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Milienne
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Essen

Bewertungen

Insgesamt 135 Bewertungen
Bewertung vom 03.11.2021
Mädchenmeuterei
Fuchs, Kirsten

Mädchenmeuterei


gut

Hätte ich früher geliebt!


Eine Gruppe von Freundinnen, die Abenteuer erlebt - das ist ein Stoff, den ich in dem Alter der Protagonistinnen geliebt und vielleicht auch hätte.

Die 16-Jährige Charlotte Nowak sucht ihre Freundin - mit Hilfe ihrer anderen Freundinnen und eine abenteuerliche Reise beginnt.

Den Inhalt ausführlich wiederzugeben würde mir schwerfallen, dazu hat er sich mir nicht gut genug erschlossen. Vielleicht bin ich zu alt für Jugendliteratur und zu jung, um sie trotzdem richtig gut zu finden.

Es wird sich viel auf das erste Buch bezogen und die Autorin versucht, alles auch für Nichtkenner zu erklären. Leider wirkt die Geschichte der Mädchen auch durch die Autorin zusammengefasst sehr abstrus und zu verworren. Die Dynamik und die Mischung der Freundinnen hat mich nicht zu 100% überzeugt, ich habe diesen Zusammenhalt, den der Titel suggeriert nicht immer so gespürt - aber das ist nur meine subjektive Wahrnehmung.

Ich habe das Buch einer 14-Jährigen geschenkt und sie war ganz begeistert. Das Buch macht, was es machen soll: Jugendlichen Identifikationspotenzial bieten und auch gefallen.

Bewertung vom 03.11.2021
Auf Basidis Dach
Ameziane, Mona

Auf Basidis Dach


ausgezeichnet

Die Freundin mit marokkanischen Wurzeln, von der wir nicht wussten, dass wir sie brauchen, es aber definitiv tun - in Form eines Buches.
Nach dem Lesen der Lektüre habe ich die Befürchtung zukünftig auf die Frage ,,Warst du schon mal in Marokko?” mit ,,Ja!” zu antworten. In erster Linie hoffe ich jetzt umso mehr, dass diese Antwort bald der Wahrheit entspricht, aber vor allem schafft Mona Ameziane es, auch ohne dass ich mich drei Stunden ins Flugzeug setze, mir ein hautnahes Reiseerlebnis zu verschaffen. Sie lässt uns bei ihren Erzählungen keine Sekunde außen vor oder grenzt sich von uns, die, die Marokko nicht so kennen wie sie, ab. Sie erklärt, räumt mit Klischees auf, aber zeigt auch, was sie selbst nicht versteht und was das mit ihr macht. Dadurch wird dieses Buch so wunderbar authentisch, als höre man einer sehr wortgewandten besten Freundin zu. Ganz viele wichtige Themen wie Heimat (Hat sie doch einen Plural?), Identität, Rassismus, Religion und Kultur vereint, bietet das Buch ein unerwartetes Highlight: Monas Vater. Auch wenn er nicht immer präzise Antworten gibt, machen sie doch jedes Mal so viel Sinn. Wer das Buch liest muss Platz in seinem Herzen machen: Einmal für die unendlich sympathische und intelligente Erzählerin und ihren liebenswürdigen Vater. Wer dazu noch bereit ist, in die marokkanische Welt einzutauchen, wird viel Lesevergnügen haben.

Bewertung vom 26.10.2021
Wie schön wir waren
Mbue, Imbolo

Wie schön wir waren


ausgezeichnet

„Diese Geschichte muss erzählt werden, sie mag sich nicht gut anfühlen für alle Ohren, ihre Wiedergabe bereitet unseren Mündern keine Freude, aber unsere Geschichte darf nicht unerzählt bleiben.“ - Wie schön wir waren

Ein afrikanisches Dorf in den Händen eines amerikanischen Großunternehmens.
Regelmäßig erscheinen Verteter von Pexton in Kosawa, um vor ihnen zu sprechen. Diese Versammlung aber läuft nicht mehr wie vorher und es beginnt ein Kampf, der Jahrzehnte dauern soll. Ihre Wut ist nur verständlich, die Auswirkungen der Pipeline Pextons sind enorm: Krankheit, Tod, Umweltverschmutzung…

Die Figuren und der Ort mögen erfunden sein, die Geschehnisse sind jedoch leider real. Beim Lesen wird sofort klar, an welche Konzerne das korrupte Verhalten erinnert.

Die Geschichte greift in gewisser weise den klassischen “Overcoming the Monster Plot auf: Eine böse Macht, die unbesiegbar scheint und das Dorf bedroht, Thula, die sich berufen fühlt dagegen anzukämpfen und zur Heldin der Geschichte mutiert. Ob es ihr gelingt, das Monster zu besiegen, muss jeder selber nachlesen, es lohnt sich!

Im Verlauf der Geschichte wechseln die Perspektiven und alle Generationen werden vertreten,Thula, ihr Onkel Bongo, die Kinder des Dorfes, Thulas Mutter Sahel und ihr kleiner Bruder Juba . Zu keinem Zeitpunkt hatte ich das Gefühl, dass nicht wirklich die dargestellte Person erzählt. Die Autorin schafft es, die Perspektiven so individuell auszuarbeiten, dass der Wechsel für die Erzählung nicht nur in der ästhetischen Wirkung stimmig ist, sondern auch sinnvoll. Das Leid hat für jeden andere Auswirkungen, durch die Beleuchtung aus verschiedenen Blickwinkeln wird einem das Ausmaß erst richtig bewusst. Es handelt sich nicht um eine homogene Masse, die ganz weit weg nicht unter besten Bedingungen lebt. Es sind Menschen, mit eigenen Geschichten, einem eigenen Leben, eigener Kultur und eigenen Bräuchen. Und ihre Welt wird durch den westlichen Einfluss zerstört, leider keine reine Fiktion. Umso wichtiger, dass die Autorin das Thema aufgreift und uns Persönlichkeiten hinter den Schlagzeilen gibt. Beim Lesen wird man nur zu sehr von der Dringlichkeit des Handelns überzeugt.

Danke Imbolo Mbue für das Erzählen.

Bewertung vom 12.10.2021
Wut und Böse
Hoeder, Ciani-Sophia

Wut und Böse


ausgezeichnet

Wann war ich das letzte Mal wütend? Und wie habe ich mich gefühlt, wie hat mein Umfeld mich wahrgenommen?

Alles was die Ciani-Sophia Hoeder zum Thema Wut schreibt erscheint so logisch, dass ich mich beim Lesen manchmal dabei ertappt habe zu denken "Ja, wow, und jetzt?", nur um einen Satz später einen sogenannten “Mind-Blow” zu haben. Sätze wie “Ich bin nicht wütend, eher traurig”, kamen schon oft genug aus meinem Mund.
Gemeine und gehässige Kommentare anstatt wütend zu sein? Ich fühle mich ertappt.
Die Autorin schafft es jedoch, nicht von oben herab zu belehren, indem sie mit Geschichten vieler junger Frauen ihre Aussagen untermalt. Ganz besonders berührend fand ich das Interview mit den drei Generationen an Frauen einer Familie. Das hat mir wirklich den Einfluss des Umfeldes und aber auch die absolute Individualität im Umgang mit Wut vor Augen geführt. Vor allem hat es mir aber auch gezeigt, dass man was ändern kann und vielleicht auch sollte, bevor man seine Strategien an die eigenen Töchter weitergibt. Auch andere Gespräche lässt sie, wie beiläufig, an den richtigen Stellen einfließen. Natürlich wird die eine oder andere Situation gerne mal so ausgelegt, dass sie zu den eigenen Ausführungen passt, wer schon mal eine Hausarbeit o.Ä. an der Uni geschrieben hat, weiß, wie das läuft. Aber ich hatte nie den Eindruck, dass irgendetwas was sie sagt an den Haaren herbeigeführt wurde oder absolut nicht logisch nachvollziehbar ist.
Ich bin eine weiße, heterosexuelle, Cis-Frau, viele der angesprochenen strukturellen Probleme tangieren mich nicht im Alltag, es geht mich trotzdem was an. Insofern bot mir die Lektüre nicht nur Wiedererkennungswert, sondern auch eine Perspektive, die man für eine Weiterentwicklung der Gesellschaft auf jeden Fall regelmäßig einnehmen sollte.

Manch einer würde sagen, das Buch gehe zu sehr in die Richtung des Extremfeminismus, das dem Patriarchat jegliche Schuld gibt, aber so ist es nicht. Ich danke der Autorin für ihre tolle Herangehensweise an ein doch sehr sensibles Thema. Ich habe mich beim Lesen, trotz emotionaler Momente, rundum wohl gefühlt.
Ich war schon so oft wütend und habe es unterdrückt, weil ich mich dabei schuldig gefühlt habe und ich empfehle jedem, dem es auch so geht, dieses Buch zu lesen. Aber Achtung: Man könnte sich wiedererkennen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.09.2021
Muttl auf Reisen
Bauer, Irmgard Rosina

Muttl auf Reisen


sehr gut

Reisebericht wie ein Tagebuch

Als Rosies 26-Jähriger Sohn Raffael alles stehen und liegen lässt, um im VW-Bus die Welt zu entdecken, nutzt sein ,Muttl’ die Gelegenheit, ihn ein wenig zu begleiten. So fängt eine von fünf Reisegeschichten der Hauptfigur Rosie an. „Figur” ist bei dem doch geringen Grad an Fiktion vielleicht das falsche Wort - Irmgard Rosina Bauer erzählt hier viel von sich und klärt den Leser erst am Ende über den Wahrheitsgehalt ihrer Geschichten auf. Die vier mittlerweile erwachsenen Kinder gibt es tatsächlich. Sie begleiten ihre Mutter teilweise auf ihren Reisen, vor allem jedoch Raffael, der einen etwas unkonventionellen Lebensweg wählt. So lernt sie etwas über Hippies, fremde Kulturen, die verschiedenen Arten des Reisens und auch über die eigene Familienhistorie. Vor allem lernt sie jedoch, die Welt als Mutter mittlerweile erwachsener Kinder zu entdecken - das heißt sie können einen begleiten und den Urlaub bereichern, oder man lässt sie nur in Form von Briefen teilhaben. Alles kann, nichts muss. Fast alles: Als ihr Sohn krank wird, kann sie nicht anders als zu ihm zu eilen und vielleicht doch nochmal mütterliche Standpunkte durchzusetzen.

Geschichten die vom Reisen handeln, erzählen oft auch von einer Reise zu sich selbst. Das es dafür keine Altersgrenze gibt und man sich immer neu erfinden kann wird uns hier definitiv gezeigt.
Mir gefällt, wie die Autorin die verschiedensten Formen von Urlauben einfließen lässt, Camping, Backpacking, Cluburlaub und die Reise zu den eigenen Wurzeln. Was mir partiell nicht so gefallen hat, ist der Umgang mit den anderen Kulturen. Vor allem bei der Reise nach Afrika ist mir die tendenziell eurozentristische Perspektive aufgefallen. Die Beschreibung des ,Fremden’ ist hier eher pessimistisch geraten, sie ist „immer auf der Hut vor der Fremdartigkeit der dortigen Menschen“. Ich hätte mir hier gewünscht, dass Rosie mehr wie ein Gast einer anderen Kultur auftritt, der sie auch nunmal ist. Natürlich sollte man bewusst und mit realistischen Erwartungen gewisse Grenzen betreten und manchmal erkennt man den Hauch von Selbstreflexion, bloß fehlt es mir allgemein an sprachlicher Sensibilität, vor allem bei dem Maß an Autobiografie. Vielleicht hätte eine Erzählperspektive des Sohnes hier einen ausgleichenden Moment geschaffen. Ansonsten bin ich Irmgard Rosina Bauer sehr dankbar für ihre wunderbaren Beschreibungen der Gebiete, die hier erwähnt und mit historischem Faktenwissen und sogar Fotos ergänzt werden. Das hilft der Vorstellungskraft ungemein! Auch die Erzählerin habe ich irgendwie in mein Herz geschlossen - da ich 25 und kinderlos bin, haben wir ja eigentlich eher weniger gemein. Für einen Brief wechselt die Erzählperspektive in die Ich-Form, da ist mir der Schreibstil zu unauthentisch und unnatürlich. Ansonsten mag ich die Erzählweise und es fallen viele schöne Sätze zur Mutterschaft, welche ich auch gerne auf mein „Muttl“ beziehe. Insgesamt eine leichte, teilweise ungewohnte Lektüre für mich, alleine wegen der Vermittlung spannender Reiseerfahrungen aber durchaus lesenswert.