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Rinoa

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Insgesamt 168 Bewertungen
Bewertung vom 31.05.2021
Das Buch des Totengräbers / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.1
Pötzsch, Oliver

Das Buch des Totengräbers / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.1


ausgezeichnet

Wien 1893: Inspektor Leopold von Herzfeldt ist neu in der Polizeiinspektion und gleich der erste Fall, an dem er mitarbeitet, hat es in sich. Mehrere Dienstmädchen wurden ermordet aufgefunden, jede von ihnen brutal gepfählt. Im Zuge einer weiteren Ermittlung lernt Leo auf dem Wiener Zentralfriedhof den Totengräber Augustin Rothmayer kennen, der zwar etwas verschroben ist, jedoch auch sehr gebildet und kenntnisreich, insbesondere zum Thema Tod und Töten.
Gemeinsam mit der Polizeitelefonistin Julia Wolf beginnen der Inspektor und der Totengräber zu ermitteln.

Ich muss vorwegnehmen, dass ich ein sehr großer Fan von Oliver Pötzsch und seinen historischen Romanen/Krimis bin. Ich hatte also schon große Erwartungen an „Das Buch des Totengräbers“ und habe mich wirklich auf die Lektüre gefreut.

Und ich war auch sofort mittendrin im Wien kurz vor der Jahrhundertwende, denn dem Autor gelingt es einmal mehr, ein Panorama dieser Zeit einzufangen, das mich sofort gefesselt hat. Die Welt steht an der Schwelle zur Moderne, erste Automobile und auch Fahrräder (genannt Sicherheitsniederräder, in Abgrenzung zum Hochrad) kurven durch die Stadt und Kameras für Jedermann (der sie sich leisten kann) werden entwickelt.
Letzteres leistet auch einen wichtigen Beitrag für die so genannte Kriminalistik, die ebenfalls in den Kinderschuhen steckt und die Leo in die etwas angestaubte Polizeiarbeit in Wien einbringen soll. Ist sein früherer Mentor doch niemand Geringeres als Hans Gross gewesen, der mit seinem „Handbuch für Untersuchungsrichter“ als Gründungsvater eben dieser Kriminalistik gilt (zumindest im deutschsprachigen Raum).

Ganz hervorragend gelungen sind auch die drei Hauptpersonen Leopold von Herzfeldt, Julia Wolf und Augustin Rothmayer. Insbesondere den schrulligen Totengräber muss man einfach gern haben und auch seinen „Almanach für Totengräber“, an dem er gerade schreibt und aus dem Ausschnitte jeweils vor den Kapiteln erscheinen, habe ich mit Interesse verfolgt.

Die drei haben jedenfalls allerhand zu tun, denn nicht nur der brutale Frauenmörder geht um in Wien, auch Köpfe von Leichen verschwinden und hinter vorgehaltener Hand mutmaßen die Bewohner, dass Vampire in der Stadt ihr Unwesen treiben.

„Das Buch des Totengräbers“ war für mein Empfinden zwar teilweise etwas vorhersehbar, das hat mich allerdings nicht weiter gestört, viel zu unterhaltsam und kurzweilig war die Lektüre und ich hoffe sehr auf weitere Fälle mit Leopold von Herzfeldt!

Bewertung vom 28.05.2021
Ich will dein Leben
Jennings, Amanda

Ich will dein Leben


ausgezeichnet

Cornwall im Sommer 1986: Die sechzehnjährige Tamsyn hat den frühen Tod ihres Vaters nie verwunden. Besonders nah fühlt sie sich ihm beim Haus auf den Klippen, genau wie er verspürt sie eine große Sehnsucht nach diesem Ort. Und so beginnt sie, dessen Bewohner zu beobachten: Den attraktiven Mr. Davenport und seine wunderschöne Ehefrau. Als sie dann durch Zufall deren Tochter Edie kennenlernt kann sie ihr Glück kaum fassen. Doch dieses scheint nur von kurzer Dauer…

Zunächst einmal ist „Ich will dein Leben“ wirklich super geschrieben und der Autorin gelingt es, eine unheilvolle und teilweise sogar gruselige Stimmung zu erzeugen. Und obwohl im Grunde gar nicht so viel passiert, ist es doch spannend und konnte mich von Anfang an fesseln.

Das Meiste wird aus Sicht von Tamsyn (in Ich-Form) erzählt, und man merkt als Leser recht schnell, dass sie – wohlwollend ausgedrückt – offenbar etwas überspannt ist. Doch auch Edie, Tamsyns Mutter und ihr Bruder kommen zu Wort, was ein gewisses Gleichgewicht in die Geschichte bringt, denn ob Tamsyns Wahrnehmung mit der Realität übereinstimmt ist oft nicht ganz klar. Dazu lebt sie zu sehr in ihrer eigenen Welt.

Ansonsten sind die Charaktere und die äußeren und inneren Umstände sehr gut gezeichnet und haben eine Tiefe, die mich wirklich in ihren Bann gezogen hat.
Ständig habe ich darauf gewartet, dass sich die Geschehnisse in einer Art Höhepunkt entladen, was dann eben auch das Spannende und Packende ausgemacht hat.

Das Ende wird dann fast ein bisschen nebenbei erzählt, was es für mich umso schockierender machte. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 27.05.2021
Stranger - Du wirst ihm verfallen
Campbell , Michele

Stranger - Du wirst ihm verfallen


sehr gut

Von ihrem Mann betrogen und bloßgestellt fühlt sich Caroline vom offenkundigen Interesse des jungen Barkeepers Aiden geschmeichelt. Eine leidenschaftliche Affäre beginnt. Was Caroline nicht weiß: Aiden hat sie schon länger beobachtet. Und jetzt, da er ihr endlich so nah ist, möchte er sie nie wieder gehen lassen…

Es hat ca. bis zur Hälfte des Buchs gedauert, bis es mich so richtig fesseln konnte. Es ist zwar gut geschrieben und gut zu lesen – besonders die unterschiedlichen Perspektiven aus Sicht von Caroline (in Ich-Form) und Aiden (in 3. Person) haben mir gut gefallen –, hat mich allerdings nicht komplett gepackt.
Zunächst fand ich Caroline einfach wahnsinnig nervig und überspannt; anstatt ihren Ehemann ernsthaft zur Rede zu stellen, fängt sie lieber eine Affäre an.

Doch nach und nach nimmt die Geschichte an Fahrt auf, es tauchen immer mehr Unterschiede und Widersprüchlichkeiten zwischen Carolines und Aidens Wahrnehmung und man fragt sich, wer denn nun Recht hat. Das brachte für mich jede Menge Spannung.

Das Ende kam dann für mich doch überraschend, auch wenn ich mir manches schon selbst zusammengereimt hatte.
Aufgrund der wirklich spannenden und fesselnden zweiten Hälfte gibt es von mir gute 4 Sterne.

Bewertung vom 27.05.2021
Die Verlorenen
Halls, Stacey

Die Verlorenen


ausgezeichnet

London, 1754: Vor sechs Jahren musste Bess Bright ihre Tochter Clara am Tag ihrer Geburt ins Waisenhaus, das Foundling Hospital, geben, zu arm, ein Kind zu ernähren. Nun will sie Clara endlich abholen und bei sich leben lassen. Doch im Waisenhaus sagt man ihr, das Mädchen sei schon längst abgeholt worden. Doch von wem? Und wo ist Clara heute?

Von Beginn an habe ich mich in „Die Verlorenen“ verliebt. Angefangen beim wunderschönen Cover, über den lesenswerten und angenehmen Schreibstil bis hin zu der wirklich tollen und stimmungsvollen Geschichte.
Stacey Halls gelingt es, eine ganz spezielle Stimmung zu erzeugen, in die ich regelrecht eingetaucht bin. Auf der einen Seite die absolute Armut, in der Bess lebt, die Kälte, der Dreck, die harte Arbeit als Krabbenverkäuferin.
Auf der anderen Seite die feinen Herrschaften der oberen Gesellschaftsschicht, für die die „Lotterie“ um die Waisenkinder ein guter Anlass ist, Champagner zu schlürfen und Häppchen zu essen. Größer könnte der Kontrast kaum sein.

Bess war mir ausgesprochen sympathisch. Beeindruckend, wie sie allen Widrigkeiten trotzt und wie eine Löwin um ihre Tochter kämpft. Und über alldem entspinnt sich eine wirklich spannende und fesselnde Geschichte, die mich richtig in ihren Bann gezogen hat.

Einzig das Ende war mir persönlich etwas weichgespült und auch ein wenig unglaubwürdig. Ein paar Fäden bzw. Handlungsstränge hätten für meinen Geschmack durchaus offen bleiben dürfen.
Trotzdem überwog das positive Gesamtbild bei weitem, so dass ich „Die Verlorenen“ auf jeden Fall gerne weiterempfehlen werde. Es hat mir ein paar tolle Lesestunden beschert!

Bewertung vom 19.05.2021
Eine perfekte Ehe
McCreight, Kimberly

Eine perfekte Ehe


weniger gut

Zach Grayson, ein Studienfreund der New Yorker Anwältin Lizzie Kitsakis, wird verdächtigt, seine Frau Amanda brutal ermordet zu haben. Doch er beteuert seine Unschuld. Und obwohl nicht Lizzies bevorzugtes Rechtsgebiet, übernimmt sie seine Verteidigung.
Je mehr sie jedoch über das Leben von Zach und Amanda in Erfahrung bringt, desto mehr Ungereimtheiten gibt es. Was verschweigt deren Umfeld in ihrem elitären Wohnviertel? Und hat am Ende gar Lizzies Ehemann Sam etwas mit dem Fall zu tun?

Ich habe mich sehr auf „Eine perfekte Ehe“ gefreut, vom Klappentext her schien es ein Thriller genau nach meinem Geschmack zu sein. Doch leider wurden meine Erwartungen nicht erfüllt.

Obwohl mir der Sprachstil und auch der Aufbau mit den verschiedenen Perspektiven (Lizzie, Amanda und dazwischen immer Einsprengsel in Form von Gerichtsprotokollen, E-Mails und ähnlichem) wirklich gut gefallen hat, kam bei mir einfach keine Spannung auf.
Stattdessen mühte ich mich bereits zu Beginn durch die Beschreibungen der diversen auftretenden Personen inklusive deren Elternhaus, Kindheit, Jugend (warum?) und fragte mich, ob sich eine New Yorker Anwältin tatsächlich mit „Lizzie hier“ am Telefon meldet (ausschließen möchte ich es nicht, aber es kam mir doch seltsam vor).

Auch hatte ich das Gefühl, die Autorin setzt voraus, dass der Leser sich in New York und seinen Stadtvierteln super auskennen muss und nach der gefühlt hundertsten Erwähnung eines Brownstone-Hauses war dies für mich kurzzeitig das Unwort der Woche.

Das alles hätte mich vielleicht auch gar nicht so sehr gestört, wenn wenigstens die Story spannend oder fesselnd gewesen wäre. Aber die Handlung zog irgendwie einfach an mir vorüber, ohne dass sie mich besonders berührt hätte (dasselbe gilt für die verschiedenen Charaktere) und selbst einige überraschende Wendungen (die es durchaus gab) konnten mich nicht vom Hocker reißen.

Dafür war mir das Geschriebene zu konfus, Handlungsstränge wurden teilweise nicht konsequent (zu Ende) erzählt und auch die „Auflösung“ hat mich nicht überzeugt. Wurde zu Beginn alles noch lang und breit erklärt, ging es am Ende dann Schlag auf Schlag, so als wollte die Autorin jetzt ganz schnell mit dem Buch fertig werden.

Meinen Geschmack hat „Eine perfekte Ehe“ leider nicht getroffen.

Bewertung vom 04.05.2021
Still Missing - Kein Entkommen
Stevens, Chevy

Still Missing - Kein Entkommen


ausgezeichnet

Am helllichten Tag während einer Besichtigung wird die Maklerin Annie O’Sullivan entführt – von einem scheinbar ganz normalen Interessenten. Und damit beginnt für die junge Frau ein Albtraum, der schlimmer nicht sein könnte…

„Still Missing – Kein Entkommen“ ist wahrlich nichts für schwache Nerven. Welches Martyrium Annie erleiden muss ist wirklich schlimm und immer wenn ich gedacht habe, es kann doch eigentlich nicht noch schlimmer werden, wurde ich eines Besseren belehrt.
Trotzdem hat das Buch eine richtige Sogwirkung auf mich gehabt, es ist super geschrieben und ich habe es regelrecht verschlungen.

Insbesondere den Aufbau der Geschichte in 26 Therapiesitzungen und quasi als Monolog in Ich-Form gehalten fand ich sehr gut gelungen und lässt das Buch aus der Masse herauragen. Damit bekommt der Leser fast ungefiltert Annies Gefühlswelt zu spüren, was das Grauen, das ihr widerfährt, noch erschütternder und beklemmender werden lässt.

„Still Missing“ hat mir wirklich außerordentlich gut gefallen und mich von der ersten Seite an gefesselt. Von mir eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 04.05.2021
Das Haus (eBook, ePUB)
Monti, Olivia

Das Haus (eBook, ePUB)


sehr gut

Der Tod geht um in dem Haus, in dem die Parapsychologin Nadja wohnt. Zuerst erwischt es den Studenten Enis. Dann werden nach und nach weitere Mieter tot aufgefunden oder verschwinden spurlos. Die Polizei tappt völlig im Dunkeln.
Zusammen mit ihren Nachbarinnen Priscilla und Frau Rauhaar möchte Nadja herausfinden, was genau in ihrer Umgebung passiert. Sind es Drogendealer, die Angst haben aufzufliegen? Treibt ein Serienmörder sein Unwesen? Oder ist das Haus womöglich verflucht, ein Unglückshaus, das den Bewohnern zum Verhängnis wird…?

Mit knapp 200 Seiten handelt es sich bei „Das Haus“ von Olivia Monti eher um einen Quickie – dieser ist allerdings sehr unterhaltsam.

Der nüchterne Sprachstil lässt sich wirklich gut lesen und passt hervorragend zum skurrilen Setting, in dem die Eigenheiten und Schrullen der Bewohner sehr anschaulich und amüsant analysiert werden, insbesondere von Frau Rauhaar, neben der die eigentliche Erzählerin Nadja fast ein bisschen blass bleibt.

Was mich allerdings ein wenig gestört hat, waren die parapsychologischen Ausführungen zum Gedächtnis von Dingen und zur Frage, ob manche Dinge (wie hier das Haus) das Böse speichern. Obwohl ich die Thematik sehr interessant finde, waren mir diese Ausführungen dann doch etwas zu oberflächlich bzw. unpassend eingefügt und dadurch wirkte das Ganze für mich zu konstruiert.

Auch das Ende konnte mich nicht so ganz überzeugen, die Autorin hat es zwar geschafft, mich zu überraschen, ein wenig übertrieben war es für meinen Geschmack aber schon.

Trotzdem hat mir der Weg dahin (bis auf den obigen Kritikpunkt) gut gefallen und ich habe die Lektüre von „Das Haus“ wirklich genossen!

Bewertung vom 27.04.2021
Die Mitternachtsbibliothek
Haig, Matt

Die Mitternachtsbibliothek


sehr gut

Nora Seed steht vor den Trümmern ihres Lebens. Gefühlt jede Entscheidung, die sie bislang getroffen hat war (in ihren Augen) falsch und eigentlich besteht ihr ganzes Dasein nur noch aus Bereuen. Sie beschließt, ihrem Leben ein Ende zu setzen und findet sich plötzlich in der Mitternachtsbibliothek wieder. Jedes Buch in den Regalen steht für ein Leben, das sie hätte leben können, hätte sie sich an einem gewissen Punkt anders entschieden. Und das Beste ist: Sie kann jedes Leben ausprobieren und schauen, ob es das ist, was sie glücklich macht. Doch ist es wirklich so einfach…?

Ich fand das Thema richtig spannend und auch die Vorstellung einer Bibliothek mit quasi unendlich vielen Büchern, die alle unterschiedliche Leben darstellen wirklich schön. Selbst die kleinste Entscheidung für und gegen etwas kann das Leben eine völlig neue Richtung einschlagen lassen. Oder ist das Unglücklichsein vielleicht in einem selbst und nicht von äußeren Einflüssen abhängig?

„Die Mitternachtsbibliothek“ lässt sich wirklich sehr gut lesen, auch wenn mich Matt Haig zwischendurch fast verloren hätte; doch gerade als die Lektüre für meinen Geschmack ein wenig langweilig oder auch langatmig wurde, hat er das Ruder noch einmal rumgerissen und mich wieder eingefangen.

Ein bisschen vorhersehbar war das Ganze zwar schon, ich habe schon relativ früh vermutet, wie die Geschichte ausgeht, aber der Weg dahin hat mir gut gefallen und mich – bis auf die kurze Durststrecke ca. in der Mitte – auch gut unterhalten und gefesselt. Ein wenig mehr Tiefgang, passend zum Thema, hätte ich mir allerdings doch gewünscht, ich habe das Gefühl, dass hier die Unterhaltung im Vordergrund steht, was dem Autor allerdings auch gelungen ist.

Auf jeden Fall regt das Buch zum Nachdenken an – möglicherweise war das auch das Ziel – und vielleicht auch zum Überdenken gewisser eigener Einstellungen oder Dinge, die einen unzufrieden machen.

Ich werde „Die Mitternachtsbibliothek“ daher gerne weiterempfehlen!

Bewertung vom 22.04.2021
So wie du mich kennst
Landsteiner, Anika

So wie du mich kennst


ausgezeichnet

Karlas Schwester Marie ist gestorben und das ruhige, beschauliche Leben, das Karla bisher geführt hat ist mit einem Schlag vorbei. Obwohl sie sich eigentlich nur noch verkriechen will, reist sie nach New York, um dort Maries Wohnung aufzulösen. Dort angekommen drängen sich immer mehr Fragen auf. Warum ist Marie bei Rot über die Straße gelaufen? Und wieso hat sie diese verstörenden Bilder auf ihrem Laptop? Hat Karla ihre Schwester, die ihr so nahe stand, überhaupt wirklich gekannt…?

„So wie du mich kennst“ ist ein Buch, das noch eine Weile nachwirkt. Obwohl ich es schon vor einigen Tage beendet habe, ist mir die Geschichte von Karla und Marie immer noch sehr präsent und ich bin immer noch ein bisschen Teil ihrer Welt. Das passiert mir tatsächlich nicht sehr häufig, wenn ich ein Buch ausgelesen habe.

Dabei hatte ich zunächst einige Anlaufschwierigkeiten. Die Geschichte wird abwechselnd aus Karlas und aus Maries Sicht erzählt, jeweils in Ich-Form, was mich zu Beginn zugegebenermaßen etwas irritiert hat, da Marie ja nicht mehr lebt und ich manchmal „vergessen“ habe, wer denn nun gerade erzählt. Auch dass der Leser dadurch teilweise Dinge aus Maries Leben erfährt, die Karla vielleicht gar nicht weiß, hat mich ein paar Mal kurz stolpern lassen.
Mit der Zeit habe ich mich aber daran gewöhnt und nach Abschluss der Lektüre muss ich zugeben, dass es so genau passend und stimmig war.

Auch fand ich die ersten Seiten doch sehr verkopft, beide Schwestern schienen sich unheimlich viele Gedanken über so wahnsinnig vieles zu machen, dass ich mir selbst beim Lesen total oberflächlich vorkam, was ich sonst eigentlich nicht von mir behaupten würde. Aber auch das wurde mit der Zeit besser, vielleicht habe ich mich auch daran gewöhnt, jedenfalls hat es mich irgendwann nicht mehr gestört, wenn man davon überhaupt sprechen kann.

Stattdessen hat mich die Geschichte von Karla und Marie völlig in ihren Bann gezogen. Ich hatte wirklich das Gefühl, ein Teil von deren Welt zu sein und bin vollkommen darin eingetaucht. Als ich die letzte Seite umgeblättert hatte kam sogar ein kleines Verlustgefühl auf. Die Autorin hat es geschafft, New York, Unteroberheim und auch die Gefühle und Gedanken von Karla und Marie so lebendig werden zu lassen, dass ich wirklich das Gefühl hatte, dort zu sein, dabei zu sein und mit ihnen auf der Feuertreppe zu sitzen oder im Garten ihrer Eltern.

Für mich wirklich ein Lesehighlight, ein leises, aber doch intensives, berührendes Buch, das viel mehr zu bieten hat, als es womöglich auf den ersten Blick scheint und dabei absolut fesselnd zu lesen ist.

Ich könnte mir tatsächlich vorstellen, „So wie du mich kennst“ ein zweites Mal zu lesen. Auch etwas, das bei mir nicht sehr häufig vorkommt.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 22.04.2021
Die Angst der Schweigenden (eBook, ePUB)
Jos, Nienke

Die Angst der Schweigenden (eBook, ePUB)


gut

„Die Angst der Schweigenden“ war mein erstes Buch von Nienke Jos; der Klappentext klang spannend, ist aber im Nachhinein betrachtet eher nichtssagend und wird der doch sehr komplexen Geschichte in meinen Augen nicht gerecht.

Und selbst jetzt, während ich diese Rezension schreibe, kann ich noch nicht sicher sagen, ob mir das Buch gefallen hat oder nicht. Oder anders ausgedrückt: Objektiv gesehen legt die Autorin einen guten Thriller vor, der auf jeden Fall aus der Masse herausragt. Subjektiv gesehen hat er allerdings meinen Geschmack eher nicht getroffen.

Dies liegt insbesondere am Schreib- und Sprachstil, den ich von Beginn an sehr gewöhnungsbedürftig fand, dem ich mich im Lauf der Lektüre zwar angenähert habe, mit dem ich mich aber bis zuletzt nicht richtig anfreunden konnte.
Zudem ist der Dialog zwischen Inna und Igor doch als sehr holprig zu bezeichnen, was sicher auch an Innas Persönlichkeit liegt, den Lesefluss aber eher gestört hat.

Auch die Zeitsprünge haben mir etwas zu schaffen gemacht, nicht immer wusste ich genau, wo (zeitlich) ich mich gerade befinde, wer erzählt und was eigentlich gerade passiert. Insgesamt war mir die Erzählweise zu verworren.

Trotzdem konnte ich „Die Angst der Schweigenden“ gerade gegen Ende hin kaum noch aus der Hand legen und auch die ein oder andere Wendung einer insgesamt wirklich schockierenden Geschichte konnte mich überraschen.

Letztendlich eine unterhaltsame und auch spannende Lektüre, die aber meinem persönlichen Geschmack nicht entsprochen hat.