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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
rewa
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wien

Bewertungen

Insgesamt 348 Bewertungen
Bewertung vom 22.04.2022
Chester
Clostermann, Matthias

Chester


ausgezeichnet

„Chester“ Hoseok Yoon , ist ein schüchterner und zurückhaltender junger Mann, der sich als Designer von Postern und Punk-Band- Covern in Los Angeles sein Geld verdient. Mit seinen Freunden genießt er das Leben, wo auch Drogenpartys nicht unüblich sind. Als er dabei mit einer alten Leica seines verstorbenen Vaters Fotos macht und danach auf den Bildern Dämonen und andere furchterregende Kreaturen zu sehen sind, nimmt das Schicksal seinen grausamen Lauf. Von nun an ist Chester auf einer Mission mit dem Ziel , die Dämonen zu vernichten, die er ja nun dank seines ,,Auges“ mit Hilfe der Kamera erkennen kann. Der Tod seines besten Freundes zeigt ihm, dass er gegen die Dämonen kämpfen muss. Jeremy White ist Detective beim LAPD und freut sich eigentlich schon auf seine baldige Pensionierung, doch eine neuartige und extrem gefährliche Droge ist nun aufgetaucht und er lässt sich von seiner Chefin überreden, doch noch zu bleiben. Immer wieder kreuzen sich nun die Wege zwischen Chester und Jeremy, wo jeder auf seine persönliche Art und Weise auf Dämonenjagd geht.
,, Chester“ ist der spannende und unheimliche Roman von Matthias Clostermann, der den Leser in die Tiefen von Drogen, Aberglaube und den ,,inneren“ und ,,äußeren“ Kampf gegen Dämonen hinein zieht.
Von Beginn weg wird man in einen Strudel hineingezogen aus dem es kein Entrinnen mehr gibt. Chester durchläuft in dem Roman eine Wandlung, die man ihm nie zu trauen würde. Dabei zeigt der Autor, wie leicht es eigentlich ist, aus einem unscheinbaren Menschen ein ,,Monster“ zu erschaffen, das zu keiner Zeit Gewissensbisse ob seines Handelns hat. Auslöser gibt es dabei einige, sind es traumatische Kindheitserlebnisse, oder der Aberglaube seiner Mutter, die ihn dadurch geprägt hat, oder auch Drogen, die das Handeln von Chester beeinflussen. Langsam, aber sicher ist dadurch seine Wahrnehmung getrübt und er tut Dinge, die er normalerweise gar nicht tun würde.
Aber auch sein Gegenspieler Detective White hat Probleme auf seine eigene Art und Weise Dinge richtig einzuschätzen, da er nur das sieht, was er sehen möchte und nur das Gute in anderen sieht und er gar nicht auf die Idee kommt, dass Chester nicht der ist, der er vorgibt zu sein. White ist dabei eine tragische Figur, da seine lange Berufsbahn ihn schon müde gemacht hat und die Aussicht auf baldige Pensionierung ihn nicht mehr objektiv handeln und denken lässt. Und so nimmt das Unglück unaufhaltsam seinen Lauf.
Das düstere Cover passt sehr gut zu der Geschichte dazu.
Das interessante Nachwort des Autors, indem er seine Intension zu der Geschichte erklärt ist sehr aufschlussreich und lässt dadurch den Roman noch einmal aus einem anderen Licht erscheinen. Wer also eine spannende und subtile Geschichte lesen möchte, wo man in die Gedanken- und Gefühlswelt von Chester und Jeremy eintauchen kann, wird mit diesem Roman sicher seine Freude haben.

Bewertung vom 11.04.2022
Andererseits (eBook, ePUB)
Weese, Jörg

Andererseits (eBook, ePUB)


sehr gut

Eine Storysammlung mit 7 Kurz- sowie 1 Auszug aus Bierdeckelgeschichten findet man auf knapp 120 Seiten von Jörg Weese in ,,Andererseits- Geschichten aus meiner Twilight Zone “.
Ein unkonventioneller, lockerer und humorvoller Schreibstil bietet in den sehr unterschiedlichen Geschichten eine Mischung aus Spannung, Humor und auch SF Feeling.
Die meisten davon sind in der ICH Form geschrieben und dadurch fühlt man sich als Leser noch mehr in die Geschichten hineingezogen und pointenreiche Gedanken und witzige Szenen lassen dabei schöne Bilder im Kopf entstehen.
Mit den meisten Geschichten habe ich mich gut unterhalten gefühlt. Die Bierdeckelgeschichten zum Schluss waren jetzt nicht so meines, obwohl die eine oder andere Pointe dabei war.
Dass jede Geschichte anders aufgebaut und geschrieben wurde zeigt, dass der Autor originelle Einfälle hat und somit den Lesern eine willkommenen Abwechslung bieten kann.

Bewertung vom 10.04.2022
Herr Theodor
Böhm, Daniela

Herr Theodor


ausgezeichnet

Fast 50 Jahre waren Herr Theodor und seine Liesel miteinander verheiratet. Ihr Tod hinterlässt eine unvorstellbare Lücke, die gefüllt ist mit Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit und Einsamkeit. Als er nach Tagen seine Wohnung wieder einmal verlässt, findet er bei seiner Rückkehr einen Käfig vor seiner Türe. Seine Nachbarin, die beruflich nach Paris musste, hinterlässt ihm ihr Meerschweinchen Heinz mit der Bitte, sich um ihn zu kümmern. Von diesem Moment an, beginnt für Herr Theodor ein neues Leben.
,, Herr Theodor – Eine Geschichte für die Seele“ ist ein kleiner, aber feiner literarischer Schatz, den die Autorin Daniela Böhm ihren Lesern schenkt.
Mit extremen Fein- und Fingerspitzengefühl beschreibt sie die Gefühle und Gedanken eines gebrochenen Mannes, der nach dem Tod seiner geliebten Frau jegliche Lebensfreude verloren hat.
Alle Stationen der Trauer sind in der Geschichte zu finden. Angefangen über Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit über Resignation ist alles dabei zu finden. Man leidet als Leser immer wieder mit und wenn Herr Theodors Tochter Anna versucht ihren Vater zu trösten und dann selbst vor Traurigkeit in Tränen ausbricht, dann bekommt man selbst auch schon einmal feuchte Augen.
Die Autorin schreibt sehr einfühlsam und ihre Gedanken über den Tod und wie die Hinterbliebenen damit umgehen sind wunderschöne poetische Kleinode.
Die Beziehung zwischen Herr Theodor und dem Meerschweinchen Heinz wird besonders liebevoll erzählt und man merkt, wie ihm die Sorge und Verantwortung über diesem kleinen Tieres, Stück für Stück die Lebensfreude zurückbringt. Selbst als er mit Heinz immer wieder zu reden beginnt ist man als Leser hin und weg wie liebevoll diese Beziehung beschrieben wird.
Wiener Flair mit kulinarischen Schmankerln und kleinen, aber feinen sprachlichen Wiener Eigenheiten lassen das beschauliche und gemütliche Lebensgefühl der Menschen immer wieder aufleben.
Auch wenn es ein trauriger und emotionaler Roman ist, so lässt er den Leser spüren, dass es immer einen Weg ins Licht geben kann, selbst wenn es ,,nur“ ein kleines Meerschweinchen ist. Die Reise des Herr Theodor in sein neues Leben ist eine lehrreiche und intensive, bei der ich ihn gerne begleitet habe.

Bewertung vom 09.04.2022
TENTAKEL DES HIMMELS
Vullriede, Heike

TENTAKEL DES HIMMELS


ausgezeichnet

Jan Torberg ist ein rebellischer junger Mann, der niemanden an sich ran lässt und für den Freundschaft ein Fremdwort ist. Als ihm der unerwartete Selbstmord seines Vaters viel Geld und ein Marketing Unternehmen beschert, ist es mit seinem freiheitsliebenden Leben zu Ende. Mehr aus Neugierde als aus wirklichem Interesse lässt er sich auf den ,,Padre“ ein, der der Gründer ,, Der Kirche des Lichts ´´ ist, bei denen seine Eltern Mitglieder waren. Obwohl Jan zu Beginn skeptisch ist und sich dem Padre überlegen fühlt,wird er immer tiefer in einen Sog aus psychischer
und physischer Gewalt hinein gezogen aus der es scheinbar auch für ihn kein Entrinnen mehr gibt.
,,Tentakel des Himmels“ ist der spannungsgeladene Roman von Heike Vullriede, wo der Leser einen beängstigenden Einblick in das Sekten Leben rund um den gottähnlichen Padre erhält, der von seinen Mitgliedern angehimmelt und vergöttert wird.
Dabei zeigt die Autorin ein beängstigendes Bild auf, wie leicht sich Menschen manipulieren lassen und dabei bereit sind ihr ganzes Leben einer Person zu widmen und dieser wie willige Schafe, die zur Schlachtbank geführt werden, zu folgen.
Der charismatische Padre wirkt im Grunde sympathisch, er gibt Menschen die desillusioniert vom Leben sind einen Rettungsanker in Form einer Gemeinschaft, wo jeder für den anderen da ist ohne eine Gegenleistung zu verlangen. Dass sie dafür aber ihr ganzes Geld an ihn ,,spenden“ sollen, damit er ihre Gemeinschaft gut führen kann, nehmen sie dabei willig in Kauf.
Aber auch die Ausnützung von verzweifelten Menschen wird gut dargestellt, wenn er als ,,Heiler“ schwer kranken Menschen hilft, selbst wenn sie, leider, trotzdem sterben, aber zumindest ist ihre Geldspende gut bei ihm aufgehoben.
Der Protagonist Jan erlebt in dem Roman eine große Wandlung, wo man als Leser auch um ihn bangt. Obwohl er zu Beginn eine große Arroganz ausstrahlt und alles andere als wirklich sympathisch ist, merkt man im Laufe der Geschichte, dass er im Grunde ein verletzlicher und einsamer Mensch ist, wo sich die Tentakeln des Padres immer fester um ihn schlingen.
Auch die anderen Protagonisten wie Anna, die schon seit Jahren für den Padre arbeitet und Dinge dabei erlebt, die sie zum Umdenken bewegen oder Kemal, der schon für Jans Vater gearbeitet hat und nun für Jan arbeitet, passen gut in die Geschichte hinein. Dass es zwischen Jan und Kemal immer wieder kracht und dabei ein feiner, zynischer Humor erkennbar ist, macht die Geschichte noch interessanter.
In dem Roman ist man als Leser oft erschüttert, wie brutal im Geheimen mit unerwünschten Personen umgegangen wird. Der Einblick in das Sekten Leben ist der Autorin wunderbar gelungen wo man oft nur den Kopf schütteln kann ob der Naivität der Menschen, die sich der Gemeinschaft angeschlossen haben. Sie leben zwar scheinbar in Frieden und vollkommenen Glück merken aber nicht, dass die unsichtbare Hand des Padres jeden ihrer Schritte leitet und ihnen ihr eigenes Leben schon lange weggenommen hat.
Dass es eine Fortsetzung des Romans gibt ist gut, denn die Geschichte ist wohl noch nicht zu Ende.

Bewertung vom 04.04.2022
Herzogs Höhenflüge
Sréter, Wolfgang

Herzogs Höhenflüge


sehr gut

Konstantin Herzog ist ein eher unauffälliger und ruhiger Mann, was seinem ,,Beruf“ als Taschendieb und selbsternannter ,,Kunstzieher“ sehr entgegen kommt. Sein beschauliches Leben gerät aber eines Tages völlig außer Kontrolle, als er seinen ehemaligen Schulfreund ,,Fliege“ erhängt in dessen Wohnung auffindet. Als ihn auch noch Flieges Ex Frau Alina beauftragt mehr über den Mord heraus zu finden, landet Herzog ungewollt in einen Strudel aus illegalen Geschäften und weiteren Morden. Dass ihm seine resolute Freundin Margret noch eine wertvolle Hilfe sein wird, ahnt er zu Beginn noch nicht. Und so beginnt eine abenteuerliche und gefährliche Reise durch mehrere Länder.
,, Herzogs Höhenflüge“ ist der spannende Krimi von Wolfgang Sréter, wo der Autor seine Leser auf eine abenteuerliche Reise von München über Bangkok, Hué und Jerusalem bis nach Prag mit nimmt und den Show down am Gardasee findet.
Kleine in schwarz- weiß gehaltene Fotos leiten immer die neuen Kapitel ein und passen gut zu der Geschichte dazu.
Herzog ist in dem Roman der tragische Held, der unvermutet in dubiose und gefährliche Geschäfte verwickelt wird, mit denen er überhaupt nichts zu tun hat. Er ist ein richtiger Anti Held, der lieber in Ruhe seiner ,,Arbeit“ nachgehen würde, als durch mehrere Länder gehetzt zu werden und dabei immer wieder Zeuge von neuen Morden wird.
Dabei hat der Autor gut recherchiert und hat Plätze und Städte beschrieben, die es wirklich gibt. Er zeigt sich dabei als guter Beobachter der die Stimmung von Land und Leute sehr bildhaft beschreibt. Dabei hatte ich manchmal das Gefühl mehr einen Reisebericht, als einen Krimi vor mir zu haben.
Die Geschichte wird gut erzählt und die Zusammenhänge zwischen den ganzen Morden wird am Ende aufgeklärt.
Ein feiner und gut platzierter Humor an den richtigen Stellen, lockert die Geschichte immer wieder auf.
Auch wenn Herzog und Margret ein sehr unterschiedliches Paar sind, passen sie gut zusammen und beide sind immer wieder für Überraschungen gut.
Der Titel ,,Herzogs Höhenflüge“ ist gut gewählt und der Leser wird dabei gut unterhalten.

Bewertung vom 29.03.2022
Es ist schon fast halb zwölf
Becker, Zdenka

Es ist schon fast halb zwölf


ausgezeichnet

Für Hilde und ihren Demenz kranken Mann Karl steht der unvermeidbare Umzug in ein Altersheim bevor. Obwohl sich Hilde dagegen lange gewehrt hat spürt sie, dass dieser Weg sein muss. Als sie eines Tages am Dachboden eine Kiste mit alten Briefen findet, die sie und Karl sich zwischen 1938 und 1945 geschrieben haben, kommen viele Erinnerungen in ihr hoch. Zwischen ihrer Verlobung, ihr getrenntes Leben wegen Karls Arbeit in Berlin und dem beginnenden Krieg, sind viele Dinge geschehen, die sie heute noch belasten und Hilde weiß, dass sie nur dann in Frieden leben kann, wenn sie die Schatten der Vergangenheit endlich hinter sich lassen kann.
In dem Roman ,,Es ist schon halb zwölf“ hat die Autorin Zdenka Becker über 500 Briefe, die sie auf ihrem Dachboden gefunden hat literarisch aufgearbeitet und den Leser auf eine spannende Zeitreise mitgenommen.
Die beiden Protagonisten Hilde und Karl haben sich in den vielen Jahren der Trennung mit ihren Briefen und Karten gegenseitig auf dem Laufenden gehalten und versucht ein kleines Stück Nähe und Verbundenheit auf diese Art zu bewahren.
Da beide aus einfachen Verhältnissen stammen wirken gerade zu Beginn die Inhalte nicht sehr abwechslungsreich. Es wird über alltägliche und banale Dinge geschrieben und der Wunsch endlich heiraten zu können. Gerade diese Einfachheit hat aber seinen besonderen Reiz und zeigt, dass es ihnen einfach nur darum gegangen ist, dass sie voneinander hören und wissen, dass es dem anderen gut geht.
Man merkt auch als Leser, wie sich bei beiden das Stimmungsbild gegenüber des Krieges geändert hat. Besonders Karl macht dabei eine große Entwicklung durch, wo ihm die Erlebnisse und Ereignisse des Krieges noch viele Jahre nach Kriegsende , nicht los lassen.
Aber auch Hilde erlebt dabei Dinge, die sie verdrängt hat und die sie nicht einmal Karl erzählt hat.
Die Geschichte wechselt dabei immer wieder zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart, wo die Autorin sehr behutsam und liebevoll den Umgang zwischen der betagten Hilde und ihrem kranken Mann erzählt hat.
Der Titel ,,Es ist schon halb zwölf“ findet sich immer wieder in den Briefen, die Karl an Hilde geschrieben hat und er passt wunderbar zu der Geschichte.
Tatsächliche geschichtliche Ereignisse, menschliche Tragödien und die Hoffnung, auf ein friedliches Leben bilden den Rahmen des berührende Romans, wo der Leser eintauchen kann in eine Jahrzehntelange Ehe, die geprägt war von Entbehrungen, Selbstzweifel, Angst, aber auch von Hoffnung und Willenskraft, dass man gemeinsam vieles schaffen kann.

Bewertung vom 29.03.2022
Halterberg. Spannender Entwicklungsroman: Kann das Kindheitstrauma überwunden werden? Familiengeschichte in den 60er- und 70er Jahren geschickt mit der Gegenwart verwoben
Schreiber, Mart

Halterberg. Spannender Entwicklungsroman: Kann das Kindheitstrauma überwunden werden? Familiengeschichte in den 60er- und 70er Jahren geschickt mit der Gegenwart verwoben


ausgezeichnet

Für Gustav kommen viele schlimme Kindheitserinnerungen hoch als er erfährt, dass die verhasste Nachbarin von früher in das gleiche Pflegeheim einzieht in der nun seine Mutter lebt. Er erinnert sich an Dinge, die er bisher versucht hat zu verdrängen, aber die Vergangenheit holt ihn unaufhaltsam ein. Und so muss er sich wohl oder übel mit Erinnerungen auseinander setzen die geprägt sind von einem herzlosen Elternhaus, Mobbing der Nachbarskinder und erstes sexuelles Erwachen zu Vera der Nachbarstochter, die eines Tages spurlos verschwindet und er verdächtigt wird etwas damit zu tun zu haben.
Der Roman ,,Halterberg“ ist eine spannende und sehr emotionale Reise in die 60er- und 70er Jahre wo der Autor Mart Schreiber es exzellent schafft, speziell die älteren Leser in ihre eigene Kindheit zurück zu versetzen. Gerade das ,,einfache“ Leben von damals wird dabei gut beschrieben und die bildhafte Sprache lässt den Leser wunderbar in die Welt von Gustav eintauchen.
Die Geschichte spielt auf verschiedenen Zeit- und Handlungsebenen, die sich ständig vermischen und somit einen wunderbaren Einblick in die Gefühlswelt von Gustav bieten.
Es ist interessant zu lesen, wie die Erinnerungen der verschiedenen Protagonisten sich voneinander unterscheiden. Gustav ist dabei der tragische Held, der vieles erdulden und erleiden musste und mit all seinen Problemen, Sorgen und Ängsten immer alleine war.
Selbst im Erwachsenen Alter haben es nicht einmal die Geschwister von Gustav geschafft, dass sie sich Halt und Unterstützung geben. Viele widersprüchliche Erinnerungen von damals haben es nie wirklich zugelassen geschwisterliche Nähe und Zuneigung aufkommen zu lassen.
Die Geschichte ist von viel Tragik, Boshaftigkeit und Hoffnungslosigkeit geprägt, die die Handlung sehr spannend und vor allem sehr lebhaft gemacht hat.
Auch als Erwachsener schafft es Gustav nicht wirklich die Schatten seiner Vergangenheit abzuschütteln. Seine traumatischen Erlebnisse von Früher lassen auch ihn immer wieder anders handeln, als er im tiefsten Inneren eigentlich will.
Das unerwartete Ende hat mich traurig gemacht, aber so soll ja ein guter Roman sein, dass man bis zum Schluss nicht weiß, wie die Geschichte enden wird.

Bewertung vom 08.03.2022
Blinder Spiegel
Jamal, Salih

Blinder Spiegel


gut

Zwei Menschen, die sich in Paris begegnen und eine kurze, aber heftige Affäre beginnen. Das ist Lui, der als Fluglotse ständig unterwegs ist und es nie schafft sich länger zu binden. Und Elle, deren Mann als Unternehmer sie in einen goldenen Käfig sperrt und seine masochistischen Triebe brutal an ihr auslebt. Beide wissen, dass es für sie keine gemeinsame Zukunft geben kann und wird und das Schicksal hat schon längst die Karten für sie gemischt.
,, Blinder Spiegel“ ist ein Roman in 5 Akten, in der der Autor Salih Jamal seine Protagonisten lieben und leiden lässt. Eine tragische Liebesgeschichte, die in Paris spielt und man dank der bildhaften Beschreibung vom Leben der Menschen mit ihren alltäglichen Handlungen ein schönes Stimmungsbild präsentiert bekommt. Man spürt das besondere Flair, das diese Stadt umgibt und passt gut zu der Geschichte rund um Lui und Elle.
Wie immer verzaubert der Autor seine Leser mit einer poetischen, berührenden und tiefsinnigen Gedankenweise. Da kommt es dann ganz unvermutet wenn man einen ,,Stilbruch“ vorgesetzt bekommt, in dem fast schon ordinäre Wörter die Geschichte ausfüllen. Da Lui und Elle ,,krank“ in ihrer Seele sind, da es das Schicksal mit beiden nicht gut gemeint hat, ist es wohl passend, wenn die Ausdrucksweise sich immer wieder ändert. Aber auch heftige Sexszenen kommen unvermutet und trüben ein wenig das Stimmungsbild.
Lui und Elle sind problematische Charaktere, da sie sich auf verschiedenste Art und Weise Schmerzen zufügen, sowohl psychisch, als auch physisch. Manche Szenen waren mir zu schnell abgehakt, vielleicht liegt es daran, dass der Roman nur knapp über 100 Seiten hat. Trotz tragischer Liebe und Hoffnungslosigkeit der Protagonisten ist es mir nicht gelungen einen Zugang zu ihnen zu finden. Beide sind Suchende, die es aber nicht schaffen an ein Ziel zu kommen und manchmal hatte ich das Gefühl, dass sie es im Grunde auch gar nicht wollen.
Salih Jamal ist ein Jongleur mit Worten, wo er seine Leser verzaubern und gleichzeitig auch erschüttern kann. Auch wenn mich dieses Mal der Roman nicht so überzeugen konnte wie die anderen, so ist er alleine wegen der Sprachgewaltigkeit und Tiefsinnigkeit ein Leseerlebnis.