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amena25

Bewertungen

Insgesamt 278 Bewertungen
Bewertung vom 03.01.2019
Muttertag / Oliver von Bodenstein Bd.9
Neuhaus, Nele

Muttertag / Oliver von Bodenstein Bd.9


sehr gut

Ein echter Neuhaus-Schmöker

Als im Wohnhaus einer stillgelegten Fabrik die stark verweste Leiche des ehemaligen Betreibers des Werks, Theodor Reifenrath, gefunden wird, stellen Kriminalhauptkommissarin Pia Sander und ihre Kollegen bald fest, dass der alte Mann keines natürlichen Todes gestorben ist. Außerdem finden sie den Hund halb verhungert, eingesperrt in einem Hundezwinger, obwohl Reifenrath den Hund immer bei sich im Haus hatte. Im Hundezwinger finden sie durch einen Zufall Knochen: menschliche Knochen! Drei Frauenleichen wurden unter dem Hundezwinger verscharrt. Sind sie die Opfer Theo Reifenraths geworden? Der alte Mann lebte seit dem Selbstmord seiner Frau Rita vor zwanzig Jahren sehr zurückgezogen. War er ein Serienmörder? Schon vor zwanzig Jahren gab es einige Zweifel daran, dass sich seine Frau wirklich selbst umgebracht haben könnte. Doch ihre Leiche wurde bisher nicht gefunden.
Bei ihren Ermittlungen stößt die Polizei auf immer weitere, ausnahmslos weibliche Opfer, die alle am Muttertag verschwanden. Bald sind Pia und ihre Kollegen überzeugt, dass der Täter noch lebt und weitere Opfer sucht. Und der nächste Muttertag naht!
Wie bei der Pia Sander/ Oliver von Bodenstein-Reihe üblich, gibt es zahlreiche private Verwicklungen, wie z.B. die Beziehung zwischen Pias Schwester Kim und ihrer Chefin Kriminaldirektorin Nicola Engel. Für Neueinsteiger könnte dies etwas unübersichtlich wirken, für treue Leser der Reihe ist es eine interessante Nebenhandlung.
Insgesamt ist dieser Fall allerdings etwas überfrachtet mit zahllosen Opfern und ebenso zahlreichen Verdächtigen, sodass man zwischendurch fast den Überblick verliert. Immer wieder landen die Ermittlungen in einer Sackgasse und es treten neue Verdächtige auf, was teilweise der Spannung etwas abträglich ist. Gegen Ende gibt es allerdings eine deutliche Wendung, was zu viel Dynamik und purer Action führt.
Ein geschickt konstruierter Fall, für den man zwischendurch allerdings etwas Geduld und langen Atem aufbringen muss. Für Neuhaus-Fans allerdings unbedingt empfehlenswert!

Bewertung vom 06.12.2018
Der Zorn der Einsiedlerin / Kommissar Adamsberg Bd.12
Vargas, Fred

Der Zorn der Einsiedlerin / Kommissar Adamsberg Bd.12


ausgezeichnet

Eigenwilliger Kommissar, eigenwilliger Fall


Kommissar Adamsberg weilt noch in den Nebeln Islands, wohin ihn der letzte Fall getrieben hat, als ihn ein Telegramm eilends nach Paris ruft. Seine Brigade muss einen schwierigen Fall lösen und Adamsbergs Anwesenheit ist erwünscht. Vermutlich haben die Kollegen auch die Befürchtung, dass der Kommissar, der ,,Wolkenschaufler“, sich in den Nebeln verliert.
Gleich im ersten, sehr kurzen Kapitel, wird deutlich, dass Adamsberg ein außergewöhnlicher Kommissar ist: eigenwillig, mit ausgeprägtem Charakter, dennoch schwer greif- und begreifbar, trotz allem immer sympathisch und äußerst menschlich.
In Paris angekommen, löst Adamsberg auf die ihm eigene, unkonventionelle Art den Fall in recht kurzer Zeit. Man ahnt, dass dies nicht der eigentliche Grund für seine Rückberufung gewesen sein kann. Offenbar schwelt es in der Brigade, Gruppen für und gegen den eigenwilligen Kommissar bilden sich, teils heimlich, teils ganz offen.
Als Adamsberg einer Reihe von merkwürdigen Todesfällen älterer Männer im Süden Frankreichs nachgehen will, die offenbar durch das Gift der Einsiedlerspinne gestorben sind, bricht die Meuterei in der Brigade aus. Besonders Danglard, der Stellvertreter und eigentlich sehr vertraute Kollege und Freund Adamsbergs, stellt sich vehement gegen dessen Ermittlungen. Die Einsiedlerspinne ist extrem selten und äußerst scheu, ein Mensch kann nur durch die vielfache Menge des Gifts eines Bisses in Lebensgefahr geraten. Ein Mord durch das Spinnengift ist, nach Meinung eines Spezialisten und auch der meisten Kollegen, absolut unmöglich. Doch Adamsberg lässt sich von seinem Bauchgefühl leiten und ermittelt, mithilfe einiger eingeweihter Kollegen, im Verborgenen weiter.
Wer die Reihe um Adamsberg kennt, weiß, dass die Fälle meist etwas abstrus und nicht unbedingt realistisch sind. Doch dies tut der Spannung und auch dem Lesegenuss in keinster Weise Abbruch, wenn man die besonderen Charaktere, die originellen und teils auch schrulligen Figuren zu schätzen weiß. Adamsberg löst seine Fälle durch teils aberwitzige Gedankenexperimente und weniger durch Action, was den besonderen Reiz dieser Reihe ausmacht. Allerdings muss man sich auf Skurriles und Unkonventionelles einlassen können.

Bewertung vom 27.11.2018
Der Schmetterling / Kommissar Johan Rokka Bd.1
Ullberg Westin, Gabriella

Der Schmetterling / Kommissar Johan Rokka Bd.1


sehr gut

Potential für Folgebände


Kriminalinspektor Johan Rokka kehrt nach zwanzig Jahren von Stockholm in seine Heimatstadt Hudiksvall in Nordschweden zurück. Die Gründe dafür bleiben zunächst unklar. Erst nach und nach wird angedeutet, dass Johan etwas aus seiner Vergangenheit so stark beschäftigt, dass ihn dies zur Rückkehr bewogen hat. Mit seiner direkten Art macht er sich zu Beginn bei den Kollegen und seiner Chefin nicht unbedingt beliebt. Allerdings trifft er auch auf viele alte Bekannte und ehemalige Freunde und Schulkameraden, mit denen er gerne mal einen trinken geht.
Noch vor seinem eigentlichen Amtsantritt muss er den Dienst beginnen. Henna, die Frau des Fußballstars Mans Sandin wird an Heilig Abend in ihrem Haus vor den Augen der beiden Kinder erschossen. Der Täter war als Weihnachtsmann verkleidet. War Mans Sandin selbst der Täter? Oder galt der Anschlag womöglich ihm? Dass Sandin auch ein alter Bekannter Johan Rokkas ist, gestaltet seine Ermittlungen nicht unbedingt einfacher.
Düster und kalt wie die Jahreszeit ist auch die Atmosphäre des Romans. Durch die verschiedenen Schauplätze (z.B. Florenz) und wechselnden Perspektiven wird dennoch genug Spannung und Dynamik aufgebaut. Lediglich das Ende wirkt etwas hastig.
Johan Rokka ist noch etwas undurchsichtig, durchaus sympathisch, aber mit Ecken und Kanten. Ihn möchte man gerne noch in weiteren Fällen erleben. Auch seine Kollegen zeigen Charakter, allen voran die etwas spröde Janna Weissmann. Sie ist eine interessante und etwas geheimnisvolle Figur, von der man gern noch mehr erfahren will.
Ein spannender und unterhaltsamer Krimi mit genügend Potential für weitere Folgen.

Bewertung vom 19.11.2018
Flucht in die Schären / Thomas Andreasson Bd.9
Sten, Viveca

Flucht in die Schären / Thomas Andreasson Bd.9


ausgezeichnet

Düsterer Fall

Der nunmehr 9. Band um Thomas Andreasson und seine Jugendfreundin Nora Linde zeigt einen etwas anderen Charakter als die vorigen Bände. Auch hier spielt sich das Geschehen teilweise auf Sandhamn und den umliegenden Inseln des Schärengartens ab. Doch für idyllische oder atmosphärische Landschaftsbeschreibungen ist wenig Platz.

Kriminalkommissar Thomas Andreasson spielt in diesem Band eine eher undankbare Rolle. Einerseits, weil er aufgrund der erneuten Trennung von Pernilla sehr unglücklich ist und bei laufenden Ermittlungen auch nur wenig Zeit für seine kleine Tochter Elin hat. Andererseits ist er von seiner Arbeit und den ständigen Einsparungen bei der Polizei völlig frustriert.
Auch Noras Familienleben spielt dieses Mal nur eine untergeordnete Rolle. Durch ihre Stelle als Chefanklägerin der Behörde gegen Wirtschaftskriminalität ermittelt sie gegen den Drogenboss Andreis Kovac, den sie wegen Steuerbetrugs anklagen will, da für seine anderen schweren Delikte die Beweise fehlen. Im Zuge ihrer Nachforschungen stößt sie auf Mina, Andreis Frau, die von ihm, nicht zum ersten Mal, fast totgeschlagen wurde. Nora versucht, Mina zu überzeugen, sich von Andreis loszusagen und verschafft ihr einen Platz in einem gut versteckten Frauenhaus. Damit hofft Nora nicht nur, Mina und ihrem kleinen Sohn zu helfen, sondern auch, dass Mina gegen ihren gewalttätigen Mann aussagen wird und Nora damit eine Anklage durchsetzen kann.
Doch Andreis ist nicht nur äußerst brutal, sondern auch gerissen und schlau. So manipuliert er nicht nur seine Anwältin, die skrupellos ihre Fälle gewinnen will, egal welche Verbrecher sie dadurch dem Freispruch zuführt. Andreis bedroht auch andere Menschen aus Minas Umfeld so massiv, dass er ihr doch auf die Spur kommt. Mit lebensbedrohlichen Folgen, nicht nur für Mina.
Wie immer ist Viveca Sten eine Garantin für beste und spannende Unterhaltung. Dieser 9. Band ist durch die ziemlich brutale Geschichte von Mina und ihrem Mann etwas düster.
Dennoch für Fans der Reihe unbedingt zu empfehlen.

Bewertung vom 03.11.2018
Redemption Point
Fox, Candice

Redemption Point


ausgezeichnet

Originelle Fortsetzung

Schauplatz des überaus lesenswerten und unterhaltsamen Krimis ,,Redemption Point" ist die Kleinstadt Crimson Lake im Norden Australiens, geprägt von Hitze und allgegenwärtigen Krokodilen. ,,Crimson Lake" heißt auch der 1. Band um den Ex-Polizisten Ted Conkaffey. Dieser wird verdächtigt, die 13-jährige Claire Bingley entführt und vergewaltigt zu haben. Seine Unschuld konnte er nie beweisen, er verlor seinen Job, seine Frau wandte sich von ihm ab, seine kleine Tochter kennt er kaum.
Doch Conkaffey ist ein Stehaufmännchen, er hat sich ein dickes Fell zugelegt, um irgendwie zu überleben. In Crimson Lake versucht er, unterzutauchen und endlich Ruhe zu finden. Schon im 1. Band schließt er sich der recht bizarren Privatdetektivin Amanda Pharrell an, die als Mörderin einige Jahre im Gefängnis verbracht hat und wohl davor auch schon reichlich merkwürdige Verhaltensmuster zeigte. Diese beiden vom Schicksal gebeutelten Menschen geben ein eigentümliches, aber auch unschlagbares Team als Privatdetektive ab.
Als Conkaffey plötzlich von Dale Bingley, dem Vater seines vermeintlichen Opfers überfallen wird, muss er handeln. Entweder er findet den wahren Täter oder Bingley nimmt Rache. Als auch noch ein mächtiger Drogenboss, der Conkaffey einen Gefallen schuldet, ihm helfen will, den Täter zu finden und aus dem Verkehr zu ziehen, führt dies für Ted Conkaffey nur zu noch größeren Problemen.
In der Zwischenzeit ist seine Partnerin Amanda Pharrell mit einem Mord an zwei jungen Barkeepern beschäftigt, der zunächst wie ein normaler Raubmord aussieht. Amanda unterstützt Detective Inspector Pip Sweeney, die mit diesem Fall ihre erste Morduntersuchung vor sich hat und Amandas genialen Einfälle dringend braucht. Doch bald entpuppt sich auch dieser Fall als viel komplexer und lebensgefährlich.

Candice Fox schafft es, mit zwar reichlich schrägen, originellen, aber sympathischen Figuren eine hochspannende Geschichte mit überraschenden Wendungen zu gestalten, die den Leser immer wieder auf die falsche Fährte führen. Witzige Dialoge, wie z.B. der Schlagabtausch zwischen Ted und Amanda, aber auch berührende Momente, wie z.B. die zwischen Ted und seiner Ex-Frau und seiner kleinen Tochter, unterhalten den Leser bestens.
Den 1. Band sollte man fürs bessere Verständnis gelesen haben, um so auch die Entwicklung der Figuren mitverfolgen zu können. Schade nur, dass man keinen deutschen Titel gefunden hat.

Bewertung vom 30.10.2018
Mexikoring / Chas Riley Bd.8
Buchholz, Simone

Mexikoring / Chas Riley Bd.8


ausgezeichnet

Knallhart
Autos brennen in Hamburg fast jede Nacht. Aber in dieser Nacht sitzt noch jemand in seinem Auto, als dieses am Mexikoring in Flammen aufgeht. Er wird zwar schnell von der herbeigerufenen Feuerwehr aus brennenden Auto gerettet, doch er stirbt kurze Zeit später im Krankenhaus. Bei dem Opfer handelt es sich um Nouri Saroukhan, dem verlorene Sohn eines mächtigen kurdisch-libanesischen Clans aus Bremen. Er wurde von seiner Familie verstoßen, da er sich nicht in ihre Welt der Gewalt und Kriminalität einordnen wollte. Bald ist klar, dass es sich um Mord handelt. Die knallharte und unkonventionelle Staatsanwältin Chastity Riley übernimmt die Ermittlungen und taucht tief ein in die Welt der Mhallamiye – Clans, dessen weit verzweigte kriminelle Strukturen sich über ganz Deutschland erstrecken.
Besonders charakteristisch ist Simone Buchholz Sprache. Die kurzen, knappen Sätzen, aber auch abrupte Wechsel in der Handlung stellen eine Herausforderung für den Leser dar, heben sich aber dadurch auch deutlich vom Durchschnitt ab. Kurze Kapitel mit unkonventionellen Überschriften treiben die Handlung dynamisch voran und halten die Spannung hoch. Dazu kommen interessante Figuren wie die knallharte Staatsanwältin Chastity Riley selbst, die überaus engagiert, aber auch vom Leben gebeutelt ist. Ihre Sicht der Dinge ist messerscharf, dennoch lässig und überaus originell. Die Dialoge sind knapp, schnoddrig, witzig, deuten aber auch tragische Ereignisse in der Vergangenheit an.
,,Mexikoring“ ist bereits der achte Fall um die Staatsanwältin Chastity Riley, den man aber sehr gut ohne Vorkenntnisse lesen kann. Allerdings wird man die Vorgängerbände nach dieser Lektüre vermutlich unbedingt lesen wollen!

Bewertung vom 17.10.2018
Der Schatten
Raabe, Melanie

Der Schatten


ausgezeichnet

Bedrohlicher Schatten

Gerade hat die Journalistin Norah Richter ihr altes Leben und ihre Beziehung in Berlin hinter sich gelassen und fängt in Wien neu an. Um der Einsamkeit zu entfliehen, stürzt sie sich sofort in die Arbeit.

Doch dann sagt ihr eine alte Bettlerin, der sie mitten auf der Straße begegnet, voraus, dass sie am 11. Februar einen Mann Namens Arthur Grimm ermorden wird, und zwar aus freien Stücken. Norah ist verständlicherweise verstört. Zwar kennt sie keinen Mann namens Arthur Grimm. Allerdings ist der 11. Februar ein schmerzhaftes Datum für sie. Am 11. Februar vor vielen Jahren hat sich ihre beste Freundin Valerie umgebracht und Norah hat dies noch nicht verarbeitet.
Zufällig begegnet Norah nun immer öfter dem Namen Arthur Grimm und sie beginnt, Recherchen über diesen Mann anzustellen und nach ihm zu suchen. Was verbindet Grimm mit dem 11. Februar? Hat er womöglich mit Valeries Tod zu tun?
Während Norah sich in ihre Recherchen stürzt und sich völlig von ihren neuen Kollegen abkapselt, geschehen merkwürdige Dinge. Sie findet ihr Handy nicht mehr, plötzlich taucht es aber wieder auf. Aus ihrer Wohnung verschwinden Sachen. Ihre besten Freunde belügen sie oder wollen plötzlich keinen Kontakt mehr mit ihr. Es scheint, als wäre Norahs Leben von etwas Mysteriösem überschattet und bedroht. Dazu passend wird die kalte, melancholische Atmosphäre Wiens im Winter sehr anschaulich beschrieben.
Als man schon meint, dass Norah, wie so häufig in Thrillern üblich, sich alles nur einbildet oder durch Verdrängung sich ihre eigene Wirklichkeit zurechtschneidert, wird man eines Besseren belehrt.
Interessante Charaktere, überraschende Wendungen, und vor allem die präzise Sprache der Autorin haben mich überzeugt. ,,Der Schatten" ist ein Psychothriller, der mit wenig Blut und ohne grausige Details auskommt, dafür umso mehr mit subtil aufgebauter Spannung punkten kann.

Bewertung vom 15.10.2018
Alchimie einer Mordnacht
Black, Benjamin

Alchimie einer Mordnacht


sehr gut

Starker Beginn, dann leider zäh

Christian Stern, unehelicher Sohn des Bischofs von Regensburg und aufgewachsen bei wenig liebevollen Zieheltern, ist ehrgeizig und wissensdurstig. Nach dem Studium in Würzburg kommt der 25-Jährige im Winter 1599 nach Prag, um dort am Hof des kauzigen Kaisers Rudolf II sein Glück zu suchen. Doch schon in der ersten Nacht findet er die Leiche eines jungen Mädchens. Der erst 16-jährige Magdalena Kroll wurde die Kehle durchgeschnitten und sie war, wie sich bald herausstellen soll, die Geliebte des Kaisers! Obwohl Christian Stern den Leichenfund sofort bei der Stadtwache meldet, gerät in Verdacht und wird zunächst eingekerkert. Doch bald zieht er die Aufmerksamkeit des Kaisers auf sich. Er vermutet in Stern eine Art Heilsbringer, den er in seinen Träumen vorhersehen hat. Und er beauftragt Christian Stern damit, den Mord an der jungen Magdalena Kroll aufzuklären.
Sterns rascher Aufstieg am Hof bringt ihm natürlich auch Neid und Missgunst ein. Außerdem zieht ihn schon bald Caterina Sardo in ihren Bann, was aber äußerst gefährlich ist, da sie die Geliebte des Kaisers Rudolf und die Mutter seiner Kinder ist. Dazu kommen die Intrigen und Machtspiele skrupelloser Höflinge, sodass Christian Stern schon bald um sein eigenes Leben fürchten muss.
Der Roman beginnt stark. Lebendig, sehr anschaulich und stellenweise sogar witzig erzählt Stern von seiner Ankunft in einer heruntergekommenen Herberge in Prag, einem Saufgelage mit einem Soldaten und dem Leichenfund. Auch Sterns Rückblicke in seine Kindheit und Jugend gestalten sich originell und unterhaltsam. Je länger Stern sich dann allerdings in Prag aufhält und in die Ränkespiele des Hofs verwoben wird, desto zäher gestaltet sich leider auch die Lektüre. So wie für Christian Stern selbst ist es auch für den Leser fast unmöglich, Schein und Sein, Freund und Feind auseinanderzuhalten. Dabei wird einem zwar die Figur des jungen Gelehrten Stern mit all ihren menschlichen Schwächen und in ihrer Widersprüchlichkeit durchaus sympathisch. Dennoch geht die Darstellung der Verwicklungen auf Kosten der Spannung und der Lesegenuss wird deutlich getrübt.
Schade, denn die Idee und der Schauplatz des ,,historischen Kriminalromans" klangen sehr vielversprechend.

Bewertung vom 11.10.2018
Der Spielmann / Die Geschichte des Johann Georg Faustus Bd.1
Pötzsch, Oliver

Der Spielmann / Die Geschichte des Johann Georg Faustus Bd.1


ausgezeichnet

Faustus = Der Glückliche?

1486: Johann Georg ist ein aufgeweckter und besonderer Junge. Seine Mutter nennt ihn ,,Faustus“, den Glücklichen, da bei seiner Geburt die Sterne in einer besonderen Konstellation standen. Doch nach dem Tod der Mutter ist Johanns Leben alles andere als glücklich. Die Brüder hänseln ihn wegen seiner Andersartigkeit, vom Vater wird er abgelehnt. Als dann auch noch die Liebe zu seiner Jugendfreundin Margarethe unglücklich endet, schließt sich Johann Georg dem Magier Tonio del Moravia an. Dieser zieht als fahrender Gaukler und Magier durch die Lande, verkauft Heiltränke und sagt den Leuten ihre Zukunft vorher. Faustus ist fasziniert von Tonio del Moravia, von ihm lernt er nicht nur Zaubertricks, Handlesen und das Erstellen von Horoskopen, sondern wird durch ihn auch selbständiger und erwachsener. Allerdings fürchtet er auch seinen Meister und dessen Raben und Krähen, die ihn immer begleiten. Mehr und mehr beschleicht Faustus der Verdacht, dass del Moravia mit dunklen Mächten in Verbindung steht und eine tödliche Gefahr für ihn darstellt. Faustus flieht und schließt sich einem Gauklertrupp an, mit dem er durch Italien bis nach Venedig zieht. Doch auch dort kann er del Moravias Einfluss nicht entfliehen.
Plötzsch gestaltet seine Figuren facettenreich, das Geschehen wird sehr anschaulich und farbenfroh erzählt, sodass man als Leser mitfiebern und mitleiden kann. Phantastisches und Gruseliges wird mit historischen Fakten verknüpft und zu einer großen Abenteuergeschichte verwoben. Wie schon Goethe ließ auch Oliver Plötzsch sich von der Geschichte des Dr. Faustus inspirieren. Und wer Goethes ,,Faust“ kennt, wird so manche Figur und so manches Zitat im ,,Spielmann“ wiedererkennen, die Plötzsch aber kreativ nutzt und in neue Zusammenhänge stellt.
Der fast 800 Seiten starke Roman ist ein wahrer Schmöker. Wer historische Romane und Abenteuer mag, kommt hier voll auf seine Kosten.

Bewertung vom 13.09.2018
Die Tote im Wannsee / Kommissar Wolf Heller Bd.1
Kellerhoff, Lutz W.

Die Tote im Wannsee / Kommissar Wolf Heller Bd.1


sehr gut

Krimi mit viel Zeitgeschichte

West-Berlin im Jahr 1968: der Alltag der Menschen ist durch die Teilung der Stadt und die Mauer geprägt. Es ist eine unruhige Zeit, zwischen alten Nazi-Seilschaften und der politischen Studentenrevolte auf der einen, Stasi und einem neuen, sozialistischen Gesellschaftsmodell auf der anderen Seite. Auch politisch uninteressierte Menschen wie z.B. der junge Kommissar Wolf Keller können sich den Wirrnissen der Zeit nicht entziehen.
Als eine junge Frau tot im Wannsee gefunden wird, mit zahllosen Messerstichen übersät, will Max Heller eigentlich nur den Fall lösen und für Gerechtigkeit kämpfen. Doch bald bemerkt er, dass Kollegen Beweise am Tatort manipulieren und dass er selbst durch eine Beförderung ruhig gestellt werden soll. Doch Heller lässt sich nicht beirren und bringt sich damit in Gefahr. Allerdings ist nicht nur sein eigenes Leben bedroht. Seine Vermieterin Paula und deren zwei Kinder, für die Heller fast schon eine Art Vaterersatz ist, geraten auch ins Visier derer, die Heller ausbremsen wollen. Bald weiß Heller nicht mehr, wem er noch vertrauen kann.
Die Handlung wird mit den politischen Ereignissen der Zeit geschickt verwoben. Immer wieder werden ,,alte Bekannte“ wie Benno Ohnesorg, Rudi Dutschke, Axel Springer usw. erwähnt, was des Geschehen authentisch, fast schon dokumentarisch wirken lässt. Allerdings gerät dadurch die eigentliche Krimihandlung stellenweise zu sehr in den Hintergrund. Etwas blass bleiben die zahlreichen Figuren, die erwähnt werden. Sehr amüsant allerdings sind z.B. die Gespräche in der Kommune Wielandstraße, die in ihrer Phrasenhaftigkeit so manchen ,,Revolutionär“ der 68er entlarven.
Max Heller selbst ist zwar ein sympathischer und in seiner Zerrissenheit auch interessanter Ermittler, allerdings bleibt er einem doch noch etwas fremd. Er dürfte in einem möglichen zweiten Band dem Leser noch etwas vertrauter werden.
Eine klare Leseempfehlung für historisch interessierte Krimileser.