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LindaRabbit
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Freiburg
Über mich: 
Leseratte erster Klasse!

Bewertungen

Insgesamt 254 Bewertungen
Bewertung vom 12.06.2022
Papyrus
Vallejo, Irene

Papyrus


ausgezeichnet

"Die Vergessenen - die Namenlosen: Täglich wagt sich eine kleine Armee von Pferden und Maultieren mit Satteltaschen voller Bücher die rutschigen Hänge und Schluchten der Appalachen hinunter. Die Reiter dieser Truppe sind in Mehrzahl Frauen, literarische Amazonen".
Diese Frauen haben Bücher zu den Armen in den Bergen gebracht und wurden ihnen auf diese Weise wichtig. Schulungsprogramme, Lesen, Fortbildung gegen Arbeitslosigkeit.
"Das Programm beschäftigte in einem Jahrzehnt fast 1000 Bibliothekarinnen. 1943 endete die Finanzierung, die WPA (Works Progress Administration) wurde aufgelöst, die Kultur als Gegenmittel gegen die Arbeitslosigkeit durch den Weltkrieg ersetzt".

Am Anfang des Buches ritten Ausgeschickte, um Bücher zu finden für die größte Bibliothek aller Zeiten; am Ende des Buches ritten Buch - Amazonen, um Bücher und Wissen zu den Armen zu bringen.

Das wunderbare Sachbuch 'Papyrus' von Irene Vallejo, über die faszinierende Geschichte der Bücher, ihrer Sprache und der immens wichtigen Bedeutung von Literatur, erzählt im Epilog von dieser Begebenheit in den USA.
Im Untertitel heißt es: "Die Geschichte der Welt in Büchern" - es ist keine bloße Geschichte über Bücher, sondern die Verbindung der Geschichte der Welt mit der geschriebenen Sprache. Auf 745 Seiten, im handlichen und griffigen Format, auf dünnem Papier, erzählt uns die Autorin wunderbare Begebenheiten rund um das Buch. Weltgeschichte anders dargestellt. Dazu kommt ein einfaches, doch sehr schönes Umschlagsbild, mit einer gold-grünen Darstellung einer Papyruspflanze.

Als Auftakt steht die berühmte Bibliothek in Alexandria, ab dann führt das Buch in einer Jahrtausende langen Suche nach Büchern, Geheimnissen, Offenbarungen der Bücher (und ihrer Gefährlichkeiten) durch die Welt und die Weltgeschichte. Mittels lebendiger Geschichtsschreibung, witzigen Anekdoten und Anregungen für das weitere Lesen (auch der Klassiker) erweitert sich mein Repertoire an zitierfähigen Zitaten massiv. Erstes Einritzen auf Steintafeln, über Papyrus und Entwicklung des Alphabetes, der Druckmaschinen (Gutenberg) bis zu den eBooks, von den ersten Schriftstellern bis zur neueren Deutungen antiker Klassiker - Vallejo hat alles in ihrem Buch versammelt.

Ein umfangreiches Quellenverzeichnis und eine ebenso umfangreiche Auflistung weiterführender Literatur regt zum Weiterlesen an, wenn Vallejos Buch nicht genügt. Nicht umsonst ist dieses vergnügliche Buch preisgekrönt. Ein Lesevergnügen und Wissens- und Informationsreservoir. Ich kann nur sagen: Lesen!

Bewertung vom 04.06.2022
Das rätselhafte Universum
Bohnet, Ilja;Naumann, Thomas

Das rätselhafte Universum


sehr gut

Schulkenntnisse aufwärmen, Neues lernen

Rolf-Dieter Heuer, einst Generaldirektor von CERN in Genf (diese Institution habe ich schon besichtigt und war sehr angetan von ihren Forschungen, ich kenne auch CERN Mitarbeitende) berichtet davon, wie er die Neuigkeit zum Durchbruch des Higgs – Teilchen einem gespannten Publikum mitteilte. Ich war richtig gerührt, mit welchen Worten er die gespannte Atmosphäre beschrieb. Das zeugt davon wie engagierte Naturwissenschaftler:innen sich mit Forschung beschäftigen.

Es ist schön, dass Thomas Naumann und Ilja Bohnet dies auch einer geneigten Leserschaft mitteilen wollen. Die Themen sind nicht einfach, weil die Materie nicht einfach ist. Physik ist in der Oberstufe nicht gerade ein gemochtes Fach, weil es schwierig ist, man viele Formeln auswendig lernen muss und die Tabellen griffbereit haben muss. Und manch ein Mensch fragt sich für was, was hat das mit meinem Alltag zu tun. Aha, und genau das ist der springende Punkt, das Autorenteam versucht das eben mitzuteilen.

Ungelöste Fragen an die Wissenschaft. Neueste Erkenntnisse. Der Sprung in die Schwarzen Löcher. Neue Bücher zu aktuellen Erkenntnissen - „Das Rätselhafte Universum“ gehört dazu.

Das Umschlagsbild ist ein wunderschönes, sehr buntes Bild, was mich an irgendetwas erinnert. Explosion eines Sterns? Die Expansion eines atomaren Teilchen? Es zeigt gleich, dass das Buch etwas Wissenschaftliches behandelt und deswegen passt es zum Thema. Doch ich würde gerne wissen, was dargestellt ist.

Der Klappentext sagt, dass spannende Fragen und Erkenntnisse der Wissenschaft allgemein verständlich dargestellt werden. Dieser Meinung bin ich nicht - es gehört intensives Nachdenken dazu und ich schlage auch öfters anderenorts nach. Spannend auf jeden Fall.

Ein Plus ist der Anhang: Personen- und Sachregister, aber auch die Liste der Abkürzungen und Formeln. Ich blättere gerne darin und lese dies und jenes, das Buch wird mich begleiten, aber es ist kein Buch zum schnell durchlesen.

Bewertung vom 04.06.2022
Die dunklen Geheimnisse von Heap House
Carey, Edward

Die dunklen Geheimnisse von Heap House


ausgezeichnet

so unglaublich skurril, fremdartig und doch irgendwie bekannt

Der Text ist so fremd und gleichzeitig kommt er einem so bekannt vor. Die Namen sind fremdartig – Odem (für Adam), Eeva (für Eva)…. Clod ist etwas Besonderes und so ist das mit besonderen Menschen, sie werden für krank gehalten...und er trifft auf die entführte Lucy Pennant, Kaminputzerin, die sich nicht unterkriegen lassen will. Sie verlieben sich ineinander…

Aber das Buch beschreibt eigentlich in seiner bizarren Art die Welt so wie sie ist… Großartig, ich finde dass sich das Buch toll lesen lässt. Wie Jugendliche ab 12 Jahren das Buch sehen, muss ich noch eruieren … Die schwarzweiß Zeichnungen sind hervorragend gelungen und unterstützen dieses schwarz Humorige der Erzählung.

(Weil ich nicht alles verstehe, habe ich lediglich vier Sterne vergeben)

Bewertung vom 05.05.2022
Auf der Zunge
Clement, Jennifer

Auf der Zunge


ausgezeichnet

Manhattan, ungewöhnlich

Da ich ein New York Fan bin und selbst ziemlich viel durch Manhattan streifte, reizte das Buch... und ja, ich konnte 'mein New York' wiedererkennen. Es ist nicht das touristische New York.

'Auf der Zunge' von Jennifer Clement, ungewöhnlich, es ist ein Buch, in dem Lyrik mit Prosa verbunden ist, auf raffinierte Weise. Die Worte sind so eindringlich, wortgewaltig, mit einem bestimmten Sog. Da zieht einem jedes Wort in den Sog des Romans. Die Hochzeit (eine jüdische, so wie die Rituale dargestellt werden)... und die Gedanken der Braut (da weiß warum ich das nie wollte).

Jennifer Clement versteht es in dem Roman Wortgebilde aufzubauen, Assoziationsketten zu erstellen, Gedankenabläufe so darzustellen (ja, dass ich durchaus meine, es könnten meine eigenen sein). Die Autorin führt geschickt durch den Ablauf der Geschichte, Rahmenhandlung, Leitfaden, Gedankenspiele.

Alles an diesem Buch ist außergewöhnlich - der Text, die Thematik, die Gestaltung, selbst das Umschlagsbild. Und ich - als Lesende - ich gehöre dazu.

Ungewöhnlich eben auch das Umschlagsbild - eine verschwommene Darstellung einer Frau, die auf der Straße dahin eilt... erregt Aufsehen, auf jeden Fall!

Keine leichte Kost. Lesen!

Bewertung vom 05.05.2022
Mord in Montagnola / Moira Rusconi ermittelt Bd.1
Vassena, Mascha

Mord in Montagnola / Moira Rusconi ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

Der Eiskeller - Mord

Moira in ihrer Heimat - Tessin, beim Vater: Montagnola, der Hermann-Hesse Weg, ein Mord im Eiskeller (wo es sich natürlich kühlen lässt)... es liest sich sehr spannend und ist voller Lokalkolorit.

Ein sehr schönes Buch, nennt man wohl 'cosy crime': Sehr logisch beschrieben mit Charakteren, die man liebgewinnt (der Vater, die Freunde von ihm, die Dorfbewohner, auch Moira). Dazu die schönen Ortsbeschreibungen. Das ist wieder ein Buch, bei dem ich sofort die Reisetasche packen wollte, um vor Ort zu sein (schon öfters gemacht bei interessanten Krimis mit tollen Lokalbeschreibungen)

Die italienische Heimat ist wieder greifbar und dazu der Jugendfreund, auch wenn dieser jetzt Polizist ist. Moira in der Sonderkommission (Chiara, Ferrone, was soll's, Leute auf der Arbeit sind halt nicht immer einfach).

Die Spannung bleibt, auch wenn der Krimi locker geschrieben ist... freue mich auf das nächste Buch der Reihe (hoffentlich).

Das Umschlagsbild dazu ist natürlich passend - ein Foto der Tessiner Bergwelt (Erinnerungen kommen hoch, doch - die Reisetasche ist schon gepackt! Der Hermann - Hesse - Weg wartet auf mich)

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.05.2022
Die sieben Männer der Evelyn Hugo
Reid, Taylor Jenkins

Die sieben Männer der Evelyn Hugo


ausgezeichnet

Evelyn

Was ist es? Ein Lebensbuch, eine Biografie, ein Einblick in die Glamourwelt Hollywoods, ein spannender Roman über eine aufregende Frau?

Klappentext, Titel, die Leseprobe und auch das Umschlagsbild machen neugierig auf den Roman. Schon bei der Leseprobe ahnte ich, dass da etwas dahinter steckt, was vorrangig anders dargestellt wird. Evelyn ist sehr bestimmend und bestimmt. Der Roman steckt voller Überraschungen, denn so einfach ist das halt alles nicht. Evelyn hat sieben Männer verbraten. Evelyn ist die sexy Superfrau.
Im Buch werden Themen behandelt, die man sonst eher unter den Tisch kehrt.

Taylor Jenkins Reid hat einen guten und leicht lesbaren Schreibstil. Ein Stil, der die Neugierde auf die nächsten Seiten hochhält.
Und deswegen auch, weil das ‚glamour girl‘ Evelyn im Film zu Hause, der Roman läuft ab wie ein Film. „Die sieben Männer der Evelyn Hugo“ - die englische Originalausgabe wird von New York Times als ‚bestseller‘ bezeichnet, aber es stimmt schon, was die amerikanischen Pressestimmen dazu sagen – man durchläuft die Intrigen und Gemeinheiten des ‚biz‘, doch dazu kommt noch Loyalität, Freundschaft, Treue und Liebe. Am Liebsten mag ich den Vergleich mit Liz Taylor, die dagegen blass aussieht, was Evelyn Hugo alles durchlebte, doch Taylor war eine reale Person und Evelyn eine großartige Erfindung. Ich liebe Autor:innen, die so etwas vermögen! Mögen Sie Liz Taylor? Die Wenigsten werden ja sagen, aber kennen und bewundern tun sie viele. Mögen Sie Evelyn Hugo? Das liegt auf der gleichen Linie… Nicht jede:r Titelheld:in muss geliebt und gemocht werden, aber hinreißend und vereinnahmend können sie schon sein.

Eine deutsche Literaturkritikerin sagte immer: Lesen! Sag ich auch…

Bewertung vom 05.05.2022
Ein Präsident verschwindet / Philipp Gerber Bd.2
Langroth, Ralf

Ein Präsident verschwindet / Philipp Gerber Bd.2


sehr gut

Nachkriegszeit, nach einer wahren Begebenheit

„Jeder Schurke ist in seiner eigenen Geschichte ein Held“ (S. 290)

Im Juli 1954 verschwindet Verfassungsschutzpräsident Otto John. Kurze Zeit darauf taucht er in Ost-Berlin auf und gibt eine Presserklärung ab. Ist er freiwillig dort? Oder wurde er von ostdeutschen Agenten entführt? Auf Wunsch von Bundeskanzler Konrad Adenauer übernimmt der BKA Polizist Philipp Gerber die Ermittlungen. Zeitgleich ist auch die Journalistin Eva H. verschwunden, zufälligerweise die Freundin von Gerber. Doch dann sieht man sie, zusammen mit John, in Ost-Berlin. Was für eine Sache läuft da? Gerber leidet darunter, dass seine Freundin, in die er sehr verliebt ist, in diese seltsame Angelegenheit verwickelt ist. Nun sollen BKA und die Organisation Gehlen zusammen arbeiten, was beiden Seiten nicht passt. Schlag auf Schlag passieren mehrere Morde...Selbst Eva soll einen Barbesitzer getötet haben.

Wieder ein gelungenes Buch von Ralf Langroth:
Allein schon das Umschlagsbild – in grünlichschwarz zwei Grenzer, ‚Achtung, Sie verlassen den Sektor West-Berlin‘, kontrollieren eine schwarze Limousine, die mit der Schnauze Richtung Osten steht. Diese beängstigende Situation, die viele erleben mussten, die zwischen Ost und West pendelten. Auf dem Umschlagsinnenbild – die Karte von Berlin mit den Sektorengrenzen. Der Roman, geschrieben nach einer wahren Begebenheit, dazu im Schlussteil ein informatives Nachwort des Autors.

Der Romanheld, Philipp Gerber, ein sympathischer und verliebter Polizeikommissar mit Vergangenheit, hält auf knapp 360 Seiten auf Trab. Es sind große Leistungen von Autor:innen, Wahres mit Fiktion zu verbinden und kleine Meisterwerke zu schaffen. Langroth ist das auch zum zweiten Mal (nach der ‚Akte Adenauer‘) gelungen.

Hier in seinem zweiten Buch in der Adenauer Zeit, „Ein Präsident verschwindet“, hat Langroth eine Geschichte ausgegraben, die in Vergessenheit geraten ist. Wie beim ersten Buch der Serie hat der Autor punktgenau recherchiert. Ein spannender Thriller, der an die grausame Historie der deutsch-deutschen Geschichte erinnert.

Bewertung vom 05.05.2022
Der Koch, der zu Möhren und Sternen sprach
Mattera, Julia

Der Koch, der zu Möhren und Sternen sprach


ausgezeichnet

Onkel Kopftomi

Widmung: Für meinen Opa, dem unverwüstlichen Meister im Eintauchen von Frühstücksbroten. Für meinen heißgeliebten Onkel Robbie, mit seinem wundervollen Schnurrbart.

Der Widmung möchte man entnehmen, dass es ein familiäres Buch ist, basierend auf eine wundervolle Familie mit eigenen Charakteren. Schön, wenn die Autorin so an ihre Familie denken kann.

Allein der Klappentext macht schon Lust auf das Buch: Das Eintauchen in das Buch selbst ist eine kleine, wundervolle, romantische Reise ins benachbarte Elsass. Und jede:r, der/die des Elässerditsch mächtig ist, weiß dass ‚Kopftomi‘ (Gottverdammt) ein übliches Schimpfwort der älteren Generation ist.

Elsa führt einen Gasthof, eigentlich zusammen mit ihrem Bruder Robert Walch. Doch Robert will in erster Linie in seiner eigenen Welt leben und mit den zahlenden Gästen weniger zu tun haben. Er kocht für sie und hofft, dass sie das anerkennen. Denn er geht liebevoll mit dem Gemüse, dem Gemüsegarten und seiner Umwelt um. Robert beim Umgang mit dem Gemüsegarten und beim Zubereiten der Gerichte ‚zuzuschauen‘ ist ein sinnvolles, gar erotisches Erlebnis: Er respektiert die Möhren, den Teig, das einfache Leben und er ist ein liebenswerter, schrulliger Mensch. Doch Robert möchte eigenlich so ganz in Ruhe gelassen werden, bis er auf Maggie trifft...

Kopftomi, das Buch muss man sich in Ruhe antun – gemütlich lesen und nebenbei vielleicht einen Zichorienkaffee trinken. Im Elsass. In einer ‚ferme auberge‘…

Julia Mattera ist ein sehr schönes und genussvolles Buch voller menschlichen Regungen gelungen. Romantisch, ausgefeilt und liebevoll. Das Umschlagsbild ist natürlich sehr passend dazu ausgesucht: Ein wenig ‚retro‘, mit auffallend bunten Punkten, dazu die Möhren, die im Titel auch vorkommen. Sehr gut gemacht.

Bewertung vom 20.04.2022
Wo die Wölfe sind
McConaghy, Charlotte

Wo die Wölfe sind


ausgezeichnet

Das Buch beginnt unglaublich spannend... die Häutung eines Hasens, verbunden mit der Philosophie ganzheitlich zu leben. Doch dann verfällt die Ich-Erzählerin in einen Heulkrampf, fühlt sich als den Hasen, der gerade aufgeschnitten wird von der Kehle zum Bauch... sie spürt es an sich selbst, was mit dem Hasen geschieht. Das ist so intensiv!

Es gibt Bücher, die berühren einem sofort - dieses gehört dazu

Eine Autorin, die mit Kraft und literarischem Vermögen für die Natur spricht, ohne moralinsauer zu werden; die aber genau aufzeigt, dass wir am Klimawandel schuld sind und die Natur verkümmern lassen; ihre Schreibfähigkeit und Intensität nimmt einem gefangen und hält im Bann.

"Wo die Wölfe sind" ist der zweite Roman von Charlotte McConaghy. Es ist offensichtlich, dass sie weiß, von was sie schreibt. Ihr erster Roman "Zugvögel" wurde bereits sehr gut angenommen von einer interessierten Leserschaft.

Genau wie im ersten Roman auch dieses Buch ein ganz Besonderes. Es ist ein wichtiges Buch unserer Zeit und ich hoffe, dass sehr viele Zeitgenossen, das Buch lesen und sich damit auseinander setzen.

Das Umschlagsbild zeigt die Highlands Schottlands, wo der Roman spielt, wo es viel Einöde gibt und wo eigentlich schön Platz für die Wölfe wäre...

Bewertung vom 20.04.2022
Butter
Yuzuki, Asako

Butter


gut

Rika (Journalistin) lebt in Tokio. Sie will ein Exklusivinterview mit Manako Kajii. Diese sitzt als angebliche Serienmörderin ein (sie soll mehrere Männer, die sie mit ihrer Kochkunst verführt hat und dazu gebracht ihr den Lebensunterhalt zu finanzieren, ermordet haben). Manako hat bisher jegliche Interviewanfragen abgewehrt. Rika schafft es zu Manako vorzudringen, indem sie vorgibt an ihren Rezepten interessiert zu sein. Doch innerhalb kurzer Zeit wird daraus eine Faszination für Manako und auch für die Rezepte. Manako Kajii erwartet von Rika ein gewisses Eingehen auf ihre Lebensphilosophie. Dadurch hinterfragt Rika zunehmend ihr eigenes Leben und das der japanischen Gesellschaft (was ist wichtig, was will ich als Frau in meiner Gesellschaft, etc.).

Es geht nicht mehr darum, hat Manako diese Männer ermordet, sondern es geht zunehmend darum, was macht die Gesellschaft in Japan aus den Frauen.
Die Einblicke in die japanische Kultur können schockieren: Fleiß und Gehorsam stehen an erster Stelle (sich für die Firma fast umbringen, eine Frau muss schlank sein, diszipliniert und eher dem alten Ideal einer Geisha entsprechen). Bodyshaming ist in Japan noch schlimmer als in Europa.

Bei den interessanten Gesprächen über Essen und dem Austausch der Rezepte erwischen den Lesenden natürlich auch Hungerattacken. Nicht umsonst heißt das Buch ‚Butter‘, denn die Butter spielt eine große Rolle. So wie der Roman keine leichte Lektüre ist und durchaus seine Pausen braucht, so gibt es dann die anderen Pausen, um zwar die Rezepte nicht unbedingt nachzukochen, aber doch etwas Japanisches zu sich zu nehmen. Also man decke sich rechtzeitig mit genügend Butter, Reis, Sojasauce und den anderen Köstlichkeiten der japanischen Küche ein.

Der ungewöhnliche Titel macht neugierig, ebenso das Aufsehen erregende Umschlagsbild. Den Einstieg in den Roman fand ich etwas schwierig - denn so wie sich die ersten Personen, die einem im Roman begegnen, benehmen – da hat sich bei mir zuerst einmal alles gegen das Buch gesträubt. Anscheinend ist der Roman ein Buch, was es der Leserschaft nicht einfach macht: Manche lehnen den Roman ab, andere sind ganz vernarrt in ihn. Ich stehe wohl dazwischen, schwieriger Einstieg, tolle Rezepte, fremde Kultur, unverständliches Verhalten aus (meiner) europäischen Sicht.

Bei den zahlreichen kulinarischen Ereignissen musste ich jedoch passen, weil mir diese Gerichte und Zutaten unbekannt sind. Wer Lust an der Kulinarik hat, muss vieles nachschlagen. Es sind Begriffe, die wohl in Fernost üblich sind, bei uns eher unbekannt. Der Roman eignet sich als Vorbereitung für eine Japan-Reise, um kulinarisch, aber auch gesellschaftlich sich darauf einzustellen, was einem in Japan erwartet.

Es ist ein modernes Buch über Japan, das noch ziemlich in seiner traditionellen Warteschleife hängt. Angesichts der Tatsache, dass die Selbstmordrate in Japan, vor allem unter jungen Leuten, hoch ist – sollte wohl ein Umdenken beginnen. Vielleicht können solche Bücher wie das von Asako Yuzuki dazu verhelfen.