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Lunamonique
Wohnort: 
Bremen

Bewertungen

Insgesamt 413 Bewertungen
Bewertung vom 02.05.2020
Mrs Fletcher
Perrotta, Tom

Mrs Fletcher


weniger gut

Von Schriftsteller und Drehbuchautor Tom Perrotta stammen u.a. die Romane „The Election“ und „Little Children“. In „Mrs Fletcher“ geht es um das Thema „Neuanfang“.

Brendan zieht aus und geht aufs College. Seine Mutter Eve beschließt einen Neuanfang. Ein Collegekurs soll sie aus der Einsamkeit reißen. Auf der Suche nach Freundschaft und Liebe macht sie ungewöhnliche Bekanntschaften.

Im Fokus steht anfangs die Mutter-Sohn-Beziehung. Brendan hat sich längst abgenabelt. Eve fällt der Abschied schwer. Sie kann noch nicht loslassen. Zu Beginn plätschert die Geschichte etwas dahin. Worauf laufen die zwei Perspektiven „Brendan“ und „Eve“ hinaus? Bei den wesentlichen Charakteren geht es darum, sich neu zu erfinden. Jeder hat sein Päckchen zu tragen, und alle sind auf unterschiedliche Weise auf der Suche nach der Liebe. Eves Veränderung geht relativ schnell vonstatten. Sie überwindet ungeahnte Grenzen. Es dauert etwas bis die Geschichte in Fahrt kommt und interessante Facetten zeigt. Der coole Brendan entdeckt derweil seine sanften Seiten. Anhand von Nebenfiguren werden Themen wie Mobbing und Demenz angerissen. Es gibt verschiedene Arten von Außenseitern. Die meisten Männer in der Geschichte kommen nicht gut weg. Veränderung liegt überall in der Luft. Mehr Perspektiven tauchen auf. Es geht um Vorurteile, um den Mut zu sich selbst und seinen Wünschen zu stehen. Bald liegt der Fokus auf unglückselige Sexabenteuer. Spekulationen werden in Gang gesetzt, wie sich welche Begegnung weiter entwickelt. Im letzten Buchdrittel fällt die Geschichte wieder auf Alltägliches und Banales zurück. Ein Zeitsprung und eine Entscheidung überraschen. Worin liegt die Botschaft des Romans? Sich Schritte zu trauen, Grenzen zu überwinden und Vorurteile abzulegen? So zerrissen wie zeitweise die Hauptfiguren Eve und Brendan ist auch der Leser.

Das Cover zeigt erst auf den zweiten Blick etwas Kreativität. Eine verschwommene, verheißungsvolle Duschszene hätte besser gepasst. „Mrs Fletcher“ fehlt es über lange Strecken an Atmosphäre und Intensität. Das Thema „Neuanfang“ hätte interessanter, raffinierter und spannender umgesetzt werden können. So enttäuscht der Roman.

Bewertung vom 01.05.2020
American Dirt
Cummins, Jeanine

American Dirt


ausgezeichnet

„American Dirt“ ist nach „Rip in Heaven“, „The Outside Boy“ und „The Crooked Branch“ der vierte Roman von Autorin Jeanine Cummins und der erste in deutscher Übersetzung.

Buchhändlerin Lydia und ihr Ehemann Journalist Sebastián wissen, dass sie auf einem Pulverfass sitzen. Wie sehr, wird ihnen erst klar, als Lydia eine erschreckende Wahrheit bewusst wird. Da ist es schon zu spät, und das Ausmaß der Bedrohung ist nicht mehr aufzuhalten.

Der packende Einstieg katapultiert den Leser in die Geschichte. Der neunjährige Luca wird mit seinen Erlebnissen, Eindrücken, seinem Verhalten und seiner Veränderung zum roten Faden des Romans, der wie ein Thriller anmutet. Tempo und Spannung sind von Anfang an hoch. Es gibt kaum Atempausen. Eine gefährliche Flucht beginnt. Nirgends sind Lydia und ihr Sohn sicher. An jeder Ecke können Spitzel und Verräter lauern. Wer steht auf der Gehaltsliste des Kartells? Diese Frage sorgt für eine anhaltende unterschwellige, drohende Gefahr. „Acapulco ist eine gefährliche Stadt und wird jeden Tag gefährlicher. Die Leute treffen Vorsichtsmaßnahmen, selbst in guten Gegenden wie dieser hier – ganz besonders in guten Gegenden wie dieser hier. Doch was nützen diese Vorsichtsmaßnahmen, wenn die Männer kommen?“ Das Thema „Ausufernde Kriminalität, Gewaltverbrechen in Mexiko“ wird in eine rasante, realitätsnahe Story mit greifbaren Charakteren verpackt. Es fällt leicht mit Lydia, Luca und bald auch ihren Wegbegleitern mitzufiebern. Die halsbrecherische Flucht nimmt immer mehr filmreife, aber auch lebensechte Züge an. So oder so ähnlich hätte sie tatsächlich passieren können. Die Herausforderungen und Widrigkeiten sind groß. Es geht ums nackte Überleben. Die Grausamkeiten, denen Lydia und Luca begegnen oder in Geschichten/Erinnerungen aufleben, sind schwer zu ertragen. Gut, dass viele Einzelheiten im Dunkeln bleiben. Der Roman setzt auf Emotionen, und die gibt es reichlich. Es gilt, die Hoffnung hochzuhalten, sich durchzukämpfen und Hilfe anzunehmen, wenn sie sich bietet, immer mit Misstrauen im Kopf. Wer weiß, was derjenige gerade im Schilde führt. Die Spannung steigt in brenzligen, undurchsichtigen Szenen. Nichts lässt sich vorausahnen. „Das ist ein Kreislauf, denkt sie. Jeden Tag kommt ein neuer Schrecken, und wenn er vorbei ist, kommt dieses surreale Gefühl der Losgelöstheit. Sie können schier nicht glauben, was sie gerade durchgemacht haben. Der Verstand ist magisch. Menschen sind magisch.“ Das Ende rührt zu Tränen. Bis zur letzten Minute atemberaubende Spannung.

Der Titel wird kreativ in Szene gesetzt. Die blutrote Schrift und ungewöhnliche Perspektive zieht alle Blicke aufs Buch. „American Dirt“ übertrifft die Erwartungen einer fesselnden Geschichte und lässt den Leser nicht mehr los. Sehr empfehlenswert! Ein wichtiges Buch, das den Opfer der Drogenkartelle und Milizen eine Stimme gibt.

Bewertung vom 25.04.2020
Ravensburger Exit Room Rätsel: Gefangen im Funpark
Löwenberg, Ute;Richter, Martine

Ravensburger Exit Room Rätsel: Gefangen im Funpark


sehr gut

Im „Ravensburger Exit Room Rätsel: Gefangen im Funpark“ von den Autoren Ute Löwenberg und Martine Richter wird in zwei Räumen ein Freizeitpark zum Leben erweckt.

Die Ravensburger Exit-Room-Buchreihe basiert auf dem Escape-Room-Trend. „Ein Geburtstag, wie du ihn dir gewünscht hast! Du bist mit deiner Familie und Freunden im Funpark und du darfst mit deinen Freunden ohne Begleitung zwei Stunden rumlaufen.“ Das Abenteuer beginnt mit der ersten Erlebniswahl. Es gilt, Rätsel zu lösen und sich aus dem jeweiligen Raum wieder zu befreien.

„Traust du dich hinein in diesen Funpark? Dann öffne die erste verschlossene Seite (mit einem Lineal oder Brieföffner).“ Die auftrennbaren Seiten, die das Spiel voranbringen, sorgen mit ihren zu entdeckenden Aufgaben und Geheimnissen für Spannung. Das Buch ist wie ein Notizheft mit karierten Seiten aufgebaut. Anhand von Sprechblasen führt die Lautsprecherstimme durch die Rätselräume. Die Illustrationen von Stefan Lohr sorgen für die Funpark-Atmosphäre. Der Gruselfaktor ist unterhaltsam und abenteuerlich in Szene gesetzt. Selbst ein Tipp muss noch kniffelig entschlüsselt werden. Die Gestaltung mit Illustrationen, Tintenklecksen, Fingerabdrücken, und einer Kette mit Sicherheitsschlössern, die sich durchs ganze Buch zieht, ist kreativ, modern und spricht Jungen wie Mädchen an. Es darf gebastelt und ins Buch hinein geschrieben werden. Anleitungen führen zu kurios versteckten Hinweisen. Sind die Aufforderungen üble Tricks oder helfen Sie weiter? Die Irrwege durch die Räume sind kindgerecht inszeniert. Es gilt, Mut zu beweisen, zu berühren und zu entdecken. Das Rätselbuch ermöglicht ein ähnliches Feeling wie im Escape-Room kann aber natürlich reale Erlebnisse nicht ersetzen. Die Idee zur Reihe ist originell. Jeder Band hat eine andere Handlungskulisse. Es tauchen immer wieder überraschende Widrigkeiten und Herausforderungen auf. Prüfungen müssen bewältigt werden. Nicht alles ist so, wie es erscheint. Zwei Themenzimmer sind zu wenig. Das gesamte Abenteuer hat nur einen Umfang von 96 Seiten. Es hätten gerne mehr Räume zum Thema sein können. Der Freizeitpark bietet unendliches Potential. Trotzdem eine interessante Reihe, die Kinder auf neue Art begeistern wird.

Das Cover hat Seriencharakter. Die lila Hintergrundfarbe ist etwas gewöhnungsbedürftig. Gut in Szene gesetzt sind die Funpark-Details. „Ravensburger Exit Room: Gefangen im Funpark“ ist für Kinder ab 8 Jahren gedacht. Es bringt z.B. bei Regenwetter das Abenteuer ins Haus. Am Ende können die Rätselfreunde herausfinden ob sie Rätseldummy, Ratefüchschen, Rätselheld oder Knobelkönig sind.

Bewertung vom 24.04.2020
Nur Rudi tanzte schräger / Familie Jupp Backes ermittelt Bd.3
Wood, Dany R.

Nur Rudi tanzte schräger / Familie Jupp Backes ermittelt Bd.3


ausgezeichnet

„Nur Rudi tanzte schräger“ ist Band 3 der Dorfkrimireihe von Autor Dany R. Wood. Oberkommissar Jupp Backes beweist in einem angeblichen Unfall eine gute Intuition.

Mit einem Trick schafft es Inge, ihren tanzfaulen Ehemann und Dorfpolizisten Jupp zu einem Tangokurs zu überreden. Der feurige und strenge Tanzlehrer Julio verlangt von seinen Schülern volle Konzentration. Dummerweise weilt er bald unter den Toten. Was ist passiert?

„Dein lieber Julio ist Argentinier, der hat das Hüftwackeln auf dem Wickeltisch gelernt und sein Rhythmusgefühl mit der Muttermilch aufgesaugt. Ich dagegen bin Saarländer und...“ Jupps Ausreden bezüglich der neuen gemeinsamen Freizeitbeschäftigung kommen bei Ehefrau Inge alles andere als gut an. Die sehr unterhaltsamen Dialoge sind gleichzeitig Hauptzutat und Würze der Krimireihe. Schmunzel- und Lachfaktor sind hoch. Das Ermittlertrio Inge, Jupp, Schwiegermutter und Internetvirtuosin Käthe kriegt es bald mit einer ganzen Liste von Verdächtigen zu tun. Das Verwirrspiel um Mörder und Motive ist gelungen. Die Hirschweiler haben einige Geheimnisse zu verbergen. Missverständnisse und die ein oder andere verfrühte Interpretation sorgen für viel Situationskomik. Der Plot zeigt Raffinesse. Viele Ideen und Details werden eingestreut. Jeder Charakter hat Persönlichkeit und trägt zur Handlung bei. Gerüchte und Ereignisse wirken wie aus dem Leben gegriffen. Tobsuchtsanfälle, Heulkrämpfe, Tanzexzesse, ganz Hirschweiler steht im Laufe der Geschichte Kopf. Nicht nur bei den Alibi-Überprüfungen hat Jupp wenig Feingefühl parat. Er tappt in Fettnäpfchen und kuriose Situationen. Mit jedem Puzzlestückchen Wahrheit werden neue Spekulationen angeheizt. Warum musste der Tangolehrer sterben? Die energiegeladene Käthe mit ihren besonderen Talenten ist ein Highlight der Geschichte. Jupp hat es nicht immer leicht mit der Frauenübermacht, profitiert aber auch von ihren klugen Einfällen. Gar nicht so einfach, sich nicht die Butter vom Brot nehmen zu lassen. Handlungsorte wie das Hirschweiler Rathaus mit ihren dörflichen Eigenarten unterstreichen den Charme der Geschichte. Bis zum Schluss hält das Verwirrspiel um den Tod des Tanzlehrers an. Die überraschende Auflösung ist gelungen. Das Ende auch. Der Ausklang „10 Tage später“ wirkt etwas überflüssig. Dafür ist das Nachwort ein nettes Plus, und es gibt ein paar extra Infos vom Autor.

Das Cover hat Seriencharakter und passt perfekt zum schrägen, humorvollen Dorfkrimi. Titel und Details machen Lust auf die Geschichte. „Nur Rudi tanzte schräger“ reißt von Anfang an mit. Das Thema „Tanzen“ zieht sich durch den ganzen Krimi und regt dazu an, auch mal eine Freestylesohle aufs Parkett zu legen. Das perfekte Gute-Laune-Buch, um aus dem Alltag auszubrechen.

Bewertung vom 19.04.2020
Only you - Alles beginnt in Rom
Eberlen, Kate

Only you - Alles beginnt in Rom


weniger gut

Der 19jährige Alf und die unnahbare Letty begegnen sich in Rom in einer Sprachschule. Alf gibt nicht auf und versucht weiter, die hübsche Engländerin näher kennenzulernen. Bald steckt er in einer Zwickmühle und vor einer Entscheidung, die alles verändert.

Von Anfang an hat die Geschichte ein träges Tempo. Trotz der vielen Details und Beschreibungen entsteht keine mitreißende Atmosphäre. Es fehlt der Zauber Roms. Beide Hauptfiguren wirken blass. Der erste Handlungsort „Italienischkurs“ ist nicht gut gewählt und nimmt zu viel Raum ein. Es kommt zu Wiederholungen. Die Geschichte gerät ins Stocken. Viel besser funktioniert hätten die Ich-Perspektiven „Letty und Alf“ im Wechsel. So wäre auch mehr Nähe zu den Charakteren entstanden. Letty weckt anfangs nicht viel Sympathie mit ihrem abweisenden Verhalten und ihrer eher verbitterten Art. Alf wirkt sympathisch, bis auch sein Verhalten zeitweise nicht mehr nachvollziehbar ist. Entscheidungen wollen nicht so richtig zu den Charakteren passen. Romantik kommt mit der gemeinsamen Tanzleidenschaft auf. Die Tanzszenen sind die Highlights der Geschichte. Wenn Intensität entsteht, hält sie nicht lange an. Ein Trauma aus der Vergangenheit wird zu schnell abgehandelt. Erzählstil und Handlungsaufbau überzeugen nicht. Zu viel Nebensächliches lenkt von der Liebesgeschichte ab. Das Blatt wendet sich etwas, mit einem entscheidenden Rückblick in die Vergangenheit und einer darauffolgenden Überraschung. Lettys Eigenarten und Verhalten lassen sich besser nachvollziehen. Endlich, und leider zu spät, nimmt die Geschichte Fahrt auf. Die Emotionen werden greifbarer. Das letzte Buchdrittel kann etwas wieder wettmachen. Selbst eine Nebenfigur dreht auf. Die letzten Kapitel und der Schluss berühren am meisten.

Titel und Farbkontraste ziehen alle Blicke aufs Buch. Ein kreatives und modernes Cover, das die Erwartungen schürt. „Only You – Alles beginnt in Rom“ bleibt hinter seinen Möglichkeiten zurück. Die Liebesgeschichte um Alf und Letty hätte viel mehr Potential gehabt. So enttäuscht sie zeitweise und nimmt einen zu selten gefangen.

Bewertung vom 08.04.2020
Rendezvous in zehn Jahren
Pinnow, Judith

Rendezvous in zehn Jahren


ausgezeichnet

„Rendezvous in zehn Jahren“ ist das neueste Werk von Schauspielerin, Moderatorin und Autorin Judith Pinnow. Eine schicksalhafte Begegnung sorgt für Turbulenzen.

Im Sommer 2011 verbringt Valerie ein Wochenende mit ihrer Schwester Anne in Amsterdam. In einem kleinen Café lernt sie den Holländer Ted kennen. Sie tauschen ihre Wünsche und Sehnsüchte aus, bis Ted Valerie ein Treffen am gleichen Ort in zehn Jahren vorschlägt. Was ist aus ihren Träumen geworden?

Die Idee zur Geschichte ist originell. Ted und Valerie lernen sich nur kurz kennen. Teds romantischer Vorschlag begeistert Valerie. Es dauert nicht lange, bis Ted die Erkenntnis kommt. Warum zehn Jahre warten? Eine verrückt-sympathische Suche beginnt. Das Thema „Liebe auf den ersten Blick“ wird geschickt mit Sehnsüchten nach Veränderung verknüpft, wie sie in fast jedem von uns schlummern. Das Glück ist zum Greifen nahe und verschwindet plötzlich spurlos. Eine vertane Chance, die auf der Seele lastet und in diesem Fall nicht mehr loslässt. Gegensätzliche Freunde auf beiden Seiten sorgen für zusätzlichen Unterhaltungswert. Besonders Teds bester Freund Roman bringt mit seiner locker direkten Art zum Schmunzeln. Die Liebesirrungen und Wirrungen nehmen zu. Verschiedene Handlungsorte und der häufige Perspektivenwechsel sorgen für Atmosphäre. Es fällt leicht, mit Valerie und Ted mitzufiebern. Kleine Winkelzüge und Überraschungen sind warmherzig eingebaut. Das Schicksal nimmt Fahrt auf und zeigt auch mal den Stinkefinger. Fast unmöglich, sich mit dieser Story nicht in Amsterdam zu verlieben. Eigenarten und Kulissen verzaubern. Die liebenswert schrägen Freunde erinnern ein bisschen an den Film „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“. Nach einer Achterbahn der Gefühle steuert alles auf einen Showdown hin. Es wird noch einmal eine Schippe drauf gelegt. Gelungen sind auch die kleinen Details bezüglich Vorlieben und Sehnsüchte bei allen Beteiligten. Emotionen schwappen auf den Leser über. Bis zur letzter Zeile beste Lesekost fürs Herz.

Titel und Pärchen sind kreativ und anziehend in Szene gesetzt. Das Cover stimmt auf eine romantische Liebesgeschichte ein. „Rendezvous in zehn Jahren“ erinnert an Filme wie „E-Mail für Dich“ und „Schlaflos in Seattle“. Dem Sog des Buches kann man sich nicht entziehen. Sehr empfehlenswert für alle, die verrückt nach ungewöhnlichen Liebesromanen sind.

Bewertung vom 05.04.2020
Mias Pferdewelt - Glaub an deinen Traum!
Bender, Mia;Angermayer, Karen Chr.

Mias Pferdewelt - Glaub an deinen Traum!


gut

„Mias Pferdewelt – Glaub an deinen Traum!“ ist das Buch zum Youtube-Kanal „Mias Pferdewelt“, geschrieben von Mia Bender mit Karen Christine Angermayer. Mias Debüt erzählt von ihrem Weg zum Pferd.

„Seit ich denken kann, wollte ich ein eigenes Pferd haben. Meine Eltern haben natürlich erst mal Nein gesagt, als ich ihnen davon erzählt habe. Aber ich wollte es unbedingt. Dieser Wunsch hat mich einfach nicht mehr losgelassen. Wie mein Traum dann doch endlich wahr wurde und wie das echte Leben mit einem Pferd so ist, davon erzähle ich dir in diesem Buch.“

Mit 10 Jahren ruft Mia den Youtube-Kanal „Mias Pferdewelt“ ins Leben. Ihr Vater unterstützt sie dabei. Erst war nur ein Video geplant, aber dann entwickelte sich durch die Kommentare daraus ein dauerhaftes Projekt. Das Buch zum Abenteuer „Pferd“ verströmt Mias Lebensfreude und ihre Begeisterung für Ponys, Pferde und alles was mit den Vierbeinern zu tun hat. Sie spricht damit vielen Mädchen aus der Seele. Die Buchgestaltung in Rosa mit Verzierungen auf Cover, Buchschnitt und Seiten wirkt mädchenhaft und modern. Der Erzählstil ist authentisch. Jede Menge Fotos ergänzen die Texte und gewähren Einblicke in Mias Leben mit den kleinen und großen Reittieren. Der Youtube-Kanal setzt Freundschaften mit Pferde-Profis in Gang, die Mias Reitlaufbahn und ihren Umgang mit Pferden prägen. Mias sehnlichster Wunsch nach einem eigenen Pferd geht in Erfüllung. Wie genau sie das geschafft hat, sich mit 12 Jahren ein eigenes Pferd zu finanzieren, wird nicht erzählt. Auch wird nicht auf die zusätzlichen Kosten eingegangen. Die Steckbriefe zu Mia und ihrem Pferd Gini stellen das Team auf besondere Weise vor. Am Ende des Buches erklärt ein Mini-Lexikon Pferdebegriffe. Das Buch weckt viel Sympathie für Mia und ihre Pferdeliebe und macht anderen Kindern Mut, an ihre Träume zu glauben. „Witzig ist ja auch, dass ich nie einen Braunen wollte, aber Gini ein Brauner ist. Manchmal erfüllt dir das leben deine Träume eben auf andere Weise, als du ursprünglich gedacht hast. ;) Man muss auch ein bisschen offen sein für das, was man bekommt und was einen findet.“

Das Cover zeigt ein unschlagbares Team und Mias Liebe zu Gini. „Mias Pferdewelt – Glaub an deinen Traum!“ ist für Kinder ab 12 Jahren gedacht und spricht hauptsächlich Mädchen an. Das Buch wendet sich an Fans und die, die es noch werden wollen. Mias ungewöhnlicher Weg ist interessant. Sie geht auch drauf ein, dass nicht alles immer so rosig ist und auch eine Youtuberin und Pferdebesitzerin mit Abschieden und Enttäuschungen zu kämpfen hat. Das Buch umfasst Mias Abenteuer von 10 bis 15 Jahren und könnte daher auch schon ab Zehnjährige interessieren.

Bewertung vom 01.04.2020
Das Lied der Sonne
Wolf, Jennifer

Das Lied der Sonne


sehr gut

Triologie. In „Das Lied der Sonne“ wird Lanea vor eine große Herausforderung gestellt.

Großkönig Rasmus liegt im Sterben. Sein Nachfolger Aaren darf nur regieren, wenn er heiratet. Die ranghöchsten Mädchen aus jedem Land in Valean sollen nach Kingsplains reisen. Der Vater von Häuptlingstochter Kanani ersinnt einen Plan, wie er sie schützen kann. Kananis beste Freundin Lanea soll in ihre Rolle schlüpfen und die Reise antreten.

Das Leben der Menschen in Palilan im Einklang mit der Natur, ihre Liebe zu Sonne und Meer, hinterlässt Eindruck. Die Idylle, Zusammenhalt und Miteinander, sind gut in Szene gesetzt. Die Geschichte wird in der Ich-Perspektive aus Sicht von Lanea erzählt. Sie merkt, dass sich ihre Freundin Kanani sorgt, ahnt jedoch nicht, was dahinter steckt. Das Thema „Vorurteile“ nimmt Raum ein. Die Menschen aus Palilan gelten als Wilde. Kaum einer von ihnen kennt die Welt außerhalb ihres Landes. Welches Geheimnis verbirgt Laneas Mutter Okelanie? Sie scheint sich darauf zu freuen, ihr Tochter zu begleiten. Das Rätsel um Okelanie und der Rollentausch Kanani und Lanea sorgen für Spannung. Auch um Prinz Aaren gibt es ein Geheimnis. Er wirkt wie ein Phantom. Ist er genauso grausam wie sein Vater? Die Gegensätze zwischen Arm und Reich berühren. Vorurteile, Ungerechtigkeiten, Machtgier, Hass, Intrigen, es gibt Parallelen zu unserer heutigen Zeit. Lanea zeigt ihr gutes Herz mit Mitgefühl, Sorge und Liebe. Alle aus ihrem Volk sind Sympathieträger und erinnern an unsere Ureinwohner. Sie brauchen kein Geld als Zahlungsmittel. Die Natur gibt ihnen alles, was sie brauchen. Mit einer ungewöhnlichen Liebesgeschichte gewinnt der Roman an Zauber. Widrigkeiten und Herausforderungen stehen ihnen im Weg. Erste Rätsel werden gelöst und neue tauchen auf. Eine lauernde Gefahr unterstreicht die Aussichtslosigkeit. So manche Passage hätte eine größere Seitenanzahl verdient. Im letzten Buchdrittel driftet die Handlung etwas ins Kitschige ab. Nicht jedes Verhalten ist nachvollziehbar. Der lang erwartende Showdown ist viel zu kurz geraten. Das Ende versöhnt. Wird es eine Fortsetzung geben?

Die mystische und kreative Gestaltung setzt den Titel edel in Szene und stimmt auf eine ungewöhnliche Geschichte ein. „Das Lied der Sonne“ wird für Jugendliche ab 14 Jahren empfohlen und spricht auch Erwachsene an. Eine abenteuerliche Liebesgeschichte mit viel Herz und Ideenreichtum erzählt.

Bewertung vom 23.03.2020
Das eiserne Herz des Charlie Berg
Stuertz, Sebastian

Das eiserne Herz des Charlie Berg


sehr gut

„Das eiserne Herz des Charlie Berg“ ist der Debüt-Roman von Autor, Medienkünstler, Musikproduzent und Podcaster Sebastian Stuertz. Charlies Wunschtraum gerät durch ungeahnte Widrigkeiten ins Wanken.

Der Zivildienst im Leuchtturm der Vogelwarte ist in trockenen Tüchern. Sehnsüchtig wartet Charlie Berg auf den Moment, dass er ausziehen kann, und dann löst ein schicksalhaftes Ereignis eine Kettenreaktion aus.

Der Roman spielt in Piesbach in den 90ziger Jahren. Der erste Satz bildet einen perfekten Einstieg in eine kuriose, schräge und ungewöhnliche Geschichte. Charlie hat einen überdurchschnittlichen Geruchssinn und nimmt die Ereignisse über Duftkombinationen wahr. Die Idee ist originell und unterstreicht die jeweilige Atmosphäre auf besondere Art und Weise. Charlie Berg hat einen Hang zur Perfektion, liebt bestimmte Parfümsorten und führt ein Archiv, in dem er seine Dokumention der Ereignisse festhält. Seine Schwester ist Autistin und verrückt nach Büchern. Jedes Familienmitglied hat seine speziellen Eigenarten. Rückblicke entführen den Leser in Charlies Kindheit und erzählen von einer ungewöhnlichen Freundschaft, Mobbing und Charlies Weg zur Supernase. Der Roman sprüht vor Einfallsreichtum, Warmherzigkeit und schrägen bis spannenden Verwicklungen. Die Kindheit mit Oma entwickelt sich zur eigenen Geschichte. Traditionen und Abenteuer, die Oma ersetzt eine kaltherzige Mutter, die sich längst von ihren Kindern abgewandt hat und mit deren Liebe sie nichts anfangen kann. Nicht nur Hauptfigur Charlie macht eine Entwicklung durch. Jeder Charakter wirkt, als hätte ihm der Autor Leben eingehaucht. Der Mittelteil des Romans ist ein bisschen zu sehr von Pubertät und skurriler Experimentierfreude geprägt. Abgedreht und drüber, der Eindruck entsteht. Zum Schluss nimmt die Geschichte noch einmal richtig Fahrt auf. Überraschende Wendungen und Paukenschläge bringen zum Staunen und Schmunzeln. Hier offenbart sich der sehr gut durchdachte Plot. Schräges darf nicht fehlen. Selbst in den letzten Sätzen sprühen noch einmal die Funken.

Der Titel lässt nur annähernd erahnen, was sich dahinter verbirgt. Das Cover zeigt eine märchenhafte Idylle und lässt die weiße Schrift ins Auge springen. Auf das „Das Eiserne Herz des Charlie Berg“ kann man nicht vorbereiten. Der 720-Seiten-Wälzer hat einen hohen Unterhaltungswert für alle, die über außergewöhnliche und schräge Geschichten schmunzeln und lachen können und sich auch mal zum Kopfschütteln verleiten lassen. Im Nachhinein lässt sich das Potpourri sogar als Liebesgeschichte bezeichnen. Eintauchen und mitreißen lassen!

Bewertung vom 15.03.2020
Haarmann
Kurbjuweit, Dirk

Haarmann


ausgezeichnet

In „Haarmann“ taucht Autor und Journalist Dirk Kurbjuweit in den spektakulären Kriminalfall rund um den Serienmörder Fritz Haarmann ein und strickt daraus einen packenden Kriminalroman.

Kommissar Robert Lahnstein wird nach Hannover versetzt. Die Ermittlungen in einer Vermissten-Serie stecken fest. Spekulationen verlaufen im Sande. Kein Muster ist in den Fällen der verschwundenen Jungs zu erkennen. Es gibt keine Leichen und keine Spur. Ihm Polizeiarchiv macht Lahnstein eine seltsame Entdeckung.

Das Schicksal eines Jungen, seine Hoffnungen und Ziele berühren. Der Leser begleitet ihn auf seiner Reise. Er wird zum roten Faden der Geschichte. Handlungswechsel, Hysterie und Gerüchte, die Vermissten-Serie schürt die Angst der Menschen. Kommissar Robert Lahnstein steht unter Druck, die stetig ansteigende Zahl von Fällen aufzuklären. Persönliches macht die Hauptfigur zusätzlich greifbar. Er hat mit einem Trauma zu kämpfen, das ihn in Alpträumen heimsucht. Ihn quälen privat und beruflich Schuldgefühle. Bald glaubt Lahnstein nicht mehr an die Theorien, wohin die Jungs verschwunden sein könnten. Die Suche nach dem Motiv lässt ihn nicht ruhen. Kurze Sätze verdichten die Atmosphäre. Das Düstere und der Gruselfaktor steigern sich im Laufe der Geschichte. Perspektivwechsel zwischen Ermittler, Opfer und Täter unterstreichen den zunehmenden Schrecken. Trauer und Verlust, die Sicht der Mütter, Verzweiflung, Unglauben, Hoffnung, bewegt. „Ich komme wieder, sagte sie, so lange, bis Sie unser Kind gefunden haben, bis Sie uns sagen können, wie unser Kind gestorben ist. Vorher finden wir keine Ruhe. Es ist Ihre Pflicht, uns unseren Sohn zurückzugeben, auch wenn er nicht mehr lebt.“ Hannover in den 20er Jahren, Geschichte und Politik, Lahnstein wird zum Spielball der Akteure und zweifelt zunehmend an sich und seinen Fähigkeiten. Der Plot ist mit all seinen Facetten, besonders auch Lahnsteins privatem Verlust, raffiniert gestrickt. Wahrheiten und Ausmaß im letzten Buchdrittel sind schwer zu ertragen. Der Krimi geht unter die Haut, offenbart menschliche Schwächen und Verstrickungen, Ignoranz, Lügen und Täuschungen. Lahnstein ist eine gewichtige Hauptfigur, kein Held, sondern einer, der mit Widrigkeiten, Vertrauensverlusten, Intrigen und Mauern des Schweigens zu kämpfen hat und den Ereignissen zeitweise ohnmächtig gegenüber steht.

Das Cover setzt das Bedrohliche wirkungsvoll in Szene. Der kurze, prägnante Titel entfaltet seine Wirkung. „Haarmann“ entwickelt von Anfang an eine ungewöhnliche Intensität und lässt den Leser nicht mehr los. Menschliche Abgründe erschüttern. Ein Kriminalroman, der auch nach dem Zuklappen des Buches noch düster nachhallt.