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Volker M.

Bewertungen

Insgesamt 374 Bewertungen
Bewertung vom 16.09.2023
Kuriose Pflanzen
Perry, Michael

Kuriose Pflanzen


ausgezeichnet

Die Welt der Pflanzen steckt voller Überraschungen und Michael Perry ist immer auf der Suche danach. Sein Podcast hat ihn in Großbritannien berühmt gemacht und mittlerweile ist er dort auch im Fernsehen sehr präsent.

„Kuriose Pflanzen“ versammelt eine Auswahl von besonders interessanten Arten, die ungewöhnliche Strategien verfolgen, für uns Menschen von besonderer Bedeutung sind oder einfach nur sehr, sehr exotisch aussehen. Michael Perry, ein ausgebildeter Gärtner, hat stets die Kultivierung mit im Blick, aber nicht alles, was man gerne im Haus oder Garten haben will, eignet sich dafür. Und bei einigen „bösen Buben“ will man es auch gar nicht. Fast alle von Perry ausgewählte Arten sind nicht nur für interessante Geschichten zur Pflanzenbiologie oder -ökologie gut, sondern sie haben auch ordentliche Schauwerte. Im Plauderton liefert Perry lustige und spannende Anekdoten, die manchmal selbst für Botanik-Geeks noch echte Überraschungen bieten. Vieles kennt man zwar, wenn man sich etwas auskennt, und es ist auch nicht alles völlig korrekt (Diptam ist alles andere als eine harmlose, hübsche Pflanze!), aber die Attraktivität der Pflanzen und der Geschichten wird dadurch in keiner Weise geschmälert.

Das Buch ist mit den detaillierten Zeichnungen des Pflanzenillustrators Aaron Apsley wunderschön illustriert und das Seitenlayout ist ebenfalls sehr ansprechend gemacht. Durch die einfache Sprache und anschaulichen Beschreibungen ist „Kuriose Pflanzen“ auch für ein jüngeres Publikum hervorragend geeignet, selbst wenn das Kapitel „Nicht jugendfrei“ etwas anderes suggeriert. In der charmant-britischen Art, mit der Perry das Thema behandelt, ist es hierzulande absolut stubenrein.

(Dieses Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.09.2023
Die Vivarini
Müller, Rebecca

Die Vivarini


ausgezeichnet

Obwohl die Vivarini in der zweiten Hälfte des Quatrocento zu den bedeutendsten Malerfamilien Venedigs gehörten, sind sie erstaunlich lückenhaft erforscht. Das liegt vor allem an der schlechten Quellenlage, sowohl was Signaturen und Datierungen auf den Werken angeht, als auch biografische Quellen und Überlieferungsgeschichte. In ihrer Habilitationsschrift hat Rebecca Müller eine umfassende Neubewertung der Literatur vorgenommen und sich bemüht, die vielen Aspekte in eine möglichst kohärente Argumentation einzugliedern.
Zunächst sortiert sie die biografischen Ankerpunkte, wobei eine Neudatierung von Alvise Vivarinis Geburtszeitraum eine bisher bestehende Lücke bezüglich seines Frühwerks schließen kann. Neben Alvise sind dessen Vater Antonio und sein Onkel Bartolomeo, sowie der in Künstlergemeinschaft mit Antonio arbeitende Giovanni d’Alemagna Ziel der Untersuchung.
Ein wesentlicher Punkt ist die Frage nach den Auftraggebern. Neben kirchlichen erhalten alle Vivarinis auch Aufträge aus den venezianischen Scuolas und von wohlhabenden Privatleuten. Lediglich Bartolomeo scheint einen gewissen Teil seiner Produktion auf den Handel ausgerichtet zu haben, aber die meisten Werke sind nach Müllers Analyse direkte Auftragsarbeiten. Sie findet auch keine Hinweise auf klassische Künstlerpatronage oder ein ausgeprägtes soziales Netzwerk, aus denen die Vivarinis ihre Aufträge quasi „vererben“.

Die Monografie ist weder ein Catalogue raisonné der Werke, noch intendiert sie Kriterien zu entwickeln, um Zuschreibungen oder Händescheidungen zu erlauben. Auch die Frage nach „eigenhändig“, „Werkstatt“ oder „Umkreis“ bleibt unbeantwortet, insbesondere da die materialtechnischen Untersuchungen an Originalwerken bisher äußerst lückenhaft und unsystematisch sind. Im Rahmen der Monografie wurden keine neuen Untersuchungen durchgeführt und es wurde, bis auf eine kleine Musterzeichnung, auch kein neues Werk der Vivarini identifiziert. Was sich allerdings sehr klar abzeichnet, ist die ikonografische, typologische und stilistische Unterscheidung der Werkgruppen Antonio/Bartolomeo/Alvise. Antonio ist noch völlig dem Spätmittelalter verhaftet, Bartolomeo greift dagegen virtuos neue Einflüsse (Mantegna) auf und ist auch maltechnisch auf der Höhe seiner Zeit. Alvise hat wieder einen ganz eigenständigen Stil, flächig und kantig, er vollzieht auch als Einziger den Schritt von der Temperamalerei auf Holz hin zu Öl auf Leinwand und erschließt sich mit der Historien- und Portraitmalerei neue Genres. Rebecca Müller schlussfolgert sehr nachvollziehbar, dass es eine malerische „Familientradition“ der Vivarini nicht gibt. Die einzelnen Generationen und Werkstätten zeigen weder nahtlose Übergangsformen, noch klare Lehrer-Schüler Verhältnisse.

Die schon angesprochene Frage nach dem Einfluss der Auftraggeber wird am Beispiel der Nonnenstiftung von S. Zaccaria im Detail untersucht. Die komplette Ausgestaltung der Kapelle aus der Hand Antonio Vivarinis, mit Altarretabel und Wandmalereien, zeigt das sehr gut erhaltene und auch in der Quellenlage gut überlieferte Ensemble als ein konzeptionelles Gesamtkunstwerk.

Ein weiterer Punkt ist die organisatorische Ausgestaltung der Malerzunft in Venedig und die, größtenteils hypothetische Organisation der Vivarini Werkstätten. Es zeigen sich überraschend große Freiheiten bei der Mitarbeiterwahl und Werkstattgröße, was früher geäußerte Vermutungen über statuarische Einschränkungen eindeutig widerlegt. Auch untersucht Rebecca Müller die Vertragsgestaltung bei Kooperationen zwischen Bildschnitzern und Malern in Venedig.

Der abschließende Teil behandelt die Werkgenese, wobei aus den schon genannten Gründen die Datenbasis relativ schwach ist. Die einzigen materialtechnischen Untersuchungen sind IR Aufnahmen der teilweise sehr detaillierten Unterzeichnungen. Es gibt keine Untersuchungen zu den Pigmenten oder Bindemitteln. Rebecca Müllers Analysen beschränken sich meist auf makroskopische Beobachtungen zu Maltechniken, Ikonografie und Typologie.

Auch wenn die Ausbeute an wirklich neuen Erkenntnissen insgesamt begrenzt ist, hat die Autorin durch die ausgesprochen sorgfältige und umfassende Literaturauswertung eine Basis geschaffen, die die bestehenden Lücken klar definiert und vor allem den Rahmen für zukünftige, systematische Untersuchungen vorgibt. Sie räumt viele Widersprüche in den Diskussionen der Vergangenheit aus und stellt auch prüfenswerte Hypothesen auf. In jedem Fall ist das Buch eine Fundgrube zur Organisation von Venedigs Malerzunft und der Situation der Werkstätten im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und künstlerischer Individualität.

(Dieses Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.09.2023
Eden
Adams, Robert

Eden


ausgezeichnet

Eden ist nicht das Paradies. Eden liegt irgendwo im Nirwana von Colorado, zerteilt durch einen Interstate Highway, die größten Touristenmagnete sind eine Tankstelle und ein Café, sofern man dem Ausschank diese Vokabel gönnen mag. Die Landschaft ist von der Sonne verbrannt, fast vegetationslos und unbesiedelt, aber von Zäunen eingesperrt. Ein in die Jahre gekommenes Reklameschild wirbt um Investoren für ein Land, das offenbar keiner haben will.

Eden ist nicht das Paradies und Robert Adams weiß es. Das einzige freundliche Wort, das er hört, kommt von der Kellnerin, ansonsten ist der unaufhörliche Motorenlärm seine Geräuschkulisse, die ihn bei seiner fotografischen Suche begleitet. In der Trostlosigkeit der Steppe liegt ein Rätsel, das sich nur im Bild erschließ, denn der Ort, dem seine Bewohner den Namen „Paradies“ gegeben haben, existierte schon lange bevor es Menschen gab. Wer die Leere sieht, die Robert Adams im Jahr 1968 antrifft, will meinen, dass dieses Paradies gerne weiter auf den Menschen verzichtet hätte, so lebensfeindlich ist die Natur geraten. Das einzig gepflegte Objekt inmitten verzagter Relikte menschlicher Aktivität scheint der Highway, der jeden Besucher schnell wieder aus der Hölle namens Paradies hinwegbefördert.

Der kleinformatige Band ist eine erweiterte Neuausgabe der Edition von 1999. Auf voluminösem, leicht getöntem Papier gedruckt, erhalten die schwarz-weißen Bilder im zurückgenommenen Layout genügend Raum, um zu wirken und das kurze Vorwort gibt keine Hinweise, außer zu Ort und Zeit, sondern stellt Eden bewusst als ein Rätsel dar, das jeder Betrachter für sich interpretieren und damit lösen muss.

Auch wenn sie den Anschein von Ewigkeit erwecken, frieren Adams Bilder eine vergangene Zeit ein. Man mag es sich kaum vorstellen, dass jemand hier freiwillig sein Leben verbringen will, aber wer ein bisschen weiter recherchiert, stellt fest, dass Eden heute ein Stadtteil von Pueblo ist. Nicht wohlhabend, aber mit allen Annehmlichkeiten amerikanischer Vorstädte. Kein Paradies, aber auch nicht die Vorhölle, die Robert Adams 1968 beschrieb.
Dieses Wissen hat etwas Tröstliches und ist vielleicht auch die Lösung des Rätsels: Der Mensch kann aus der Hölle sein Paradies erschaffen. Selbst wenn „Eden“ gar nicht nach dem Paradies, sondern nach einem Eisenbahnbeamten des 19. Jahrhunderts benannt wurde.

(Dieses Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.09.2023
Grow Up

Grow Up


ausgezeichnet

Grow Up ist ein sicher bewusst zweideutiger Titel für diesen spannenden Ausstellungskatalog. To grow up heißt sowohl „wachsen“ als auch „erwachsen werden“. Hier wird die Wechselbeziehung Mensch-Natur thematisiert, wobei die Natur für Wachstum steht, während der Mensch erwachsen wird. Oder zumindest werden sollte. Die Fotos stammen aus allen Teilen der Erde, insbesondere dem Tropengürtel, dessen Überfülle nur scheinbar unverwüstlich ist. Der Mensch dringt in diese Naturräume ein und beginnt sofort, sie zu verändern. So verdichtet sich der Einfluss des Menschen von Seite zu Seite. Die ersten Fotos zeigen noch unberührten Dschungel, dann folgen Subsistenzlandbau und kleine Siedlungen, bis am Ende die Natur so stark geschädigt ist, dass eine Koexistenz nicht mehr möglich ist. Die letzten beiden Beiträge stammen aus Deutschland, wo die Ahrtalflut die Grenzen des Wachstums zeigte und aus China, wo die dschungelhafte Skyline der Megametropole Chongching im Smog versinkt.

Dazwischen gibt es alle Spielarten der Interaktion. Ein besonders faszinierendes Fotoexperiment sind die aus photosensitiven Pflanzensäften geschaffenen Dschungelportraits von Escandon & Aya, bei denen Abbild und Objekt physisch miteinander verschmelzen. Mal humorvoll, mal mit erhobenem Zeigefinger zeigen die Fotografen der Ausstellung, wie wir mit der Natur umgehen. Mal behutsam, mal völlig rücksichtslos, mal unbedacht, mal voller Empathie und Dankbarkeit. Am Ende weiß der Betrachter nicht mehr wirklich, was er eigentlich als „zivilisierte Welt“ bezeichnen soll.
Paul Watzlawick hat gesagt, man kann nicht nicht kommunizieren. Grow Up zeigt, dass dasselbe auch für die Natur gilt. Wir leben und damit beeinflussen wir unsere natürliche Umgebung, wobei jede Kultur und jeder der hier vorgestellten Künstler einen eigenen Fußabdruck hinterlässt. Mal behutsam, mal völlig rücksichtslos, mal unbedacht, mal voller Empathie und Dankbarkeit.

(Dieses Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.09.2023
What Works on Wall Street
O´Shaughnessy, James P.

What Works on Wall Street


gut

Die Frage ist so alt wie die Börse: Bewegt sich der Aktienmarkt ohne Sinn und Verstand, wie es Burton G. Malkiel in „A Random Walk Down Wallstreet“ beschreibt oder belohnt er systematische Anlagestrategien? Davon ist James P. O´Shaughnessy überzeugt und analysiert in seinem Buch „What Works on Wall Street“ anhand von detaillierten Daten, die teilweise bis ins Jahr 1926 zurückreichen, dass es allgemeingültige Anlagestrategien gibt, die den Markt schlagen.

Die erste englischsprachige Ausgabe von „What Works on Wall Street“ erschien 1996 und hat sich zu einem Börsenbuchklassiker entwickelt, der mittlerweile in der 4. Auflage von 2012 vorliegt. Für die deutsche Erstübersetzung wurde auf die aktuelle Ausgabe zurückgegriffen, eine Aktualisierung oder Überarbeitung erfolgte nicht.
Noch eine kurze Anmerkung zu den historischen Daten: Der erste Datenbestand reicht zurück bis 1965. Ab der 3. Auflage wurde das Datenmaterial durch einen zweiten Datenbestand ergänzt, der weniger Merkmale enthält, dafür aber bis 1926 zurückreicht. Für beide Datensätze gilt: Sie enthalten nur Daten aus Nordamerika und nur bis 2009!
Diese Einschränkungen sind nicht unbedingt ein Nachteil. Der Autor hat nämlich festgestellt, dass viele der Empfehlungen, die sich aus dieser Langzeitanalyse ergeben, die gleichen sind wie die, die er bereits bei Erscheinen der ersten Auflage des Buches im Jahr 1996 gegeben hat.

Anleger tendieren dazu, der Anlageklasse mit der besten Performance hinterherzulaufen und alles, was länger als drei bis fünf Jahre zurückliegt, zu vernachlässigen. Dabei schlagen die meisten nicht einmal den S&P 500 Index. Für O'Shaughnessy ist es daher das Hauptziel des Buches, diese Investoren von ihrer Strategie abzubringen. Nur eine langfristige Betrachtung zeige, welche Anlagestrategien über einen längeren Zeitraum die beste Performance generieren. Mit seinem empirisch-rationalen Ansatz untersucht der Autor die Renditen nach Marktkapitalisierung, dann die Renditen nach einzelnen Faktoren und nach Kombinationen mehrerer Faktoren wie Kurs-Gewinn-Verhältnis (hohe KGVs sind gefährlich), Dividendenrendite, Bilanzkennzahlen (z. B. Verschuldungsgrad), Value-Faktoren und Eigenkapitalrendite.

„Die Menschen wollen glauben, dass sich die Gegenwart von der Vergangenheit unterscheidet.“, stellt O'Shaughnessy fest. Seine Analysen zeigen jedoch, dass dies nicht der Fall ist. Deshalb sei es wichtig, Anlageentscheidungen an langfristigen Ergebnissen auszurichten. Und genau hier liegt die Chance für Anleger: Der Preis einer Aktie wird immer noch von Menschen bestimmt, und solange diese ihr Urteilsvermögen von Angst, Gier, Hoffnung und Unwissenheit trüben lassen, werden sie Aktien weiterhin falsch bewerten und denjenigen Chancen einräumen, die sich strikt an einfache und langjährig erprobte Strategien zur Aktienauswahl halten.

Am Ende des Buches weiß der Leser, dass die besten Strategien nicht nur aus einem Faktor bestehen, sondern immer mit mindestens einem anderen Merkmal verknüpft sind – und das sogar mit geringerem Risiko. Bei der konkreten Umsetzung lässt O'Shaughnessy den Leser leider allein, so dass der praktische Nutzen all dieser Analysen aus meiner Sicht begrenzt bleibt bzw. sich an eine andere Zielgruppe (z. B. Fondsmanager) richtet. Hinzu kommt das ungute Gefühl, dass diese Strategien vielleicht doch veraltet sind, weil seit 2009 viele bisher normale Marktmechanismen aus dem Gleichgewicht geraten sind.

„What Works on Wall Street“ ist keine leichte Lektüre und für Einsteiger eher ungeeignet. Fundierte Kenntnisse von Unternehmenskennzahlen und deren englischen Bezeichnungen sind hilfreich, auch Zahlenreihen und Datengräber sollten nicht abschrecken. Insgesamt erfordert das Buch viel Zeit und Mühe, aber es liefert zumindest interessante Ansätze.

(Dieses Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.08.2023
Feldbestimmungsschlüssel für die Moose Deutschlands, Österreichs und der Schweiz
Düll, Ruprecht;Düll-Wunder, Barbara

Feldbestimmungsschlüssel für die Moose Deutschlands, Österreichs und der Schweiz


ausgezeichnet

Der bereits in zweiter Auflage erschienene Exkursionsführer „Moose einfach und sicher bestimmen“ richtet sich an den interessierten Laien (und angehenden Experten) und nimmt daher besonders Rücksicht auf die Bedürfnisse von Amateuren. Das zwar handliche, aber dennoch recht schwere Buch im Gelände herumzuschleppen, ist sicher nicht jedermanns Sache, weshalb sich der Verlag entschlossen hat, den sehr clever gemachten Bestimmungsschlüssel separat zu veröffentlichen.

Die Besonderheit des Schlüssels liegt darin, dass er weitgehend in sich geschlossen ist, d.h. obwohl er nicht alle im Gebiet vorkommenden Moose erfasst, sind die "Treffer" fast immer eindeutig, wenn sie konsequent nach dem Schlüssel bearbeitet wurden. Das erfordert eine hohe Expertise von den Autoren, aber auch besondere Sorgfalt beim Nutzer. Zur Ausrüstung im Gelände gehört eine 10-fach Lupe und eine Pinzette. Moose werden am besten frisch bestimmt, aber zur Absicherung sollte man auf jeden Fall eine Probe mitnehmen und zu Hause mit den Abbildungen und Beschreibungen im Exkursionsführer abgleichen.

Zum Schluss sei noch erwähnt, dass die Bestimmung von Moosen nicht zu den einfachen Übungen gehört. Das taxonomische Vokabular sollte man jedenfalls beherrschen, denn anders als im Exkursionsführer gibt es hier kein Glossar und auch keine Hilfszeichnungen (das wäre für die nächste Auflage vielleicht eine sinnvolle Ergänzung).

Abschließend noch ein Hinweis: Anders als in der Beschreibung angegeben, handelt es sich nicht um einen Auszug aus dem Bestimmungsschlüssel, sondern um den kompletten Schlüssel aus dem Exkursionsführer.

(Dieses Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.08.2023
Margarete Heymann-Loebenstein

Margarete Heymann-Loebenstein


sehr gut

Margarete Heymann-Loebenstein ist vor allem als Begründerin der Hael-Werkstätten für künstlerische Keramik in Marwitz bekannt. Ihre vom Bauhaus beeinflussten Formen und Dekore waren modern und gleichzeitig auf eine halbindustrielle Serienproduktion optimiert, was die kostengünstige Herstellung ermöglichte. Die Produkte waren anfangs äußerst erfolgreich, aber 1932 musste der Betrieb als Folge der Weltwirtschaftskrise schließen.

Die Monografie ist herausgegeben von Tobias Hoffmann und Anna Grosskopf vom Bröhan Museum und dem Sammler und Immobilienmakler Erhard Gerwien, die auch einige Einzelbeiträge liefern.
Beleuchtet wird die wechselhafte Biografie Margarete Heymann-Loebensteins insbesondere vor dem Hintergrund ihrer Ausbildung am Bauhaus und der Machtübernahme durch die Nazis, die sie 1936 zur Auswanderung zwangen. Den Rest ihres Lebens verbrachte sie in Großbritannien, wo sie allerdings wirtschaftlich nicht mehr an alte Erfolge anknüpfen konnte.
Die Quellenlage ist bemerkenswert umfangreich und wurde von den Autoren mit detektivischer Akribie recherchiert, wobei auch zahlreiche Zeugnisse Dritter einfließen. Die künstlerische Entwicklung wird detailliert aufgearbeitet und die exzellenten Fotos zeigen nicht nur ihre ikonischen Keramiken (z. B. die Tassen mit Scheibenhenkeln oder das stilbildende Dekor 144), sondern Objekte, Zeichnungen und Entwürfe aus allen Schaffensphasen. Durch die tiefgehende Recherche wird insbesondere ihre Zeit am Bauhaus, die Einflüsse einzelner Lehrer und der Eklat ihres Weggangs nach nur einem Jahr begreifbar, aber auch die Bedeutung wichtiger Mitarbeiter in den Hael-Werkstätten wird gewürdigt. Ein ganzes Kapitel widmet sich dem virtuosen Glasurmeister Franz Eggert, der hochinnovative Glasuren entwickelte, die Standards bis in unsere Gegenwart legten. Ein sehr interessantes Nebenthema ist der erst kürzlich entdeckte und hier erstmals in Teilen publizierte dritte Produktkatalog der Hael-Werkstätten. Er verwendet Produktfotografien ganz im Stil des „Neuen Sehens“, der von avantgardistischen Fotografen in den Zwanzigerjahren entwickelt wurde.

Es gibt auch einen deutlichen Kritikpunkt und das ist der Beitrag von Erhard Gerwien, der sich der Frage widmet, ob der Verkauf der Hael-Werkstätten an Hedwig Bollhagen im Jahr 1934 eine Zwangsarisierung war oder nicht. Hier scheint das Ergebnis vorher festgestanden zu haben. Der anklagende Grundton und die offensichtliche Parteinahme sind ein deutliches Signal, dass hier eine vorgefasste Meinung transportiert wird, denn die Hael-Werkstätten sind bereits ein Jahr vor der Machtergreifung geschlossen worden und waren wirtschaftlich schon länger defizitär. Das wird nicht oder nur am Rande thematisiert und Hedwig Bollhagen als ahnungslose Strohfrau dargestellt, die im Auftrag eines Nazis den Betrieb zu einem Spottpreis übernahm. So einfach ist die Sachlage eben nicht.
Diese Mängel haben die anderen Beiträge nicht. Sie sind ausgesprochen sachlich und ergehen sich niemals in Spekulationen, auch was Zuschreibungen und mögliche (aber eben nicht nachweisbare) Zusammenhänge angeht. Emotionalität darf bei wissenschaftlichem Vorgehen eben nicht die Fakten überlagern. Inhaltlich kommt es durch die zahlreichen Autoren teilweise zu Dopplungen, auch sind nicht alle Autoren stilistisch gleich begabt, aber die Fülle an Informationen liefern ein sehr lebendiges und dem Anschein nach vollständiges Bild von Margarete Heymann-Loebensteins Biografie. Der einzige Aspekt, der mir etwas zu kurz kam, ist ihre Persönlichkeitsstruktur, die nur selten thematisiert wird, aber aus meiner Sicht wichtig wäre.

Das ausgesprochen elegante Layout ist ebenfalls erwähnenswert. Es setzt die Kreationen ins rechte Licht, ist grafisch wunderbar aufgeräumt, übersichtlich und frisch. Bis auf die genannte Ausnahme ein rundum gelungener Band.

(Dieses Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.08.2023
Das Verschwinden des Josef Mengele
Matz;Mailliet, Jörg;Guez, Olivier

Das Verschwinden des Josef Mengele


ausgezeichnet

Zunächst sah es so aus, als hätte Josef Mengele das große Los gezogen, als er mit einigen Umwegen 1949 nach Argentinien kam. Südamerika war das Sammelbecken für Nazi-Flüchtlinge, denn hier waren sie absolut sicher vor den internationalen Strafbehörden. Mengele, der aus einer großbürgerlichen Familie stammte, gehörte bald zur High Society von Buenos Aires, wo die Nazigrößen vom „Vierten Reich“ schwadronierten. Aber das wilde Leben sollte bald vorbei sein. Der Mossad machte Jagd auf untergetauchte Nazis und schreckte selbst vor Entführungen nicht zurück. Mengele entwickelte bald eine ausgeprägte Paranoia, die ihn zwar vor dem Schicksal Adolf Eichmanns bewahrte, aber die jahrzehntelange Flucht durch diverse Länder und unter erniedrigenden Lebensbedingungen waren für den dünkelhaften und völlig uneinsichtigen Psychopathen schlimmer als der Tod. Er starb bei einem Badeunfall 1979 in Brasilien.

Die Graphic Novel erzählt die Geschichte von Mengeles Flucht und sein Abgleiten in die Paranoia in starken Bildern, die an den Film Noire erinnern. Düster und mit viel Zeitkolorit werden die entscheidenden Begegnungen geschildert, aber auch die Darstellung von Mengeles Persönlichkeitsstruktur, einer krankhaften Mischung aus Überlegenheitsdenken, Standesdünkel und Geltungsdrang, ist ein wichtiges Element, so wie die Verstrickungen der Familie. Als inhaltliche Vorlage diente das berühmte Buch von Olivier Guez, nur entsprechend dramaturgisch verdichtet. Manchmal sind mir die erzählerischen Sprünge dadurch ein wenig abrupt geraten, eine halbe Seite mehr hätte sicher eine klarere Linie gezeichnet, aber die Brüche sind nie von der Art, dass man den Faden verliert.

Die Geschichte ist so unglaublich und auch hochspannend, dass sie wie ein Roman mit raffinierter Dramaturgie wirkt: Der Verbrecher kommt zwar immer wieder mit knapper Not davon, aber seine „Freiheit“ ist letztlich schlimmer als jedes Gefängnis, insbesondere für einen Menschen mit Mengeles wahnhafter Persönlichkeitsstruktur. Am Ende bekommt er die verdiente Strafe, was die furchtbare Geschichte für den Leser überhaupt erst erträglich macht.

(Dieses Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.08.2023
Business Analysis und Requirements Engineering
Hruschka, Peter

Business Analysis und Requirements Engineering


ausgezeichnet

IT-Projekte scheitern aus den unterschiedlichsten Gründen, aber es ist unbestritten, dass unklare Ziele sowie fehlende, falsche, missverständliche oder sich ständig ändernde Anforderungen eine wesentliche Ursache dafür sind. Daher kommt dem Systemanalytiker, der im Wesentlichen für die Geschäftsprozess- und Anforderungsanalyse verantwortlich ist, eine besondere Bedeutung zu. Welche Aufgaben dies im Einzelnen sind, beschreibt Peter Hruschka in diesem Buch.

Eine kurze Vorbemerkung: Auch wenn der Buchtitel "Business Analysis und Requirements Engineering" recht sperrig klingt und ein trockenes Thema vermuten lässt, liest sich dieses Lehr- und Praxisbuch - nicht zuletzt wegen der guten Strukturierung, der vielen Grafiken und des übersichtlichen Layouts - außerordentlich flüssig und abwechslungsreich.

Zu Beginn seines Buches stellt Hruschka sein Buchthema - die Systemanalyse - in den Gesamtkontext von IT-Projekten, definiert wichtige Begriffe, beschreibt die Hauptaufgaben des Analytikers und positioniert ihn zu den anderen Projektbeteiligten wie Auftraggeber, Projektleiter, Programmierer und Tester.
Nicht überlesen sollte man das nächste wichtige Kapitel, in dem die drei wesentlichen Erfolgsfaktoren für einen erfolgreichen Projektstart erläutert werden: Definition des Projektziels, Ermittlung aller Beteiligten (Stakeholder) und Festlegung des Projektumfang (Scope). Besonders gründlich widmet er sich der wichtigen Abgrenzung, was zum Projekt bzw. System gehört und was nicht und stellt in diesem Zusammenhang das Kontextdiagramm aus der strukturierten Analyse vor.
Besonders gut hat mir gefallen, dass sukzessive mit der weiteren Beschreibung der Systemanalyse auch die Grundelemente der vereinheitlichten Modellierungssprache UML als gemeinsame Kommunikationsbasis verwendet werden. Wo es sinnvoll ist, beschreibt der Autor aber auch alternative Notationen.
So widmet er sich in den nächsten Kapiteln den funktionalen Anforderungen, Abläufen und Daten und beschreibt neben der Vorgehensweise auch die Darstellungsmöglichkeiten mit Anwendungsfällen (Use cases), Aktivitäts-, Klassen und Zustandsdiagrammen. Er erläutert, wie Anforderungen in Umgangssprache formuliert werden können, aber dennoch Qualitätsmerkmalen gerecht werden. So müssen Anforderungen u.a. eindeutig, konsistent, verständlich, vollständig und testbar sein. Konzepte müssen keinen Prosawettbewerb gewinnen und daher haben mir seine Satzschablone und die generellen Stilvorgaben besonders gut gefallen. Sie helfen Fehler von Anfang an zu minimieren.
In einem eigenen Kapitel beschäftigt sich der Autor mit dem oft vernachlässigten Thema der nichtfunktionalen Anforderungen – einen Begriff den Hruschka unpassend findet. Er bevorzugt die Begriffe „Qualitätsanforderungen“ wie z.B. gesetzliche Bestimmungen oder Verfügbarkeitsanforderungen sowie „Randbedingungen“ für das Produkt (z. B. vorgeschriebene Technologien), den Prozess (z.B. verpflichtendes Vorgehensmodell) oder des Managements (z. B. Budget und Zeitrahmen).
In den weiteren Kapiteln geht er dann noch weiter ins Detail, z. B. wie man Anforderungen ermittelt, prüft, abstimmt und verwaltet.
Im letzten Kapitel beschäftigt sich Hruschka schließlich noch mit den Werkzeugen für den Systemanalytiker, ohne spezielle Produkte zu nennen. Stattdessen beschreibt er, welche Kategorien es gibt und was es bei der Auswahl zu beachten gilt.

Ein Literatur- und Stichwortverzeichnis runden das Buch ab. Neben Links auf Internetquellen hätte ich mir als Download noch Checklisten, Musterdokumente und Beispiele gewünscht, die bei der Umsetzung sicherlich helfen würden.

Mit dem Kauf dieses Buches erhält man übrigens einen individuellen Code, mit dem sich das zugehörige eBook kostenfrei als PDF- oder epub-Datei herunterladen lässt.

Dieses Buch ist vor allem für alle die empfehlenswert, die sich fundiert und praxisnah in die Systemanalyse einarbeiten, die wichtigsten Notationen der UML lernen und sich auf die Zertifizierung vorbereiten wollen.

(Dieses Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.