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Leseratte
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Frankfurt

Bewertungen

Insgesamt 132 Bewertungen
Bewertung vom 07.09.2021
Wellenflug
Neumann, Constanze

Wellenflug


sehr gut

Bei dem Buch handelt es sich um eine Familiengeschichte, in deren Mittelpunkt zwei Frauen stehen. Im ersten Teil des Buchs ist der Fokus auf Anna gelegt. Ihr Lebensweg ist der einer Tochter aus großbürgerlichem Haus: Wie es von ihr erwartet wird, heiratet sie in eine wohlhabende jüdische Familie ein und bekommt mehrere Kinder, von denen ihr Sohn Heinrich, ein spielversessener Hallodri, eine einzige Enttäuschung ist. Als er sich dann noch in die aus einfachen Verhältnissen stammende Marie verliebt, kann Anna das nicht akzeptieren.
Im zweiten Teil des Buchs steht Marie im Fokus. Sie liebt Heinrich und folgt ihm, wohin auch immer es ihn verschlägt. Die Wirren des ersten Weltkriegs bringen das Paar aus den USA zurück nach Deutschland – ein durch die Wirtschaftskrise und den erstarkenden Judenhass geprägtes Land.
Die Autorin verarbeitet in „Wellenflug“ ihre eigene Familiengeschichte. Ihrer eigenen Aussage nach hat sie sehr viel recherchiert, die Mitglieder ihrer weit verzweigten Familie interviewt und auch mit Historikern zusammengearbeitet. „Anna“ deckt die Zeit von 1864 – 1905 ab, „Marie“ schließt mit 1905 – 1957 daran an.
Für mich lebt die Geschichte vor allem von dem Reiz der Authentizität der Familiengeschichte. Abgesehen von diesem Aspekt fand ich den Roman wenig spannend, es fehlte mir der rote Faden, die Handlung plätschert so an der Oberfläche dahin. So ist das Buch von allem etwas: Frauenschicksal, Generationenkonflikt, Familienchronik, Zeitroman und bei allem fehlt die Tiefe.
Der sehr angenehme Schreibstil der Autorin macht dieses Manko jedoch wett und so habe ich das Buch mit großem Vergnügen gelesen.
Leser*innen, die gern gut geschriebene Familiengeschichten vor historischem Hintergrund lesen möchten, sei "Wellenflug" uneingeschränkt empfohlen!

Bewertung vom 12.08.2021
Die Teehändlerin / Die Ronnefeldt-Saga Bd.1
Popp, Susanne

Die Teehändlerin / Die Ronnefeldt-Saga Bd.1


sehr gut

Das Cover wirkt auf mich leider etwas einfallslos und reiht sich nahtlos ein in die Reihe ähnlich gestalteter Bücher, die meist in Reihen wie "Ikonen ihrer Zeit" oder "Frauen zwischen Kunst und Liebe" erscheinen und deren Handlung - eine mutige Frau setzt sich gegen Widerstände durch - absolut vorhersehbar ist. Im Grunde funktioniert "Die Teehändlerin" genau nach demselben Schema. Trotzdem sticht das Buch aus der Menge der anderen Frauenschicksal-Bücher vor historischem Hintergrund heraus.
Die Geschichte ist in Frankfurt im Jahr 1838 angesiedelt. Als der Teehändler Tobias Ronnefeldt zu einer langen Chinareise aufbricht, ist seine Frau Friederike gezwungen, sich um die Geschicke der Firma zu kümmern. Das ist gar nicht so einfach, denn sie ist schwanger und der neue Prokurist entpuppt sich als ziemlich zwielichtige Gestalt.
Durch seinen flüssigen Schreibstil liest sich das Buch sehr angenehm. Die Schauplätze sind gut und authentisch beschrieben und der / die Leser*in fühlt sich direkt in das Frankfurt des 19. Jahrhunderts zurückversetzt. Man erfährt viel über die Stadtgeschichte, den Teehandel und die Firma Ronnefeldt und so ist das Buch nicht nur unterhaltsam, sondern auch als historischer Roman sehr interessant.
Die Protagonistin Friederike ist als moderne, vergleichsweise starke Frau ohne merkliche Ecken und Kanten geschildert, ihr Gegenspieler offenbart gleich am Anfang seine Durchtriebenheit. So habe ich beim Lesen des Romans keine großen Überraschungen erlebt, mich aber ausgezeichnet unterhalten gefühlt.
Die Verbindung von historischem Roman, Frauenschicksal, Stadt- und Firmengeschichte ist der Autorin sehr gut gelungen und macht "Die Teehändlerin" zu einem tollen Schmöker und lehrreichen Lesevergnügen.