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carola1475

Bewertungen

Insgesamt 178 Bewertungen
Bewertung vom 18.05.2022
Kaltherz
Faber, Henri

Kaltherz


ausgezeichnet

Raffinierter Thriller mit Tiefgang

Die unangepasste Kommissarin Kim Lansky bekommt in der Vermisstenabteilung der Kripo München eine letzte Chance und stößt auf den Fall der vor 4 Monaten entführten 5-jährigen Marie. Lansky ist unbequem, pfeift auf Regeln, scheut kein Risiko, geht bis an ihre Grenzen. Mir hat die Figur sehr gefallen. Aber auch die anderen Protagonisten sind interessante Personen.

Abwechselnd wird aus den verschiedenen Perspektiven der beiden Eltern, der Kommissarin und von Marie erzählt und der Leser wird ab der ersten Zeile in die Geschichte förmlich hinein gesogen, sie ist von Beginn an spannend. Da die Protagonisten als Ich-Erzähler auftreten, kommt ihnen der Leser sehr nah und kann sich den Gedanken und starken Gefühlen nicht entziehen. Alle Charaktere besitzen Tiefe und erscheinen authentisch, die Figurenzeichnung ist glaubwürdig und ich kann ihre jeweilige Entwicklung nachvollziehen.

Die Geschichte entwickelt sich überraschend, voller Wendungen und unvorhersehbar bei durchgehend hohem Spannungsbogen bis zur überzeugenden Auflösung.

Auch andere in die Krimihandlung eingeflochtene gesellschaftspolitische Aspekte, z.B. benachteiligte Kinder aus sozialen Brennpunkten oder schwierige Ermittlungen bei Wirtschaftskriminalität finde ich überzeugend und interessant dargestellt.

Henri Fabers Schreibstil ist lebendig, bildhaft und fesselnd, eindringlich und auf den Punkt, sehr gekonnt den verschiedenen Perspektiven angepasst: Selbstironie und Sarkasmus bei Kim Lansky und eine kindgemäße Sprache bei Marie.
Cover und Titel sind passend gewählt.

Dieses zweite Buch des Autors ist großartig gelungen, noch besser als sein erfolgreiches Debüt „Ausweglos“, ein toller Thriller, der mich begeistert hat.

Bewertung vom 08.05.2022
Gezeitenmord / Teit und Lehmann ermitteln Bd.1
Jürgensen, Dennis

Gezeitenmord / Teit und Lehmann ermitteln Bd.1


sehr gut

Spannender komplexer Krimi mit binationalem Ermittler-Duo

Ein Toter wird im Watt auf der Grenzlinie zwischen Dänemark und Deutschland gefunden und so wird ein dänisch-deutsches Ermittler-Duo gebildet. Der 11-jährige Junge, der den Toten gefunden hat, wird darüber hinaus vermisst, wodurch Spannung und Zeitdruck noch zunehmen.
Die beiden ungleichen Ermittler, Lykke Teit von der Kopenhagener Polizei, und Rudi Lehmann von der deutschen Behörde in Flensburg, verstehen sich auf Anhieb und bilden schnell ein sympathisches Team, das harmonisch und vertrauensvoll miteinander ermittelt. Beide Charaktere sind authentisch gezeichnet, wobei mir bei Rudi besonders der selbstironische Humor gefällt, und beide haben im privaten Bereich ihr Päckchen zu tragen. Andere Figuren sind eher klischeehaft dargestellt, hier habe ich mehr Tiefe vermisst. Gewundert hat mich, wie offen Teit und Lehmann mit den Menschen sprechen, die sie vernehmen. Sie geben immer Auskunft und verweigern keine Antwort. Das kommt mir nicht wirklich realistisch vor.

Der Fall wird immer komplexer und die Ermittlungen bleiben durchgehend spannend, wobei auch grausame Details nicht ausgespart werden. Bis auf einen Aspekt hat der Leser immer den gleichen Kenntnisstand wie Teit und Lehmann und kann miträtseln und eigene Schlüsse ziehen.

Sehr bildhaft und atmosphärisch dicht beschreibt der Autor auch Landschaft, Natur, Wind und Wetter in dem süddänischen Küstengebiet an der Nordsee.
Der Schreibstil ist flüssig, lebendig und angenehm zu lesen. Auch das düstere Cover ist passend für den Krimi und deutet auch das Grenzüberschreitende optisch an.

Ich kann „Gezeitenmord“ jedem Krimileser empfehlen, der nicht von Beschreibungen von Grausamkeit gegenüber Kindern abgeschreckt wird und ein neues, sympathisches deutsch-dänisches Ermittlerduo kennenlernen will.

Bewertung vom 06.05.2022
Perfect World. Nichts scheint, wie es ist
Storesang, Joner

Perfect World. Nichts scheint, wie es ist


ausgezeichnet

Aufgeben ist keine Option

Evas Ehemann Daniel verschwindet überraschend, sie verliert am gleichen Tag ihren Job und als wäre das noch nicht genug, kann sie gerade noch die Entführung ihres Sohns verhindern, von ihrer Tochter gibt es keine Spur.

Evas bis dahin heile Welt steht plötzlich Kopf, wem kann sie vertrauen, wie findet sie heraus, was eigentlich los ist? Es gibt viele Wendungen, die Protagonistin wird zur Löwenmutter, stellt sich der Mafia entgegen und kämpft um ihr Leben und das ihrer Kinder. Unterstützt wird Eva lediglich von zwei rätselhaften Personen, denen sie nicht vertrauen kann, es aber muss.
Spannend und voller Action entwickelt sich ein wahrer Thriller, der weder Eva noch dem Leser die kleinste Ruhepause lässt.

Selbst am Ende der Geschichte gibt es noch einmal eine überraschende Wendung, die Eva und den Leser sprachlos zurück lässt. Nichts ist, wie es scheint.

Das Cover ist einfallsreich gestaltet und sehr gelungen, der Schreibstil ist abwechslungsreich, lebendig und bildhaft, auch humorvoll, die Geschichte ist schnell und angenehm zu lesen. Die Ich-Erzählperspektive der Protagonistin verleiht der Figur Tiefe und ich bin als Leser mitten drin im Geschehen und folge Evas Gedankengängen. In kursiv gesetzten, rückblickenden Überlegungen räumt sie ein, dass sie vielleicht hier und da anders hätte handeln können und gegen Ende bescherten mir diese Einschübe einen aha-Effekt, der mich schmunzeln ließ. Eine sehr schöne Idee lieber Autor!

Dieser durchgehend spannende, actionreiche Thriller mit einer toughen Protagonistin, für die Aufgeben keine Option ist, hat mich bestens unterhalten.

Ich vergebe 4,5 Sterne.

Bewertung vom 16.04.2022
Automaton
Glanz, Berit

Automaton


gut

Hoffnung auf ein gutes Ende

Die alleinerziehende junge Mutter Tiff arbeitet von zu Hause aus im Akkord: online erledigt sie schlecht bezahlte monotone Klick- und auch Video- Überwachungsjobs für die Plattform Automa. Tiff leidet an einer Angststörung, sie kann nur unter Schwierigkeiten das Haus verlassen, macht sich Vorwürfe wegen ihres Sohns, dem sie kaum etwas bieten kann und der natürlich ebenfalls unter ihren psychischen Problemen leidet, und sie ist einsam.

Unterstützung und Beistand erfährt sie von zwei Wohnungsnachbarn und da gibt es noch die beiden Chatpartner, Kollegen, mit denen sie sich im Geheimen austauscht. Sie musste einen Verschwiegenheitsklausel unterschreiben, denn ihre Arbeit wird den Kunden als Überwachungsleistung einer KI verkauft.

Es gibt einen zweiten Handlungsstrang um die verwitwete Stella und einen Freund, den sie jahrzehntelang nicht gesehen hat, beide haben ebenfalls Erfahrung mit prekären Arbeitsverhältnissen.

Das Verschwinden eines Obdachlosen, der oft auf einem der Überwachungsvideos zu sehen war, bedeutet eine Unterbrechung der monotonen Bildschirmarbeit und wird für Tiff zum Anlass, sich aktiv um die Aufklärung dieses Verschwindens zu bemühen. Ihr unbedingter Wunsch, dass „diese Geschichte gut ausgeht“, erscheint wie ein Gegengewicht zu den furchtbaren Bildern, die sie in ihrem vorigen Onlinejob moderiert hat und die ihre Angststörung verursacht haben. Das Internet wird für Tiff auch zur Möglichkeit, etwas in Gang zu setzen und die Geschichte des Obdachlosen mit Hilfe ihrer befreundeten Nachbarn und Kollegen aufzuklären.

Berit Glanz schildert die Lebenssituation der jungen Mutter glaubwürdig, berührend und authentisch und beleuchtet die monotone, anstrengende Tätigkeit der „clickworker“, die allein, auf sich gestellt und nicht abgesichert, schlecht bezahlte Arbeit leisten. Die Erzählung ist latent spannend, weiß Tiff (und damit auch der Leser) doch nie, was auf den Bildern oder in den Videos zu sehen sein wird. Der Handlungsstrang um Stella und ihren Freund nimmt für mich jedoch zu viel Platz ein, obwohl es Parallelen im Leben der beiden Frauen gibt und die beiden Erzählebenen schließlich zusammengeführt werden.
Der Schreibstil ist flüssig und lebendig, sehr angenehm zu lesen, die Kapitel sind kurz und werden durch Chatprotokolle ergänzt.
Der Klappentext ist irreführend, denn er deutet eine Entwicklung an, die nicht eintritt, weshalb ich einen halben Stern abziehe. Ich hatte auf Grund des Verlagstextes eine andere Geschichte erwartet. Am Schluss bleibt offen, wie es für Tiff weitergeht, aber das Buch endet in einer hoffnungsvollen Stimmung.

Ich vergebe 3,5 Sterne.

Bewertung vom 10.04.2022
Einsame Entscheidung / Leander Lost Bd.5
Ribeiro, Gil

Einsame Entscheidung / Leander Lost Bd.5


ausgezeichnet

Überzeugender Krimi mit Spannung, Witz und liebenswerten Charakteren

Der deutsche Kommissar Leander Lost lebt nun schon seit zwei Jahren in Fuseta und hat sich trotz seines Asperger-Autismus als Bereicherung für seine Kollegen von der portugiesischen Policia Judiciária erwiesen. Ihm fallen Details auf, die anderen entgehen und sein logisches Denken und sein fotografisches Gedächtnis haben schon oft zu Ermittlungserfolgen beigetragen.

Zu Beginn dieses 5. Bandes der Reihe werden bei einer turbulent verlaufenden Überwachungsaktion die Beamten des Kommissariats kurz vorgestellt, dennoch empfiehlt es sich, zumindest den ersten Band zu kennen, in dem vor allem die Besonderheiten Leander Losts ausführlich geschildert werden.
Die komplexen Ermittlungen beginnen mit dem Mord an einem britischen Touristen und erreichen allmählich ungeahnte Dimensionen, es geht um Wirtschaftskriminalität, in die auch die Politik verstrickt ist, sogar der Brexit spielt eine nicht unerhebliche Rolle.
Die Krimihandlung ist vielschichtig, realistisch und spannend, aber das Buch bietet so viel mehr. Gil Ribeiro, das ist der deutsche Krimi- und Drehbuchautor Holger Karsten Schmidt, kennt und schätzt die Algarve und beschreibt Landschaft, Menschen und nicht zuletzt kulinarische Spezialitäten atmosphärisch und liebevoll, so dass ich wieder mal versucht bin, meinen Koffer zu packen und mich nach Portugal aufzumachen.
Alle Charaktere, selbst die Nebendarsteller, werden lebensnah und authentisch geschildert, auch in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen. Die Figurenzeichnung erreicht eine bemerkenswerte Tiefe.
Und auch die Besonderheiten und Eigenarten Leander Losts und die daraus entstehenden Missverständnisse und skurrilen Situationen sind glaubwürdig und überzeugend ausgearbeitet. Es ist beeindruckend, wie der Autor diese sehr spezielle Figur weiterentwickelt und ihr selbst im fünften Band neue Facetten hinzufügen kann.

Der Schreibstil ist angenehm und flüssig zu lesen, er ist lebhaft und humorvoll. Das fünfte Buch um Leander Lost hat mich bestens unterhalten, ich kann es uneingeschränkt empfehlen und freue mich jetzt schon auf den nächsten Band.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.03.2022
Schwarzlicht / Dabiri Walder Bd.1
Läckberg, Camilla;Fexeus, Henrik

Schwarzlicht / Dabiri Walder Bd.1


gut

Zu viel des Guten

Schwarzlicht ist der erste Band einer Trilogie, die die bekannte Autorin Camilla Läckberg zusammen mit dem Mentalisten Henrik Fexeus schreibt.

Der erste grausame Mord zu Beginn des Buchs erinnert an einen misslungenen Zaubertrick. Es gibt keine verwertbaren Spuren oder Hinweise und so bittet die Kommissarin Mina Dabiri den Mentalisten Vincent Walder um Hilfe.

Beide Protagonisten sind ziemlich spezielle Menschen, Mina hat panische Angst vor Keimen aller Art, eine Zwangsstörung beherrscht ihr Leben, und Vincent ist Autist mit einer Vorliebe für gerade Zahlen. Beide haben es nicht leicht im Umgang mit anderen, arbeiten aber gut zusammen und verstehen sich, fühlen sich zueinander hingezogen. Mein Interesse galt von Beginn an vor allem diesen beiden Protagonisten, aber ihre Besonderheiten und auch ihr Alltag werden ausschweifend beschrieben, das war mir dann relativ bald zu viel des Guten. Ebenso detailliert lernen wir fast alle anderen Charaktere kennen, wodurch die Krimihandlung oft in den Hintergrund tritt.

Ausführliche Informationen über einzelne Illusionen und deren Aufbau oder Erfinder fand ich zwar interessant, sie tragen jedoch nicht zur Spannung bei. Die Ermittlungen kommen langsam voran und immer wieder gibt es Beschreibungen des Privatlebens aller Charaktere. Ebenso unterbricht ein wiederholt eingeschobener Handlungsstrang, der auf einer anderen, früheren Zeitebene spielt, regelmäßig den Spannungsbogen. Der Showdown am Ende ist zwar dramatisch, in Teilen jedoch unglaubwürdig. Das Buch insgesamt empfinde ich als zu lang, eine Straffung hätte ihm gut getan. Einige Nebenhandlungsstränge bleiben offen, da geht es wohl im nächsten Band weiter.

Der Schreibstil ist klar und flüssig, angenehm zu lesen.
Das auffällige Cover passt zum Buch, ebenso wie der Titel: was von „Schwarzlicht“ beschienen wird, bleibt für uns größtenteils im Dunkel, diese Frequenzen kann das menschliche Auge nicht sehen.

Eine Empfehlung für eine bestimmte Lesergruppe fällt mir schwer – für Krimileser gibt es zu viel „Drumherum“ in diesem Buch, für Leser von Romanen zu viel Mord und Gewalt.

Ich vergebe 3,5 Sterne.

Bewertung vom 28.03.2022
Nebelopfer / Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn Bd.5
Fölck, Romy

Nebelopfer / Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn Bd.5


ausgezeichnet

Von Anfang bis Ende spannend und vielschichtig

Frida, Bjarne und ihr Team von der Mordkommission haben es mit einem Tötungsdelikt zu tun, dass in Verbindung zu einem 15 Jahre alten Fall steht und so werden die Ermittlungen sehr schwierig, zeitaufwendig und komplex und treiben nicht nur Frida an den Rand der Verzweiflung.

„Nebelopfer“ ist der 5. Band der Elbmarsch-Krimis von Romy Fölck und es ist schön, die bekannten Protagonisten wieder zu treffen und sich einmal mehr in den Elbmarschen zu befinden. Auf Fridas elterlichem Paulsenhof fühlt man sich als Leser ebenso willkommen wie jeder Besucher, dem hier Gastfreundschaft, ein offenes Ohr oder eine leckere Mahlzeit angeboten wird.
Die Ermittler sind ganz normale Menschen mit Ecken und Kanten, ohne psychische Auffälligkeiten, was bei einem Krimi inzwischen fast schon eine Seltenheit ist. Doch gibt es auch hier Neuigkeiten und Entwicklungen, die die Charaktere vertiefen und deren Glaubwürdigkeit steigern. Die Mordkommission Itzehoe bleibt für den Leser interessant.

Die vielschichtigen Ermittlungen zum aktuellen wie auch zum 15 Jahre zurückliegenden Fall sind durchgehend spannend, einige falsche Fährten und Wendungen haben meine Vermutungen wiederholt ins Leere laufen lassen. Der Krimi ist von Romy Fölck sehr gekonnt konzipiert, geschickt aufgebaut und fesselnd und stimmig geschrieben. Der Schreibstil ist direkt, locker und lebendig, angenehm und flüssig zu lesen.

Frida hat diesmal fast zu viel Privates um die Ohren, worunter auch mal die Arbeit leidet. In diesem Band finde ich das Verhältnis von Privatleben und Krimihandlung etwas unausgewogen.
Zum Schluss gibt es einige in die Zukunft weisende Aussichten, die auf neue Entwicklungen und Herausforderungen im nächsten Teil der Reihe neugierig machen.

Ich vergebe 4,5 Sterne.

Bewertung vom 08.03.2022
Das Jahr der Gier / Melia und Vincent Bd.3
Eckert, Horst

Das Jahr der Gier / Melia und Vincent Bd.3


ausgezeichnet

Spannend, brisant und aktuell

Der Überfall auf einen britischen Journalisten in der Altstadt und der Fund einer ermordeten jungen Frau in Düsseldorf scheinen zuerst nichts miteinander zu tun zu haben. Die Ermittlungen führen dann aber im weiteren Verlauf in beiden Fällen zu Worldcard, einem international tätigen Finanzdienstleister mit Sitz im oberbayerischen Moosbruck. Kriminalrätin Melia Adan und Hauptkommissar Vincent Veih wird es äußerst schwer gemacht, die Zusammenhänge zu erkennen und Licht ins Dunkel zu bringen.
Für mich ist dieser dritte Band der Melia-und-Vincent-Reihe der erste, den ich lese, so dass ich die Vorstellung Melias und ihrer Familie zu Beginn hilfreich finde, auch Vincents Hintergrund wird angesprochen, der ist mir jedoch aus früheren Büchern bekannt. Ich hatte keine Schwierigkeiten, jetzt in die Reihe einzusteigen.

Die komplexe Handlung entwickelt sich mit hohem Tempo, dazu tragen auch die kurzen Kapitel mit verschiedenen Erzählperspektiven und die unterschiedlichen Handlungsorte bei. Eine Übersicht der handelnden Personen am Anfang des Buchs hilft, den Überblick nicht zu verlieren.
Horst Eckerts Schreibstil ist klar, geradlinig und nüchtern, die Protagonisten werden auch durch ihr Auftreten charakterisiert (ein Mitglied der CSU: „Trachtenjacke mit Hirschhornknöpfen“), das reicht, um Assoziationen beim Leser auszulösen.

Die Spannung steigert sich, je mehr der Leser die Zusammenhänge erahnt, er ist dabei den Ermittlern einen Schritt voraus. Horst Eckert wirft ein Schlaglicht auf die Verflechtung von Politik und Wirtschaft, zeichnet ein klares, verständliches Bild vom Interesse und vom Einfluss der Politik, insbesondere der Geheimdienste, an international agierenden Firmen und deren mögliche kriminelle Verstrickungen auf dem Weg, Macht und Reichtum stetig zu vermehren. Die Geschichte um den Finanzdienstleister ist sehr gut recherchiert, brisant, aktuell, authentisch erzählt und erinnert unverkennbar an Aufstieg und Fall eines real existierenden Unternehmens.

Der Thriller ist durchgehend sehr spannend mit einem rasanten Showdown und hat mich nicht nur sehr gut unterhalten, sondern macht mich auch nachdenklich. Es ist typisch für Horst Eckert, politisch aktuelle Themen aufzugreifen, sei es auf internationaler Ebene (der Finanzdienstleister), national gesehen (geheime Gruppierungen und Rechtsextremismus in Behörden) oder auch lokal: der schöne Schein Düsseldorfs, auch hier ungleich verteilter Reichtum, Wohnungsnot, Mietwucher, die mangelhafte Verkehrsinfrastruktur.

Ich kann das Buch jedem Leser von Spannungsliteratur uneingeschränkt empfehlen.

Bewertung vom 02.03.2022
Athos 2643
Westerboer, Nils

Athos 2643


ausgezeichnet

Vergangenheit und Zukunft

Zusammen mit seiner Assistentin Zack, einer Künstlichen Intelligenz, die ihn als Hologramm begleitet, reist Inquisitor Rüd Kartheiser nach Athos, einem Neptunmond, auf dem ein Mensch zu Tode gekommen ist. Er soll untersuchen, wie es dazu kommen konnte und das lebenserhaltende KI-System (Marfa genannt) des Mondes überprüfen.

Die Geschichte wird aus Zacks Perspektive erzählt, was durch ihre nüchterne nicht-emotionale Sicht humorvoll und unterhaltsam zu lesen ist und einen ganz neuen Blick auf das Menschsein wirft. Der Weltenbau ist anspruchsvoll, einfallsreich und voller technologischer Details, die beim Lesen Konzentration voraussetzen. Es gibt am Ende des Buchs ein Glossar, das viele der vom Autor erfundenen Begriffe erklärt.

Es werden bei der Auseinandersetzung mit den Bewohnern des Mondes und der Marfa viele interessante ethische und philosophische Fragen aufgeworfen und diskutiert, die aufmerksames Lesen erfordern.
Da Rüd auf ihre Hilfe angewiesen ist, erfährt die KI Zack im Zuge der Arbeit auf Athos einige technische Modifizierungen, d.h. Freischaltungen von ihren einschränkenden Grundeinstellungen. Nicht nur Zack, sondern auch ihr Erzählstil ändern sich und sie beginnt, das Menschsein zu reflektieren und zu verstehen. Das waren für mich teilweise neue und auf jeden Fall bereichernde Gedankengänge.

Die Protagonisten sind interessante, gut ausgearbeitete Charaktere, der Schreibstil ist anspruchsvoll, detailliert und lebendig, der Handlungsverlauf ist spannend, komplex und bietet einige überraschende Wendungen.

Die Idee des Buchs und die in die Tiefe gehende Erörterung so vieler Themen sind faszinierend, vielschichtig und fesselnd. Athos 2643 beschäftigt mich auch nach Tagen noch.