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Miro76
Wohnort: 
Österreich

Bewertungen

Insgesamt 138 Bewertungen
Bewertung vom 07.05.2021
Eine perfekte Ehe
McCreight, Kimberly

Eine perfekte Ehe


ausgezeichnet

Lizzie Kitsakis' Ehe steht schwer auf dem Prüfstand. Ihr Mann ist Alkoholiker und hat sich durch Sachbeschädigung schwer verschuldet. Lizzie sah sich gezwungen ihren Job als Staatsanwältin aufzugeben und auf der anderen Seite, bei einer Kanzlei anzuheuern, was wesentlich lukrativer ist.

Sie ist in einige Fälle vertieft, als ein ehemaliger Studienfreund sich aus dem berüchtigten Gefängnis Riekers Island meldet. Er wird beschuldigt seine Frau Amanda erschlagen zu haben, was er vehement bestreitet.

Lizzie glaubt ihm und lässt sich überreden, den Fall zu übernehmen, obwohl Kapitalverbrechen eigentlich nicht zu ihrem Aufgabenbereich gehören.

Lizzie beginnt auf eigene Faust zu ermitteln und deckt nach und nach die Abgründe der New Yorker High Society auf. Außerdem stößt sie auf schwere Ungereimtheiten in Zach und Amandas Vergangenheit.

Die anfangs klar scheinende Schuldfrage verschwimmt zusehends und als Lizzie ein weiteres Beweisstück entdeckt, kann sie sich nicht mehr sicher sein, ob nicht auch ihr Ehemann in den Fall verstrickt ist.

Die Autorin erzählt uns diese Geschichte aus der Sicht der Anwältin und baut so langsam den Fall auf. Sie lässt uns aber auch an Amandas Leben teilhaben. In wechselnden Kapiteln erfahren wir, was Amanda in ihren letzten fünf Tagen erlebt und gedacht hat. Ihre Geschichte lernen wir aus Tagebuchauszügen kennen, in die sich Lizzie vertieft.

So entwickelt sich Seite um Seite ein immer klareres Bild der Ermordeten, ihrer Familie und ihrer Freunde, die auch den erweiterten Freundeskreis von Lizzie's Mann kreuzen.

Kimberly McCreight bringt hier einige Erzählstränge und Motivationsmöglichkeiten ins Spiel. Hier ist nichts so, wie es anfangs scheint. Gut und Böse verschwimmen. Aber die Autorin hält die Fäden fest in der Hand und so fügt sich alles zu einem spannenden Fall.

Ich bin keine versierte Krimi- oder Thrillerleserin. Ich begebe mich nur selten in dieses Genre, aber dann weiß ich es umso mehr zu schätzen, wenn ich gut unterhalten werden. Wer mehr in diesem Genre liest, dem ist dieses Buch vielleicht nicht blutig genug, oder nicht spannend genug, denn fürchten muss man sich nicht bei der Lektüre. Aber genau das hat mir gefallen. Ich fand auch das Ehedrama interessant und die Fragen, die dadurch aufgeworfen wurden.

Mich hat das Buch ausgesprochen gut unterhalten und ich empfehle es unbeschränkt allen, die Spannung mögen, Unvorhergesehene zu schätzen wissen und auf Blutrünstiges verzichten können!

Bewertung vom 05.05.2021
Enriettas Vermächtnis
Madsack, Sylvia

Enriettas Vermächtnis


gut

Enrietta da Silva verstarb über 80jährig und hinterlässt ein ordentliches Vermögen. Das Erbe sollte zwischen Emilio und Jana aufgeteilt werden. Während Jana dem Anwalt und Testamentsvollstrecker seit einigen Jahren in Freundschaft verbunden ist, hält Emilio mit der Begründung, warum er als Erbe genannt ist, hinter dem Berg. Er gibt sich sehr geheimnisvoll, wirkt aber freundlich und zuvorkommend und unterstützt Jana, die sich nach einem Sturz starke Prellungen zugezogen hatte.

Obwohl sich die beiden in Zürich näher kommen, verrät Emilio nicht, wie er zu der Verstorbenen stand.

Bis eine dritte Person auf den Plan tritt und ordentlich Chaos stiftet.

Janas Gefühle geraten in Wallung und es fällt ihr schwer, zwischen Freund und Feind zu unterscheiden.

Als Leserin war mir schnell klar, dass die überzogenen Rollenbilder in die Irre führen sollten und nicht alles so ist, wie es scheinen soll. Die Autorin hat hier etwas über das Ziel hinausgeschossen und daher kommen die Wendungen gar nicht so überraschend. Die gewünschten Aha-Effekte bleiben aus und die Motivation der Protagonist*innen darf man nicht immer hinterfragen.

Der Roman ist ein kurzweiliges Vergnügen für Leser*innen, die sich nach leichter Kost mit großen Gefühlen sehen. Ich habe die Lektüre wie eine Telenovela empfunden. Da ist auch alles etwas überzogen, damit wirklich jede*r versteht, warum es geht.

Um abzuschalten kann das ja mal ganz amüsant sein.

Somit empfehle ich dieses Buch nicht ganz unvoreingenommen als Strandlektüre, wenn die Sonne auf den Kopf prasselt. In dieser Situation könnte es dann vielleicht sogar ein fünf Sterne Buch sein. Ich hatte bei der Lektüre alle meine Sinne beisammen, deshalb kann ich nicht mehr als drei Sterne vergeben. Immerhin hat es mich ganz gut unterhalten!

Bewertung vom 24.04.2021
Drei Kameradinnen
Bazyar, Shida

Drei Kameradinnen


ausgezeichnet

Saya, Hani und Kasih kennen sich schon ihr Leben lang. Sie sind miteinander aufgewachsen, haben gemeinsam die Schulbank gedrückt und miteinander das Student*innenleben genossen.

Jetzt treffen sie sich wieder, um die Hochzeit einer Bekannten zu feiern und verbringen im Vorfeld drei Tage miteinander. Die drei sind mehr oder weniger erfolgreich in ihren Berufen, leben ein typisches Leben von Mittzwanzigern, genießen ihre Leben und vor allem ihre Nächte.

Doch die Freude am Wiedersehen ist getrübt vom Start eines der größten Naziprozesse. Eine rechtsradikale Gruppierung wurde ausgehoben, die verantwortlich ist für mehrere Morde hauptsächlich an muslimischen Frauen.

Diese Tatsache bestimmt zum Teil ihren Alltag, denn die Drei sind immer wieder konfrontiert mit ihrer "Herkunft". Diese wird uns in diesem Buch nicht verraten, weil sie ganz einfach nichts zur Sache tut. Allein die Tatsache, dass wir als Leser*innen gerne wüßten in welche Schublade wir diese drei Freundinnen stecken können, zeigt, dass es unserer Gesellschaft nach wie vor an Diversität mangelt.

Kasih erzählt uns diese Geschichte in einem Guss. In einer einzigen Nacht schreibt sie sich alles von der Seele, was in diesen drei Tagen passiert ist und schließlich dazu führt, wozu es eben führte. Aber sie lässt uns auch in ihre Erinnerungen blicken, zeigt uns ihre Welt, ihre Freundinnen und immer wieder wo es hakt. Denn auch die aufgeschlossensten weißen Freund*innen tappen in alltägliche kleine rassistische Fallen. Denn schlussendlich wissen wir nicht, wie es sich anfühlt, wenn man im Yogakurs die Frau ist, die nicht korrigiert wird, weil die Lehrerin denkt, sie würde Berührungen aus Glaubensgründen nicht ertragen.

Dieses und viele weiter alltägliche Beispiele machen die Lektüre äußerst eindringlich und regen mich zum nachdenken über mein eigenes Verhalten an. Kasih und ihre Freundinnen unterscheiden sich in nichts von mir und meinen Freundinnen. Nicht in ihrem Wesen, nicht in ihren Gedanken, nicht in ihren Sorgen und nicht in ihrer Freude. Und trotzdem haben sie es immer ein bisschen schwerer als ich, denn sie sind nicht geborgen in einer weißen Haut.

Die Thematik dieses Buches ist in diesem Lesejahr stark vertreten. Es finden sich einige Autor*innen die dazu ihren Beitrag leisten. Es ist ein wichtiges Thema und jedes Buch, das das Bewusstsein dafür schärft, kann unsere Welt ein Stückchen besser machen. Deshalb öffnet eure Augen und euren Geist und lest eines dieser Bücher. Diese hier kann ich schon mal uneingeschränkt empfehlen!

Bewertung vom 29.03.2021
Unterwasserflimmern
Schaller, Katharina

Unterwasserflimmern


gut

Die Erzählerin ist gute 30 und seit neun Jahren in einer Beziehung mit dem mittlerweile 40jährigen Emil. Er ist erfolgreicher Architekt und hat auch schon mehrfach ein Haus am Land für ihre zukünftige Familie geplant.

Mittlerweile werden ihre Freunde Eltern und auch Emil spürt seine Uhr ticken. Er wollte eigentlich immer ein junger Vater sein. Das geht sich jetzt eh schon nicht mehr aus.

Doch die Erzählerin ist nicht bereit ihr flatterhaftes Leben aufzugeben. Ihr Büro, ihre Nächte in den Diskos, ihre Affäre mit einem verheirateten Mann. Hals über Kopf verlässt sie Wohnung, Stadt und Land um irgendwo in der Ferne zu sich zu finden.

Doch sie stürzt sich in lockere Affären, verbringt einige Tage mit einem weitaus jüngeren Mann und entdeckt schließlich, dass sie vielleicht schwanger ist.

All dies könnte sie dazu veranlassen, über ihr Leben nachzudenken. Wohin sie möchte, was mit ihrer Beziehung passieren soll, wie sie weiterhin leben möchte. Doch die Protagonistin nimmt sich kaum Zeit für Gedanken. An ihren Lebensgefährten denkt sie kaum, beantwortet keine Nachrichten und schafft es auch nicht eine Entscheidung über das eventuelle Baby zu treffen.

Sie wirkt ausgesprochen unreif. Geht ihren Problemen aus dem Weg und treibt recht ziellos durch ihr Leben.

Katharina Schaller wirft hier eine Menge Fragen auf, die Frauen um die 30 sicher beschäftigen und die auch mich in diesem Alter beschäftigt haben.

Zusätzlich übt sie mit ihrem Roman Kritik an der Gesellschaft, die immer noch die Erfüllung des Frau-seins in der Mutterschaft sieht.

Doch mit dieser Protagonistin werden leider keine Fragen beantwortet und die angerissen Themen nur oberflächlich behandelt. Leider führt die Geschichte und die Reise der Protagonistin zu nichts. Das macht dieses Buch zu einem sehr kurzweiligen Vergnügen. Ich hatte es eigentlich ganz gerne gelesen, aber ich weiß auch, dass kein Funken davon hängen bleiben wird, weil diese Figur zu oberflächlich agiert. Daher kann ich keine echte Empfehlung aussprechen.

Bewertung vom 24.03.2021
Immer noch wach
Neidhardt, Fabian

Immer noch wach


sehr gut

Alex und Bene erfüllen sich ihren Traum und eröffnen ein kleines Café. In der ersten Zeit ist alles stressig. Überstunden und Schlaflosigkeit sind an der Tagesordnung. Da kann es schon mal passieren, dass Bauchschmerzen ignoriert werden - bis es Alex im Café umhaut.
Und dann die Diagnose - Magenkrebs. Seine Aussichten - nur palliative Behandlung, keine Chance auf Heilung.
Diesen harten Schlag muss Alex erst mal verdauen und so entscheidet er sich dafür, keine Behandlung zu versuchen, denn er möchte die Zeit die ihm bleibt nicht im Krankenhaus verbringen. Ihm ist wichtig, noch ein paar Dinge aus der Welt zu schaffen und möglichst viel Zeit mit seinen beiden Herzensmenschen zu verbringen: sein bester Freund Bene und seine Freundin Lisa.
Für die letzte Zeit will er sich in ein Hospiz einquartieren, um dort zu sterben, ohne seine Freunde damit zu belasten.
Diese Entscheidung wirkt etwas aus der Luft gegriffen, doch der Autor schafft es, die Motivation seines Protagonisten verständlich zu machen.
Außerdem hatte ich etwas Kitsch erwartet in der letzten Zeit. Doch auch hier schrammt die Geschichte immer wieder gut um die Kurve und schafft es, nicht zu sehr auf die Tränendrüse zu drücken. Denn erzählt wird das Ganze nicht linear, sondern in steten Rückblenden. Wie Erinnerungsfetzen lernen wir Alex’ Lebensgeschichte kennen und können ihn so immer besser verstehen.
Und dann kommt die große Wende. Alex muss doch nicht sterben!
Was tun mit der „geschenkten“ Lebenszeit, denn er hatte definitiv mit allem abgeschlossen.
Da wo Freude sein müsste, ist vorerst mal eine große Lücke. Der Autor löst das mit einer kreativen Idee, die sicher viele sehr berührend finde. Mich konnte das nicht ganz überzeugen, aber ich habe diesen Abschnitt trotzdem gerne gelesen.
Eindrucksvoll geschildert fand ich den Aufenthalt im Hospiz. Man merkt, dass der Autor hier gut recherchiert hat.
Beeindruckend fand ich auch die Freundschaft zwischen den beiden Männern. Vor allem Bene mit seinem riesengroßen Herzen hat es mir angetan.
Inspiration zu dieser Geschichte war ein Artikel im Spiegel, über einen pensionierten Priester, der ein Hospiz aufgrund einer Fehldiagnose wieder verlassen muss. Das ist ein schöner Anstoß für diesen gelungenen Roman.

Bewertung vom 01.03.2021
Hard Land
Wells, Benedict

Hard Land


ausgezeichnet

"Einerseits zerreißt's dich vor Glück, gleichzeitig bist du schwermütig, weil du weißt, dass du was verlierst oder dieser Augenblick mal vorbei sein wird. Dass alles bald vorbei sein wird. Vermutlich ist die ganze scheiß Jugend Euphancholie." (S. 99)

Sam ist kurz vor seinem 16. Geburtstag. Sein einziger Freund ist weggezogen, sein Vater arbeitslos und seine Mutter leidet an einem Hirntumor. Als könnte es nicht schlimmer kommen, soll er den Sommer auch noch bei einer Tante mit ihren zwei gewalttätigen Söhnen verbringen.

Doch es kommt alles ganz anders. Ein Ferienjob im Kino der Kleinstadt rettet seine Ferien und macht diesen Sommer zum schönsten und schrecklichsten seines Lebens.

Er findet Freunde, verleibt sich und seine Mutter stirbt.

Er darf aber auch Mut beweisen, die Kraft der Freundschaft spüren und Halt in der Familie finden, wo er ihn nicht vermutet hatte. Zwischen Alkoholgelagen, Mutproben und tiefsinnigen Gesprächen wird Sam schneller erwachsen, als ihm lieb ist. Wie im Rausch surft er die Höhen des Lebens entlang, nur um sich später in den tiefsten Abgründen wiederzufinden.

Aber er ist nicht allein mit seinem Schmerz und das ist alles, was seine Mutter sich für ihn gewünscht hat.

Erzählt wird diese Geschichte als Rückblick, eingerahmt von einem Lyrikwerk, das in der Schule behandelt wird. Die Verweise auf die Gedichte geben dem Text immer wieder ein Stücken Tiefe und erweitern den Horizont des Jugendlichen.

Und Benedikt Wells versteht es großartig mit der Stimme eines Teenagers zu schreiben. Als Leser*in fühle ich mich zurückversetzt in meine Zeit, als ich mittendrin war und als viele Dinge so viel Gewicht hatten; als der Schmerz mich am Boden festnagelte und die Höhepunkte des Lebens mich zum fliegen brachten.

Hard Land ist ein wunderschönes Buch, denn Wells schreibt wie kein anderer. So viele schöne Sätze finde ich sonst selten in einem Buch. Ich mag seine einfachen Sprachbilder und die kleinen Weisheiten, die sich manchmal in Nebensätzen finden.

Und ich liebe diese Hommage an die Jugend! Die Jahre im Leben, wo alles möglich ist, alles wichtig ist - die Zeit, wo der Ball in der Luft ist.

Aber Vorsicht! Wenn sie dieses Buch lesen, könnte es sein, dass es sich so anfühlt:

"... da vergaß ich die Zeit und ließ mich mitreißen, und ich fühlte mich so, wie ich mich schon mein ganzes Leben lang fühlen wollte: übermütig und wach und mittendrin und unsterblich." (S. 192)

1 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.02.2021
Hannas Geheimnis / Hüterin des Waldes Bd.1
Larch, Mona

Hannas Geheimnis / Hüterin des Waldes Bd.1


ausgezeichnet

Hanna ist freudig und traurig zugleich zumute, als sie in das Haus ihrer Großmutter übersiedeln. Sie liebt dieses Haus am Waldrand, aber sie vermisst auch ihre Großmutter, zu der sie eine innige Beziehung hatte.

Doch gleich nach der Ankunft wird sie von einem großen Geheimnis überrascht. Ihre Großmutter war Hüterin des Waldes und es ist an Hanna, dieses Erbe anzutreten. Und kein geringerer als Wiesel Flitz überbringt ihr diese Nachricht, denn Flitz ist der Übersetzer zwischen den Tieren des Waldes und der Hüterin.

Auf Hanna wartet schon die erste Patientin, die ihre Hilfe dringend benötigt. Es bleibt kaum Zeit, in die Aufgabe hineinzuwachsen. Wird Hanna ihrer Rolle gerecht werden?

Sie gibt auf jeden Fall ihr bestes, denn sie liebt die Natur und die Tiere. Sie ist ein beherztes Mädchen, dass sich nicht so leicht entmutigen lässt und das Herz auf dem rechten Fleck trägt.

"Hannas Geheimnis" ist der Auftakt zu einer neuen Reihe und schon dieser erste Teil begeistert Kinderherzen. Die Protagonistin ist liebenswert und aufgeweckt und die jungen Leser*innen können sich gut mit ihr identifizieren. Auch sie macht nicht immer alles richtig und hört nicht immer auf ihre Eltern.

Sie liebt Abenteuer, hat auch mal Angst und weiß, wann sie um Hilfe bitten muss.

Die Geschichte ist ein bisschen spannend, die Sprache ist kindgerecht und aufgelockert ist der Text mit wunderschönen Illustrationen. Das Buch eignet sich für 7 - 10jährigen zum vor- und selbstlesen und wird allen Kindern gefallen, die Freude an der Natur finden.

Meiner Tochter (10) hat das Buch sehr gut gefallen und sie freut sich schon auf den zweiten Teil, der zum Glück nicht sehr lange auf sich warten lässt.

Hüterin des Waldes 2: Häschen in Not erscheint nämlich bereits im April.

Bewertung vom 19.02.2021
Kim Jiyoung, geboren 1982
Cho, Nam-joo

Kim Jiyoung, geboren 1982


ausgezeichnet

Kim Jiyoung, ist 33 Jahre alt und eher ungewollt Hausfrau und Mutter. Ihre Tage erfüllen sie nicht und möchte sie sich einmal was gönnen, wird sie als Schma-mama-rotzer bezeichnet. Da beginnt sie plötzlich mit verschiedenen Stimmen zu sprechen. Es sind Stimmen der Frauen aus ihrem Umfeld, manche lebend, manche tot.

Wie kam es so weit mit Jiyoung?

Immerhin konnte sie studieren und ihre Fachrichtung schon selbst wählen! So viele Möglichkeiten hatte ihre Mutter noch nicht.

Doch auch Jiyoung musste Zeit ihres Lebens mit Misogynie kämpfen. Schon Zuhause mussten die Mädchen im Haushalt und bei der Heimarbeit helfen, während ihr Bruder verwöhnt wurde.

In der Schule waren die Mädchen einer strengen Kleiderordnung unterworfen, während sich die Jungen frei bewegen durften und selbstverständlich durften die Mädchen erst nach den Jungen in der Mensa essen. Ob dann noch genug Zeit blieb um ordentlich zu kauen, interessiert hier niemanden.

In Studium und Arbeitswelt ist es dann nicht wirklich anders. Jiyoung arbeitet härtet und effizienter als ihre männlichen Kollegen, wird trotzdem nicht befördert und verdient auch um ein Drittel weniger. Aber richtig schlimm wurde alles erst, als sie schwanger war. Eine 80 Stunden Woche lässt keine Kinderbetreuung zu und flexible Arbeitszeiten gibt es in dieser leistungsorientierten Gesellschaft nicht. Jiyoung hat keine Wahl. Sie muss ihr Kind selbst betreuen und das bedeutet, sie muss ihre Arbeit, die sie geliebt hatte, kündigen.

Obwohl ihr Mann sehr verständnisvoll ist, ist auch er ein Kind dieser Gesellschaft. Seine Versicherungen, sie zu unterstützen helfen Jiyoung nicht, denn sie kann sehr wohl sehen, dass für das Kind beide verantwortlich wären. Doch von Gleichberechtigung ist Südkorea noch Jahrzehnte entfernt.

So lässt Cho Nam-Joo ihre Protagonistin sämtliche Stoplersteine im Leben einer selbstbestimmten Frau erleiden. Kim Jiyoung steht hier für alle südkoreanischen Frauen, die an den gesellschaftlichen Strukturen scheitern und schlussendlich mit einem Doktortitel in der Tasche als Eisverkäuferin landen.

Den Roman hat die Autorin gespickt mit Fakten und Zahlen. So liest sich das Buch stellenweise fast wie ein Sachbuch. Es ist ein Kompendium über die Geburt des Feminismus in Südkorea, zeigt Schwachstellen und Fallen auf und wie tief verwurzelt misogyne Ansichten in der Gesellschaft sind. Es wird wohl noch Jahre dauern, bis sich Familie und Berufsleben dort vereinbaren lassen.

Ich habe Kim Jiyoung's Geschichte mit großem Interesse gelesen. Zum Teil macht es mich fassungslos, mit welchen Vorstellungen die Frauen da zu kämpfen haben und zum Teil finden wir diese Probleme in zwar abgeschwächter Form auch in unsere "modernen" Welt.

Ich bin froh, diesen Roman gelesen zu haben und fand den Blick in diese fremde Kultur sehr interessant. Und ich kam verstehen, dass Kim Jiyoung ihr Scheitern nicht so einfach hinnimmt. Sie flüchtet sich in bekannte Charaktere, wer weiß, was ich gemacht hätte, wäre ich zu so einem Leben verdonnert.