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anushka

Bewertungen

Insgesamt 149 Bewertungen
Bewertung vom 15.11.2009
Eisiges Blut
Masello, Robert

Eisiges Blut


gut

Michael Wilde will den unglücklichen Unfall seiner Freundin verwinden und geht daher bereitwillig auf eine Antarktis-Exkursion um für ein Naturmagazin über das Leben in der Forschungsstation dort zu schreiben. Bei einem Tauchgang zwischen dem ewigen Eis macht er eine gruselige Entdeckung - zwei Körper sind im Eis gefroren.
Eleanor Ames ist eine Krankenschwester bei Florence Nightingale im Jahre 1854. Durch diese Arbeit lernt sie den Adligensohn Sinclair Copley kennen. Copley ist ein Draufgänger, wirbt um Eleanor und freut sich darauf, sich im Krimkrieg beweisen zu können. Doch dort sieht und erfährt er Dinge, die weder ruhmreich noch erstrebenswert sind. All dies führt schlußendlich dazu, dass er und Eleanor zwei Jahre später in der Arktis im Meer versenkt werden.

Den Verlauf der Geschichte konnte ich vom Klappentext her so nicht erwarten. Rezensionen und Meinungen im Internet haben mich allerdings darauf vorbereitet, dass dieses Buch eher eine fantastische als eine Thrillerkomponente hat. Mit diesem Wissen wird auch erst der Vergleich mit Stephenie Meyer verständlich. Allerdings gleicht dieses Buch den Biss-Büchern in keiner Weise.
Zu Beginn beschreibt Masello Details und wissenschaftliche Informationen sehr detailliert und erzeugt damit eine intensive Wissenschaftsthriller-Atmosphäre. Passend zum Wetterwechsel dieses Herbstes konnte der Autor für mich die Kälte der Antarktis spürbar machen und das Forscherleben in der Antarktis-Station faszinierend erscheinen lassen. Auch die Geschichte um Sinclair und Eleanor hat mich gefesselt. Lange Zeit wechselt das Buch zwischen zwei Zeitebenen - der Gegenwart und der Zeit um 1854.
Überraschend war für mich, dass die wendungsgebende und eigentlich zentrale Entdeckung im Eis erst relativ spät im Buch stattfindet. Der Klappentext ließ anderes erwarten. Und dann wird das Buch auf einmal unglaubwürdig und der Schreibstil des Autors ändert sich abrupt. Von den intensiven Beschreibungen ist wenig übrig und die Geschichte wirkt zunehmend auf Action getrimmt. Die wissenschaftliche Hypothese und die Erklärung für Sinclairs und Eleanors Zustand sind zwar ein innovativer Herangang an das Vampirgenre, jedoch ist dies alles nicht ausreichend ausgefeilt und kann durch die Oberflächlichkeit nicht überzeugen. Es wirkt, als würde die Qualität des Buches abbauen und die Leistung des Autors erscheint nicht konstant. Leider ist auch das Ende ab einem gewissen Punkt ziemlich vorhersehbar.
Eigentlich ist es ab ungefähr der Hälfte des Buches schade um die Geschichte, die so vielversprechend begonnen hat, dann aber nicht überzeugen konnte und mich als Leser mit einem unbefriedigenden Leseerlebnis zurückgelassen hat.

3 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.09.2009
Caravaggios Geheimnis
Röhrig, Tilman

Caravaggios Geheimnis


sehr gut

Michelangelo Merisi hat schon in jungen Jahren Glück. Er ist nicht unbedingt das Kind armer und einflussloser Eltern. Zudem hat er schon in Caravaggio mächtige Fürsprecher. Und doch ist Michele nie so richtig zufriedenzustellen. Schon als Kind hat er Probleme mit seinem Jähzorn, die auch sein späteres Leben prägen und aufwühlen sollen. Als Jugendlicher geht er bei verschiedenen bekannten Malern in die Lehre, doch will sich schnell selbständig machen, da sein Malstil von diesen nicht gewürdigt wird und er die Themen und Motive seiner Bilder vorgeschrieben bekommt. Dafür, dass Michele behauptet, ein Maler müsse sehr diszipliniert sein, widerspricht sein Lebensstil dem in allen Aspekten: er ist ungepflegt, legt keinen Wert auf Äußeres, wäscht sich nicht, ist unbeherrscht, jähzornig und leicht zu provozieren. Er säuft, schläft den halben Tag und kann sich auch in seiner Liebe nicht festlegen. Ständig ist er hin- und hergerissen zwischen seinem Liebhaber Mario und seiner Jugendfreundin Paola. Doch all diese Fehler, die ihn zu einem völlig unsympathischen Charakter machen, sind beim Betrachten seiner Kunst vergessen. Michelangelo Caravaggio - wie er sich später selbst nennt, steigt von einem der unzähligen Maler Roms zu einem der größten und gefeiertsten Künstler Italiens auf. Doch seine Eitelkeit bezüglich seines Talents soll ihm immer wieder zum Verhängnis werden.

Röhrig eröffnet die Geschichte mit dem Raub der Nativitá aus einer Kirche in Palermo im Jahr 1969. Von dieser Szene schwenkt er in Caravaggios Kindheit und beginnt hier, dessen Lebensgeschichte zu erzählen. Auch wenn Michele ein völlig unsympathischer Protagonist ist, so muss man doch das Genie anerkennen, das in ihm steckt und ihm das Leben so schwer macht. Bei Röhrigs Schreibstil kann man die Farben fast riechen und den Pinsel fast spüren. Auch die Zeiten und Orte werden absolut authentisch und überzeugend geschildert. Zudem werden die Verhältnisse und auch die Ränke und Intrigen deutlich. Allerdings habe ich mehr mit Paola mitgelitten als mit dem absolut egoistischen Michele. Letzten Endes konnte einem Michele dann aber doch fast leid tun, denn der Autor hat sehr anschaulich gemacht, in welche Spirale aus Gewalt der Künstler sich selbst gebracht hat mit seiner aufbrausenden Art und seinem Jähzorn und die letztlich zu seinem Ende führte. Auch über die völlig neue Kunstrichtung, die Caravaggio begründet hat und für die er zu Lebzeiten noch verhöhnt wurde, habe ich durch dieses Buch viel gelernt. Als die Szene am Ende nach Palermo im Jahr 1969 zurückschwenkte, konnte ich den Schmerz über den Verlust eines derartigen Kunstwerkes selbst spüren und der Gedanke, dass das Gemälde möglicherweise unwiderbringlich zerstört sein könnte, hat mich sehr traurig gemacht, denn solche Kunstschätze lassen sich nie wiederherstellen.
Punktabzüge gibt es für mich allerdings auch, denn das Buch war nicht immer besonders fesselnd oder spannend und an manchen Stellen half nur Geduld. Zudem ging mir Micheles schlechter Charakter auch manchmal auf die Nerven. Außerdem scheint auch bei diesem Buch der herausgebende Verlag in eine Falle getappt zu sein, die mir in letzter Zeit oft auch bei anderen aufgefallen ist: der Klappentext greift viel zu weit vor bzw. lässt völlig andere Erwartungen entstehen. Denn die angekündigte Flucht findet erst auf Seite 414 von 487 statt und wird dementsprechend nur äußerst knapp abgehandelt. Da hatte der Klappentext "mehr" versprochen.

Alles in allem ist dem Autor aber ein guter, fundierter und bodenständiger historischer Roman gelungen, der für Kunstinteressierte noch jede Menge Neues enthält und den Leser in eine vergangene Zeit und das Atelier eines der berühmtesten Barockmaler zu entführen vermag ohne auf billige Effekthascherei angewiesen zu sein.

3 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.09.2009
Die Fehde der Königinnen
Maaser, Eva

Die Fehde der Königinnen


sehr gut

Gleich als erstes vorweg: eigentlich hätte dieses Buch die volle Punktzahl verdient, wenn nicht Titel und Klappentext am eigentlichen Inhalt des Buches vorbeizielen würden.

Brunichild ist eine Tochter Athanagilds, König der Westgoten. Im Jahr 566 wird sie aus politischen Gründen an den Frankenkönig Sigibert I verheiratet. Dieses Buch setzt kurz vor dem Aufbruch ins Frankenland ein. Zu diesem Zeitpunkt ist Wittiges bereits seit zwei Wochen an Athanagilds Hof in Toledo. Da er nur der zweitgeborene Sohn seines Vater war, erbte sein Bruder das Gut und Wittiges muss sein Glück woanders suchen. Doch von einem Edelmann werden auch immer wieder Geldgeschenke erwartet und so ist Wittiges bald pleite. Als er Brunichilds Stute Bella beim Fohlen das Leben rettet, lernt er auch Brunichild kennen und verfällt ihr. So entschließt sich Wittiges, den Brautzug nach Reims zu begleiten, was Brunichild gar nicht recht ist, hat sie doch Wittiges' Hingabe für sich ausgenutzt und nun die Befürchtung, dass ihr kurzes Verhältnis zu ihm bekannt werden könnte. Sie legt ihm viele Steine in den Weg und beide erwartet unabhängig voneinander eine abenteuerliche Reise ... und ein abenteuerliches neues Leben. Brunichild muss zur Königin heranreifen und sich als solche behaupten und Wittiges wird bald in die Garde des Königs aufgenommen und zum Krieger ernannt.

In diesem Buch passiert unglaublich viel. Die Autorin hat auf 477 eng bedruckten Seiten sehr viel Geschichte untergebracht und doch ist sie nur ansatzweise der Beginn der Königinnenfehde und der Auseinandersetzungen im Frankenland. Nach etwas Recherche im Internet bin ich mir sicher, dass sich mit dem weiteren Verlauf der Ereignisse noch mehrere Bände füllen lassen. Dabei ist mir auch bewusst geworden, wie gut recherchiert dieses Buch ist und wie überzeugend die Charaktere dargestellt wurden. Viele der Personen sind tatsächliche historische Figuren und die damalige Zeit ist farbenprächtig, anschaulich und sehr gut vorstellbar dargestellt. Auch Maasers Sprachstil fand ich angenehm und angemessen. Immer wieder gibt es neue Wendungen und die Geschichte wird nie langweilig. Mit Wittiges hat Maaser zudem einen sympathischen Helden erschaffen und der ständige Wechsel zwischen Wittiges' und Brunichilds Perspektive bietet viele Einblicke in die damalige Politik und zahlreiche Intrigen. Allerdings sind sowohl Klappentext als auch Titel irreführend, da Brunichild und Fredegund anfangs noch Freundinnen sind und sich die Feindschaft erst auf den letzten hundert Seiten abzeichnet, als Brunichilds Schwester Gailswintha ins Spiel kommt. Ab diesem Punkt flammt der Bruderkrieg wieder voll auf und beide Frauen, Fredegund und Brunichild, sind aktiv involviert. Das Buch endet an einem Punkt, an dem die Geschichte unmöglich zu Ende sein kann und es wird offensichtlich, dass es einfach weitere Bücher geben muss. Und auf diese freue ich mich schon sehr, denn Maaser konnte mich voll überzeugen und mich für einen Teil der europäischen Geschichte begeistern, für die ich mich von selbst wohl eher weniger interessiert hätte. Faszinierend fand ich auch die zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden Bezüge zur Römerherrschaft, die da noch nicht allzu lange her ist. Nach diesem ersten Buch, dass ich von Eva Maaser gelesen habe, gehört sie für mich bereits mit zu den besten deutschen Autoren im Genre des historischen Romans.

10 von 14 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.09.2009
Verbrechen. Ausgezeichnet mit dem Kleist-Preis 2010
Schirach, Ferdinand von

Verbrechen. Ausgezeichnet mit dem Kleist-Preis 2010


sehr gut

Elf Geschichten, elf unterschiedliche Verbrechen mit ganz unterschiedlichem Entstehungshintergrund schildert Ferdinand von Schirach aus seiner eigenen Erfahrung und seinem Erleben als Strafverteidiger. Dabei kommen seine Klienten aus allen Bevölkerungsschichten. Allerdings erzählt von Schirach nicht nur von Mord und Totschlag, sondern auch einige Male von den skurrilen Seiten der Strafverteidigung (z.B. in "Der Igel" oder "Glück"), und auch der tragischen Seite ("Das Cello"). Der Sprachstil ist nüchtern und sachlich und hält sich wenig mit Nebensächlichkeiten auf. So bleiben die Geschichten immer spannend und kurzweilig.
Allerdings fehlte mir an einigen Stellen der Einblick in die Detektivarbeit, in anderen Geschichten wiederum wurde dieser sehr gut gegeben (z.B. in "Summertime"). Bislang habe ich "true crime"-Bücher meist aus der Perspektive der Ermittlungsbeamten oder des Gerichtsmediziners gelesen. Von Schirach bietet da eine andere, neue Perspektive, die man möglicherweise nicht an den herkömmlichen Büchern des Genres messen kann. Ich hatte allerdings auch etwas den Eindruck, dass der Autor die Geschichten erzählt, um ein Publikum zu unterhalten und vielleicht etwas Kapital daraus zu schlagen. Unterhaltsam war dieses Buch aber auf jeden Fall und es liest sich auch sehr schnell weg. Zudem gibt der Autor keinerlei Wertung ab, sondern überlässt diese dem Leser. Dieser Auftrag des selbst Wertens wird immer wieder deutlich, wenn von Schirach eine Episode schildert und durch einen Nachtrag einen Hinweis darauf gibt, wie sie aus- oder weiterging. In seine eigene Gedankenwelt oder auch mögliche moralische Bedenken lässt er den Leser jedoch nicht blicken. Dies macht die Notwendigkeit deutlich, dass ein Strafverteidiger kein eigenes Urteil über den Klienten fällt und in große Bedrängnis kommt, wenn er weiß, dass sein Klient tatsächlich der Täter ist. Trotzdem fehlte mir bei vielen der Geschichten etwas die psychologische Tiefe und die Analyse dessen, wie es soweit kommen konnte und was in den Klienten vorging. Auch waren mir einige der Geschichte zu brutal; beispielsweise ist mir bei "Tanatas Teeschale" fast schlecht geworden aufgrund des Ausmaßes der (geschilderten) Gewalt und ich konnte einfach nicht nachvollziehen, wie Menschen so etwas tun können.
Alles in allem war dieses Buch aber unterhaltsam, schnell und gut zu lesen und hat mir überwiegend Lesevergnügen bereitet. Besonders gut fand ich das breite Spektrum der Straftaten, die dargestellt wurden und sich nicht nur auf Mord beschränkten. Krimi- und Thrillerfans würde ich dieses Buch auf jeden Fall empfehlen; forensisch-psychologisch interessierte Leser werden hier allerdings etwas zu kurz kommen. Ich selbst würde aber auch weitere, zukünftige Bücher des Autor lesen.

8 von 11 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.07.2009
Das Geld war schmutzig / Parker-Romane Bd.3
Stark, Richard

Das Geld war schmutzig / Parker-Romane Bd.3


gut

Parker und seine zwei Komplizen haben spektakulär einen Geldtransport überfallen. Danach haben sie die Beute versteckt ... in einer Kirche. Einer der Räuber wurde geschnappt. Das ist die Vorgeschichte. Der Band "Das Geld war schmutzig" der Parker-Serie setzt hier an. Nun erfährt Parker, dass sein Komplize entkommen ist. Also will er möglichst schnell das Geld aus dem Versteck holen, doch das Geld ist "schmutzig", die Seriennummern der Scheine registriert. Das Geld muss also gewaschen werden. Doch dafür muss Parker es erst einmal haben ... aber in der Gegend wimmelt es nur so von Polizei. Und Parker ist längst nicht mehr der Einzige, der hinter dem Geld her ist.

Es ist ein bißchen undurchsichtig, der wievielte Band der Parker-Serie dieses Buch eigentlich ist. Dafür fand ich die beiden Vorworte zu Beginn des Buches jedoch sehr hilfreich, da sie dem Leser zum einen den Autor, zum anderen aber auch die Serie um Parker näher bringen. Somit ist der Leser schon etwas darüber aufgeklärt, was Parker für ein Charakter ist und wie die Geschichte, die dem Leser bevorsteht, zustande gekommen ist. Die vielen Namen und erwähnten Charaktere werden erklärt, sodass Leser, die erst mit diesem Band einsteigen, trotzdem die Zusammenhänge verstehen können. Die Handlung der Geschichte wirkt eher wie eine Episode in Parkers Leben. Zu diesem Zeitpunkt geht es nur darum, die Beute zu sichern. Es gibt kaum Andeutungen zum Danach, außer dass Parker die Gegend des Überfalls in näherer Zukunft meiden wird. Das Ende des Buches ist allerdings offen und ermöglicht somit weitere Parker-Episoden.
Parker als Protagonist ist sympathisch, abgebrüht und hat einen eher schwarzen Humor. Aber auch die anderen Charaktere des Buches werden lebendig und authentisch und die Handlungen konnte ich mir gut vorstellen. Die Erzählperspektive ist auch in der heutigen Krimilandschaft noch eher ungewöhnlich und es macht Spaß, mit Parker und Stark der Polizei ein Schnippchen zu schlagen. Auch Parkers Verhalten wird nachvollziehbar und man bangt mit, ob es ihm gelingen wird, das Geld sicher aus dem Versteck zu holen. Die Geschichte an sich erinnerte mich sehr an verschiedene Krimi-Komödien, in denen Gangster von noch böseren Gangstern gejagt werden und jeder jedem die Beute abspenstig machen will. Besonders gelungen fand ich die Details dazu, dass das Geld registriert ist und gewaschen werden muss. Welcher Leser denkt schon an dieses Problem?
Alles in allem war dieser "Krimi" grundsolide und sehr unterhaltsam, wenn die Handlung auch nicht extrem komplex war. Ich habe durch dieses Buch jedoch einen Serienprotagonisten kennengelernt, über den ich gern noch mehr lesen würde und auch die Covergestaltung der einzelnen Bände im Szolnay-Verlag wirken auf mich überzeugend.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.06.2009
Kalix - Werwölfin von London
Millar, Martin

Kalix - Werwölfin von London


sehr gut

Auf dem Buchumschlag wird Martin Millar als "Meister der Urban Fantasy" bezeichnet, was mich veranlasste, dieses Genre doch gleich einmal zu recherchieren. Laut Wikipedia gehört die Urban Fantasy zur zeitgenössischen Fantasy, bei der die reale Welt mit phantastischen Elementen in Berührung kommt. In der Urban Fantasy findet die Handlung zudem in Großstädten statt. Tatsächlich hat Millar genau so ein Buch geschrieben und ich mußte in der Vergangenheit schon feststellen, dass mir diese Art der Fantasy, die keine komplett eigene Welt entwickelt, sondern die real existierende Welt mit Fantasy-Elementen mischt, am meisten liegt.
In diesem Rahmen streift die psychisch gestörte, 17jährige Werwölfin Kalix durch London, immer auf der Flucht vor Kopfgeldjägern, ihrer mörderischen Familie und ihren eigenen Ängsten. Kalix hat den Fürsten der Werwölfe angegriffen, wurde daraufhin geächtet und soll zurück nach Schottland gebracht werden, um dort bestraft zu werden. Bei ihren Streifzügen durch die Stadt trifft sie auf Moonglow und Daniel, zwei Menschen, die sie bei sich aufnehmen. Unterdessen stirbt der Fürst an den Folgen des Angriffs und ein erbitterter Kampf um die Nachfolge bricht zwischen Kalix' Brüdern und deren Anhängern aus. Plötzlich finden sich Kalix, Moonglow und Daniel sowie noch einige andere teilweise sehr skurrile Charaktere mittendrin in der Fehde, mit der sie eigentlich nichts zu tun haben wollen. Dazu gehören nicht nur Werwölfe, sondern auch Feuergeister aus einer anderen Dimension, die mit ihren Intrigen und eigenen Kabbeleien dem Geschehen noch einheizen. Aber auch Kalix' ungeliebte Schwester mit Zauberkräften, ihre eiskalte, blonde Cousine Dominil und die "zwei Cousinen, von denen niemand spricht", die nicht mehr wissen, wie man sich in Werwölfe verwandelt, sind mit von der Partie und bilden eine unterhaltsame Truppe mit ihren eigenen Lebensgeschichten und Verwicklungen.
Millar hat sehr aktuelle Themen mit eingebracht und in Form von Kalix' Problemen verpackt: Essstörungen, Angstzustände, Drogenmißbrauch. Meiner Meinung nach ist er damit teilweise etwas zu offenherzig umgegangen und dem Leser wird nicht klar, ob er diese Verhaltensweisen eigentlich überhaupt verurteilt. Dabei kann man sehr mit Kalix mitfühlen und sich in ihre Denkweise hineinversetzen.
Anfangs hatte ich große Probleme, in die Geschichte hineinzufinden und das hat sich noch länger hingezogen, fast bis zur Hälfte des Buches, was mir bei einer Gesamtseitenzahl von 750 Seiten schon sehr viel abverlangt hat. Plötzlich jedoch entstanden spannungsgeladene Verwicklungen zwischen den verschiedenen Charakteren, die mich dann doch so fesselten, das ich das Buch kaum weglegen konnte.
Millars Schreibstil (oder liegt es an der Übersetzung?) war überaus gewöhnungsbedüfrtig und ging mir anfangs sehr auf die Nerven: kurze, sehr einfach Sätze, durch die kein guter Lesefluss entstehen konnte und zahlreiche Wiederholungen. Anfangs schien es so, als könnte der Autor sich selbst nicht erinnern, was er zuvor schon geschrieben hatte. Mit zunehmender Spannung trat dies jedoch in den Hintergrund.
Begeistert war ich jedoch von der detaillierten Ausarbeitung aller auftretenden Charaktere, sodass keiner nur schwarz-weiß gezeichnet wurde, sondern auch beispielsweise die streitenden Brüder ein Privatleben, eigene Träume, Geheimnisse und Wünsche hatten. So konnte ich mir gar nicht vorstellen, dass in diesem Buch überhaupt jemand sterben wird. Aber damit scheint Millar keinerlei Berührungsängste zu haben. Schade fand ich nur, dass das Kampfgeschehen teilweise nur sehr kurz abgehandelt wurde.
Zu meiner eigenen Überraschung war ich nach dem Umblättern der letzten Seite doch sehr begeistert von diesem Buch und gefesselt von der Geschichte. Die angekündigte Fortsetzung werde ich mir sicherlich auch besorgen, da mir die Charaktere doch ans Herz gewachsen sind.

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.06.2009
Daheimbleiben kann jeder
Baumann, Thomas

Daheimbleiben kann jeder


weniger gut

Thomas Baumann hat ein Reisebuch geschrieben, und zwar ein "etwas andere[s] Reisebuch". Er beschreibt darin keine einzelne Reise und deren Verlauf, sondern greift in zahlreichen Kapiteln einzelne, mehr oder weniger auf das Reisen bezogene Aspekte auf.
Gefiel mir das erste Kapitel, in dem Baumann selbst eine Blind-Booking-Reise testet, noch sehr gut, war ich zunehmend enttäuscht von den darauf folgenden Kapiteln. Oft berichtet Baumann gar keine eigenen Erfahrungen, sondern interviewt Leute zu einzelnen reise"relevanten" Themen und schreibt deren Antworten nieder. Oft fehlte mir dabei der rote Faden und auch die Pointen gingen an mir vorbei. Diese Kapitel gingen häufig ohne eingängiges Fazit oder dramaturgischen Höhepunkt zuende, sodass ich mich immer wieder fragte, was eigentlich der Sinn des jeweiligen Kapitels war. Dieses Wiederkäuen der Erfahrungen anderer Leute fand ich enttäuschend und es hätte mir besser gefallen, wenn Baumann von eigenen Erfahrungen berichtet hätte. Zudem streut er wiederholt unangemessene Einwürfe, herabwürdigende Kommentare und zahlreiche kulturelle Klischees ein, die mir beim Lesen unangenehm aufstießen. Bei einigen Kapiteln wurde mir deren direkter Bezug zum Reisen auch nicht deutlich.
Einen zusätzlichen Gnadenstern bekommt dieses Buch von mir, weil ich mich in dem Kapitel über Starbucks wirklich sehr amüsiert habe. Allerdings wurde mir auch dort bei näherem Nachdenken nicht klar, was dieses Kapitel in einem Reisebuch zu suchen hat.
Mein Fazit für dieses Buch lautet, dass Baumann eindeutig das Thema verfehlt hat und es wesentlich bessere Reiseberichte und Reisebücher gibt. Wer dieses Buch im Laden in die Hand nimmt und einen Kauf in Erwägung zieht, sollte einzelne verstreute Kapitel anlesen und erst einmal prüfen, ob ihm Baumanns Schreibstil liegt, sonst könnte die Enttäuschung später groß sein.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.03.2009
Kap der Finsternis
Smith, Roger

Kap der Finsternis


sehr gut

Jack Burn flüchtet vor seiner Vergangenheit und der amerikanischen Polizei nach Kapstadt, um dort mit seiner hochschwangeren Frau und seinem kleinen Sohn ein neues und rechtschaffendes Leben zu beginnen. Doch die undurchsichtigen Zustände dort, die eigentlich helfen sollten, die Familie zu verstecken, werden ihr zum Verhängnis. Zwei Männer - Mitglieder einer Gang aus dem Stadtteil derjenigen, denen das Leben wesentlich übler mitgespielt hat - brechen in das Haus ein und überfallen die Familie. Jack Burn tötet beide Männer, um seine Familie zu schützen und setzt damit Dinge in Bewegung, die er nicht mehr aufhalten kann und die ihn und seine Familie nicht nur die Freiheit, sondern auch das Leben kosten könnten.

Roger Smith verwebt in diesem Buch wunderbar die verschiedenen Handlungsstränge, bis alle Charaktere, die am Anfang vorgestellt wurden, miteinander verbunden sind: der korrupte weiße Polizist Gatsby, der ehemalige Häftling und jetzt Nachtwächter neben dem Haus der Burns Benny Mongrel, die drogensüchtige Carmen, der schwarze Sonderermittler Zondi aus Johannesburg und schließlich die Burns, sowie verschiedene andere Charaktere. Allerdings geht es bei diesem Zusammentreffen oft sehr blutrünstig zu und ich denke, selbst in Kapstadt dürfte eine gehäufte Zahl an Todesfällen in einer Region auffallen. Ansonsten finde ich den Schauplatz der Handlung gut gewählt und Smith lässt einiges an Wissen über diese Stadt, die Zustände und die Geschichte einfließen, sodass der Ort nicht austauschbar wird und eigene Einflüsse auf die Geschichte hat. Allerdings sind mir die Charaktere teilweise zu brutal und genießen das Töten und Quälen zu sehr, sodass ich an einigen Stellen zusammengezuckt bin. Auf keinen Fall würde dieses Buch als Film sehen wollen. Positiv fand ich wiederum, dass auch die moralischen Aspekte angesprochen wurden, und dass es - anders als in manch anderem Buch - nicht selbstverständlich oder belanglos war, dass Menschen getötet wurden. So distanziert sich Susan Burn von ihrem Mann und auch die Tötungswut von Gatsby hat zur Folge, dass sich ihm ein Sonderermittler an die Fersen heftet.
Alles in allem ist das Buch spannend, besonders für Leser von eher brutaleren Thrillern, denn nach einem leisen, subtilen und komplexen Thriller sucht man hier vergebens. Die Handlung ist geradeheraus und jeder hat mit jedem eine Rechnung offen. Teilweise wird man beim Lesen selbst paranoid, weil man eigentlich keinem trauen kann in diesem Buch. Ich hatte das Buch recht schnell gelesen und fand es auch ziemlich spannend, vor allem ab dem Moment, in dem klar war, wie alle miteinander zusammenhängen und wer hinter wem her ist. Nicht alle erhalten - wie in diesen Büchern eigentlich so typisch - ihre "gerechte" Strafe, was dieses Buch von anderen aus dem Genre abhebt. Und auch das Ende war für mich eine Überraschung.
Mein Fazit lautet daher, dass sich dieses Buch gut in das Genre der Thriller und Krimis einreiht, ohne es neu zu erfinden, jedoch einige individuelle Ansätze (z.B. den Handlungsort) mitbringt, durch die es sich durchaus von der Masse abhebt. Insgesamt bot es mir ein kurzweiliges und spannendes Lesevergnügen.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.03.2009
Alle sieben Wellen
Glattauer, Daniel

Alle sieben Wellen


ausgezeichnet

Nach dem Beenden des Buches musste ich erst einmal durchatmen. Denn "Alle sieben Wellen" hat mich auf eine wahre Achterbahnfahrt der Gefühle mitgenommen ... Und das in kürzester Zeit, denn 220 Seiten E-mail Roman sind sehr schnell gelesen.
Mit Glattauers Büchern über Emmi und Leo bin ich zuerst durch eine Leseprobe von "Alle sieben Wellen" in Berührung gekommen. Davor hat mich der Hype und die lange Anwesenheit in den Bestsellerlisten von "Gut gegen Nordwind" sehr skeptisch gemacht. Zudem wurde das Buch immer wieder von Frauen empfohlen und beschwärmt. Auch das ließ mich vorsichtig sein, denn ich bin kein Fan klassischer "Frauenbücher". Doch durch die Leseprobe war ich neugierig geworden, besorgte mir "Gut gegen Nordwind" und befand es für gut. Dann gab es natürlich kein Halten mehr und ich musste den zweiten Band auch lesen ...
Hätte ich nicht vorab schon gewusst, dass es einen zweiten Band gibt, hätte ich am Ende des ersten Buches wahrscheinlich geheult wie ein Schlosshund. So aber wußte ich schon, dass Emmi und Leo sich wieder schreiben werden. Mehr kann man zum Inhalt des zweiten Bandes auch nicht sagen, ohne wichtige und vielleicht auch überraschende Entwicklungen vorweg zu nehmen. Denn wie gibt man eine Inhaltsbeschreibung zwischenmenschlicher Beziehungen? Beide treiben die Entwicklung ihrer Beziehung voran, denn keine Beziehung bleibt je stehen. Aber Entwicklungen können unterschiedliche Richtungen einschlagen, das müssen auch Emmi und Leo feststellen. War im ersten Buch noch Gott und die Welt Thema ihrer E-mails, ist es jetzt überwiegend die Frage der Art ihrer vorhandenen oder nicht-vorhandenen Beziehung zueinander und miteinander.
Im ersten Buch hatte ich manchmal wenig Geduld mit Emmi. Sie kam mir besitzergreifend, zickig und neurotisch vor und so manches Mal wäre diese E-mail Beziehung gescheitert, hätte ich sie führen müssen. Denn Emmi ist auch hartnäckig und klammert. Doch wäre sie nicht so, wäre uns ein zweiter Band vorenthalten geblieben.
Glattauers Schreibstil gefällt mir sehr und die E-mails waren teils witzig, teils philosophisch, manchmal traurig, aber oft auch herzerwärmend. Inhaltlich kann man aus diesem Buch sicher wenig mitnehmen, das hängen bleibt, aber emotional hat mir dieses Buch wunderschöne (leider viel zu wenige) Lesestunden beschert. Mir fällt zuallererst immer dieses Wort ein, wenn ich an "Alle sieben Wellen" denke: Wohlfühlbuch. Und genau das ist es auch.

8 von 11 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.