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Bellis-Perennis
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Wien

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Insgesamt 828 Bewertungen
Bewertung vom 29.04.2024
SALZ MACHT KULTUR
Pfeiffer, Wilma;Stelzle, Walter

SALZ MACHT KULTUR


sehr gut

Das Autoren-Duo Wilma Pfeiffer und Walter Stelzle geht der Geschichte von 3.000 Jahren Salzgewinnung zwischen Bad Reichenhall (D) und Bad Ischl (Ö) nach.

In den drei großen Abschnitten erfahren wir Wissenswertes über das Salz an sich, seinen Abbau und die politische wie wirtschaftliche Bedeutung des „Weißen Goldes“ für die Region(en):

Salz und Wissen
Macht und Wege
Kultur und Geschichte

Es ist kein Zufall, dass der Titel mehrdeutig gelesen werden kann. Zum einen als drei gleichrangige Nomen SALZ. MACHT. KULTUR in Versalien geschrieben oder zum anderen als eigenständiger Satz „Salz macht Kultur.“ Ohne Salz kein Geld, ohne Geld ka Musi (sprich Kultur). Davon leben zahlreiche Fremdenverkehrsorte ob als Kurort oder „Europäische Kulturstädte 2024“. Nicht immer zur Freude der Einheimischen, aber wenn es in der Kassa klingelt, sieht man über diese Unbill häufig hinweg.

Wir dürfen den Autoren auf ihrer mit Anekdoten und Geschichten rund ums Salz gespickten Kulturreise folgen und erfahren dabei viel Wissenswertes, das vielleicht auch bereits bekannt ist.

Zahlreiche Abbildungen sowie Ausflugstipps ergänzen diese Spurensuche nach dem „Weißen Gold“ von dem schon Cassiodor (485-580 n. Chr,) gesagt hat

„Auf Gold kann man verzichten, nicht aber auf das Salz.“

Fazit:

Ein gelungener Streifzug durch 3.000 Jahre Salzgewinnung rund um Inn und Salzach, dem ich gerne 4 Sterne gebe.

Bewertung vom 29.04.2024
Die Festplatte
Freund, Eugen

Die Festplatte


gut

Dieser Krimi ist an eine wahre Begebenheit, die ein schräges Licht auf die damalige österreichische Bundesregierung unter Sebastian Kurz wirft, nämlich die „Schredder-Affäre“, angelehnt. Aber das war es dann auch schon.

Die Fakten: Ein Mitarbeiter des Bundeskanzleramtes hat drei Festplatten mit vermutlich brisantem Inhalt zu einer auf Vernichtung von Daten spezialisierten Firma gebracht. Blöderweise hat er „vergessen“ die Rechnung zu bezahlen und, obwohl er höchstpersönlich die Festplatten abgegeben hat, einen falschen Namen angegeben. Was auf den Harddiscs enthalten war, ist nach wie vor unklar.

Aus diesen Zutaten hätte sich ein fesselnder Krimi entwickeln lassen, hätte. Denn das, was Journalist Eugen Freund hier vorlegt, ist nur ein müder Versuch, einen Politkrimi zu schreiben.

Die Ausgangssituation in diesem Krimi ist entfernt an die Wirklichkeit angelehnt: Erich, ein Kabinettsmitarbeiter soll drei Festplatten mit kompromittierendem Inhalt vernichten lassen. Doch zuvor zieht er noch eine Kopie, um sie Bülent, einem befreundeten Journalisten zu übergeben. Allerdings hat Erich die Rechnung ohne den Wirt, in Form finsterer Mächte gemacht, die zwei Agenten aussenden, um Erich die Festplatte abzunehmen. Der Coup in einer einsamen Hütte in einem Kärntner Wald misslingt, Erich ist tot und Bülent kommt in Besitz des begehrten Objektes.

Wird es dem Journalisten gelingen, den Inhalt der Festplatte zu entschlüsseln? UNd wer sind die Drahtzieher?

Meine Meinung:

Leider hat mich dieser Krimi nicht wirklich überzeugt. Wie schon bei seinem Buch „Tod eines Landeshauptmanns“, der den Unfalltod von Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider als zentrales Thema hat, ist auch „Die Festplatte“ ein Mix aus verschiedenen Genres wie Krimi, Roman und Agententhriller mit einem Aufhänger eines realen Geschehens. Man erkennt sofort, dass Eugen Freund Journalist ist, der für gewöhnlich Sachbücher schreibt. Die Charaktere wirken flach und blass. Spannung wollte dabei auch keine so recht aufkommen.

Ziemlich unglaubwürdig, dass Journalist Bülent zufällig (???) eine Mitarbeiterin des britischen Geheimdienstes MI5 kennengelernt hat, die ihm bei der Entschlüsselung der Daten helfen soll. Ja, Österreich war und ist ein Tummelplatz ausländischer Geheimdienste, aber so provinziell? Okay, der Bleiburger „Wiesenmarkt“ hat eine Jahrhunderte alte Tradition und die Nähe zum ehemaligen Jugoslawien eröffnen einige Gedankenspiele, aber so richtig bekannt ist er außerhalb Kärntens nicht.

Man merkt, dass Eugen Freund Kärntner ist, den ein Teil der Handlanger der Schurken kommt aus dem ehemaligen Jugoslawien, zu dem einige Kärntner nach wie vor ein gespaltenes Verhältnis haben.

Ich mag Krimis, die wahre und heiße innenpolitische Themen enthalten. Allerdings gibt es zahlreiche Autoren, die das besser können. Nun ja, ich bin versucht zu sagen „Freund (Schuster), bleib bei deinen Leisten und schreib' weiter Sachbücher“.

Das Buch ist im renommierten Klagenfurter Wieser-Verlag als Hardcover mit Lesebändchen erschienen.

Fazit:

Für diesen Krimi, der die jüngere Zeitgeschichte der österreichischen Innenpolitik und eine erfundene Reportage miteinander zu verweben versucht, kann ich mit aller Nachsicht nur 3 Sterne vergeben.

Bewertung vom 29.04.2024
Salzkammerblut
Hager, Dagmar

Salzkammerblut


ausgezeichnet

In ihrem zweiten Krimi dieser Reihe lässt Dagmar Marie Giesinger, ihres Zeichens Landärztin, beim feucht-fröhliche „Liachtbratlmontag“ auf der Katrin, dem Bad Ischler Hausberg, über die Leiche von Hubert Holzinger stolpern. Der umtriebige Kulturmanager liegt verbrannt auf dem Griller der Almhütte.

Natürlich übernimmt Ben Achleitner, Ermittler beim LKA und Ex-Freund von Marie wieder die Ermittlungen. Noch ist völlig unklar, was passiert ist. Rund 80 Personen sind zu befragen. Doch dann stellt sich heraus, dass ausgerechnet Hannes Reiter, ein junger Mann, der wegen eines tödlichen Autounfalls im Gefängnis gesessen hat und als Hilfskraft beim Liachtbratlmontag beschäftigt war, verschwunden ist.

Wenig später gibt es einen weiteren Toten: Der berüchtigte Linzer Anwalt Theo Pühringer liegt unterhalb des Hallstätter Skywalk. Ist er gesprungen oder gestoßen worden?

Die Ermittlungen gestalten sich als schwierig, denn Filomena, Maries Sprechstundenhilfe, die vielleicht ein wenig Licht ins Dunkel bringen könnte, glänzt durch Abwesenheit.

Hängen die beiden Todesfälle zusammen? Wenn ja, wie? Immerhin kannten sich die beiden Männer.

„Möglich. Aber ich glaube das nicht. Das ist hier das Salzkammergut und nicht New York, wo an allen Ecken und Enden etwas passiert.

Ben Achleitner, der ja die Mentalität der Bewohner des Salzkammerguts recht gut kennt, da er ja selbst einer ist, trägt Mosaiksteinchen für Mosaiksteinchen zusammen, bis sich eine, wenn auch überraschende, aber stimmige Auflösung ergibt.

Meine Meinung:

Dagmar Hager ist es wieder sehr gut gelungen, die Schönheit des Salzkammerguts einzufangen. Die Beschreibung der Landschaft macht Lust, Berge wie die Katrin zu erwandern oder an den Salzkammergutseen die Seele baumeln zu lassen.

Die Autorin legt zahlreiche Spuren, die nicht immer weiter oder gar ans Ziel führen. Der Schreibstil ist flott und der Krimi lässt sich gut lesen.

Die Charaktere sind recht gut gezeichnet. Gut beschrieben ist das Schweigen der Bewohner, das manchmal an die Omertà in Sizilien oder Korsika erinnert. Alte Familiengeschichten und Dramen, die lieber unter den Teppich gekehrt werden, machen den Ermittlern das Leben schwer.

Diesmal darf Filomena, Maries Sprechstundenhilfe, eine wichtige Rolle spielen und enthüllt eines ihrer zahlreichen Geheimnisse.

Die Ereignisse werden aus mehreren Perspektiven erzählt. Jedes Kapitel hat einen Dialektausdruck als Überschrift. Aber keine Sorge, der wird gleicht anschließend erklärt.

Fazit:

Gerne gebe ich dieser gelungenen Fortsetzung, die menschliche Abgründe offenbart, 5 Sterne.

Bewertung vom 28.04.2024
Gabriele Tergit. Zur Freundschaft begabt
Henneberg, Nicole

Gabriele Tergit. Zur Freundschaft begabt


ausgezeichnet

Nicole Henneberg beleuchtet in einer beeindruckenden Biografie Leben und Werk einer der interessantesten Autorinnen der Weimarer Republik.

Gabriele Tergit wird als Elise Hirschmann am 4. März 1894 in eine jüdische Berliner Familie geboren. Schon während ihrer Studienzeit, sie ist eine der ersten Studentinnen an der Berliner Universität, legt sie sich das Pseudonym Gabriele Tergit zu (ein Anagramm aus dem Wort "Gitter"). Unter diesem Namen schreibt sie ihre Artikel und später ihre Romane. Seit 1915 schreibt sie Feuilletons, Reiseberichte und Glossen. Die Straßen Berlins bieten dafür überreichlich Stoff. 1925 wird sie, als erste Frau, beim Berliner Tageblatt fix angestellt und bald eine berühmte Reporterin. Ihre Spezialität sind Gerichtsreportagen. Dabei kann sie das Milieu, in dem die Nazis heranwachsen, aus nächster Nähe beobachten. Als sie dann im Jänner 1932 ihre Meinung bei einem Bericht nicht zurückhalten kann,wird sie, laut Goebbels, "die miese Jüdin" zur erklärten Feindin der Nazis.

Mit der Machtübernahme der Nazis 1933 endet ihre Karriere frühzeitig. Gabriele Tergit geht nach London ins Exil. Nach dem Krieg kann sie an ihre früheren Erfolge nicht mehr anschließen und wird, wie viele andere, zu einer der zu Unrecht Vergessenen.

Fazit:

Gerne gebe ich dieser lebendigen und penibel recherchierten Biografie einer beeindruckenden Frau, die zu Unrecht fast vergessen worden ist, 5 Sterne.

Bewertung vom 28.04.2024
Endstation Rursee
Müller, Olaf

Endstation Rursee


ausgezeichnet

Endstation Rursee ist der siebte Krimi von Olaf Müller um Kommissar Michael Fett von der Kripo Aachen, der schon mehrere Partner an seiner Seite hatte. Diesmal ist wieder Daniela Conti, sein „italienischer Schatten“ wie man sie gemeinhin nennt, mit von der Partie.

Worum geht’s?

Zunächst einmal findet man eine Tote in einer Pferdebox des bekanntesten Reiterhof Aachens. Dann gerät eine Lektorin in Panik, weil man eine ihrer drei Katzen entführt hat und ein Verleger wird unter Druck gesetzt.

Doch damit noch nicht genug!

Fetts Kollegin Chantal Kalumba aus dem belgischen Lüttich berichtet ihm von Hacker-Angriff auf Ampeln und einen Tesla sowie einen angekündigten Anschlag auf die Feierlichkeiten zu Georges Somenons 120. Geburtstag. Fett ist empört, aber nicht weil der (belgische) König dabei sein wird, sondern weil er, Fett, ein erklärter Simenon-Fan ist.

Meine Meinung:

Wer Olaf Müllers Schreibstil kennt, wird die geschliffene und bildhafte Sprache schätzen. Schmunzeln muss ich über die Wortspiele wie „gras“ und „fett“, Maigret und mager. Ich mag auch Müllers Sinn für feine Ironie und schwarzen Humor, der sich so liest:

„Wir kaufen unser WLAN bei Saturn. Ehe wir die Formulare für den Auftrag ausgefüllt haben, sind die bestellten Geräte veraltet.“

Wer kennt die beschwerlichen Beschaffungsvorgängen bei Behörden nicht?

Wir begegnen einigen Charaktere wie Chantal Kalumba aus früheren Fällen, so dass hier eine vertraute Atmosphäre entsteht. Wir Leser dürfen Fett und Conti bei ihren Ermittlungen begleiten.

Zunächst beginnt der Krimi ja eher gemächlich. Erst als herauskommt, dass ein Romanistik-Studium die verbindende Klammer zwischen Opfern und Täter ist, kommt der Krimi so richtig in Fahrt und mündet in einem veritablen Showdown, bei dem die Exekutive alles aufbietet, was laufen, schießen, tauchen und fliegen kann.

Dabei werden die losen Enden elegant verknüpft und die Lösung des Falles ist stimmig.

Gut gefallen hat mir, dass tagaktuelle Themen wie der Überfall Russland auf die Ukraine sowie die Bedrohung durch Cyber-Kriminalität dezent eingeflossen sind.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Krimi, der mich sehr gut unterhalten hat, 5 Sterne

Bewertung vom 23.04.2024
Evas Rache / Paul Stainer Bd.4
Ziebula, Thomas

Evas Rache / Paul Stainer Bd.4


ausgezeichnet

In seinem unwiderruflich (?) letzten Fall für Kriminalinspektor Paul Stainer zieht Autor Thomas Ziebula erneut alle Register.

Im Leipzig des Jahres 1922 werden Kriminalinspektor Paul Stainer und Siegfried Junghans zur Leiche einer blonden Frau gerufen. Es ist der dritte Frauenmord innerhalb kurzer Zeit. Die Zeitungen schreiben bereits von der „Bestie von Leipzig“. Da die Leipziger Technik-Messe kurz bevorsteht, ist Eile geboten, den Täter zu fangen. Dieses Mal stehen die Chancen nicht schlecht, denn der, durch einen Messerstich verletzte, Freund der Toten kann den Täter beschreiben.

In weiteren Handlungssträngen bereitet sich der Münchener Erfinder Prof. Armin Dorn darauf seine neueste Erfindung in Leipzig vorzustellen. Eine Gruppe Spione will eben diese Neuheit in ihre Finger bekommen. Und dann ist da noch Eva-Maria Dorn, die ihren Mann unbedingt auf die Leipziger Technik-Messe begleiten will und deren Leben hier eine unvorhergesehene Wendung nehmen wird.

Soweit die Gemengelage dieses vierten Bandes.

Meine Meinung:

Wie wir es von Thomas Ziebula gewöhnt sind, sind die Charaktere sehr gut herausgearbeitet, die sich auch entwickeln dürfen. Gerade diese persönlichen Veränderungen sorgen im Laufe der Handlung für so manche Überraschung und unerwartete Wendungen.

Der Schreibstil besticht durch geschliffene Dialoge, die der jeweiligen Situation bzw. Personengruppe angepasst sind und straight durch die Handlung führen. Dazu tragen auch die von Eva Dorn geschriebenen Briefe, die man als Einschub lesen kann, bei.

Die Differenzen, die Paul Stainer mit seinem Kollegen Kurt Heinze hat, werden nicht weniger. Bei den Ermittlungen kommt heraus, dass Heinze Gründungsmitglied einer der zahlreichen Ortsgruppen der (aktuell verbotenen) NSDAP ist und seine Verbindungen mehrmals nutzt, um Stainer anzuschwärzen und letztlich auszubooten.

Wie beschreibt das der Polizeidirektor so schön:

„...Doch Kopf hoch, Stainer – nur Männer ohne Profil haben keine Feinde...“

Die politischen Ereignisse wie die Morde an Matthias Erzberger, Philipp Scheidemann und Walther Rathenau durch Mitglieder der Organisation Consul sowie die ersten Anzeichen der Inflation, werden sehr gut in die Handlung eingebunden.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem historischen Krimi, der einen runden Abschluss rund um die Karriere des Kriminalinspektors Paul Stainer bildet, 5 Sterne und Leseempfehlung für die ganze Reihe.

Bewertung vom 22.04.2024
Was der See birgt / Ermittlungen am Gardasee Bd.1
Koppelstätter, Lenz

Was der See birgt / Ermittlungen am Gardasee Bd.1


ausgezeichnet

Mit Gianna Pitti, der Polizeireporterin der Lokalzeitung Messaggero di Riva, eröffnet Lenz Koppelstätter, nach der Reihe rund Commissario Grauner, eine neue Reihe italienischer Krimis. Statt der Täler im Alto Adige, also Südtirol, ist diesmal die Region rund um den Gardasee Schauplatz mysteriöser Vorgänge und Toter.

Worum geht’s also?

Als im Hafen von Riva die Leiche eines jungen Mannes, in dessen Rachen Keramikfische gefunden werden, auftaucht, ist Gianni Pitti-Sanbaldi, eine investigative Journalistin, persönlich betroffen, und verheimlicht das zunächst der Polizei. Solche Fische werden wenig später noch an anderer Stelle auftauchen und deuten auf einen Geheimbund hin.

Da ihr Arbeitsplatz bei der Lokalzeitung Messaggero di Riva wackelt. wittert sie eine große Story und beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Damit ist sie nicht die einzige, denn sowohl ihre Chefin Elvira Sondrini, als auch ihr Onkel, der leicht vergessliche und schrullig wirkende Onkel Francesco Marchese Pitti-Sanbaldi, haben ihre Gründe, ihre Nasen in die Ermittlungen zu stecken. Geht es bei Elvira um handfeste, pekuniäre Motive, um die Zeitung am Leben zu erhalten, so hat Francesco Marchese Pitti-Sanbaldi ein ganz anderes Interesse an diesem Kriminalfall. Sein Bruder und Giannas Vater, der legendäre Investigativ-Journalist Arnaldo ist vor etwa einem Jahr spurlos verschwunden. In welches Wespennest hat er gestochen? Lebt er noch? Und wenn ja, wo?

Und welche Rolle spielt der leitende Staatsanwalt aus Trient, Giorgio Foscolo?

Meine Meinung:

Dieser komplexe Krimi entführt uns zu einem der zahlreichen Geheimbünden, die (nicht nur) in Italien ein Netz an Unterstützern für ihre Sache geflochten haben. Dass es dabei auch um handfeste materielle und höchst politische Interessen geht, ist klar.

Geschickt geleitet Lenz Koppelstätter seine Leser in die wenig bekannte Epoche Italiens rund um den Schriftsteller und faschistischen Politiker Gabriele d’Annunzio (1863-1938), der kurz nach dem Ersten Weltkrieg 1919/20 in Fiume (heute Rijeka/Kroatien) ein eigenes Reich ausgerufen hat. Nach dem Scheitern zieht er sich in seine Villa nach Gardone am Gardasee zurück. Diese Villa ist heute ein Museum und spielt in diesem Krimi ebenso eine wichtige Rolle wie eine andere berühmte Villa, nämlich die Rilke-Villa, die angeblich verkauft werden soll.

Immobilienspekulationen, Korruption und ominöse Geheimbünde - das sind die Zutaten für fesselnden Krimi, die in die Kulisse des Gardasees eingebettet sind. Wie schon in seinen Krimis rund um Grauner und Saltapepe, gelingt es Lenz Koppelstätter erneut, seine Leser zu fesseln.

Die Charaktere sind wieder gut gelungen, denn sie haben alle so ihre Ecken und Kanten. Besonders den schrulligen Francesco Marchese Pitti-Sanbaldi Angehöriger des italienischen Alt-Adels, der sein ungeklärtes Familiendrama auflösen will, habe ich ins Herz geschlossen.

Fazit:

Wer Krimis rund um mysteriöse Geheimbünde mag, ist bei diesem Reihenauftakt richtig und wird bestens unterhalten. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 21.04.2024
Das kleine Buch der großen Risiken (eBook, ePUB)
Thomä, Jakob

Das kleine Buch der großen Risiken (eBook, ePUB)


sehr gut

Autor Jakob Thomä stellt in seinem neuen Buch 26 von ihm ausgewählte Risiken alphabetisch vor. Also von „Atombombe“ bis „Zombies“.

Jedes Kapitel zu einem Risiko beginnt wie folgt:

Das Risiko in einem Satz
Muss ich mir Sorgen machen?

Nach der Risikoanalyse mit erklärenden Worten, die leicht zu verstehen sind, gibt es eine Conclusio als Abschluss.

Meine Meinung:

„Warum es wahrscheinlicher ist, dass wir einem Zombie begegnen, als von einem Hai gefressen zu werden.“

Die meisten Leser der deutschen Ausgabe dieses Buches, werden sich in den DACH-Ländern aufhalten, wo freilebende Haie, aktuell eher selten auftreten. An den australischen Küsten sieht die Statistik vielleicht etwas anders aus. Allerdings ist die Definition von „Zombie“ zu betrachten.

Das Cover des Buches und sein Titel machen neugierig.

Der Schreibstil ist recht flott zu lesen. An manchen Stellen überwiegt der Humor, wobei nicht immer ganz klar ist, ob das nicht doch so etwas wie Galgenhumor ist.

Dem Autor gelingt der Spagat zwischen unterhaltsamer Lektüre und informativen Wissen recht gut. Dazu trägt das bei. Wer sich näher mit einem Thema befassen will, kann dort weiterführende Literatur bzw. die verwendeten Quellen dazu entdecken.

Aufgefallen ist mir, dass es immer wieder Querverweise zu anderen Kapiteln und Risiken, die zuvor schon besprochen wurden, gibt. Sie haben sich bei mir nicht so stark eingeprägt, so dass ich vermutet könnte, dass die Wiederholungen zum Füllen des ohnehin nur etwas mehr als 220 Seiten starken Buches verwendet wird.

Wie hoch das eigene Sicherheitsbedürfnis ist, und wie groß die Angst vor einer dieser aufgezählten Gefahren ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Meine Oma hat immer wieder gesagt: „Zu Tode gefurchten, ist auch gestorben.“ An diesem Aphorismus ist etwas dran. Wer sich diffusen Ängsten ausliefert, wird vor allem und jedem Angst haben. Mich persönlich lassen Zombies oder Matrix ziemlich unberührt, dass einer von den zahlreichen unberechenbaren Regierungschefs auf den Atomknopf drückt, ist auf Grund der aktuellen Weltlage nicht ganz unplausibel.

Fazit:

Eine gelungene Mischung zwischen unterhaltsamer Lektüre und informativer Wissensvermittlung, der ich gerne 4 Sterne vergebe.

Bewertung vom 21.04.2024
Das Fenster zur Welt (eBook, ePUB)
Winman, Sarah

Das Fenster zur Welt (eBook, ePUB)


weniger gut

Der Klappentext und der Beginn klingen sehr vielversprechend:

Der junge Soldat Ulysses und die sechzigjährige Kunsthistorikerin Evelyn begegnen einander 1944 in einem Toskanischen Weinkeller. Die Britische Armee ist auf dem Weg, Europa aus den Klauen des Nazi-Regimes zu befreien. Daneben gilt es, Kunstschätze zu retten.

Doch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges fällt es Ulysses schwer, sich in das East End Londons wieder einzufügen. Wenig später bricht er kurz entschlossen mit einigen Reisegefährten in das Wagnis, ein neues Leben in Florenz zu führen auf.

Meine Meinung.

Leider bin ich mit diesem Buch nicht wirklich warm geworden. Ich habe hier etwas anderes erwartet, nämlich die Rettung der Kunstschätze, die aus den Museen und Kirchen von den NS-Truppen geraubt worden sind. Bekommen habe ich ein weichgezeichnetes Bild der Wirklichkeit, in dem die Beschreibung der wunderbaren Landschaft, den Genuss und die ergreifende Schönheit von Kunst, sehr viel Raum einnimmt, jedoch am echten Leben vorbeigeht.

Das Leben der Protagonisten läuft zunächst, trotz der Bedrohung durch das Kriegsgeschehen fein erzählt, ab. Je weiter der Roman fortschreitet, desto unstrukturierter wirkt die Darstellung des eBooks auf mich. Vor allem gegen Ende des Romans, werden kaum Absätze, geschweige denn Kapitel angeboten. Die 1970er-Jahre rauschen wie im Zeitraffer auf nur wenige Zeilen beschränkt dahin.

Die Charaktere wirken seltsam leblos, sind in ihre eigene Gefühlswelt verstrickt. Ulysses bleibt mir ein ziemliches Rätsel. Obwohl er allen Grund hätte, auf Peg sauer zu sein, macht er keinen reinen Tisch. Er wirkt weder fremd in seiner neuen Heimat Florenz noch besonders aufgeregt, als das Hochwasser von 1966 seine ganze Arbeitsgrundlage zerstört wird. Die Figur war für mich bis zum Ende nicht greifbar und ein wenig blass.

Die Übersetzung aus dem Englischen ist an einigen Stellen nicht wirklich gelungen: "eingedoste Sardinen" oder "ein ganzes Meer an Freundschaften".

Ganz eigenartig finde ich, dass die Einwanderer in Italien mit offenen Armen aufgenommen werden, kaum kulturelle Missverständnisse auftauchen und Sprachbarrieren kaum vorkommen. Das ist wohl die Sicht der etwas abgehobenen Engländer. Die verarmte Bevölkerung der Toskana kommt kaum zu Wort.

Fazit:

Für mich persönlich leider keine Offenbarung, sondern eine stellenweise langweilige Erzählung. Hier kann ich nur 2 Sterne vergeben.

Bewertung vom 14.04.2024
Oliva del Garda
Eigner, Katharina

Oliva del Garda


ausgezeichnet

„Die Häufung von Todesfällen in Rosinas Umgebung ist nicht zu übersehen. Für die Statistik wären ihre Fälle ein gefundenes Fressen; wo immer sie auftaucht, ist das Verbrechen nicht weit. Wir kennen uns zwar seit unserer Schulzeit in Salzburg, trotzdem ist mir ihre magnetische Wirkung auf Kriminalfälle bisher nie aufgefallen. Seit wir allerdings beide am Gardasee leben, lässt ich das nicht mehr ignorieren. Mord und Totschlag, Diebstahl, Raub: Die Kriminalistik umschwirrt meine beste Freundin wie eine Schmeißfliege, stets darauf bedacht, nicht erwischt zu werden.“

Ausgerechnet kurz vor der Trauungszeremonie ihrer Schwester Bianca stürzt sich Ornella Ronchetti vom Felsen der Burg Arco. Die Familie ist felsenfest von einem Selbstmord überzeugt. Rosina Gamper, die seit Jahren die Deckenfreskos auf dem Landgut der Ronchettis restauriert, hegt erhebliche Zweifel. Doch gegen das Gutachten des Polizeiarztes Dottore Elia Fontanelli, das Ornella psychische Probleme bescheinigt, hat sie wenig Argumente.

Die (fiktive) Familie Ronchetti ist keine unbekannte in Italien. Die Familie gehört zu den größten Olivenöl-Produzenten in Norditalien. Sie liefert ihre Produkte sogar in den Buckingham-Palast. Eugenio Ronchetti ist der Patriarch der Familie, die er wie das erfolgreiche Unternehmen mit eiserner Hand führt.

Rosina Gamper beginnt also zu recherchieren, denn der angebliche Selbstmord Ornellas ist nicht der einzige mysteriöse Todesfall in der Familie. Als dann noch Marta, eine Bekannte von Ornella verschwindet, ist Rosina nicht mehr zu halten und stößt auf dunkle Flecken in Eugenios Vergangenheit.

Zu ihrem Leidwesen muss sie diesmal auf ihren charmanten wie attraktiven Ex-Kardinal, Mario Ivic verzichten, der scheint erstens beleidigt und ist zweitens in eigener Sache unterwegs.

Meine Meinung:

Auch in ihrem zweiten Gardasee-Krimi behält Katharina Eigner ihren Erzählstil bei. Dazu gehören die langen Kapitelüberschriften inklusive einer Kurzzusammenfassung der Geschehnisse, die vielleicht nicht jedermanns Sache sind. Sie können auch überlesen werden. Die Geschichte selbst wird von Cara, Rosinas tolpatschiger Freundin in der Ich-Form erzählt. Cara, eine nicht allzu erfolgreiche Taschendesignerin, lässt sich die Ereignisse rund um Rosinas Recherchen, soweit sie nicht direkt dabei ist, bei einem Glas Limoncello erzählten und notiert diese. Diese Mischung aus selbst Erlebtem und Nacherzähltem gibt dem Buch eine ganz eigene Atmosphäre.

Daneben erfahren wir Leser einiges zum Olivenanbau und Ernte. Wahrscheinlich macht sich kaum jemand von uns Gedanken, wie die vielen Tonnen Oliven geerntet werden. Möglicherweise haben wir die romantisierenden Vorstellung, dass unter jedem Baum feinmaschige Netze ausgebreitet werden und die Bäume solange geschüttelt werden, bis die köstlichen Früchte von den Bäumen fallen. Dass das mitnichten so passiert, sondern dass Erntemaschinen eingesetzt werden, wird hier vermittelt. Diese Erntemethode ist auch der Tod vieler Singvögel, denn es wird des Nächtens geerntet und das Licht der Scheinwerfer blendet die Vögel, die anstatt wegzufliegen, sich starr in den Bäumen zusammenkauern. Ein Grund mehr beim Kauf von Olivenöl auf Nachhaltigkeit zu achten.

Geschickt platziert Katharina Eigner die Hochwasserkatastrophe in Florenz von 1966 bei der Hunderte von freiwilligen Helfer die Kunstschätze der Stadt zu bergen geholfen haben. Dass hierbei das eine oder andere verschwunden ist, ist Stoff für einen eigenen Krimi.

Dieser Krimi kann auch ohne seinen Vorgänger gelesen, denn die Autorin lässt die wichtigsten Ereignisse aus Band eins geschickt einfließen. Allerdings brächte man sich um das Vergnügen, einen Italien-Krimi zu lesen.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Wohlfühlkrimi, der kurzweilige Unterhaltung garantiert und in vor der traumhaften Kulisse des Gardasees spielt, 5 Sterne.