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Bibliomarie

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Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 12.04.2021
Verfehlt / Ermittlungen im Spreewald Bd.2
Dieckerhoff, Christiane

Verfehlt / Ermittlungen im Spreewald Bd.2


sehr gut

In Lübbenau steigt das große Spreewaldfest. Touristen und Einheimische drängen sich auf dem Festplatz, Fahrgeschäfte und Schausteller hoffen auf Umsatz. Klaudia Wagner und ihre Kollegen vom Kriminalkommissariat zeigen in Uniform Präsenz. Dann gleiten die geschmückten Kähne vorüber. Der diesjährige Schützenkönig grüßt jovial nach allen Seiten, bis er plötzlich ins Wasser stürzt – ein Messer im Rücken.

Zeugen haben sogar einen tatverdächtigen Messerwerfer gesehen, eine Spreewald-Gurke auf Stelzen. Dann wird ein zweites Opfer gefunden, der alte Schiebschick, ein stadtbekannter Fährmann und Klaudias väterlicher Freund, liegt schwerverletzt zwischen den Schausteller-Wagen.

Christiane Dieckerhoff hat einfach ein Gespür für die richtige Spreewald Atmosphäre. Die Landschaft, der typische Menschenlag – sie kann das alles wunderbar einfangen. Das Team um Klaudia, die aus dem Ruhrgebiet kam, hat sich im Lauf der Zeit zusammengerauft. Das war nicht immer ganz einfach und ab und zu spürt Klaudia immer noch gewisse Vorurteile. Das mag auch daran liegen, dass sie zur Zeit die Dienststelle leitet, da der Chef auf Fortbildung ist. Das macht Klaudia noch mehr Druck als sonst.

Der Plot ist spannungs- und temporeich. Je mehr sie die Ermittler mit den Opfern auseinandersetzen, umso mehr weisen die Hinweise auf die Vergangenheit. Dazu kommen die internen Probleme, die man aus Klaudias früheren Fällen kennt. Sie ist ja kein einfacher Charakter und ich habe auch ein – zwei Bände gebraucht, bis ich mit der Figur so richtig warm geworden bin. Inzwischen schätze ich ihre Eigenarten, sie bilden einen reizvollen Gegensatz zum romantischen Spreewald. Aber auch die anderen Charaktere sind schön ausgestaltet, manchmal ein wenig verschroben, aber immer wirken sie echt.

Bewertung vom 11.04.2021
Lockvogel
Prammer, Theresa

Lockvogel


gut

Der Freund von Schauspielschülerin Toni ist verschwunden, zusammen mit Schmuck und dem kompletten Barvermögen, dass Toni für ihre Großmutter verwaltet. Sie will deshalb auch nicht die Polizei einschalten, sonst erfährt die Großmutter von der prekären Lage. Sie sucht deshalb Privatdetektiv Brehme auf. Der hat auch schon bessere Tage gesehen, ist gesundheitlich angeschlagen und seine Detektei steht kurz vor dem Aus.

Zufällig sucht auch gerade Sybille Steiner, die Gattin eines angesehenen Filmregisseurs seine Hilfe. Auf einer High Society Party kam ein Aushilfskellner zu Tode, offensichtlich kein Unfall. Der junge Mann hat sich eingeschlichen um Steiner sein Drehbuch zu zeigen. Außerdem fürchtet Frau Steiner, dass ihr Mann erpresst wird. Einige Tagebuchauszüge scheinen zu beweisen, dass Steiner für die Vergabe von Rollen Gefälligkeiten von den jungen Schauspielerinnen verlangt. Ein Desaster, wo die Me-Too –Debatte gerade hochkocht.

Da Toni kein Geld für Brehmes Honorar hat, mimt sie für ihn den Lockvogel, um in sich in das Umfeld von Regisseur Steiner einzuschleichen.

Da findet sich ein außergewöhnliches Ermittlerduo zusammen. Brehme, immer kurz vor einem Herzinfarkt und die etwas naive und mitunter tollpatschige Toni. Im Laufe der Handlung wachsen sie zu einem echten Team zusammen. Das zu verfolgen machte mir Spaß.

Der Fall schien mir sehr konstruiert und ich vermisste auch die durchgehende Spannung. Neben den gelungenen gezeichneten Ermittlern fielen die Protagonisten ab. Sie blieben blass und eindimensional. Als Ausnahme von Fernanda, der jungen Polizistin und Ex-Kollegin von Brehme, die ihm auch nach seinem Ausscheiden bei der Polizei, verbunden blieb.

Die zwei Handlungsstränge – die Erpressung und der Mord an dem jungen Drehbuchschreiber – kreuzen sich immer wieder, auch wenn es dauert bis Toni und Brehme eine Verbindung finden. Sprachlich fand ich das Buch ganz gelungen, die Filmwelt wird gut dargestellt. Das ist auch zu erwarten, arbeitet die Autorin schließlich auch als Regisseurin und Schauspielerin.

Insgesamt ein solider Krimi, von dem ich mir allerdings mehr versprochen habe, da ich die Autorin bereits von ihren Fiore-Krimis kannte.

Bewertung vom 10.04.2021
Böse Wetter
Knolle, Gesa

Böse Wetter


sehr gut

Tief im Erzgebirge finden Geocacher zwar nicht den versteckten Cache, sondern eine menschliche Hand. Da sie von einem jungen Polizeibeamten stammt, der nach einem unerklärlichen, gewalttätigen Ausraster im Wald verschwand und seitdem vermisst wird, kommt die BKA Sonderermittlerin Hannah Stein ins erzgebirgische Aue. Was war der Auslöser für diesen Vorfall des sonst so als schüchtern und zurückhaltend bekannten Dennis? Aber nicht nur das findet Hannah Stein seltsam, auch das Verhalten der Auer Kollegen ist eigen und die düsteren Geschichten, die sie übers Erzgebirge und die verborgenen Stollen hört, sind doch sicher nur Sagen?

Das Erzgebirge für einen Crime Noir? Gesa Knolle hat jedenfalls sehr gekonnt für die entsprechend düstere und geheimnisvolle Atmosphäre gesorgt. Da kommt der Leser sofort in die richtige Stimmung und hält Tiere, die sich plötzlich sehr seltsam verhalten, für dunkle Omen. Diese mystische Stimmung wird auch von einigen Personen, mit denen es Hannah Stein zu tun bekommt, verstärkt. Aber davon lässt sich Hannah nicht beirren, die Vorkommnisse haben einen sehr realen und gefährlichen Hintergrund, denn der Drogenhandel ist im Grenzgebiet immer präsent.

Die Charaktere hat sich die Autorin auch sehr vielschichtig ausgedacht, sie sind sehr lebensecht gezeichnet, egal ob Beamte, deutschnationale Motorrad-Rocker oder eingefleischte Aue-Fans, für die Fussball Lebensanschauung ist. Oft führen die Ermittlungen auch über die nahe tschechische Grenze, gut dass Hannah Stein sich auf den tschechischen Beamten Novak verlassen kann, vielleicht mehr als auf die eigenen Kollegen? Hannah Stein hat mir als Ermittlerin sehr gut gefallen, sie ist eine typische Einzelgängerin, die sich nicht anbiedert und Strukturen in der Dienststelle, die von langjährigen Freund- oder eher Seilschaften geprägt ist, kritisch sieht. Das macht die Zusammenarbeit natürlich nicht unbedingt einfach.

Wenn ich bisher das Erzgebirge eher mit hübschen Holzspielzeug und weihnachtlichen Bräuchen in Verbindung gebracht habe, wird mir mit diesem spannenden Krimi auch eine andere Seite gezeigt.

Bewertung vom 09.04.2021
Frostmond
Buchholz, Frauke

Frostmond


sehr gut

Immer wieder werden entlang des Transcanada Highways ermordete junge Frauen gefunden, überwiegend Indigene, keines dieser Verbrechen wurde aufgeklärt. Es scheint keine große Priorität bei den Ermittlungsbehörden zu haben. Als ein junges Mädchen tot gefunden wird, schaltet sich die Presse ein und auf diesen Druck hin, werden provinzübergreifende Ermittlungen angestellt. Ted Garner, ein kühler, analytischer Beamter aus dem englischsprachigen Teil Kanadas und Jean Baptiste Leroux, emotional und moralisch ungefestigt, werden zum Team wider Willen.

Sie können die Identität des jungen Mädchens klären, stoßen aber im Reservat auf Misstrauen und Ablehnung. Wer kann es den Stammesangehörigen verdenken, haben sie doch immer unter Vorurteilen und Rassismus zu leiden.

Leon, der Cousin der toten Jeanette, macht sich auf eigene Faust nach Montreal auf, um die Mörder seiner Verwandten zu finden.

Ein spannender und vielschichtiger Kriminalroman. Ich habe mit großem Interesse die kulturellen und gesellschaftlichen Hintergründe verfolgt, die die Autorin kenntnisreich in den Fall einbettet. Man merkt, dass sie vieles aus eigener Anschauung kennt. Vor allem die Trostlosigkeit, die Armut und der verbreitete Alkoholismus in den Reservaten, eine Folge der fortdauernden Unterdrückung und Entwurzelung der Stämme der First Nations, schildert die Autorin realistisch und engagiert.

Das Ermittlergespann konnte mich allerdings nicht überzeugen, besonders LeRoux, der sich in der Szene der Stripclubs und Bordelle eher vergnügt, als ermittelt, blieb mir zu plakativ. Die Sprache ist bildreich und der Ton der beiden Ermittler mitunter derb, das fand ich durchaus stimmig. Besonders im letzten Drittel, wenn Leon seinen Rachefeldzug führt, wird Action und Tempo noch einmal gesteigert.

Über das Leben der indigenen Völker im heutigen Kanada, ihrer fortwährenden Diskriminierung und Ausgrenzung, habe in diesem informativen Krimi sehr viel erfahren.

Bewertung vom 07.04.2021
Tod zwischen den Meeren
Dick, Ilka

Tod zwischen den Meeren


ausgezeichnet

Eine Erkrankung führte bei Hauptkommissarin Marlene Louven zur vollständigen Ertaubung. Nach langer Reha und nun mit Cochlea Implantaten ausgestattet, kehrt sie zu ihrer Dienststelle zurück. Zum Wiedereinstieg soll sie sich ungelöste Fälle noch einmal vornehmen und stößt ziemlich schnell auf einen Vermisstenfall, bei dem ihr Bauchgefühl anschlägt. Eine junge Frau verschwand spurlos auf Amrum, es wurden keine Erpresserforderungen gestellt, auch ihre Leiche wurde nie gefunden. Gemeinsam mit Teamkollege Fährmann rollt Marlene diesen Fall neu auf.

Hier haben wir nun eine Kommissarin, die nicht nur die Vorurteile gegen Frauen bei der Polizei kennt, die es besonders in der Provinz immer noch gibt und die sich darüber hinaus noch mit einem Handicap behaupten muss. Das macht vor allem die Hauptfigur sehr intensiv. Die Autorin, die sich auch auch beruflich mit dem Thema Hörschädigung befasst ist, lässt dieses Wissen sehr gekonnt einfließen. Das fand ich sehr interessant, weil Marlene Louven in fast jeder Situation, ob Befragung oder Gruppengespräch anders reagieren muss, als ihre Kollegen. Hintergrundgeräusche, Lärmpegel, undeutliche Sprecher – das alles fordert ihre besondere Konzentration – und nicht immer wird mit Akzeptanz reagiert. Mit Simon Fährmann hat sie einen Kollegen an der Seite, der sehr gut damit umgehen kann, ganz im Gegensatz zu manchen anderen Mitarbeitern.

Der Plot entwickelt sich anfangs eher langsam, auch ich habe lange im Dunkeln getappt, in welche Richtung sich der Fall drehen würde. Aber je tiefer die Kommissarin vordringt, umso spannender und temporeicher wurde die Geschichte. Wie sie kleine Ungereimtheiten verknüpft und daraus erste reale Spuren und Verdachtsmomente zusammenbringt, war wirklich faszinierend.

Als zweiten Handlungsstrang werden immer wieder kurze Kapitel eingestreut, die sehr eindringlich die Gedankenwelt des unbekannten Täters beleuchten und nochmal die Spannung erhöhen.

Es ist mein zweiter Fall mit Marlene Louven, der mir genau so gut wie der erste Band gefallen hat. Die Hauptkommissarin beginnt allmählich ihre Implantate als Teil ihres Lebens zu akzeptieren und denkt nicht mehr ständig daran, wie ihre spontane Aktion im Finale des Krimis beweist.

Das war ein sehr fesselnd geschriebener Küstenkrimi, der sich besonders durch die vielschichtig gezeichneten Protagonisten von der Masse abhebt.

Bewertung vom 06.04.2021
Fertig ist die Laube / Online-Omi Bd.15 (eBook, ePUB)
Bergmann, Renate

Fertig ist die Laube / Online-Omi Bd.15 (eBook, ePUB)


sehr gut

Renate Bergmann ist die Online-Omi, die mit 80 die Freuden des „Interweb“ kennengelernt hat und seit dieser Zeit ihre wachsende Fangemeinde mit Alltagsweisheiten, Haushaltstipps und Ratschlägen für’s Leben begeistert.

Hinter Renate Bergmann aus Spandau steckt der nicht minder erfolgreiche Buchautor Torsten Rohde, der mit seinem Alter Ego die Bestsellerlisten stürmt.

Nun verlegt sich Renate aufs Gärtnern, ich ganz freiwillig, aber ihre Freundin Gertrud braucht Hilfe, weil Lebensgefährte Gunter ins Krankenhaus und anschließend in die Reha musste. In dem Alter kann sich das schon mal ziehen und solange kann Gunter den Schrebengarten nicht alleine lassen. Dafür sorgt schon der Platzwart, der gern mal die Hecken und Rasenhöhe mit dem Lineal nachmisst.

Ach was wartet da für Arbeit auf Renate, aber sie wäre ja nicht die gewitzte Omi, wenn sie nicht wüsste, wie man so einen Schrebergarten mit Unterstützung der tüchtigen Nachbarn und ein paar Jugendlichen auf Sozialstunden wieder in Schuss bekäme.

Das Rezept ist einfach und funktioniert auch bei diesem Band wieder recht prächtig. Natürlich bekommt der eine oder andere Gag inzwischen Bart und man hat es auch schon in den vorhergehenden Bänden gelesen. Aber eine Kleingartenkolonie ist halt ein besonderes Biotop und Omi Renate so liebenswert, dass man ihr auch gern bei Wiederholungen zuhört. So ist es ja auch im echten Leben mit der Omi, nicht wahr.

3,5 Sterne die ich extra für Omi aufrunde.

Bewertung vom 04.04.2021
Pension Herzschmerz
Below, Christin-Marie

Pension Herzschmerz


gut

Eine beste Freundin ist wie eine Laterne am Weg. Sie macht ihn zwar nicht kürzer, aber heller.

Wenn eine gute Freundin Liebeskummer hat hält man zusammen. Das gilt auch für Lou, als Anna ihre Hilfe braucht. Nur ihr Freund Nils kann das nicht ab, denn er verlangt Louises komplette Aufmerksamkeit und tönt sofort „sie oder ich“. Dann doch lieber sie – und weil die dritte im Bunde grade auf Norderney Hilfe nach einem Beinbruch braucht, steht einem Inselaufenthalt nichts im Weg. Die prickelnde Seeluft bringt eine Geschäftsidee: Eine Pension für alle, die nach Liebeskummer eine Auszeit brachen und schon ist die „Pension Herzschmerz“ geboren.
Ein Wohlfühlroman für Frauen – so wird der Roman beworben und das ist er auch. Nicht über Logik nachdenken, sondern einfach nur genießen. Das alles wunderbar glatt geht und gleich auch schon die neue Liebe um die Ecke lugt, ist selbstverständlich. Bei Sonne und Meer bleibt das natürlich nicht aus. Das ist sehr nett geschrieben und wirklich leicht zu lesen. Die Autorin schreibt locker und bringt die Inselatmosphäre auch prächtig rüber. Für mich wäre es die ideale Strandlektüre oder in diesen Zeiten genau das Richtige für ein paar entspannte Stunden auf dem Balkon.
Das Buch folgt den Phasen der Trauerbewältigung: Schock – Begreifen – Wut – Trauer und Sehnsucht – Heilung. Aber für die Freundinnen ist das im Lauf einer Woche bewältigt. Ich hatte nach der Beschreibung schon einen leichten Sommerroman erwartet, auch das wirklich gelungene Cover weist in diese Richtung, aber ein paar Klischees weniger hätten auch nicht geschadet.
Nichts desto trotz, war es eine nette Unterhaltung.

Bewertung vom 03.04.2021
Rieslingmord / Elwenfels Bd.3
Habekost, Britta;Habekost, Christian

Rieslingmord / Elwenfels Bd.3


ausgezeichnet

Wenn Carlos Herb, der Ex-Polizist und nun Privatermittler, von der Bildfläche verschwinden muss, bietet sich das Pfälzer Weinörtchen Elwenfels an. Ein Fall hat ihn vor einiger Zeit zum ersten Mal dorthin gebracht und seitdem ist für ihn alles anders geworden. Als er nun wieder in Elwenfels steht, auf der Flucht vor der Mafia, der er zu nahe kam, wundert er sich über eine Grüppchen Yogi-Jünger, die sich um ihre spirituelle Führerin Amana scharen. Aber auch die Pfälzer Urgesteine trinken jetzt Yogi-Tee statt Schorle aus dem Dubbeglas.

Und ausgerechnet Charlotte scheint ein Auge auf einen der Yogis zu werfen. Das allein macht Carlos schon misstrauisch, als dann ein Mitglied der Gruppe von einem Felsen stürzt, Amana spricht von Suizid, beginnt Carlos ein bisschen tiefer zu graben.

Endlich ist er da, der dritte Band aus der Elwenfels-Krimi-Reihe. Diese Bücher haben einen gewissen Suchtfaktor. Dieser genialen Mischung aus Märchen, Krimi und Magie kann ich nicht widerstehen. Vielleicht weil dieses Elwenfels ein Sehnsuchtsort ist, der nie auf der Landkarte gefunden werden kann.

Britta und Christian Habekost haben mit ihren Büchern den unterhaltsamen Regionalkrimis noch eine ganz besondere Facette hinzugefügt und damit ein Alleinstellungsmerkmal. Ihre menschlichen und tierischen – ich denke da an den Fuchs Barbarossa – Protagonisten sind allesamt ganz besondere Charaktere. Manchmal nicht ganz von dieser Welt, aber immer Pfälzer Urgesteine, offen und herzlich. Ich könnte mir keine besseren Botschafter für die Pfalz vorstellen, als die Habekosts.

Und sie beherrschen auch die komisch-satirische Seite, die diese Krimis unverwechselbar machen. Die Gags sitzen und ihre Plots sprühen vor Ideen.

Bevor ich jetzt aber weiter schwärme – einfach lesen!

Bewertung vom 01.04.2021
Bittersüße Zitronen / Capri-Krimi Bd.2
Ventura, Luca

Bittersüße Zitronen / Capri-Krimi Bd.2


gut

Als Enrico Rizzi von einem nächtlichen Einsatz heimkehrt, wird er zufällig Zeuge eines Autounfalls, eine Ape kommt mit hoher Geschwindigkeit von der Straße ab und stürzt die Böschung hinab. Als Rizzi das Wrack erreicht, kann die Fahrerin nur noch „kein Unfall“ sagen, bevor sie an ihren Verletzungen verstirbt. Rizzi kennt sich mit Apes aus, schließlich gehört dieses praktische Gefährt zu jedem italienischen landwirtschaftlichen Betrieb und Rizzi hilft viel auf dem elterlichen Hof. So erkennt er schnell, dass das Fahrzeug manipulierte Bremsen hatte.

Elisa Constantini ist die Tote, die zusammen mit ihrer Schwester eine große Zitronenplantage leitet, die ihre Früchte traditionell der Limoncello-Fabrik der Familie Bellini liefern, aber die Schwestern haben neue Pläne.

Landschaft, Landschaft, Landschaft! Das ist das hervorstechenste Merkmal dieses Capri-Krimis. Ventura beschreibt einen Sehnsuchtsort mit allen Attributen, die man sich vorstellt. Wunderbar blaues Meer, herrliche Küsten, Sonne und Vegetation und über allem der Duft des Mittelmeers. Das kann in diesen Zeiten fast schon eine kleine Reise ersetzen.

Für meinen Geschmack kam die Krimihandlung darüber ab und zu ins Hintertreffen. Rizzi ist ein fähiger Polizist, fast verschwendet an die kleine, untergeordnete Dienststelle in Capri, aber er widersteht der Abwerbung aus Neapel. Mit seiner Kollegin, Antonia Cirillo, die wegen einer Verfehlung in den Süden versetzt wurde, bildet er ein gutes Team. Chef Lombardi mischt sich zwar gern ein, kann aber von Rizzi immer mit ein paar Schmeicheleinheiten abgelenkt werden.

Zwei Familien, seit Generationen verbunden – in Süditalien ergibt das oft schon den Hintergrund für Kriminalfälle. Rizzi und seine Kollegin beschäftigen sich also mit der Geschichte der beiden Familien und merken schon bald, dass da nicht nur Harmonie herrschte.

Ventura ist ein italienisch klingendes Pseudonym eines deutschen Autors und er weiß, wie er seine Leser unterhalten kann. So ist sein zweites Buch, die „Bittersüßen Zitronen“ wieder ein flott lesbarer, unterhaltsamer Cosy-Crime.

Bewertung vom 01.04.2021
Fritz und Emma
Leciejewski, Barbara

Fritz und Emma


sehr gut

Fritz und Emma kennen sich seit ihrer Kindheit und schienen von Anfang an füreinander bestimmt. Doch dann kam der Krieg und als Fritz in ihr Dorf Oberkirchbach zurückkehrt, ist nichts mehr so, wie es war.

Emma hat auf ihn gewartet und war überglücklich, Fritz wieder gesund in die Arme schließen zu können, sie wollten doch heiraten. Doch gesund ist Fritz nur körperlich, seine Seele hat großen Schaden genommen.

In Oberkirchbach, viele Jahrzehnte später, versucht Marie, die Frau des neuen Pfarrers heimisch zu werden. Das ist nicht ganz einfach, das Dorf scheint gespalten, im Zentrum die alten Bewohner und im Neubaugebiet die jungen Familien, aber es gibt kein Miteinander mehr. Ein Dorffest soll es richten, wenn da nicht die zwei unversöhnlichen Einwohner wären: Emma und Fritz, die nie wieder ein Wort gewechselt haben.

Das Buch ist eine Liebesgeschichte, eine traurige und tragische dazu, aber es ist auch eine Geschichte vom Verschwinden der Dörfer. Wenn das Dorfzentrum stirbt, es keine Geschäfte und kein Wirtshaus mehr gibt, bleiben nur noch die Kirche und der Friedhof. Auch Neubaugebiete bringen kein Leben in die Dorfstruktur und die meisten Menschen, die jungen, genau wie alten, leben nebeneinander her.

In dieser Geschichte hat mir ganz besonders die junge Pfarrersfrau Marie gefallen, die mit ihrem Mann gleich noch ein Stück vom Beruf geheiratet hat. Denn an „Frau Pfarrer“ sind große Erwartungen geknüpft. Für alle eine offenes Ohr, in den Vereinen präsent und unbezahlte Seniorenberaterin soll sie auch noch sein. Kein Wunder, dass sie mit der Rolle hadert. Die Autorin schildert das Ankommen und Heimischwerden auf eine mitreißende Art und ihr gelingt die Verknüpfung zwischen der alten Liebesgeschichte und dem heutigen Handlungsstrang. Beide sind warmherzig erzählt, der Stil der Autorin gefiel mir außerordentlich gut.

Ihr gelingt auch noch eine kleine Hommage an das Dorf, ich konnte es mir gut vorstellen und gleichzeitig kamen auch die Erinnerungen an das Dorf meiner Kindheit hoch, dessen Schicksal dem von Oberkirchbach gleicht – nur dass es keine Marie gibt.

Die Autorin ließ auch wichtige Themen einfließen: die Kriegstraumata, die damals nicht erkannt und behandelt wurden, der Umgang mit Ostflüchtlingen und in der Gegenwart der Strukturwandel der Dörfer. Das alles gelingt mir mit Empathie und Herzenswärme und so ist der Roman von der ersten Seite an ein ganz besonderer Lesegenuss.