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Nach getaner Arbeit und erledigten Alltagspflichten greife ich stets mit viel Freude zum Buch. Lesen ist mein liebstes Hobby. Dabei bin ich an kein Genre gebunden. Ein Buch habe ich immer in der Tasche, so können auch ungeliebte Wartezeiten gut überbrückt werden. Mehr Gedanken zum von mir Gelesenen findet Ihr unter: www.karthause.wordpress.com

Bewertungen

Insgesamt 146 Bewertungen
Bewertung vom 04.06.2011
Leopard / Harry Holes 8.Fall
Nesbø, Jo

Leopard / Harry Holes 8.Fall


sehr gut

Gleich zu Beginn des Romans wird man Zeuge eines äußerst grausamen und perfide ausgeklügelten Mordes an einer Frau. War "Schneemann" schon nichts für Zartbesaitete, empfand ich "Leopard" im Vergleich zum Vorgängerbuch noch einmal als eine deutliche Steigerung.
Die Handlung verläuft in verschiedenen Strängen. Neben den Ermittlungen in den Mordfällen ging es in diesem Thriller auch um das Kompetenzgerangel zwischen dem Morddezernat und dem Kriminalamt.
Temporeich erzählt Jo Nesbø vom Fortschreiten der Ermittlungen, von Fehlschlägen und der behördlichen Rivalität. Mikael Bellman, Chef des Kriminalamtes und selbsternannter Platzhirsch, will mit seinem Team allein die Fälle lösen und erkennt die Kompetenz des Morddezernates nicht an. Ruhe kommt in dieses Buch immer dann, wenn Harry Hole seinen todkranken Vater am Sterbebett besucht. Es ist ein leises Abschiednehmen von Vater und Sohn, dass gefühlvoll und eindringlich beschrieben wurde. Eine weiter Handlungsebene ist die unvermeidliche Lovestory. Die gehört wohl einfach zu diesem Genre.
Prinzipiell hat mir "Leopard" recht gut gefallen. Der Spannungsbogen wurde kontinuierlich aufgebaut und auch bis zum Ende hin gehalten. Die Morde sind zwar brutal, aber gerade noch erträglich und auch die Ermittler sind nicht zimperlich und müssen einiges einstecken. Jo Nesbø erzählt gekonnt und baut geschickte Cliffhanger ein, so lässt er dem Leser Zeit zum Durchatmen und zum stillen Weiterfiebern und hält ihn so vor allen Dingen bei der Stange. Der Thriller ist leicht und flüssig zu lesen, zieht den Leser schnell in seinen Bann und entwickelt dann eine gewisse Eigendynamik. Mir fiel es doch recht schwer, das Buch zur Seite zu legen. Nesbø nutzt intelligent die Zutaten, die einen guten Thriller ausmachen, durchkonstruierte Morde als Grundlage, ein bisschen Liebesgeflüster fürs Gefühl und einige unverhoffte Wendungen für die Spannung. Einzig die Figur des Harry Hole hat mir in diesem Fall nicht so zugesagt. Zwar gelingt es dem Autor gut, seine Sucht und Schwächen zu beschreiben, aber den Widrigkeiten seines Berufsalltags kann er trotzen, obwohl er psychisch und physisch sehr mitgenommen scheint. Nicht jeder kann seine persönlichen Defizite so gut überspielen.

Bewertung vom 04.06.2011
Das Haus zur besonderen Verwendung
Boyne, John

Das Haus zur besonderen Verwendung


ausgezeichnet

In diesem Roman greift John Boyne die Legende um das Überleben der Zarentochter Anastasia auf. Er erzählt sie aus der Sicht seines Protagonisten Georgi, dieser berichtet auf einer Handlungsebene über die letzten Jahre der Zarenherrschaft in Russland, auf einer weiteren über sein Leben nach den Geschehnissen in Jekaterinburg bis hinein in die Gegenwart und der Leser erlebt förmlich mit, wie aus Georgi und Soja GeorgiundSoja wurden, wie sie selbst nannten, um die Nähe zu demonstrieren, die beide verband. John Boyne hält sich genau an die historisch vorgegebenen Eckpunkte und verknüpft Realität mit Fiktion. Denn wissenschaftlich ist spätestens seit den 1990er Jahren bewiesen, was in jener Nacht im Haus zur besonderen Verwendung geschah. Aber trotzdem ist dieser Roman etwas Besonderes. Er führt den Leser durch Krieg und Revolution ohne Action-Szenen und lässt uns an einer großen Liebe teilhaben, ohne dabei ins Kitschige abzudriften. Es herrschen die leiseren und besinnlicheren Töne in diesem Buch, das mich sehr berührt hat. Immer wieder gibt es Anspielungen auf Tolstois "Anna Karenina", so z.B. der erste Satz in Boynes Roman oder die Eislaufszene. Sehr gut hat mir auch der Aufbau des Romans gefallen, die zwei Handlungsstränge, die sich immer mehr annähern, um sich dann zu gegebenen Zeitpunkt zu vereinen. Die vielen Zeitsprüngen bauten eher Spannung auf, als sie beim Lesen hinderlich gewesen sein könnten. Es wirkte auch nicht störend, dass ich schon sehr zeitig den Ausgang des Romans hätte vorhersagen können. Die Geschichte war so abwechslungsreich und interessant und sprachlich eindrucksvoll geschrieben, dass es eine Freude war, sie zu lesen. Der Charakter des männlichen Protagonisten Georgi war fein herausgearbeitet und glaubhaft beschrieben. Besonders seine Naivität, mit der er nach St. Petersburg kam und wie er die ihm fremde, luxuriöse Welt entdeckte, schilderte der Autor meisterlich. Die Charaktere der Zarenfamilie, das ist mein einziger kleiner Kritikpunkt, waren mir persönlich etwas zu weich, zu menschenfreundlich, zu volksnah.
"Das Haus zur besonderen Verwendung" ist ein ausgesprochen schöner Roman, der besonders durch seine Sprache besticht. Wenn die Realität auch nicht so war, wie im Roman geschildert, hätte sie doch genau so gewesen sein können.

Bewertung vom 04.06.2011
Léon und Louise
Capus, Alex

Léon und Louise


ausgezeichnet

Vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erzählt Alex Capus die Liebesgeschichte von Léon und Louise, die mich so ein wenig an die durch das tiefe Wasser getrennten Königskinder erinnerte. Zwei junge Menschen, die sich ineinander verliebten und doch nicht zueinander finden konnten. Capus zeichnet ein feines Bild von Léon, den der Leser schon in dessen Kindheit kennen lernt und dann durch sein Leben begleitet. Er ist facettenreich charakterisiert, sein Handeln ist nachvollziehbar, wenn auch nicht immer zu verstehen. Anders ergeht es dem Leser mit den weiblichen Protagonisten des Romans. Da Léons Enkel der Erzähler dieser Geschichte ist und er diese schließlich nur durch den Großvater kennt, blieben sowohl Yvonne als auch Louise stets nur konturenhaft dargestellt. Ihre Gedanken und die Beweggründe für ihr Tun mussten oft mehr erahnt als erlesen werden. So lag über die gesamte Handlung der Fokus fast ausschließlich auf Léon und der Wunsch, mehr über die beiden Frauen zu erfahren, blieb unerfüllt.
Trotzdem hat Alex Capus mit diesem Roman eine Liebesgeschichte vorgelegt, wie ich sie mag, schnörkellos, kitschfrei und trotzdem in einem fast poetischen Erzählstil mit einer Prise Humor und sehr gelungenen Dialogen, leicht zu lesen und dabei nicht ohne Anspruch. Viele Gedanken, die es wert waren weitergesponnen zu werden, wurden nur angerissen. Diese hätten auch im Buch gern weitergeführt werden dürfen, 100 Seiten mehr hätten mich nicht gestört, aber wahrscheinlich hätte ich diesen Roman dann als vollkommener empfunden.
„Léon und Louise“ ist eine sehr schöne Dreiecksgeschichte über Liebe und Verantwortung. Die wenigen Kritikpunkte schmälerten meine Lesefreude nur wenig. Ich empfehle dieses Buch gern weiter.

3 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.05.2011
Der alte König in seinem Exil
Geiger, Arno

Der alte König in seinem Exil


ausgezeichnet

Es ist ungemein schmerzhaft, mitzuerleben, wie ein Vater ins Vergessen sinkt und auch seine Kinder nicht mehr erkennt. Für Arno Geiger ist dies Anlass, offen über die Krankheit, aber auch über seine Familie zu schreiben. Er nutzt die Gelegenheit, das Leben seines Vaters aufzuarbeiten, erzählt aus dessen Leben, von den Höhen und Tiefen der väterlichen Krankengeschichte, sehr warmherzig von schweren, aber notwendigen Entscheidungen, die die Familie treffen musste und von dem schlechtem Gewissen der Angehörigen dem Kranken gegenüber. Durch diese Auseinandersetzung mit der Krankheit, dem Vater und letztlich mit sich selbst, kommen sich Vater und Sohn wieder näher, sie lernen einander auf eine andere, freundschaftliche Weise neu kennen. Geiger erzählt viele Geschichten und Anekdoten, anhand derer sich der Leser ein eigenes Bild vom Menschen August Geiger machen kann. Er ist nicht ohne Fehler, aber er ist wohl das, was man einen guten Menschen nennt. Obwohl der Leser deutlich spürt, die Krankheit hat den Vater voll im Griff, wirkt dieses Buch nie mitleidhaschend oder gar weinerlich geschrieben, sondern eher unterhaltend und erstaunlich leicht. "Der alte König in seinem Exil" habe ich trotz der ernsten Thematik von Beginn an genossen. Besonders beeindruckt bin ich wieder von Geigers Einfühlungsvermögen und der Art wie es ihm gelingt, mit Worten Emotionen zu transportieren. Das Buch verströmte für mich von der ersten Seite an eine große Ruhe und Wärme und obwohl er das Schicksal des Vaters der Öffentlichkeit preisgab, hat er ihm seine Würde belassen und ihn nie bloß gestellt.

9 von 10 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.05.2011
Dieda oder Das fremde Kind
Welsh, Renate

Dieda oder Das fremde Kind


sehr gut

Geschichten, die eine schwierige Kindheit thematisieren, gibt es viele und doch ist diese besonders. Renate Welsh erzählt in dem sehr persönlichen Buch von ihren eigenen Kindheitserlebnissen, von Heimweh und der ungestillten Sehnsucht eines Kindes nach Menschen, die es lieben, vom Leben einer Außenseiterin. Das ist besonders bedrückend, wenn man bedenkt, das Mädchen war zu Beginn der Handlung erst fünf Jahre alt. So berichtet sie von einer Familie in der das Wort das Großvaters galt, Widerspruch wurde nicht geduldet, dafür gab es drakonische Strafen. So hatten alle Angst vor dem alten Mann, der den Führer verherrlichte und auf die "deutschen Werte" pochte. Kinder hatten nichts zu sagen, sondern zu gehorchen. Schnell wurde er für mich dadurch zum Unsympath und ich musste mir ständig die Zeit und ihre Umstände ins Gedächtnis rufen, um die sich vor ihm duckenden Frauen zu verstehen. Die Schikanen, die die Kleine erdulden musste, reichten von Liebes- und Essensentzug hin zur Züchtigung. Briefe des geliebten Vaters wurden vorenthalten, der Kontakt zu den Großeltern unterbunden. Immer wieder wurde das Augenmerk auf das damalige Alltagsgeschehen gelenkt und Episoden daraus anschaulich für den Leser dargestellt. Renate Welsh bedient sich dabei einer sehr klaren, aber doch einfühlsamen Sprache mit der sie die Geschichte aus der Sicht der 5jährigen mit all ihrer kindlichen Naivität erzählt, die den Roman, trotz der geschilderten Bösartigkeiten dem Kind gegenüber, so liebenswert macht. Dieser Roman ist ein Jugendbuch, aber auch die Junggebliebenen finden darin eine gut lesbare und interessante Lektüre.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.04.2011
Die silberne Burg
Weigand, Sabine

Die silberne Burg


ausgezeichnet

Zu Beginn dieses historischen Romans verlaufen die Handlungsstränge um die Medica, den Ritter und den Mönch parallel. So war ich eine ganze Weile gespannt, was die Drei verbinden könnte. Dieser Ausgangspunkt wurde von Sabine Weigand sehr geschickt gewählt. Der Leser wird Zeuge von christlicher Gewalt bei den Judenpogromen, von Vorurteilen aufgrund des unterschiedlichen Glaubens und von der vorlutherischen Reformationsbewegung innerhalb der katholischen Kirche. Die Autorin gibt aber auch einen sehr guten Einblick in die mittelalterliche Medizingeschichte. So kämpft die jüdische Ärztin Sara, sie ist historisch verbürgt, gegen überlieferte, aber unwirksame Heilmethoden an, die nur dem Geldbeutel der sogenannten Heiler gut taten und setzt mutig und erfolgreich auf Neues. Ausführlich werden jüdische Rituale beschrieben und die Unterschiede und Ähnlichkeiten von jüdischem und christlichem Glauben herausgearbeitet. Aber auch die Geschichte des unter dem Eindruck von John Wyclif's Lehren stehenden Jan Hus, der für seine offene Kritik an der verweltlichten Kirche und der Lasterhaftigkeit der Kirchenmänner während des Konzils von Konstanz als Ketzer verbrannt wurde, ist in diesem Roman vortrefflich erzählt worden. Wie bereits in den anderen mir bekannten Romanen von Sabine Weigand sind in diesem die Personen sehr natürlich und menschlich mit Stärken und (nicht immer liebenswerten) Schwächen ausgestattet und passen sich auch sprachlich sehr gut ihrer Zeit an. Neben fiktiven Figuren bereicherten zahlreiche historisch verbürgte die Handlung. Aber alle wirkten real und lebensecht und in ihren Gefühlen sehr glaubhaft und nachvollziehbar. Zwischen den einzelnen Kapitel waren immer wieder Zeitdokumente, Behandlungsanweisungen für die Ärzte und Gedichte eingeschoben. Das lockerte die Handlung nicht nur auf sondern erhöhte die Authentizität des Romans. Besonders gut hat mir das Ende des Romans gefallen. Nachdem im Titel und auch zu Beginn der Handlung die silberne Burg thematisiert wurde, findet sich dieses Motiv zum Ende hin wieder und schließt somit den Handlungskreis. Ungewöhnlich, aber sehr gut , fand ich die Erzählperspektive. Die einzelnen Handlungsstränge berichten in der 3. Person von ihren Protagonisten. Die Erzählart wechselt aber in den eingeschobenen Kapiteln, in denen Sara in der Ich-Form direkt ihre Sicht der Dinge schildert.
"Die silberne Burg" ist ein wirklich hervorragend komponierter und sehr ausgewogener Roman, der alle Anforderungen, die ich an einen wirklich historischen Roman stelle, voll erfüllt. Er ist unterhaltend, spannend, äußerst informativ und historisch korrekt.

8 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.04.2011
Das Spiel der Gauklerin
Capitani, Sabrina

Das Spiel der Gauklerin


ausgezeichnet

Die ersten Seiten dieses historischen Romanes haben mich sofort in ihren Bann gezogen. Pauline ist keine Schönheit, sie ist nicht vornehm und nicht gebildet. Sie ist eine kratzbürstige junge Frau mit Herz und Mund am rechten Fleck und sie hat eine große Leidenschaft, von der und für die sie lebt – die Musik. So natürlich, wie einem die Protagonistin dieses Buches begegnet, so glaubhaft erscheint ihr Wunsch, mehr über die Musik zu lernen und ihr Können ständig zu verbessern. Aber der Zeit geschuldet bleiben ihr viele Türen verschlossen, denn sie ist „nur“ eine Frau. Dabei befindet sich die Musik gerade im Umbruch. Emotionen erhalten einen bisher ungekannten Stellenwert in der Musik und davon kann die junge Spielfrau viel einbringen. Sehr kompetent führt Sabrina Capitani ihren Lesern das musikalische und handeltreibende Leipzig in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts vor Augen. Äußerst interessant fand ich ihre Ausführungen über die Musik. Aber auch der Marktplatz wurde in meinen Gedanken lebendig. Ich hörte die Marktfrauen feilschen, konnte den Duft förmlich riechen und den Klängen der Musikanten lauschen. Die detailreichen und sachkundigen Beschreibungen sind nicht nur ansprechend und aufschlussreich, sie fügen sich unaufdringlich in die Handlung ein und sind wunderbar zu lesen.
Ein großes Lob gebührt der Autorin auch für die Zeichnung der Charaktere. Neben Pauline wurden auch die anderen Personen lebensecht in die Handlung gefügt. Besonders habe ich die liebenswert rotzigen Straßenkinder ins Herz geschlossen. Die feinfühlige Charakterisierung ihrer Figuren in Verbindung mit der real wirkenden Szenerie gab mir das Gefühl, Geschichte miterleben zu können, etwas, das ich bei historischen Romanen sehr schätze und das sich wohltuend abhebt von den Romanen, in denen Protagonistinnen in Männerrollen gedrängt und dann lediglich in eine verstaubt anmutende Kulisse eingefügt werden.
Sehr gefallen hat mir das Ende des Romans, lässt es doch eine kleine Hoffnung aufleben, Pauline vielleicht noch einmal ein Stück auf ihrem Weg begleiten zu dürfen.
„Das Spiel der Gauklerin“ ist ein Buch für Herz und Verstand, für mich war es ein richtiges Wohlfühlbuch. Es hebt sich sehr positiv aus der Masse der historischen Romane ab und bekommt von mir eine unbedingte Leseempfehlung.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.04.2011
Wasser für die Elefanten
Gruen, Sara

Wasser für die Elefanten


ausgezeichnet

Sara Gruen erzählt die Geschichte des Jacob Jankowski auf zwei Zeitebenen. Sie schildert gegenwärtig sein Leben im Altenheim und blickt immer wieder 70 Jahre zurück und berichtet von Jacobs Leben im Zirkus. Beide Erzählstränge hat sie glaubwürdig mit Leben gefüllt. Die Eintönigkeit des Heimalltages wird so eindringlich geschildert, dass man sich als Leser freut, wenn Jacob seine Lieblingspflegerin zu Gesicht bekommt. Die kleinen Zänkereien zwischen den Heimbewohnern, seine fühlbare Einsamkeit und seine Sehnsucht nach Abwechslung belegen das auf eine sehr einfühlsame Weise. Aber auch das Vergangene wird mit einem sehr ausgeprägten Gespür für die damalige Zeit erzählt. Die Weltwirtschaftskrise und die Prohibition sind mit ihren Auswirkungen auf den um sein Überleben kämpfenden Wanderzirkus überzeugend dargestellt. Als dann noch die verfressene Rosie aufgenommen wurde, die sich zunächst jeder Zurschaustellung ihrer Kunststücke entzog und auch durch August’s Gewaltausbrüche nicht zu Kunststücken bewegt werden konnte, wurden die finanziellen Mittel immer weniger, so dass nicht nur die Arbeiter sondern auch die Artisten nicht mehr bezahlt werden konnten und die Stimmung unter den Zirkusleuten immer angespannter wurde. So werden die Standesunterschiede, die Härten des Zirkusleben, und der Alltag unter wirklich einfachsten, um nicht zu sagen primitivsten, Bedingungen eindringlich dargestellt.
Mit viel Liebe zum Detail lässt die Autorin den Leser am Leben ihres Protagonisten teilhaben, dabei kam aber nie irgendwelche sentimentale Zirkusromantik auf. Sie verstand es gut die gesamte Bandbreite der Emotionen bei mir anzuregen. Das Ende erscheint auf den ersten Blick zwar etwas konstruiert, mir hat es aber trotzdem sehr gefallen. Der Kreis hat sich geschlossen.
„Wasser für die Elefanten“ ist ein sehr detailreicher Roman der glaubwürdige Einblicke in das Leben des Jacob Jankowski gibt. Sara Gruen hat es geschafft, mich mit dieser Geschichte zu unterhalten und zu informieren. Für mich war es in diesem Jahr ein erstes Highlight, ein Buch das gern ein paar Seiten hätte mehr haben dürfen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.