsbraut
Fritz, Astrid

Die Himmelsbraut


sehr gut

Antonia wächst als jüngstes von vier Kindern behütet auf Burg Holderstein auf. Mit Phillip, ihrem Freund aus Kindertagen, verbindet sie eine zarte Jugendliebe. Doch durch ein schreckliches Ereignis kommt alles ganz anders, als sie es sich erhofft hat. Sie muss sich zwischen einem ungeliebten Ehemann oder dem Leben im Kloster entscheiden. Da die Ehe mit einem anderen als Phillip für sie nicht in Frage kommt, entscheidet sie sich notgedrungen für das Kloster, in dem bereits ihre ältere Schwester Magdalena lebt. Sie kann sich nur schwer an das Gefangensein gewöhnen und hat Sehnsucht nach Phillip, der unterdessen in Freiburg studiert und Bekanntschaft mit den Anhängern Luthers macht. Es formieren sich Bauernaufstände, die es auf die Klöster und Kirchen abgesehen haben. Antonia und Magdalena befinden sich in großer Gefahr.

Die Geschichte beginnt im Jahr 1520 und endet 1525. Handlungsort ist der Schwarzwald, der in dieser Zeit von Bauernaufständen geprägt war. Die Forderungen des Reformators Luther, den Glauben dem einfachen Volk, das der lateinischen Sprache nicht mächtig war, zugänglich zu machen, stößt auf offene Ohren. Die Klöster stellten hohe Forderungen an die Bauern. Mit deren Abgaben lebten die Nonnen und Mönche zum Teil in Saus und Braus. Am Beispiel der Protagonistin Antonia erzählt die Autorin hier auch von einem solchen Kloster, was jedoch das zweite Kloster war, in dem die Schwestern lebten. Im ersten Zisterzienserkloster ging es sehr gesittet und streng zu. Der Alltag des Klosterlebens wird sehr detailliert geschildert.

Im Wechsel zu Antonias Leben erfährt der Leser auch immer wieder, wie es dem Studenten Phillip in Freiburg ergeht. Er kommt mit einem der Anführer der Bauernbewegung, Hans Müller von Bulgenbach, in Kontakt. Dadurch bekommt der Leser einen Eindruck von dem Aufstand gegen die Obrigkeit.

Alles in allem hat der Roman mich gut unterhalten, wenn auch mir persönlich die Schilderungen des Klosterlebens und der Bauernaufstände zum Teil etwas zu detailliert waren. Das hat mir etwas die Spannung genommen. Das Ende war voraussehbar, hat mich aber dennoch zufriedengestellt.

Fazit:
Ein interessanter Einblick in das Klosterleben und die Bauernaufstände im 16. Jahrhundert.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.03.2013
Klack
Modick, Klaus

Klack


ausgezeichnet

Auf dieses Buch aufmerksam geworden bin ich durch eine Leseprobe. Da mich die Wirtschaftswunderjahre schon immer fasziniert haben und ich mich, obwohl ich erst 1964 zur Welt gekommen bin, doch noch an einiges erinnern kann, hat mich der Roman interessiert. Das Cover zeigt ein altes Foto von einem Liebespaar, das neben einem alten Mercedes im Gras liegt. Das hat zwar nicht direkt etwas mit der Geschichte zu tun, ist aber sehr ansprechend.

Dieser Roman spielt in den Jahren 1961 und 1962 in der norddeutschen Provinz. Klaus ist 15 Jahre alt, lebt mit seinen Eltern, seiner drei Jahre älteren Schwester und seiner Oma in einem Haus. Im Nachbarhaus, dem „Schandfleck“, zieht eine italienische Familie ein. Und ab diesem Tag ist nicht mehr, wie es war. Klaus entflammt in jugendlicher Liebe zu Clarissa, der 15-jährigen Tochter der Tinottis. Er versucht alles, um ihr Herz zu gewinnen. Aber seine Eltern und erst recht seine Großmutter wollen mit den „Spaghettifressern“ nichts zu tun haben, verbieten ihm gar den Umgang mit ihnen.

Beim Aufräumen des Dachbodens entdeckt der Icherzähler einen Karton mit alten Fotos und schwelgt in Erinnerungen. Zu jedem der Fotos gibt es ein Kapitel im Buch. Der Autor beschreibt nicht nur die Gefühle des pubertierenden Markus sondern auch die wirtschaftliche und politische Situation zu dieser Zeit. Mauerbau, Angst vor einem Atomkrieg, die Kubakrise und natürlich die ersten Gastarbeiter und das Verhältnis zu ihnen finden Erwähnung. Die Erzählweise ist humorvoll und zeigt die Nöte, in denen sich Markus wegen seiner Schwärmerei zur hübschen Italienerin befindet. Ich musste sehr oft schmunzeln. Besonders die kleinen Details, wie z. B. die Beschreibung der Musik und der Kinofilme der Zeit, haben mir sehr gut gefallen.

Fazit:
Eine Reise in die Wirtschaftswunderjahre der BRD, die mich ausgezeichnet unterhalten hat.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.02.2013
Die vierte Zeugin
Kinkel, Tanja; Schiewe, Ulf; Klaus, Marlene; Burseg, Katrin; Pötzsch, Oliver; André, Martina; Prange, Peter; Müller, Titus; Koschyk, Heike; Falkenhagen, Lena; Leue, Alf; Benedikt, Caren

Die vierte Zeugin


ausgezeichnet

Dieser historische Kriminalroman ist ein Gemeinschaftswerk von zwölf Autoren des Autorenkreises „Quo Vadis“. Er basiert auf einem wahren Prozess, der in Köln im 16. Jahrhundert verhandelt wurde. Das Besondere an dieser Geschichte ist, dass sie von den verschiedenen Autoren jeweils aus einer anderen Perspektive erzählt wird. So bekommt der Leser einen Eindruck aus zwölf verschiedenen Blickwinkeln.

Angeklagt ist die Tuchhändlerwitwe Agnes Imhoff. Ihr unter seltsamen Umständen verstorbener Ehemann Andreas hat den englischen Geschäftsmann Richard Charman betrogen. Im Prozess soll geklärt werden, ob die Witwe für den von ihrem Mann verursachten Schaden haftbar gemacht werden kann. Eigentlich sind Frauen zu dieser Zeit nicht geschäftsfähig gewesen. Es hat sich allerdings als Unsitte eingebürgert, dass Männer ihren Ehefrauen ihr Eigentum überschrieben, damit sie bei Betrügereien nicht zur Rechenschaft gezogen werden konnten. An Agnes Imhoff soll nun ein Exempel statuiert werden.

Besonders interessant fand ich an diesem Werk die unterschiedlichen Sichtweisen der verschiedenen Charaktere auf das Geschehen. Dass hier jeder der zwölf Autoren eine andere Figur beschreibt, machte den Roman für mich zu einem echten Leseerlebnis. Obwohl der Ausgang der Gerichtsverhandlung recht schnell klar wird, verlor die Geschichte nicht an Spannung. Denn es blieb weiterhin ungewiss, inwieweit Agnes Imhoff Schuld an dem Betrug trägt.

Anlass für dieses Werk war der Einsturz des Kölner Stadtarchivs im Jahr 2009. Die Mitglieder des Autorenkreises „Quo Vadis“ haben sich durch Lesungen und diesen Roman für die Wiederherstellung der Prozessakten des Falles Agnes Imhoff eingesetzt. In einem Nachwort erklären die Herausgeber Heike Koschyk und Alf Leue die Hintergründe.

Fazit:
Dieser Roman ist wahrlich ein spannendes Meisterwerk mit einem realen Hintergrund.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.02.2013
Liebe unter Fischen
Freund, René

Liebe unter Fischen


ausgezeichnet

Auf dieses Buch aufmerksam geworden bin ich durch den ungewöhnlichen Titel und das Cover, das sofort mein Interesse geweckt hat. Zu sehen ist ein Angelhaken, der im Wasser schwimmt. Die Leseprobe hat mich dann endgültig überzeugt, dieses Buch lesen zu wollen.

Die Geschichte beginnt in Berlin. Alfred Firneis ist ein Lyriker, der von seiner Verlegerin Susanne gedrängt wird, endlich ein neues Werk abzuliefern. Doch der Künstler versinkt im Chaos, ist benebelt vom Alkohol und hält seine eigenen Gedichte für Müll. Nach einem Zusammenbruch kann Susanne ihn überzeugen, in ihre einsame Hütte in den Alpen zu fahren, um auf andere Gedanken zu kommen. Nach anfänglichem Sträuben lässt Fred sich schließlich darauf ein und macht sich auf nach Grünbach am See, wo er nicht nur neue Seiten an sich entdeckt, sondern auch auf interessante Menschen trifft.

Die Szenen in der Hauptstadt und die Ankunft in Österreich bedienen durchaus einige Klischees, die mich immer wieder zum Schmunzeln brachten. Mit seinem feinen Humor hat der Autor sich direkt in mein Herz geschrieben. Der Aufenthalt am See in den Alpen und die Wandlung Alfreds weisen jedoch eher poetische Züge auf. Hier hat mir ganz besonders die Figur des Revierförsters August gefallen, der mit seiner einfachen und zupackenden Art Fred so manches Mal den richtigen Weg weist. Während der Dichter ins Lamentieren verfällt, stellt August lapidar fest „Es ist, wie es ist!“.

Mit der slowakischen Biologin Mara verbindet Alfred schnell eine Freundschaft, die sich zu einer zarten Liebe entwickelt. Doch bevor er das realisiert, ist Mara schon wieder verschwunden. Im letzten Drittel nimmt der Roman eine überraschende Wendung, die die Geschichte noch einmal richtig spannend macht.

Was den Vergleich mit den Werken Daniel Glattauers, mit dem der Verlag wirbt, betrifft, so muss ich sagen, dass mich diese normalerweise eher abschrecken, ein Buch zu lesen. Jeder Autor schreibt auf seine Weise und lässt sich nicht mit anderen Autoren vergleichen. In diesem Fall hat es mich zum Glück nicht davon abgehalten, dieses wunderbare Werk von René Freund zur Hand zu nehmen.

Fazit:
Eine kleine und feine Geschichte voller feinsinnigem Humor und Poesie.

© Simone Kühlewind

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.01.2013
Die schönsten Dinge
Jordan, Toni

Die schönsten Dinge


sehr gut

Della Gilmores Familie verdient sich ihren Lebensunterhalt mit Gaunereien. Ihr Vater, ihre Stiefmutter, ihr Bruder, ihre Cousins, Onkel und Tante, alle machen mit. Es gibt strenge Regeln, wie die „Kunden“ ausgenommen werden. Das funktioniert reibungslos, bis Della sich eines Tages als Evolutionsbiologin Ella Canfield um eine Unterstützung für ein Forschungsprojekt bei der Metcalf-Stiftung bewirbt. Sie will ein lebendes Exemplar des seit Jahrzehnten als ausgestorben geltenden Tasmanischen Tigers suchen. Daniel Metcalf, der attraktive und schwerreiche Vorsitzende der Stiftung, ist interessiert an ihrem Projekt. Doch bevor er ihr das Geld gibt, will er sie bei ihren Forschungen in einem Naturschutzgebiet begleiten. Schon bald muss Della feststellen, dass ihr Plan nicht so funktioniert, wie sie es sich vorgestellt hat, und dass Daniel ein Geheimnis hat.

Obwohl die Gilmores eigentlich eine Familie von Verbrechern sind, waren sie mir auf Anhieb sympathisch. Die raffinierte Art und Weise, wie sie ihre Gaunereien planen, hat mich oft schmunzeln lassen. Der Vater achtet mit Akribie auf das kleinste Detail. Die Familie lebt komplett im Verborgenen. Das geht soweit, dass die Kinder nicht mal eine Schule besucht haben. Della ist eine hochintelligente Frau, die sich geschickt aus so mancher brenzligen Situation retten kann. Ich habe mit ihr gefiebert, ob es ihr gelingt, Daniel Metcalf das Geld aus der Tasche zu ziehen. Die Geschichte nimmt immer wieder überraschende Wendungen. Am Ende habe ich das Buch lächelnd zugeschlagen.

Die Geschichte ist in der Ichform aus Dellas Sicht geschrieben. Etwas gewöhnungsbedürftig fand ich, dass die Autorin den Präsens verwendet. Aber mit der Zeit hatte ich mich eingelesen. Den Anfang fand ich etwas schleppend, weil zunächst alle Familienmitglieder und ihre Rollen vorgestellt wurden. Als ich die Zusammenhänge erfasst hatte, wurde Dellas Geschichte für mich aber zu einem Lesevergnügen.

Was das Cover, das verschiedene Federn zeigt, und der Titel mit der Geschichte zu tun haben, erschließt sich mir leider nicht. Der Originaltitel „Fall Girl“ erscheint mir wesentlicher passender. Zudem gibt es einige Rechtschreib- und Grammatikfehler im Buch, die meinen Lesefluss gehemmt haben. Die hochwertige Ausstattung des Buches mit farbigem Vorsatzpapier und Lesebändchen hat mir dagegen sehr gut gefallen.

Fazit:
„Die schönsten Dinge“ ist eine humorvolle Gaunergeschichte mit vielen überraschenden Wendungen.

Bewertung vom 20.01.2013
Das Geheimnis der Maurin
Korte, Lea

Das Geheimnis der Maurin


ausgezeichnet

Nachdem mir bereits der erste Band um die Maurin Zahra sehr gut gefallen hatte, wollte ich natürlich wissen, wie ihre Geschichte weitergeht. Der Roman beginnt mit der Flucht der Familie nach Portugal. Die Christen haben Andalusien zurückerobert, auch Granada ist in ihre Hände gefallen. Zahra und Jaime fliehen nach Portugal, wo noch Glaubensfreiheit herrscht. Doch auf dem Weg dorthin werden sie überfallen, die vierjährige Chalida wird entführt. Zahra ist außer sich vor Sorge um ihr Kind. Um Chalida aus den Händen der Entführer befreien zu können, kehrt sie mit ihren Lieben nach Granada zurück. Was sie und ihre Familie dort erwartet, übertrifft jedoch ihre schlimmsten Befürchtungen.

In diesem zweiten Band treten die Konflikte zwischen den Religionen sehr stark in den Vordergrund. Zahras Familie ist ein gutes Beispiel für das friedliche Miteinander verschiedener Glaubensgemeinschaften. Sie selbst ist Muslima und erzieht ihre Kinder im muslimischen Glauben. Ihr Geliebter Jaime, Vater ihrer Kinder, ist Christ. Ihre Schwägerin Deborah ist Jüdin. Als die Christen jedoch immer mehr versuchen, die Muslime zu bekehren, die Juden sogar zwangsgetauft werden, wird Zahra immer verbitterter. Ihr Hass auf die Christen überschattet auch ihre Liebe zu Jaime, der zu allem Übel in die Dienste der kastilischen Könige getreten ist. Besonders im zweiten Teil des Romans, der in der Zeit von 1499 bis 1502 angesiedelt ist, nehmen die Konflikte überhand.

Man merkt, dass Lea Korte für diesen Roman sehr gut recherchiert hat. Ihre historischen Kenntnisse machen dieses Buch authentisch. Besonders am Beispiel Zahras erkennt der Leser, wie die Mauren die Machtübernahme durch die Christen empfunden haben mögen. Aber auch Jaime als Christ, der mit einer Maurin zusammenlebt, dient als Beispiel für die „andere Seite“. Denn obwohl er in den Diensten des Erzbischofs Talavera steht, fühlt er sich doch Zahra und seinen Kindern verbunden und versucht, sie zu schützen. Die Geschichte ist spannend erzählt. Es fiel mir sehr schwer, das Buch aus der Hand zu legen.

Obwohl man dieses Buch auch ohne Kenntnis des ersten Bandes verstehen könnte, empfehle ich „Die Maurin“ zuvor gelesen zu haben. Die Entwicklung Zahras wird besonders deutlich, wenn man den Anfang ihrer Geschichte kennt.

In einem Nachwort erklärt Lea Korte die historischen Zusammenhänge. Ein Personenverzeichnis, ein Glossar, zwei Landkarten sowie der Stammbaum der kastilischen Königsfamilie bieten weitere Details und runden diesen historischen Roman ab.

Fazit:
Lea Korte ist mit „Das Geheimnis der Maurin“ ein spannender, bewegender und historisch glaubwürdiger Roman gelungen.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.