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Aus Liebe zum Lesen
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Rannungen

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Insgesamt 203 Bewertungen
Bewertung vom 07.06.2022
Die Launen des Lebens
Straub, Emma

Die Launen des Lebens


gut

Emma Straub erzählt in „Die Launen des Lebens“ die Geschichte der Familie Strick. Astrid beginnt über das Leben nachzudenken, als eine Bekannte vor ihren Augen überfahren wird und ihre Enkelin Cecilia nach einem Vorfall in ihrer Schule in New York bei ihr einzieht.

Die Familie mit ihren sehr unterschiedlichen Charakteren bietet viel Potential für Konflikte und damit für einen guten Familienroman. Allerdings sind mir deren Handlungsweisen im Verlauf des Romans an einigen Stellen nicht schlüssig und ich konnte leider mit keiner Figur warm werden.

Emma Straubs Versuch, eine vielfältige und diverse Gesellschaft abzubilden, in Ehren, war es mir dennoch zu viel des Guten. Die wenigen Hauptfiguren decken so ziemlich alles ab, was die queere Community zu bieten hat und wirken in der Fülle unglaubwürdig. Noch unrealistischer finde ich allerdings die Darstellung der Kleinstadt-Gesellschaft, die kaum ein Problem mit plötzlich als lesbisch geouteten älteren Damen und jungen Trans-Menschen hat. Schön wäre es, aber die Realität sieht leider (noch) anders aus. Auch abgesehen von den queeren Inhalten, konnte mich die Geschichte nicht überzeugen. Sie geht zu wenig in die Tiefe und ist stellenweise sehr langatmig.

Ich begrüße Bücher, die die vielfältigen Erscheinungsformen von Liebe zeigen und klassische Geschlechterrollen aufbrechen. Aber in diesem Roman werden die Probleme, die für viele Menschen in der LGBTQIA*-Community bestehen, allenfalls angeschnitten, ihnen aber keinesfalls ausreichend Rechnung getragen. Übrig bleibt ein netter Versuch, einen diversen Roman zu schreiben.

Bewertung vom 05.06.2022
Umgebaute Häuser
Hintze, Bettina

Umgebaute Häuser


ausgezeichnet

Heute habe ich wieder mal einen wunderschönen Architektur-Bildband für euch: In „Umgebaute Häuser – Die Sieger des HÄUSER-Awards“ stellt die Architektin und Autorin Bettina Hintze die drei Gewinner-Häuser sowie 26 weitere Häuser mit Auszeichnung vor.

Hauptaugenmerk der Bauten ist das Bauen im Bestand, also die Umgestaltung und der Umbau von Bestandsgebäuden. Dabei werden sowohl Häuser vorgestellt, die nur sanft erneuert wurden, aber auch radikale Änderungen, die Altbackenem ein modernes Erscheinungsbild geben. Die vorgestellten Objekte sind vorwiegend Einfamilienhäuser und bis auf wenige Ausnahmen in Deutschland zu finden.

Jedem Haus widmet die Autorin 8-10 Seiten, auf denen sie die Grundgedanken der Architekten zum Bestandsobjekt, den Umbaumaßnahmen und der neuen Nutzung in einem halbseitigen Text erklärt und durch Fotos mit kurzen Erklärungen ergänzt. Außerdem gibt es mindestens eine Außenansicht des Objekts vor und nach dem Umbau sowie Grundrisse, Lageplan, Kurzportrait und Gebäudedaten. So kann sich der Leser einen guten Eindruck der vorgestellten Häuser verschaffen. Ich hätte mir allerdings noch das ein oder andere Bild des Altbestands, vor allem Innenansichten, gewünscht.

Mir gefällt die hochwertige Aufmachung des Buchs sehr gut. Die Bilder sind toll ausgewählt und die Texte informativ. Besonders gut gefällt mir, dass es auch einige Daten und Grundrisse gibt. Es ist schon erstaunlich, was man noch aus so manch altem Kasten herausholen kann, wenn man eine Vision hat.

Bewertung vom 04.06.2022
Maja und Marietta aus dem großen, bunten Haus
Lott, Anna

Maja und Marietta aus dem großen, bunten Haus


ausgezeichnet

Anna Lott heißt uns herzlich willkommen bei “Maja & Marietta aus dem großen, bunten Haus“ und all den anderen Mitbewohnern, wie Herrn Leblebi mit Hund Pesto, dem Polizisten, Herrn Johannson und Jenny und Luca, den Freunden der beiden Schwestern, um die es geht.

In 10 einzelnen Geschichten erzählt die Autorin aus dem Leben der großen Schwester Maja, die ihre Puppe Carlotta auf dem obersten Regalfach vor ihrer kleinen Schwester Marietta versteckt, die aber dafür ihren Teddy „Bäri“ stets an ihrer Seite weiß. Gemeinsam erleben sie größere und kleinere Abenteuer und auch wenn sie sich wie im echten Leben mal streiten, halten sie (und die Nachbarn im Haus) stets zusammen, wenn es darauf ankommt, am Ende sogar Frau Müller aus dem 10. Stock, die immer meckert.

Die Geschichten sind spannend und realitätsnah. Die Kinder dürfen mal wütend und gemein sein, mal fröhlich und liebevoll, wie das eben im Leben so ist. Sehr gut gefällt mir die Zusammensetzung der Charaktere. Man schließt die beiden Schwestern sofort ins Herz und fiebert mal mit der einen, mal mit der anderen mit. Sie leben allein mit ihrer Mutter – ohne dass das genauer erklärt oder hinterfragt werden muss. Die übrigen Mitbewohner bilden ein buntes Sammelsurium aus BIPOC, Singlehaushalten bis hin zu klassischen Familien ab und mit Luca befindet sich auch ein Mensch mit Behinderung wieder. Dabei wird all das aber nicht zum Thema gemacht, sondern bildet allenfalls den Rahmen, was ich sehr gelungen finde.

Die farbigen Illustrationen von Ariane Camus, die sich durch das ganze Buch ziehen, haben sowohl meinen Kindern als auch mir sehr gut gefallen.

Meine Mädels und ich hatten großen Spaß an den Geschichten. Sie konnten sich mit den Figuren identifizieren und den Geschichten gut folgen und haben dabei auch das ein oder andere gelernt. Wir waren alle ein wenig traurig, als die letzte Geschichte fertig war. Bitte gerne mehr davon!

Bewertung vom 03.06.2022
Tante Martl
März, Ursula

Tante Martl


sehr gut

Nachdem mir „Tante Martl“ von Ursula März mehrfach empfohlen wurde, konnte ich natürlich nicht widerstehen, zumal ich Familienromane recht gerne lese.

Die titelgebende Tante Martl hat es wirklich gegeben und Ursula März hat sie und ihre Familie sehr authentisch porträtiert. Neben der kinderlosen, pragmatischen und aufopferungsvollen Tante, der der Vater nie verzieh, dass sie kein Junge wurde, gibt es noch die beiden älteren Schwestern Bärbl und Rosa, die so ganz anders sind als sie, was zeitlebens zu Konflikten führt.

Die Autorin hat einen ruhigen Roman geschrieben, der nicht von einer hochspannenden Handlung lebt, sondern vom Familiengeflecht und dem sich daraus ergebenden Spannungsfeld. Die große Authentizität ergibt sich daraus, dass Ursula März tatsächlich ihre Familie beschreibt und sich auf zwischenmenschliche Beziehungen fokussiert, statt Spektakuläres hinzuzudichten. Neben der eigentlichen Familiengeschichte transportiert der Roman aber auch die Zeitgesichte einer ganzen Gesellschaft vom beginnenden 20. Jahrhundert, über den zweiten Weltkrieg und die Nachkriegszeit bis hin zum Ende des Jahrhunderts.

Sprachlich hat mir der Roman sehr gut gefallen, so unterstreicht die Autorin Martls Bodenständigkeit und ihre kauzige Art durch konsequente Verwendung des pfälzischen Dialekts, während die Schwestern und auch die Ich-Erzählerin Ursi Hochdeutsch sprechen. So entsteht beim Lesen ein heimeliges Gefühl, was den Roman zu einem Wohlfühlbuch macht.

Bewertung vom 30.05.2022
Wir schlechten guten Väter
Moorstedt, Tobias

Wir schlechten guten Väter


ausgezeichnet

Endlich spricht mal ein Vater aus, was wohl die meisten Mütter denken! Journalist Tobias Moorstedt widmet sich in seinem Buch „Wir schlechten guten Väter – Warum Männer sich erfolgreich gegen Familienarbeit wehren – und warum wir das dringend ändern müssen“ einem ganz wichtigen Thema und das endlich mal von „der anderen Seite“.

Moorstedt schreibt über die Ungleichverteilung von Hausarbeit und Betreuung in Familien (Gender Care Gap), von immer noch flächendeckend vorherrschenden patriarchalen Strukturen in den meisten Familien und den Folgen für alle. Aber statt Ausreden zu finden, prangert er sich und seine Geschlechtsgenossen an, etwas zu ändern. Und das ist so immens wichtig, was er auch durch zahlreiche Studien, Zitate und Quellen belegt.

Ich bin wirklich begeistert, wie fundiert der Autor recherchiert hat und noch mehr, wie ehrlich er ist. Denn auch wenn es bereits einen gewissen Wandel gibt, ist es dennoch ein weiter, steiler Weg hin zur Gleichberechtigung. Und dass wir alle davon profitieren würden – Frauen wie Männer und unsere Kinder, steht fest. Auch der Frage, warum sich dann nicht mehr tut, widmet sich Moorstedt ausgiebig und findet sinnvolle Erklärungen, aber auch neue Wege aus dem Patriarchat.

Vielleicht schafft es mit Tobias Moorstedt ja ein Mann, die Männer und vor allem Väter, in der Politik wie im Privaten, wachzurütteln und für mehr Gleichberechtigung einzustehen. Ich jedenfalls ziehe meinen Hut vor ihm und sage DANKE.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.05.2022
Die Abenteuer des Alexander von Humboldt
Wulf, Andrea

Die Abenteuer des Alexander von Humboldt


ausgezeichnet

Historikerin und Humboldt-Expertin Andrea Wulf hat sich dem Forscher in „Die Abenteuer des Alexander von Humboldt“ diesmal auf eine besondere Weise genähert, nämlich in Form einer Graphic Novel.

Wie man auf den ersten Blick schon sehen kann, ist das Buch sehr hochwertig aufgemacht, mit Halbleineneinband, vergoldeten Details auf dem Cover, Lesebändchen und 272 durchgängig farbig illustrierten großformatigen Seiten. Alleine das lädt schon Jung und Alt dazu ein, sich mit dem Naturforscher Alexander von Humboldt näher zu befassen.

Die Fülle an Informationen ist gut verpackt in Dialoge und erklärende Begleittexte, sodass sie den Leser nicht erschlägt. Vielmehr fühlt man sich als Teil der Expeditionen in Südamerika und Mexiko. Andrea Wulf schafft es, die Arbeitsumstände der Forscher im ausgehenden 18. Jahrhundert realistisch darzustellen und die Leistungen der beiden Wissenschaftler zu würdigen, indem sie auch deren Bedeutung für die ganze Welt heraushebt.

Lillian Melcher bedient sich bei der collagenhaften Gestaltung vieler Original(auf)zeichnungen Humboldts und seines Begleiters Aimé Bonpland und nutzt verschiedene Zeichentechniken, was mir insgesamt gut gefällt. Einen großen Kritikpunkt habe ich allerdings an den Zeichnungen der Menschen, die wirken, wie von einem Grundschulkind gezeichnet. Das trübt für mich leider den Gesamteindruck.

Ich bin beeindruckt von der Graphic Novel, die ein umfassendes Bild der Arbeit Alexander von Humboldts zeichnet. Einziger Wehrmutstropfen ist die Zeichnung der Menschen, die mich nicht überzeugen konnte.

4,5/5

Bewertung vom 24.05.2022
Das Lied des Waldes
Jahn, Klara

Das Lied des Waldes


weniger gut

Unter dem Pseudonym Klara Jahn beschäftigt sich Erfolgsautorin Julia Kröhn in ihrem Roman „Das Lied des Waldes“ mit dem Thema Waldwirtschaft.

Sie nähert sich dem Thema aus heutiger Sicht durch ihre Protagonistin Veronika, die ihr Elternhaus inklusive großem Waldstück verkaufen möchte. In einem zweiten Erzählstrang beleuchtet sie außerdem die historischen Hintergründe des Umgangs mit dem Wald im Mittelalter anhand der Geschichte von Anna Stromer, deren Vater die erste Papiermühle nördlich der Alpen gründete.

Während ich vor allem den geschichtlichen Teil rund um die Familie Stromer, Nürnberg, den Reichswald und die Waldwirtschaft im Allgemeinen sehr spannend und die Geschichte von Anna sehr interessant und authentisch finde, fehlt es dem Handlungsstrang um Veronika gerade an Authentizität. Ihre Handlungen sind im Verlauf des Romans immer weniger nachvollziehbar, die Geschichte um sie ist nicht stimmig. Auch die aktuellen Probleme in der Forstarbeit werden nur kurz angeschnitten und eher stereotyp dargestellt.

Klara Jahns Schreibstil lässt sich flüssig lesen und lebt von ihrer bildreichen Sprache. An einigen Stellen wurde es mir dann aber doch zu schwülstig.

Ich hatte mir so viel von dem Buch erhofft und war nach den ersten 100 Seiten noch sehr angetan, dann aber flacht die Geschichte zu sehr ab, um sich in einem abrupten, wenig nachvollziehbaren Ende in Wohlgefallen aufzulösen. Da war mehr drin.

Bewertung vom 22.05.2022
Lieben lernen. Alles über Verbundenheit
hooks, bell

Lieben lernen. Alles über Verbundenheit


gut

Mein erstes Buch der im Dezember verstorbenen Feministin bell hooks ist „lieben lernen – Alles über Verbundenheit“, das nun, 20 Jahre nach seine Erscheinen, auch in der deutschen Übersetzung veröffentlicht wurde.

Genau dieser Umstand macht die Lektüre gleich ein bisschen schwierig, weil einige der angesprochenen Themen sich mittlerweile entwickelt und verändert haben. Viele der Punkte sind deshalb auch nichts Neues. Über weite Teile schreibt bell hooks über eigene Erfahrungen zum Thema Liebe, beginnend bei ihrer Familiengeschichte bis hin zu ihren Erkenntnissen und Lehren, die sie daraus gezogen hat.

Während ich ihr in einigen Punkten zustimme, was z. B. die Selbstliebe und die grundlegende Kritik am Patriarchat betrifft, haben mich doch einige Aussagen irritiert. Immer wieder schert sie alle über einen Kamm und verallgemeinert zu stark. Enttäuscht war ich zudem vom eigentlichen Thema, denn wie man lieben lernt, beantwortet sie nicht wirklich.

„lieben lernen“ muss man im zeitlichen Kontext lesen und erhält einen Einblick in die Denkweise einer Vorreiterin des Feminismus. Bahnbrechende Erkenntnisse hielt es für mich aber leider nicht bereit.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.05.2022
Blaukäppchen und der gute Wolf
Sternbaum, Nico

Blaukäppchen und der gute Wolf


sehr gut

Jeder kennt Rotkäppchen und vor allem kennt jeder den bösen Wolf und seit dieser vor einigen Jahren in unsere Breitengrade zurückgekehrt ist, herrscht Angst. Das sieht man wieder einmal, was Märchen so bewirken können. Zur Ehrrettung des Wolfes hat Illustrator Nico Sternbaum einen Gegenentwurf zum bekannten Märchen geschrieben: „Blaukäppchen und der gute Wolf“.

Blaukäppchen findet im Wald einen traurigen Wolf vor, mit dem keiner spielen will. Beherzt nimmt sie ihn an der Hand und sucht mit ihm Freunde und erklärt dabei den Tieren des Waldes, warum der Wolf so große Augen und Zähne braucht und dass er seine großen Ohren nur zum Musikhören hat.

Manche der Ideen finden wir ganz lustig, andere hingegen eher langweilig und wenig originell. Da ist meinen Töchtern spontan Lustigers eingefallen. Nichtsdestotrotz kommt die Botschaft bei den Kindern an.

Bewertung vom 16.05.2022
New Moms for Rebel Girls
Mierau, Susanne

New Moms for Rebel Girls


ausgezeichnet

Als Mutter von 2 Töchtern stehe ich vor der großen Aufgabe, sie stark und selbstbestimmt großzuziehen, sodass sie dem Patriarchat und allen damit zusammenhängenden Widrigkeiten trotzen können. Da kommt Susanne Mieraus neues Buch „New Moms for Rebel Girls – Unsere Töchter für ein Gleichberechtigtes Leben stärken“ aus dem Beltz-Verlag genau richtig.

Die Pädagogin widmet sich zunächst dem Patriarchat und erklärt, warum es immer noch keine Gerechtigkeit gibt. Außerdem zeigt sie Probleme, die vor allem Mütter aus ihrer eigenen Kindheit kennen und oft unbewusst an ihre Töchter weitergeben und wirft auch einen Blick auf die Männer in unserem Leben. Im letzten Kapitel geht sie dann konkret drauf ein, was wir unseren Töchtern für die Zukunft mitgeben sollten.

Gerade wer sich noch nicht mit dem Patriarchat und dem Feminismus auseinandergesetzt hat, erhält viele wichtige Informationen und Daten dazu – der erste Meilenstein, um in künftigen Generationen etwas zu ändern und mehr Gleichberechtigung herzustellen. Die eigentlichen Tipps und Anregungen zur Erziehung unserer Töchter fällt mir allerdings zu knapp und allgemein aus. Gerade Praxisbeispiele und konkrete Situationen oder Empfehlungen fehlen. Vieles im Umgang mit unseren Kindern, was im Buch beschrieben wird, betrifft zudem nicht speziell das Empowerment von Mädchen, sondern im Allgemeinen die Beziehung zu unseren Kindern.

Susanne Mierau legt plausibel dar, warum es noch immer keine Gleichberechtigung gibt und warum es wichtig ist, dafür zu kämpfen, um unseren Kindern, insbesondere den Mädchen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Allerdings bleibt mir der Handlungsteil zu abstrakt und allgemein gehalten.