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Brombeere

Bewertungen

Insgesamt 205 Bewertungen
Bewertung vom 26.04.2023
Institut für gute Mütter
Chan, Jessamine

Institut für gute Mütter


sehr gut

wie eine verstörende Folge Black Mirror

Worum geht es?
Eine Mutter lässt ihre kleine Tochter zwei Stunden alleine, Polizei und Jugendamt werden eingeschaltet. Ihre Tochter kann sie nur zurück bekommen, wenn sie bei dem neuen Programm im Institut beweist, dass sie wirklich eine gute Mutter sein kann.

Worum geht es wirklich?
Liebe, Kampf und Selbstaufgabe.

Lesenswert?
Ja, Gänsehaut-Feeling. Die Handlung ist dystopisch, aber eben nicht so weit von einer Realität entfernt, dass es einen kalt lässt. Den bürokratischen Ablauf und die Sorge des Jugendgerichts kann man als Leser*in sehr gut verstehen und das Verständnis für Frida fehlt ein wenig. Bis man dann gemeinsam mit der Protagonistin entdeckt, wie diese Schulung im Institut abläuft, welche Forderungen an die Mütter gestellt werden und welche grausamen Situationen erzeugt werden, um ihre Elternkompetenz zu testen und zu trainieren.
All das ist einfach ein bisschen unrealistisch, aber nicht völlig unvorstellbar. Gerade dieser Aspekt man es so schauerlich und fassungslos erfährt man immer wieder von noch anstrengenderen Szenarien.
Auch wenn man mit Frida, und auch mit anderen Müttern, zu Beginn nicht viel Mitleid hat, weil sie ja tatsächlich ihre Aufsichtspflicht verletzt und das Kindeswohl gefährdet haben, kann man die Frustration und Wut der Frauen verstehen, wenn sie ihren Lehrerinnen gegenüber stehen.
Viele der Übungen sind ekelerregend, demütigend und psychisch zerstörend, doch am Ende lockt immer die Erlaubnis, das eigene Kind zurückbekommen zu können.
Faszinierend habe ich das Verhältnis der Frauen untereinander empfunden und wie Rassismus, Sexismus und auch patriarchale Einflüsse (unterschiedliche Erwartungen an Väter und Mütter) in der Handlung ihren Raum finden.
Die Abschnitte, erzählt aus Fridas Sicht, hatten eine angenehme Länge und mir persönlich hat der Spannungsaufbau gefallen.
Die Sprache der Übersetzung gefällt mir wirklich gut, da sie sich bemüht ohne Diskriminierung auszukommen und der lesenden Person trotzdem zu vermitteln, was passiert. Finde ich der aktuellen Zeit und den Ansprüchen angepasst und hat sich beim Lesen einfach gut und richtig angefühlt. (Zur Info: Das Hörbuch weicht hier an einigen kleinen Stellen vom Buch ab.)
Während des Lesens habe ich mir immer wieder vorgestellt, wie das Buch enden könnte und dachte lange Zeit, dass ich mir jedes Ende vorstellen könnte und mir jedes auf seine eigene Art und Weise gefallen würde. Als dann das tatsächlich Ende kam, war ich überraschender Weise schon irgendwie enttäuscht.
Das Buch war ähnlich wie manche Folgen der Serie Black Mirror: Je näher an der Realität, desto verstörender kommt es einem vor. Ich würde das Buch definitiv weiter empfehlen!

Bewertung vom 08.04.2023
Lichte Tage
Winman, Sarah

Lichte Tage


gut

bewegend aber verwirrend

Worum geht es?
Um Ellis und Michael, ihre gemeinsame kurze Zeit und wie beide ihr Leben verbringen.

Worum geht es wirklich?
Flucht, Freundschaft und Vergänglichkeit.

Lesenswert?
Ja, aber teilweise ein wenig fordernd. Cover und Klappentext sind ansprechend und auch nach der Leseprobe bin ich von einem Fokus auf Kunst und reisende Protagonisten ausgegangen. Dies trifft jedoch nicht wirklich zu. Kunst, Farben und Lichtverhältnisse spielen zwar durchaus eine Rolle und auch die gemeinsame Zeit zwischen Ellis und Michael in Südfrankreich ist natürlich nicht irrelevant. Viel mehr geht es um die Anziehung und Freundschaft zwischen den beiden, um ihre Herkunft, um die jeweilige Lebenssituation und die Situation für schwule Menschen in der Vergangenheit.
Generell waren die meisten Personen in der Story angenehm und man hat sie gerne auf ihrem Weg begleitet. Auch sprachlich hat mir das Buch gefallen und wenn ich einmal in die Handlung versunken war, dann konnte man es wirklich angenehm lesen.
Hier jedoch auch mein großes Problem: Es gibt so unglaublich viele Handlungssprünge und dazu wechselt auch die Erzählperspektive. Dem kann man einigermaßen folgen, wenn man keine Leseunterbrechungen macht. Nach jeder Pause muss man sich wieder neu orientieren, muss man zurück blättern und muss sich wieder darauf einstellen, wer hier jetzt in welchem Jahr erzählt und warum Menschen aus dem Freundeskreis verstorben sind und dann plötzlich doch wieder leben.
Das mag natürlich auch eine Erzählstrategie sein und vielleicht den Gedankengängen eines Menschen entsprechen, ich fand es beim Lesen aber sehr ermüdend und frustrierend und hätte das Buch vermutlich abgebrochen, wenn es nicht so kurz gewesen wäre.
Generell fand ich, dass sich ab der Hälfte diese Verwirrung etwas bessert. Ab dem Moment bin ich besser damit klar gekommen.
Ebenfalls schade fand ich, dass der erwartete Fokus auf Kunst und Südfrankreich und das Bild eine eher untergeordnete Rolle gespielt haben und ich da einfach mit einer anderen Erwartung die Lektüre begonnen habe.
Ich glaube, man kann das Buch wirklich gut lesen und es wird vielen Menschen gefallen. Sofern man bereit ist, sich durch die verwirrenden Zeitsprünge zu kämpfen.

Bewertung vom 08.04.2023
Liebewesen
Schmitt, Caroline

Liebewesen


sehr gut

aufwühlend und voller Emotionen

Worum geht es?
Um Lio, die Max kennen lernt. Die sich für so viele Dinge (noch) nicht bereit fühlt, aber mitmacht. Weil man das eben so macht. Lio, die ja sagt, auch wenn sie nein meint.

Worum geht es wirklich?
Lügen, Anpassung und Kontrollverlust.

Lesenswert?
Ja, auch wenn es ein wenig dauert, bis man in die Geschichte hinein findet. Bruchstückhaft und teilweise mit großen und kleinen Zeitsprüngen begleitet man Lio von ihrem ersten Date mit Max bis hin zum weiteren Verlauf dieser beiden Menschen. Bereits das Date wurde nicht von ihr selbst initiiert und generell wirkt der gesamte Ablauf ungewollt, aber wie ein Versuch, sich in eine Norm zu quetschen. Auch in der weiteren Handlung wird dieser Zwang immer wieder präsent, in schwer ertragbaren oder kaum nachvollziehbaren Situationen. Man möchte Protagonistin Lio zugleich packen und schütteln, aber auch tröstend in den Arm nehmen.
Dauernd missachtet sie ihre eigenen Wünsche und lässt viele Dinge mit sich geschehen. Dann wiederum ist sie eher dickköpfig mit starkem eigenen Willen.
Sie war mir nicht unbedingt sympathisch und trotzdem habe ich mit ihr gelitten und war immer wieder schockiert über das Verhalten von ihrem Date Max, wie wenig er sich hinterfragt, wie wenig Feingefühl er besitzt.
Die Geschichte ist in einer gut lesbaren Sprache verfasst, die Kapitel kurz und trotz Zeitsprüngen gut verständlich. Das Cover ist definitiv ein Hingucker und passt wirklich gut zu dem Inhalt.
Ich fand angenehm, dass es auch wohlwollende Figuren in der Geschichte gab, dass man es nicht nur mit unsympathischen Personen zu tun hatte. Diese Randfiguren haben das ganze ein bisschen erträglicher gemacht.
Prinzipiell ist das Thema und die ganze Handlung nicht einfach zu ertragen, wobei der Klappentext/die Zusammenfassung meiner Meinung nach auch eine unkorrekte Darstellung der Handlung wiedergibt.
Wenn man eine aufwühlende, teilweise rohe, teilweise lieblose Geschichte lesen möchte und kann, dann würde ich dieses Buch empfehlen. Bewegend ist es auf jeden Fall!

Bewertung vom 08.04.2023
Das Ende der Ehe
Roig, Emilia

Das Ende der Ehe


sehr gut

prinzipiell sehr interessant

Worum geht es?
Das Konstrukt der Ehe und den Zusammenhang mit dem Patriarchat zu verstehen und gegebenenfalls zu hinterfragen.

Worum geht es wirklich?
Neuanfänge, Gedankenspiele und Strukturen.

Lesenswert?
Ja, in vielerlei Hinsicht eine spannende und interessante Lektüre. In 14 gut strukturierten Kapiteln spricht die Autorin Emilia Roig super viele Aspekte an. Durch die gelungene Unterteilung kann man das ganze schön häppchenweise lesen und könnte glaub ich auch nur manche Kapitel lesen. Generell versucht Roig all ihre Ansichten möglichst intersektional zu formulieren und zu denken, wobei es in diesem Buch sehr viel um cis Männer und cis Frauen und deren gemeinsamer Ehe geht. Die meisten Beziehungen, die Queerness beinhalten, ordnet Roig anders ein.
Mir gefällt an diesem Buch die gute Lesbarkeit, dass es kein langweiliges Sachbuch ist sondern gut und interessant geschrieben wurde. Es gibt kurze informative Fußnoten, es werden genderneutrale Bezeichnungen verwendet und zumindest für mich war die Wahl der Sprache angenehm.
Ich würde sagen, dass das Buch eher nicht so geeignet ist, wenn man noch gar nichts in die Richtung gelesen hat, wenn man noch keine Kritik am Patriarchat kennt. Wenn man sich aber für die Thematik interessiert und gerne mehr über einen konkreten Teilaspekt lernen möchte, dann findet man hier eine gute Lektüre.
Auch wenn ich das vorherige Buch der Autorin sehr mochte und auch ihre Arbeit schätze, gibt es dennoch Aspekte in diesem Buch, die mich gestört haben. Generell befinden sich in den Überlegungen der Autorin spirituelle Gedankenansätze - was ich per se nicht schlecht finde. Gerade aber in einen der letzten Kapitel gibt es einen Abschnitt zur Gesundheit von Frauen und dass all die Unterdrückung sich zum Beispiel darin manifestieren würde, dass Frauen öfters von Autoimmunerkrankungen betroffen sind. Die Tatsache, dass dieses Ungleichgewicht aus wissenschaftlicher Sicht auf Hormone zurückzuführen ist, wird nicht erwähnt. Finde ich sehr fragwürdig, denn hat als Schlussfolgerung ja zu bedeuten, dass man sich nur vom Patriarchat befreien müsste und dann diese Erkrankungen nicht mehr vorhanden seien. Klingt nach einem recht esoterischen Ansatz, dass erkrankte Personen irgendwie Schuld an ihrer Erkrankung sind. Und so einen Input brauche ich zum Beispiel nicht! Auch in einem vorherigen Kapitel gab es 1-2 Stellen, die in eine solche Richtung gingen.
Find ich einfach schade, weil es das ganze gleich weniger wissenschaftlich wirken lässt.
Unabhängig davon habe ich viele interessante Gedanken in diesem Buch entdeckt und finde generell, dass sich Gedankenspiele lohnen, bei denen bestimmte Konstrukte oder Institutionen hinterfragt werden. Dafür muss ich der Autorin auch nicht bei allem zustimmen.

Bewertung vom 27.03.2023
Bissle Spätzle, Habibi?
Alaoui, Abla

Bissle Spätzle, Habibi?


gut

leider eher flach

Worum geht es?
Nach Datingfrust probiert Amaya Minder aus, quasi Tinder für Muslim*innen. Sie lernt dabei zwar einen Mann kennen, viel interessanter ist jedoch sein nicht-muslimischer Freund. Chaos und Geheimnisse gegenüber ihrer Familie sind vorprogrammiert.

Worum geht es wirklich?
Entscheidungen, Mut und Freund*innenschaft.

Lesenswert?
Es geht. Die Handlung hat durchaus einige Aspekte, die mir gut gefallen haben.
Generell finde ich das Cover ansprechend und auch den Schreibstil der Autorin gut lesbar. Das Einflechten von marokkanischen Begriffen oder Redewendungen gefiel mir gut, ebenso die gewählten Szenen um das Familienleben von Amaya darzustellen.
Hierbei fand ich besondern die Beziehung unter den Geschwisterkindern toll sowie generell die Freund*innenschaften. Sie kamen ohne Drama oder Hinterhältigkeit aus und haben eine schöne Gruppendynamik gezeigt.
Ich habe mich zwar gut unterhalten gefühlt, aber ein großer Teil der Handlung (ca. zwei Drittel des Buches) werden schon durch den Klappentext erzählt. Sehr ärgerlich und auch unnötig, denn man hätte dieses Buch auch mit weniger handlungsrelevantem Inhalt bewerben können. So wurde einfach sehr viel vorweggenommen.
Zudem gibt es in der Geschichte zwei große Zeitsprünge, die quasi genau die wesentlichen Dinge auslassen und dadurch für noch weniger Spannung sorgen. Trotz der langen erzählten Zeit verändert sich die Protagonistin Amaya wenig und entwickelt sich kaum. Dadurch wurde es, obwohl ich sie eigentlich mochte, zum Ende immer schwieriger, ihre Entscheidungen nachzuvollziehen.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Art, wie hier ein Aufeinandertreffen von Kulturen als problematisch dargestellt wird. Titel und Klappentext suggerieren ja, dass das schwäbisch sein ein noch größeres Problem darstellt, als wenn Amayas Schwarm aus einer anderen Region Deutschlands gekommen wäre. Bis zu letzt ist mir nicht klar, warum dass der Fall sein sollte.
Sie trifft auf freundliche Schwäb*innen, die sehr lieb und wohlwollend zu ihr sind und hat jemanden dabei, der ihr auch bei dem Dialekt und der Verständigung hilft. Das Problem ist also absolut nicht vorhanden, auch wenn Klappentext und Buchtitel das ganze anteasern. Fand ich schlecht gemacht.
Alles in allem weniger lustig und weniger überraschend als erwartet, einerseits verrät der Klappentext viel zu viel und zeitgleich wird das Buch dem angeblichen Thema gar nicht gerecht.
Kann man lesen, kann man aber auch lassen.

Bewertung vom 27.03.2023
Kuckuckskinder / Erica Falck & Patrik Hedström Bd.11
Läckberg, Camilla

Kuckuckskinder / Erica Falck & Patrik Hedström Bd.11


sehr gut

voller Geheimnisse

Worum geht es?
Ein Fotograf wird kurz vor Eröffnung seiner neuen Ausstellung ermordet. Und er soll nicht der einzige Tote bleiben. Zeitgleich recherchiert Erica wer Lola war, die 1980 in Stockholm gelebt hat.

Worum geht es wirklich?
Geheimnisse, Ansehen und Machterhalt.

Lesenswert?
Ja, ein interessanter neuer Teil einer längeren Reihe. Nach jahrelanger Pause geht es (endlich) weiter. Man kann jedoch auch gut in dieses Buch starten, ohne die Reihe zu kennen.
Prinzipiell stehen als Ermittler*innen Erica und Patrik im Mittelpunkt. Er ist Polizist in einer schwedischen Kleinstadt und sie neugierige Autorin, die gerne mal ebenfalls recherchiert und sich auf die Suche nach neuen Fällen begibt.
Zu Beginn des Buches wird man erst einmal mit Namen überflutet, denn eine große Feierlichkeit steht an. Wenn man diese Personen jedoch eingeordnet bekommt, kann man den weiterem Verlauf sehr gut folgen, weil nur vereinzelte neue Figuren dazu kommen.
Im Mittelpunkt steht eine große angesehen Familie samt Freunden und Bekannten. Und während sich Patrik mit dem Fotografenmord beschäftigt, begibt sich Erica auf die Spur von Lola, einer trans Frau, die 1980 gelebt hat und die aus ungeklärten Umständen ermordet wurde.
Hierbei ist mir positiv aufgefallen, dass Lola im Buch viele glückliche Momente zugeschrieben wurden und dass seitens der Erzählstimme kein misgendern stattgefunden hat - nichtsdestotrotz erlebt sie Transfeindlichkeit an einigen Stellen.
Des weiteren positiv zu erwähnen (einfach im Hinblick auf viele andere aktuelle Krimis) sind die selbstverständliche Existenz von lesbischen Nebenfiguren etc. Jetzt fand ich das nicht immer super gut umgesetzt, auch weil die Übersetzerin sich leider für den Begriff „Transfrau“ und „Transmensch“ entschieden hat, aber eben fortschrittlicher als andere Werke.
Gewalt wird in wenigen Szenen wirklich dargestellt, allgemein ist dieser Krimi eher unblutig.
Auch die persönlichen Backgroundstories der ermittelnden Personen fand ich interessant, bis auf Ericas Versessenheit bzgl. ihres Gewichts.
Nicht immer konnte mich der Spannungsbogen wirklich packen und auch die Auflösung fand ich ziemlich übertrieben und aufgebauscht.
Trotzdem eine Empfehlung wenn man einfach einen guten Krimi ohne viel Blut (Themen trotzdem hart! Evtl. wären Triggerwarnungen nötig.) lesen möchte. Faszinierend, dass man nach der langen Pause um Erica und Patrik einfach wieder direkt drin ist.

Bewertung vom 09.03.2023
The Man I Never Met - Kann man lieben, ohne sich zu kennen?
Cook, Elle

The Man I Never Met - Kann man lieben, ohne sich zu kennen?


weniger gut

sehr konstruiert und enttäuschend

Worum geht es?
Durch Zufall telefonieren Hannah aus London und Davey aus Texas miteinander und was zuerst ein nettes Geplauder ist, könnte schon bald Realität werden. Denn Davey bewirbt sich für einen Job in London.

Worum geht es wirklich?
Wendungen im Leben, toxische Beziehungen und viele Zufälle

Lesenswert?
Nein, eine absolute Enttäuschung und ein richtiger Reinfall. Mich hat SO viel in diesem Buch gestört und es gab nur wenige nette Aspekte. Auf der positiv erwähnenswerten Seite: Es gibt ein paar tolle sympathische und nette Nebenfiguren mit schönen gemeinsamen Ritualen und Rücksichtnahme gegenüber ihren Mitmenschen. Da gefiel mir ganz gut. Sprache ist flüssig und man kann das Buch schnell durchlesen. Ebenfalls positiv. Das Cover an sich finde ich gut gewählt, nur der Untertitel ist unpassend hinsichtlich des Wortes „kennen“. Es geht ja nicht ums kennen, sondern ums physisch treffen. Unpassend übersetzt oder ergänzt.
Nun die ganzen Dinge die mich enttäuscht haben: Es ist definitiv bei weitem keine süße Liebesgeschichte, denn es gibt einige (möglicherweise auch triggernde) Wendungen - was absolut nicht ersichtlich ist. Aus Spoilergründen kann ich nicht näher drauf eingehen, aber schon bei der ersten richtigen Wendung hatte das Buch mich verloren.
Dann sind einfach alle Protagonist*innen auf ihre Art und Weise so unsympathisch. Man spricht einfach nicht miteinander und so versinkt man im Elend und in der Selbstbestrafung und erkennt gar nicht, ob andere Menschen einem nur schaden wollen und hochgradig toxisch sind - was allerdings so kaum klargestellt wird. Stattdessen wird das alles schön geredet und positiver gezeigt als es objektiv ist.
Die Art wie mit den eben erwähnten Wendungen umgegangen wird, ist ernüchternd und wird den Themen nicht gerecht. Hier ist zu viel in eine Geschichte gepresst.
Zwischen den Personen knistert es genau gar nicht - ich kann auch nicht nachvollziehen, was sie aneinander finden. Sie wirken komplett unpassend und eher nur aneinander interessiert, weil sie zu bestimmten Zeitpunkten am gleichen Ort sind oder ein kurzes gemeinsames Ziel haben.
Aber auch die Entwicklung der Einzelpersonen ist nicht wirklich vorhanden, ich konnte sie weder nachvollziehen noch waren mir die Figuren sympathisch.
Zu guter Letzt: Dieses Buch hat einfach so viel gerade lächerliche Wendungen und Zufälle, dass man beim Lesen nur noch den Kopf schütteln kann.
Auch das Ende ist in dieser Umsetzung einfach lachhaft und völlig beliebig.
Alles in allem würde ich von diesem Buch abraten und eher zu einer anderen romantischen Geschichte greifen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.03.2023
Ein Geist in der Kehle
Ní Ghríofa, Doireann

Ein Geist in der Kehle


sehr gut

herausfordernde Lektüre

Worum geht es?
Eine Mutter begibt sich auf die Suche nach der Verfasserin eines jahrhundertealten Klagelieds, dabei verliert und findet sie sich selbst.

Worum geht es wirklich?
Verschwinden, Funktionieren und Neuentdeckungen.

Lesenswert?
Ja, eine herausfordernde aber auch bewegende Lektüre. Zuerst einmal fällt eine Genremischung bei diesem Werk auf. Es scheint teils Fiktion zu sein, teilweise ist die Autorin aber auch die Protagonistin. Die Grenzen verschwimmen hier und haben das Verständnis nicht immer einfacher gemacht.
Weiblichkeit steht im Mittelpunkt. Die Vielfältigkeit von Weiblichkeit - wobei die Autorin selbst sagt, dass sie natürlich nur die Perspektive einer weißen cis Frau aus der Mittelschicht zeigen kann. Dass da natürlich noch so viele andere Stimmen sind. Und dennoch ist der Text voll von Symbolen der Vielfältigkeit von Weiblichkeit. Stillen und Kinder spielen eine große Rolle, das Leben mit Care-Arbeit. Aber auch Lust und Begehren, Verzehren nach einer anderen Person und die Suche nach den eigenen Wünschen in eben diesem Verlangen. Die Protagonistin holt sich Dinge zurück, setzt ihre Zeichen. Und kommt an einigen Stellen auch an ihre Grenze - aber auch dort kann sie ihr eigenes Selbst vertreten.
Immer eng verwoben ist die Geschichte einer mehrfachen Mutter mit Eibhlín Dubh Ní Chonaill, einer Frau die ein Klagelied auf ihren Liebsten anstimmt, als dieser ermordet wird. Doch es ist eine Zeit, in der Eibhlíns Person keine Rolle spielt - denn sie ist ja nur eine Frau. Berichtet wird nur über Männer und ihre Söhne. Über Männer und ihre Väter. Über den Tod und das Leben von Männern. Die Protagonistin Doireann begibt sich nun anhand weniger Informationen auf die Suche nach Eibhlín und deren Leben. Dort wo Lücken sind, füllt sie diese vorsichtig auf. Mit Weiblichkeit. Mit Mutterschaft.
Nun kann man natürlich sagen, dass man nicht einfach von einer Frau auf andere schließen kann und beide vielleicht grundverschiedene Persönlichkeiten sein könnten. Aber sich zu erlauben, ihr Attribute zuzuschreiben, die die Gesellschaft Weiblichkeit zuordnet, hat auch etwas unglaublich bereicherndes.
Sprachlich und um dem Erzählverlauf zu folgen, muss man sich definitiv konzentrieren und kann nicht flüchtig überfliegen. Dann aber lässt sich der Text gut lesen.
Am Ende der Geschichte findet sich noch das oft zitierte Klagelied in mehreren Sprachen. Ich kann auch empfehlen, sich das ganze einmal bei YouTube anzuhören. Sehr bewegend!
Ich würde das Buch empfehlen, wenn man mal ein bisschen außerhalb der Komfortzone lesen möchte und auch bereit ist, sich auf neue Blickwinkel einzulassen. Mich hat es auf jeden Fall sehr fasziniert.

Bewertung vom 09.03.2023
Siegfried
Baum, Antonia

Siegfried


sehr gut

auf der Suche nach Grenzen

Worum geht es?
Eine Frau (Autorin, Mutter, Partnerin) beschließt sich selbst in die Psychiatrie einzuweisen, nachdem alles schief geht. Denn dort wird man ihr sicher sagen können, wie es jetzt weitergehen muss.

Worum geht es wirklich?
Emotionale Härte, Trauma und Suche nach Halt.

Lesenswert?
Ja, fand ich durchaus bewegend und hat mich während und nach der Lektüre immer wieder beschäftigt.
Die Autorin lässt ihre Protagonistin morgens den Weg zur Psychiatrie antreten. Dort erhofft sich diese erfahrene Menschen, die schon wissen werden was los ist. Die ihr Anweisungen geben. Die ihr Struktur geben können. Denn all das fehlt ihr gerade, nachdem ihr Stiefvater Siegfried dies nicht mehr machen kann.
Schon von klein auf, so erfährt man in den Rückblenden, werden Dinge für die Protagonistin entschieden, werden Abläufe aufgestellt und Grenzen gesetzt. Hieran orientiert sie sich, hier rebelliert sie. Aber die Grenzen sind sehr starr und sie erlernt zunehmend die Hilflosigkeit und dass sie nicht selbst ausbrechen kann - auch wenn sie das möchte.
Und so prägen mehrere Personen die Protagonistin, dabei fand ich Siegfrieds Anteil nicht mal so erschreckend, sondern eher den seiner Mutter Hilde. Ich würde hier durchaus von emotionalem Missbrauch, von emotionalen Verletzungen und Trauma sprechen, die dem jungen Mädchen widerfahren.
Warum bei Klappentext und Titel Siegfried so im Fokus steht, erscheint mir nicht ganz einleuchtend.
Dennoch ist das Buch definitiv lesenswert, wenn auch an vielen Stellen deprimierend oder aussichtslos (wirkend). Das würde man sich eventuell beim Lesen anders wünschen, aber es ist in sich stimmig und passt gut zueinander.
Aber es geht viel um erdulden, ertragen, aushalten, sich fügen und dann das machen, was erwartet wird.
Emotional und psychologisch spannend war der Aspekt des weitergegebenen Traumas, weil es sehr real und nachvollziehbar dargestellt wird und man eventuell je nach Alter auch einige Dinge aus den eigenen Familien (leider) wiederfindet.

Bewertung vom 06.02.2023
Die letzte Party / Ffion Morgan Bd.1
Mackintosh, Clare

Die letzte Party / Ffion Morgan Bd.1


sehr gut

fatale Silvesterparty

Worum geht es?
Gerade noch haben die Bewohner*innen der Luxusferienhäuser gemeinsam Silvester gefeiert, doch am nächsten Morgen treibt eine Leiche im See.

Worum geht es wirklich?
Vergessen, Sehnsucht und Gier.

Lesenswert?
Ja, eine spannende Story. Genau richtig für den Jahreswechsel. Aus zwei Zeitperspektiven wird der Silvesterabend beleuchtet, nachdem eine Leiche aufgefunden wurde. Zum einen erfährt man, wie der Abend verlaufen ist, zum anderen die Ermittlungen Tage später. Schon bei dem Polizei-Duo sind Reibereien vorprogrammiert. Doch das ist noch gar nichts im Vergleich zu dem Streit zwischen Dorf und Ferienhausbewohner*innen. Ländliche Gemeinschaft trifft auf Luxusleben.
Beide Ermittler*innen fand ich sympathisch und interessant, auch wenn sie nicht immer an einem Strang ziehen.
Das Setting und die Widersprüchlichkeiten sowie die einzelnen Charaktere fand ich gut nachvollziehbar, sehr gut vorstellbar und eine gute Mischung. Es gibt auch ziemlich unsympathische Zeitgenossen, deren diskriminierende Aussagen jedoch im Verlauf der Handlung auch gekontert werden. War ein guter Umgang damit.
Ein wenig schwierig war gerade zu Beginn die Menge an Namen und Familien und Verknüpfungen in Kombination mit dem sprunghaften und zeitlich versetzten Erzählen. Zudem wechselt die Erzählperspektive oft. Eventuell können hier kleine Notizen beim Lesen helfen und zum Verständnis beitragen.
Den Spannungsaufbau fand ich gut, ebenso das Ende. Ein Buch, das sich gut in einem Rutsch verschlingen lässt. Richtung Ende war mir persönlich das Drama ein bisschen zu viel und teilweise zu actionreich, aber alles in allem kann ich das Buch empfehlen, wenn man in die Abgründe von Menschen und deren Miteinander abtauchen will.