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Insgesamt 612 BewertungenBewertung vom 04.01.2017 | ||
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Der rauchblaue Fluss / Ibis Trilogie Bd.2 Als während des Ersten Opiumkrieges 1838/1839 die chinesischen Behörden gewaltsam gegen ausländische Händler in Kanton und deren Verbindungsleute vorgehen, werden u. a. zwei Ausländer Zeugen der Vorgänge in den Faktoreien der ausländischen Händler: Der britische Maler Robin Chinnery und der indische Händler Bahram Modi. Bahram ist Parse, seine Vorfahren stammten aus Persien. Chinnery befindet sich in China auf der Suche nach einer seltenen Kamlienart, von der bisher nur ein Gemälde existiert. Während seines Aufenthaltes in Kanton korrespondiert der Maler mit Paulette, die Ghoshs Lesern aus dem ersten Band als verwaiste Tochter eines französischen Botanikers vertaut ist. Durch Chinnerys Briefe lassen sich die Schicksale derer zuordnen, die sich auf der "Ibis" begegneten. Bahram sitzt in Kanton durch die Auseinandersetzung zwischen England und China um den Opiumhandel auf einer unverkäuflichen Schiffsladung Opium. Er lebte zeitlebens ein Doppelleben mit einer indischen Frau und deren Kindern in seiner Heimat, sowie einer chinesischen Geliebten und dem gemeinsamen Sohn auf einem Blumenboot im Hafen von Kanton. Bahrams Sohn Ah Fatt verkörpert das Leben zwischen den Kulturen, ohne das der Handel in Kanton nicht möglich wäre. Eine weitere Rolle spielt Fitcher Penrose, ein älterer Engländer und führender Händler mit exotischen Pflanzen. Penrose ist der Auftraggeber Robins für die Pflanzensuche und Wohltäter Paulettes, indem er das mittelose Mädchen als Betreuerin seiner Pflanzen auf seinem Schiff einstellt. Auch Bahrams Schreiber und Informant Nil tritt auf, den wir als Anil aus dem ersten Band der geplanten Trilogie kennen. - Die Schreiber, Diener und Botenjungen waren für mich die wirklich interessanten Personen dieses Romans, weil Ghosh an ihnen zeigt, dass Handel in Asien nur auf der Grundlage jahrzehntelanger persönlicher Beziehungen funktionierte - und heute noch funktioniert. Amitav Ghosh hat einen interessanten historischen Moment gewählt, den er aus der Perspektive eines indischen Geschäftsmannes schildert, der durch den Handel mit China zu Reichtum gekommen ist. Besonderes Merkmal dieses zweiten Bandes ist das babylonische Sprachgewirr unter den beteiligten Händlern. Gemeinsame Sprache in Kanton ist ein Pidgin-Englisch, das die einfache Grammatik des Kantonesischen und Vokabeln aus dem Englischen, Portugiesischen und mehreren indischen Sprachen vereint, so dass sich niemand diskriminiert fühlen muss. Außer indischen Ausdrücken, die sich oft aus dem Zusammenhang erschließen, kommt noch das Kreolische ins Spiel, das Diti und ihr Clan auf Mauritius gelernt haben. Diti ist eine der Hauptfiguren des ersten Bandes, in dem es um den Anbau und die Verarbeitung des Opiums ging. - 1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich. |
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Bewertung vom 04.01.2017 | ||
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Unter dem Baum des Vergessens - (eBook, ePUB) Spätestens seit Die Krallen des Löwen: Meine Zeit mit einem afrikanischen Krieger hat sich Alexandra Fuller als Autorin ernster Töne etabliert. Auch wenn ihr deutscher Verlag mit der Abbildung imponierender Bäume vor romantischem Himmel noch immer Afrikaklischees bedient, geht es in Fullers Biografie völlig kitschfrei um die reale Angst ihrer Familie im Krieg um die Unabhängigkeit des Nachbarlands Mozambik (1977-1992) und die Bedrohung ihrer Existenz als Farmer durch die politische Situation im südöstlichen Afrika. Fullers Buch entsteht vor den Augen des Lesers im Gespräch mit ihren Eltern; es umfasst das Leben ihrer Mutter Nicola (geboren 1944 auf der schottischen Insel Skye) und das Familienleben vor Alexandra Fullers Geburt, die das dritte von fünf Kindern ist. Nur zwei Kinder der Fullers überleben. Eine Frau muss als Nachkomme der MacDonalds vom Clan der Reynolds wohl 1 Million Prozent schottisches Blut haben wie Nicola Fuller, um mit zwanzig Jahren als Au-Pair-Mädchen "in die Kolonien" nach Kenia zu gehen und schließlich auf einer Bananenfarm bei Umtali (jetzt Mutare) dicht an der Grenze zu Mozambik zu landen. Ein Teil der geschilderten Ereignisse liegt zeitlich vor Fullers Kindheitserinnerungen Unter afrikanischer Sonne: Meine Kindheit in Simbabwe. |
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Bewertung vom 04.01.2017 | ||
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Jan Hauger bewirbt sich als Vorschullehrer für eine Kindergruppe, die St. Patricia, einer großen psychiatrischen Klinik, angeschlossen ist. Den betreuten Kindern soll durch diese Vorschulgruppe der Kontakt zu ihren Eltern ermöglicht werden, die Patienten der Klinik sind. Die außerhalb der Klinik liegende Kita ist mit dem Gebäude durch einen Gang verbunden, durch den die Mitarbeiter die Kinder zu ihren Besuchsterminen bringen. Jan hatte noch nie eine unbefristete Erzieher-Stelle, bisher hat er immer nur Vertretungen übernommen. Seiner Vorgesetzten scheint an dem fast Dreißigjährigen nichts aufzufallen, der aus seinem Vorleben nicht viel mehr als ein Zeichenbrett mitgebracht hat. Marie-Luise behandelt Jan wie einen Berufsanfänger, und er nimmt die Situation klaglos hin. Wie die Erzieher den Kindern bei der Heilung ihrer seelischen Blessuren helfen sollen, bleibt rätselhaft, denn Chefin Marie-Luise dringt darauf, dass die Vorgeschichte der Kinder den Mitarbeitern verschlossen bleibt. Nach kurzer Einarbeitung übernimmt Jan auch den Nachtdienst in der Kindergruppe. Während die Kinder schlafen, fühlt Jan sich in sonderbarer Weise von den eingezäunten, martialisch wirkenden Gemäuern des psychiatrischen Krankenhauses angezogen. In so einem riesigen Gebäude wird es vermutlich düstere Gänge, unbenutzte Räume und Aufzüge geben, von denen nur wenige Mitarbeiter wissen. Verknüpft ist Jans Obsession für die psychiatrische Klinik mit seiner Schwärmerei für die Musikerin Alice Rami, der er sich offenbar eng verbunden fühlt. Kleine Kinder, von denen unklar ist, ob es überhaupt noch ein Familienmitglied als Erziehungsberechtigten in ihrem Leben gibt, ein mit seinen kindlichen Gedanken höchst sonderbar wirkender Erzieher und eine Vorgesetzte ohne nennenswerte heilpädagogische Qualifikation - allein schon in dieser Ausgangssituation stellen sich beim Lesen die Nackenhaare auf. Eine Frau, die offenbar für einen in St. Patricia einsitzenden mehrfachen Mörder schwärmt, steigert die Gruselwirkung, auch wenn zunächst noch nicht klar ist, in welcher Beziehung sie zu Jan und den Kindern steht. Mehrere miteinander verknüpfte Zeitebenen, die auch Jan nicht deutlich voneinander zu trennen vermag, geben neue Rätsel auf. Nach einem für mich supergruseligen Start zog sich der Hauptteil wenig spannend zu einem Finale, das ich so nicht vorausgesehen hatte. |
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Bewertung vom 04.01.2017 | ||
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Autismus vom Typ Asperger? So einer wie Rain Man? Keine Hand-Auge-Koordination? Unfallgefahr? Deswegen akzeptiert Mr. Turrentine noch lange kein ärztliches Attest zur Befreiung vom Sportunterricht. Colin Fischer sollte nach Ansicht des Sportlehrers Basketball spielen wie alle anderen Schüler auch. Der 14-Jährige ist gerade frisch auf die Highschool gewechselt. Die Liste von Colins Eigenheiten als Autist wirkt endlos. Er möchte nicht von anderen angefasst werden, hasst Kleidung aus Kunstfasern und breiartige Lebensmittel. Colin mag Fakten, Rechnungen und Wahrscheinlichkeiten. Am liebsten reagiert er sich beim Trampolinspringen ab. Colin kann auswendig vortragen, was der Begriff Empathie bedeutet, aber er kann sie selbst nicht empfinden. In Colins Leben gibt es kein "könnte", keine Witze; denn er nimmt alles wörtlich. Wissen bedeutet für ihn Kontrolle, es bietet ihm Sicherheit inmitten neuer Eindrücke. An seiner alten Schule wurde Colin von Marie betreut, die ihm half sich im Haifischbecken des Lebens zurechtzufinden und die für einen Autisten schwer zu lesende Mimik seiner Mitmenschen zu begreifen. Im Kampf gegen die täglichen Katastrophen würde Colin Maries Unterstützung noch länger brauchen. Mr. Turrentine mit seinen Suggestivfragen ist selbst für nicht behinderte Schüler eine Nervenprobe und auf die verwirrenden Gefühle, die Mädchen in ihm auslösen, hat Colin noch niemand vorbereitet. Als in der Schulmensa ein Zwischenfall mit einer Waffe passiert, wird Colins außergewöhnliche Beobachtungsgabe benötigt, um die Unschuld eines Mitschülers zu beweisen. Colins gutes Gedächtnis und seine Schlussfolgerungen bringen selbst einen gestandenen Polizisten ins Schwitzen. 1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich. |
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Bewertung vom 04.01.2017 | ||
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Wer hätte gedacht, dass Ishigami, Mathelehrer und Judokämpfer, der Physikprofessor Yukawa und Kommissar Kosanagi sich seit ihrer Schulzeit kennen. Den begabten Mathematiker, der sein Leben mit unwilligen Oberstufenschülern verplempert, und den Physiker könnten gemeinsame Interessen verbinden. Physiker und Kommissar dagegen, die sich immer dann austauschen, wenn Yukawa sich gerade an einem komplizierten Fall die Zähne ausbeisst, verbindet eine ungewöhnlichere Beziehung. 2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich. |
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Bewertung vom 04.01.2017 | ||
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Rose muss den Moment immer wieder durchleben, in dem sie gemeinsam mit ihrer Schwester frontal mit einem anderen Fahrzeug zusammenstieß. Ivy liegt seitdem in einem Pflegeheim im Koma. Die Mutter der Mädchen konnte sich nicht dafür entscheiden, ihre ältere Tochter sterben zu lassen, und hat sie seitdem nicht mehr besucht. Nun liegt die Verantwortung, sich um Ivy zu kümmern, allein bei Rose. William T., der Nachbar, fährt Rose täglich nach der Schule ins Pflegeheim und wartet geduldig, bis sie Ivy aus ihrem Buch über Pompeji vorgelesen hat. William, der selbst einen Sohn verloren hat, sorgt für Strukturen im Leben von Roses Familie. William bemerkt darum, dass Rose sich selbst nicht mehr fühlen kann, und er spricht direkt an, dass Ivy sich mit wechselnden Jungen am Fluss trifft. William war für mich eine bemerkenswerte Person; er nimmt Roses Probleme lange vor ihr selbst wahr, aber drängt sich ihr nicht auf. So ist es auch William, der Roses Wut spürt und sie vor ihrer Macht warnt, einen anderen aus Wut zu verletzen, nur weil sie die Möglichkeit dazu hat. Auch wenn Rose es nicht gern hört, sie muss Ivy loslassen, um selbst leben zu können. |
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Bewertung vom 04.01.2017 | ||
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Schuld sind immer die anderen |
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Bewertung vom 04.01.2017 | ||
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Der Himmel auf ihren Schultern Wie Sergej Lebedew arbeitet auch sein Icherzähler als Geologe. Im Norden Russlands haben stets Häftlinge aus Arbeitslagern für die Geologen gearbeitet und hier gibt der Permafrostboden immer wieder Zeugnisse ehemaliger Arbeitslager frei. Überlebende Häftlinge siedelten sich am nördlichen Polarkreis an, die nach 25-jähriger Haft keinen Ort mehr hatten, an den sie zurückkehren konnten. Eine sehr persönliche Erinnerung verbinden den Erzähler, der als Kind ein Wörtersammler war, und die unwirtliche Region. Als seine Eltern ein Ferienhaus auf dem Land kauften, erhielt die Familie zusammen mit der Datscha einen Nenngroßvater für den kleinen Sohn - den blinden Nachbarn. Seine leiblichen Großväter hat der Junge nie kennengelernt. Aus dem Auftrag, den blinden alten Mann zu begleiten und rücksichtsvoll zu behandeln, entwickelt sich eine enge Beziehung. Beim Pilzesuchen oder Angeln nimmt der Junge den alten Mann nicht als blind wahr. Missgeschicke lassen sich öfter auf die Unordentlichkeit anderer zurückführen als auf die Behinderung des Nenngroßvaters. Zur Zeit seiner Einschulung erlebt der Junge den "zweiten Großvater" als Mann mit großer Macht über Menschen und Dinge, der laut Erzählungen der Erwachsenen schon vor dessen Geburt Einfluss auf das Schicksal des Jungen nahm. Das magische Denken des Erstklässlers, der nur ungern die Macht über seine Haare und Fingernägel an Erwachsene abgeben will, entwickelt sich im Laufe der Beziehung zu sorgfältigem Beobachten und Schlussfolgern. Für das Kind noch unverständliche Andeutungen des alten Mannes drehen sich um Kälte, Krieg und Moskitos. Im Vergleich mit auffälligeren Kriegsverletzungen anderer Männer empfinden einige die Blindheit des zweiten Großvaters als "saubere" Folge eines inzwischen fernen Krieges. Hinter seiner Blindheit verbirgt der alte Mann seine Erinnerungen, begreift der Junge, aber einen Blinden fragt man besser nicht nach seiner Vergangenheit. Früh drängt sich ihm der Gedanke auf, jemand, der seine Vergangenheit so sorgsam verschliesst, müsse krank sein. Nach dem Tod des Großvaters erscheinen Unbekannte, die seine Orden und Auszeichnungen davontragen. Wie schon in der Vergangenheit wird auch zukünftig nicht mehr über die Ehrungen gesprochen werden. Wie ein Propfreis an einem Baum fühlt sich der Junge, der dem alten Mann in mehrerlei Hinsicht sein Leben verdankt. Die Vorgeschichte seines zweiten Großvaters wird sich in der Vorstellung des Erzählers erst zwanzig Jahre später vor der Landschaft des hohen Nordens in ein Bild einfügen lassen, als er sich auf die Spur eines Briefschreibers begibt. Der alte Mann war im Norden Russlands Kommandant eines Arbeitslagers. Auf seiner Recherche-Reise sieht der Geologe hinter jedem Gebäude eine Lagerbaracke; nimmt jahrzehntealte Schichten von Stacheldraht wie Jahresringe des Gulag-Systems wahr. Den Spuren einer Gruppe von Häftlingen, an denen der Großvater sich schuldig gemacht hat, folgt der Geologe an die äußerste Grenze des Kontinents bis ins eisige Niemandsland. |
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Bewertung vom 04.01.2017 | ||
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Mary, Tansey und die Reise in die Nacht Die zwölfjährige Mary leidet gerade darunter, dass ihre Freundin Ava in einen anderen Stadtteil Dublins umziehen musste. Marys Großmutter, die dem Mädchen so gern Märchen vorlas, liegt im Sterben. Da taucht eine sonderbar altmodisch wirkende Frau auf, die sich als Tansey, die Mutter der sterbenden Großmutter vorstellt. Tansey musste nach ihrem frühen Tod in der Figur eines Geistes zurückkehren, um sich zu vergewissern, dass es ihrer kleinen Tochter Emer gut geht. Vier Generationen von Frauen treffen aufeinander und begeben sich gemeinsam auf eine tollkühne Spritztour: Urgroßmutter Tansey, Großmutter Emer (das mutterlos aufgewachsene kleine Mädchen), deren Tochter Scarlett (Marys Mutter) und Mary selbst. Mary wird durch die Begegnung mit Tansey klar, dass ein sterbender Angehöriger dann loslassen kann, wenn er sich überzeugt hat, dass seine Liebsten gut versorgt sind. Wahrscheinlich braucht Mary diese Begegnung, um sich selbst in der Familientraditon des Geschichtenerzählens wahrzunehmen. Großmutter Emer konnte nämlich nur so fesselnd von ihrer Kindheit erzählen, weil ihre Großmutter ihr die Ereignisse aus ihrem dritten Lebensjahr mit nicht endender Geduld immer wieder erzählte. Schon in Emers Kindheit lebte die Familie mit den Erinnerungen an ihre Toten und hielt den Stuhl des verstorbenen Großvaters in Ehren. Wenn Mary in der Gegenwart zu ihrer Großmutter aufs Krankenhausbett hüpft, wünschen sich wahrscheinlich beide, Mary würde immer ein kleines Mädchen bleiben. Doch Mary spürt schon, dass sie sich bald verändern wird. Sie hofft, dass sie dann nicht so sein wird wie ihre pubertierenden Brüder, deren Rüpelhaftigkeit die Familie so gelassen erträgt wie alles andere. |
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Bewertung vom 04.01.2017 | ||
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ampbell Cooper lebt in Osceola County/Florida, dort wo Urlauber sich von einem Besuch in Disney World die Erfüllung ihrer Träume erhoffen. Die Menschen brauchen Wunder, meint Campbell. Für die Mitarbeiter ist der angeordnete Frohsinn wenig wundervoll. Sie müssen sich bei der Arbeit und sogar im Privatleben rigiden Regeln der Themenpark-Betreiber unterwerfen, um die Illusionen der Besucher zu erhalten. In einem der Hotels trat Cams verstorbener Vater als Feuertänzer auf. Die ihm verordnete Rolle als Berufs-Insulaner breitete sich bis ins Privatleben der Familie Cooper aus, so dass die Familie glauben könnte, ihre Vorfahren stammten wirklich aus Hawaii. Mit einer Familien-Jahreskarte für den Arbeitsplatz der Eltern verlieren Träume irgendwann ihre Wirkung. Außer einem Job als angestellte Comicfigur bietet sich für Mädchen wie Cam nur die Perspektive, Kinder zu bekommen und ihr Leben in einem Trailerpark zu verbringen. Cam hofft nicht mehr auf Wunder. Sie leidet an einem Neuroblastom, einer Krebserkrankung, bei der kleine Kinder realistische Überlebenschancen haben. Jugendliche jedoch nicht. Cam geht es miserabel; sie will keine Reisen zu Wunderheilern mehr, keine Versuche mit ungetesteten Wundermitteln und keinen aufgesetzten Optimismus, damit die Gesunden nicht unter Cams Krankheit leiden müssen. Cam sieht erbärmlich mager aus. Doch ihre Mutter kann sich noch nicht damit abfinden, dass ihre ältere Tochter keine Hulatänzerin mit barocken Formen werden wird. Lily, seit der Chemotherapie in der Klinik Cams beste Freundin und Schicksalsgenossin, glaubt an die Macht handgeschriebener Wunschlisten. Wer nicht mehr lange zu leben hat, möchte vielleicht einfach wissen, wie sich der erste Sex anfühlt. Cam weiß, dass sie keine Zukunft hat, und muss die Illusion ihrer Mutter ertragen, für Cam gäbe es ein normales Leben samt Studienbeginn im Herbst. Mutter Alicia will mit einem letzten Aufbäumen gegen Cams Krankheit die Familie nach "Promise", einen mystischen, heilkräftigen Ort in Maine transportieren. Cam müsste protestieren und einfach nur Ruhe für sich fordern, doch sie will Mutter und Schwester nicht die Hoffnung rauben. - "Sie [Cam] war noch nie an einem Ort gewesen, der nicht vorgab, etwas anderes zu sein." (S. 113) stellt Cam beeindruckt fest. Auch wenn einige Leute wie aus dem Katalog eines Outdoor-Ausstatters wirken, empfindet Cam den kleinen Ort, in dem sie sich den Sommer über niederlassen, und seine Bewohner als authentisch. Die Begegnung mit Asher, der ganz anders lebt als Cam das aus ihrer schönen künstlichen Welt in Florida kennt, bringt Cam dem Abhaken ihrer Liste letzter Wünsche einen bedeutenden Schritt näher. Cam macht in Promise eine erstaunliche Wandlung durch. In diesem Sommer dreht sich nicht mehr alles um sie und um die tödliche Krankheit. Cam nimmt zum ersten Mal die Last ihrer Mutter wahr, die ihre Töchter allein durchbringt, und sie erkennt, dass Geschwister von schwer kranken Patienten immer erst an zweiter Stelle kommen. - Cam, mit dem Namen einer Dosensuppe geschlagen, zeigt sich als hinreißend sarkastische Person, für die diplomatisches Verhalten offenbar ein Fremdwort ist. Nach einer Odyssee durch diverse Behandlungsmethoden und ihrer Begegnung mit Wohltätern des "Krebs-Establishment" ist das Mädchen mit allen Wassern gewaschen und fähig selbst einen erfahrenen Pychotherapeuten auszutricksen. Cams Lust, einfach bösartig rumzupubertieren, weil sie weiß, wie sie andere verletzen kann, macht es Wendy Wunders Lesern leicht, nicht vor Mitleid mit Cams Schicksal in Tränen zu zerfließen. Auch wenn das Buch etwas zu offensichtlich auf der erfolgreichen Welle von "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" reitet, ist es für mich ein großartiger Roman im richtigen Moment und schon jetzt eines der beeindruckendsten Bücher des Jahres. |
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