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liesmal
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Wilhelmshaven

Bewertungen

Insgesamt 461 Bewertungen
Bewertung vom 01.04.2023
Leonard und Paul
Hession, Rónán

Leonard und Paul


ausgezeichnet

Glaubt man dem kleinen Fisch auf dem Cover, aus dessen Luftbläschen das Wort „ROMAN“ zu erkennen ist, dann handelt es sich bei dem Debüt von Rónán Hession um einen Roman. Statt „Roman“ hätte der Fisch auch „Erzählungen“ ausstoßen können, denn es sind viele kleine herzerwärmende Geschichten, die zusammen einen wunderbaren Roman ergeben, der glücklich macht.
Leonard und Paul sind zwei Männer, die zunächst mal nichts Besonderes sind. Allerdings leben beide als längst Erwachsene noch im Elternhaus, Leonard bei seiner Mutter und Paul bei beiden Elternteilen. Dabei werden sie von ihren Müttern so umsorgt und behütet, als wären sie vollkommen unselbstständig.
Leonard und Paul sind befreundet, treffen sich häufig und nehmen teil an den meist kleinen und eher unbedeutenden Erlebnissen im Leben des jeweils anderen.
Wenn
- ich mit „Rosen in Dosen“ eine Überraschung erlebe, die mich zum Lachen bringt,
- der Autor beim Namen des Fahrradgeschäftes Mike’s Bike’s vom „Deppenapostroph“ spricht (was ich gern bestätige),
- Leonard und Paul in all ihrer Bescheidenheit über sich selbst hinauswachsen und doch nicht so unscheinbar sind, wie es scheint,

dann bin ich hellauf begeistert von einer Geschichte, bei der der Autor alles richtig gemacht hat. Ein tolles Debüt voller Menschlichkeit und Herzenswärme, das berührt.
Sehr empfehlenswert!

Bewertung vom 01.04.2023
Institut für gute Mütter
Chan, Jessamine

Institut für gute Mütter


ausgezeichnet

Nein! Natürlich hätte Frida ihr Baby nicht allein zu Hause lassen dürfen. Doch auch Mütter, die ihr Kind lieben, machen Fehler. Frida, die sich nach durchwachten Nächten einfach nur nach Ruhe sehnte und dadurch bedingt ihr Kind zwei Stunden allein zu Hause gelassen hatte, muss für ihre Unbedachtheit teuer zahlen.
In einer Besserungsanstalt muss sie zusammen mit vielen anderen Müttern ein Jahr lang lernen, eine „gute“ Mutter zu werden. Die eigenen Kinder werden währenddessen von einer Pflegefamilie betreut oder – wie im Fall von Fridas Baby Harriet – von dem getrenntlebenden Vater und dessen neuer Frau.
Für Frida beginnt eine Zeit kompletter Überwachung – auf Schritt und Tritt. Außerdem ist Vorsicht geboten bei jedem Wort, das ausgesprochen wird. Mit Hilfe einer KI-Puppe sollen die Mütter lernen, welche Zuwendung ein Kind benötigt. Für mich ist nicht nachvollziehbar, wie es möglich sein sollte, sich trotz all dieser Maßnahmen noch „normal“ zu verhalten. Und ich finde die Vorstellung erschreckend, wozu ein totalitäres Regime in der Lage sein könnte.
Jessamine Chan hat mich mit ihrem erschütternden Debütroman nachhaltig beeindruckt. Sie hat erreicht, dass ich mit Frida gelitten, gehofft und gebangt habe. Dabei ist Frida mir nach dem harten Urteil immer noch so nahe, dass sie einen Platz in meinem Herzen behält.

Bewertung vom 26.03.2023
Zum Frühstück ein Stück Himmel
Nagorni, Klaus

Zum Frühstück ein Stück Himmel


sehr gut

„Zum Frühstück ein Stück Himmel“ heißt das kleine Buch von Klaus Nagorni, und das ist nicht zu viel versprochen. Mit 99 „Gedanken zum Wachwerden“, wie es im Untertitel heißt, werden ganz unterschiedliche Themen angesprochen, die jeweils ein Stück Himmel in kleinen Häppchen servieren.

Kurze Geschichten mit einer Länge von zwei bis drei Seiten bieten eine willkommene Gelegenheit für einen guten Start in den Tag. Mir gefällt nicht nur der leicht verständliche Schreibstil, sondern auch der Bezug auf die Bibel, die mir mit wohl bekannten Zitaten an vielen Stellen begegnet.

Da ich als Aufhänger für Gruppengespräche auch gern kurze Texte mag, habe ich mit diesem Buch ebenfalls einen guten Fang gemacht.

Nach einem Inhaltsverzeichnis oder einer thematischen Übersicht, mit deren Hilfe mir die Auswahl der Geschichten leichter fallen würde, habe ich allerdings leider vergeblich gesucht. Das finde ich schade, aber mir gefällt das Buch trotzdem so gut, dass ich es sehr gern weiterempfehle.

Bewertung vom 16.03.2023
Nur ein paar Nächte
Neidhardt, Fabian

Nur ein paar Nächte


ausgezeichnet

Eine Geschichte, die viel Gelegenheit zum Nachdenken bietet, die mich mit der unglaublichen Vielfalt an Ereignissen und unterschiedlichen Gefühlen bis ins Herz trifft und vor allem: die mir vor Augen führt, dass man sich (ich mich) mit einer Meinungsbildung viel zu leicht beeinflussen lassen kann von ersten Eindrücken, ohne die Hintergründe auch nur annähernd zu kennen und zu verstehen.

Fabian Neidhardt hat einen gekonnten Weg gefunden, alles zu sagen, was gesagt werden muss, um verstehen zu können. So hat mir der Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit sehr gefallen, um nicht nur die Geschichte des alleinerziehenden Vater Ben und seiner ganz besonderen Tochter Mia zu erleben, sondern auch, um Antworten über die Beweggründe, die Denkweise und die Gefühle von Mias Mutter Orna zu erfahren.

Dass auch noch Bens Vater plötzlich vor dessen Tür steht, weil er seine Mutter betrogen hat und damit ein Problem auftaucht, das eigentlich der Aufhänger für eine andere Geschichte sein könnte, fand ich zunächst befremdlich. (Hier fand ich übrigens die Erzählung über die Zeit, als Bens Eltern jung waren, sehr gelungen.) Aber ich habe gemerkt, dass die Geschichte erst durch alle Geschehnisse komplett wird.

Ich habe das Buch, das überall die Liebe, aber auch die Sehnsucht danach spürbar erkennen lässt, fast in einem Rutsch gelesen. Sehr gern gebe ich eine Leseempfehlung für 1000 Liebe!

Bewertung vom 13.03.2023
Fünf Winter
Kestrel, James

Fünf Winter


ausgezeichnet

„Fünf Winter“ ist ein Thriller, der Ende 1941 auf Hawai beginnt. Joe McGrady, ein knallharter Detective, wird mit der Untersuchung eines Mordes an einem jungen Mann und seiner japanischen Freundin beauftragt. Die Ermittlungsarbeiten führen ihn über Wake Island nach Hongkong.
Nicht nur die Orte, die McGrady bereist, sondern auch das Kriegsgeschehen in der asiatischen Welt waren mir bisher wenig bekannt. Darum habe ich mich vollkommen fasziniert mit einem Atlas neben mir an McGradys Fersen geheftet und das Buch regelrecht verschlungen.
Ob es nun die erschütternden Szenen waren, die das Bild des schrecklichen Krieges zeichneten, oder die Bedrohungen und Gefahren, denen McGrady gegenüber stand und die er bestehen musste: Brutalität, Spannung, Wut, Angst und Hoffnung waren ständige Begleiter.
James Kestrel hat mit einem spannungsgeladenen Schreibstil für fesselnde Lesestunden gesorgt. Darum von mir eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 26.02.2023
Jesus-Stories_gechillt

Jesus-Stories_gechillt


ausgezeichnet

Die Inhalte erfassen und verstehen, ist sicherlich mit dem Büchlein nicht möglich, wenn man mit dem Bibellesen keine oder nur wenig Erfahrungen hat. Aber wenn man die Bibelgeschichten ein wenig kennt, dann hat man die Geschichten durch die "Kurznachrichten" auch bald vor Augen. Darum finde ich die Idee, die Evangelien so darzustellen, dass sie in dieses Handy-Format passen, total witzig.

Auch in einer kleinen Handtasche findet das Büchlein Platz und mir gefällt es.

Ich finde es gut für mich und auch zum Verschenken als nicht alltägliche Idee schön.

Bewertung vom 26.02.2023
Ostfriesengier / Ann Kathrin Klaasen ermittelt Bd.17
Wolf, Klaus-Peter

Ostfriesengier / Ann Kathrin Klaasen ermittelt Bd.17


ausgezeichnet

Große Begeisterung meines Mannes, der alle Bücher von Klaus-Peter Wolf gelesen hat, und einige Lesungen, die wir gemeinsam besucht haben, fand ich zwar richtig gut, konnten mich aber nicht zum Selbstlesen animieren.
Jetzt hat die Ostfriesen Gier gesiegt. Ich habe endlich meinen ersten Fall mit Ann Kathrin Klaasen „bearbeitet“ – und bin restlos begeistert.
Es ist eigentlich ständig etwas los, immer wieder wechseln die Schauplätze, aber egal, wo wir uns gerade befinden, der Spannungsbogen bleibt straff gespannt. Unheimliche Gefühle, Angst vor Entdeckung, Hoffen auf Hilfe…
Nach den ersten etwa 50 Seiten war es mir fast noch ein bisschen zu witzig, doch dann war es einfach nur noch spannend und ich habe das Buch (fast) in einem Rutsch durchgelesen.
Dass reale Personen, Orte und Plätze einfach in die Geschichte einfließen und so eingewebt werden, dass alles wahr zu sein scheint, ist von Wolf meisterhaft gemacht.
Großartig auch Textstellen wie die, in der ein Stück Holz mit dem Leben verglichen wird: Was man daraus machen kann – alles ist formbar.

Bewertung vom 25.02.2023
Der Stern vor meinem Fenster
Raúf, Onjali Q.

Der Stern vor meinem Fenster


ausgezeichnet

Aniyah ist zehn Jahre alt und lebt seit einiger Zeit mit ihrem kleinen Bruder bei einer Pflegemutter. Sie weiß nicht, warum ihre Mutter sie verlassen hat, aber sie weiß genau, dass sie nicht für immer gegangen ist.
In dem Buch behandelt die Autorin Onjali Q. Raúf das Thema häusliche Gewalt. Niemals vorher habe ich etwas aus diesem Bereich gelesen, das mich mehr berührt hat als die Geschichte von Aniyah und Noah, die mit absoluter Sicherheit und voller Vertrauen wissen, dass der neue Stern, der am Himmel entdeckt wurde, ihre Mutter ist.
Ich hatte das große Glück, wohl behütet in einer liebevollen Familie aufzuwachsen. Dennoch glaube ich, dass dieses Buch ein wertvoller Ratgeber und eine wunderbare Hilfe sein kann für Menschen, die unter häuslicher Gewalt leiden müssen.
Raúf hat eine ganz besondere Gabe, den Menschen zur Seite zu stehen und Hilfe zu geben, und zwar nicht nur durch die Geschichte, die Mut, Kraft und Hoffnung schenkt, sondern auch dadurch, dass sie am Ende des Buches noch Erklärungen gibt zur Frage „Was ist häusliche Gewalt?“ und Vorschläge macht, wohin man sich wenden kann, um Hilfe zu bekommen.
Jedem Kapitel sind Sternbilder zugeordnet. Wer mag, kann sich über die Geschichten der Sterne erkundigen und herausfinden, wie sie in die Geschichte passen, rät die Autorin.
Ich weiß gar nicht, ob ich alles erwähnt habe, was in diesem wunderbaren Buch steckt. Es ist für Kinder ab 10 Jahren gedacht und ich empfehle es wirklich aus vollem Herzen!

Bewertung vom 23.02.2023
Der Ruf des Eisvogels
Prettin, Anne

Der Ruf des Eisvogels


ausgezeichnet

„Der Ruf des Eisvogels“ ist ein bewegender Roman von Anne Prettin. So schön wie das Blumenarrangement mit dem Eisvogel auf dem Cover, so ist auch der Weg, mit dem der Großvater Olga die Natur erklärt. Pa, wie Olga ihren Großvater nennt, hängt mit absoluter Liebe und Fürsorge an seiner Enkelin und nimmt die Stelle ihres Vaters ein. Auch die Liebe zum Beruf als Arzt überträgt er auf Olga. Schon als Kind geht sie ihrem Großvater in der Praxis zur Hand und begleitet ihn bei seinen Krankenbesuchen.
Die unglaubliche Willensstärke, mit der Olga ihren Wunsch verfolgt, selbst einmal Ärztin zu sein, ist bewundernswert, allerdings ist das nur ein Teil ihres Lebens ist, das bereits mit ihrer Geburt im Jahr 1925 einen dramatischen Anfang genommen hat.
Über ihre Vergangenheit redet Olga nicht. Erst als ihre Tochter und Enkelin sie mit einer Reise in ihr Heimatdorf in der Uckermark überraschen, beginnt auch für Olga die Konfrontation mit ihrer eigenen Vergangenheit. Als Leserin habe ich es genossen, in den Jahren zwischen 1925 und 1991 hin- und hergeworfen zu werden und damit einen Teil von Olgas bewegtem Leben begleiten zu können.
Anne Prettin hat Olgas Geschichte lebendig werden, die Tage ihrer Jugend aufleuchten lassen und auch die Schrecken des Krieges mit allem gewollten und ungewollten Geschehen zu Bildern werden lassen, die Olga am liebsten nie wiedersehen, sondern für immer verdrängen wollte.
Dass ihr wohlgehütetes Geheimnis aufgedeckt würde, hatte ich mir gewünscht, aber das Ende, wie es dann war, hatte ich auf keinen Fall so erwartet. Es war so gut!
Eine großartige Leistung einer ganz besonderen Autorin, die mir traurig-schöne, aber auch freudige Lesestunden bereitet hat.

Bewertung vom 17.02.2023
HIRNSALAT
Hübner, Véronique

HIRNSALAT


ausgezeichnet

Veronique Hübner hat mit „Hirnsalat“ einen klaren, einfachen Weg gefunden, um auf die Nöte und Bedürfnisse der Menschen aufmerksam zu machen, die aus neurologischer Sicht besonders sind. #Neurodiversität

Wir lernen in dem Buch vier Kinder kennen – alle verschieden, so wie sie schon auf dem Cover zu sehen sind. Hier sind die Unterschiede äußerlich zu sehen, aber Noah, Lea, Oskar und Nancy haben eines gemeinsam, unter dem sie alle, wenn auch auf unterschiedliche Weise, leiden: Hirnsalat!

Durch den Einblick in die Gefühlswelt der Kinder wird spürbar, wie sehr sie selbst unter der „ver-rückten“ Art leiden, die ihr Hirn mit ihnen spielt. Als erwachsene Person bin ich manchmal viel zu schnell dabei, sie als unerzogen abzustempeln und die Schuld für das Verhalten der Kinder bei den Eltern zu suchen. Mit Hilfe dieses Buches sehe ich vieles klarer.

„Noah kann sich selbst nicht erklären, warum er manche Dinge tut. Das passiert einfach. Er meint es auch gar nicht böse. Sein größter Wunsch ist doch, einfach nur dazuzugehören.“

Diesen Satz habe ich ausgewählt um deutlich zu machen, wie wichtig es ist, sensibel miteinander umzugehen und nicht gleich Vorurteile parat zu haben, wenn ein Kind sich nicht „normgerecht“ verhält.

Schön, dass die vier Kinder aus dem Buch einen Weg für sich gefunden haben, der ihnen Hilfe bringt: den Hirnsalatclub!

So wichtig und so besonders wie das, was Veronique Hübner zu sagen hat, sind auch die mit Buntstiften gemalten Bilder der Illustratorin Uli Erbes, die wie das i-Tüpfelchen zum geschriebenen Wort passen.

Meine volle Empfehlung für dieses Buch, das nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene lesenswert ist – oder noch besser geeignet zum gemeinsamen Lesen.