Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Philo
Wohnort: 
Frankfurt am Main
Über mich: 
Lesen ist mein liebstes Hobby

Bewertungen

Insgesamt 424 Bewertungen
Bewertung vom 21.06.2021
Das Buch des Totengräbers / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.1
Pötzsch, Oliver

Das Buch des Totengräbers / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.1


ausgezeichnet

Das Cover zeigt sehr anschaulich, wo sich das Geschehen abspielt. Im Hintergrund der Stephansdom. Darüber schwebt ein großes Kreuz. Das Cover ist gut gewählt und auch der Titel ist sehr passend. Auch wenn es um die Morde an drei Dienstmägden und die Ermittlungen des neuen Inspektors Leopold von Herzfeldt geht, ist es für mich in erster Linie die Geschichte des Totengräbers Augustin Rothmayer. Er ist für mich die interessanteste Figur im Buch. Er lebt zurückgezogen auf dem Wiener Zentralfriedhof. Ein schrulliger, aber hochintelligenter Mann, der alles über den Tod zu berichten weiß. In seiner freien Zeit schreibt er den ersten Almanach für Totengräber, ein wahrhaft aufschlussreiches, aber auch gruseliges Werk, das ich mit großem Interesse gelesen habe.

Der neue Inspektor, der aus Graz nach Wien versetzt wurde, hat es zunächst nicht leicht. Seine Kollegen haben kein Verständnis für seine neuen Ermittlungsmethoden, obwohl diese neuen Methoden bahnbrechend für die spätere Aufklärung in Mordfällen waren.

Leopold von Herzfeldt wird von den Ermittlungen abgezogen. Aber er ist voller Ehrgeiz und ermittelt auf eigene Faust weiter. Unterstützung bekommt er von der jungen Telefonistin Julia Wolf, die sich hauptsächlich für die neuartige Fotografie interessiert.

Für mein Empfinden übertreibt der junge Inspektor in seinem Bemühen, die Morde aufzuklären und gerät öfter mal auf eine falsche Fährte. Er muss noch einiges lernen. Im vorliegenden Fall hilft ihm das Zusammentreffen mit dem Totengräber, der ihn auf die rechte Spur führt.

Dieses Buch nimmt seine Leser mit ins Wien von 1893. Man erfährt viel über die Stadt, ihre Menschen, über die Armut, die in den dunklen Vierteln der Stadt herrscht und in der gerade die Mädchen und Frauen sich ihren Peinigern nicht entziehen können. Das Buch ist gut recherchiert, die Protagonisten allesamt gut charakterisiert. Es hat Gänsehautcharakter, was zum Titel und Inhalt passt. Ich habe das Buch gerne gelesen und möchte es gerne weiterempfehlen.

Bewertung vom 19.06.2021
Letzte Ehre
Ani, Friedrich

Letzte Ehre


ausgezeichnet

Das Cover beeindruckt und passt zum Buch. Den Sprachstil des Autors bewundere ich seit Jahren in seinen Büchern, seine Sprachgewandtheit und seine Redewendungen. Der Leser wird gefordert, hinter den Zeilen zu lesen, weil Friedrich Ani nicht alles beim Namen benennt, sondern auf die Vorstellungskraft seiner Leser setzt.

„Die Letzte Ehre“ ist nicht nur Krimi oder Roman, sondern beides. Der Roman bringt dem Leser die Protagonisten näher, im Krimi setzt sich der Autor mit den Verbrechen auseinander. Es gibt vier Erzählstränge, die zunächst anscheinend nichts miteinander zu tun haben. Aber wie immer gelingt es dem Autor in unnachahmlicher Weise, die Fäden miteinander zu verknüpfen. Gut recherchiert und zusammengefügt, ergibt sich ein stimmiges Ganzes.

Die Kommisssarin Fariza-Marie Nasri hat schon mehrfach bei Friedrich Ani ermittelt, aber dieses Mal hat sie die Hauptlast der Ermittlungen zu tragen. Da ist zunächst der Fall der spurlos verschwundenen 17jährigen Schülerin Finja, wodurch ein Verdächtiger in den Focus der Ermittlungen rückt. Und er fällt auf bei einer Kneipenschlägerei, die zu einem 10 Jahre zurückliegenden Verbrechen führt. Dabei wird Nasris Augenmerk auf Ines Kaltensee gelenkt, deren Schicksal sie in langen von großer Geduld und Empathie getragenen Verhören ans Tageslicht bringt. Dieses Verhör fordert dem Leser innere Kraft ab. Indem Friedrich Ani seine Protagonistin nur auf Andeutungen reduziert, wird die Vorstellungskraft der Leser gefordert.

Ein persönlicher Schicksalsschlag läßt Nasri schier verzweifeln. Ihre beste Freundin wird in ihrer Wohnung fast zu Tode geprügelt. Wegen Befangenheit wird ihr die Ermittlung entzogen, was sie jedoch nicht davon abhält, auf eigene Faust weiter zu ermitteln. Sie gerät auf die richtige Spur, aber der Fall nimmt ein bitteres Ende.

Die Kommissarin ist eine Verhörspezialistin, die nicht nachgibt, bis die Wahrheit ans Tageslicht kommt. Letztendlich sind alle Fäden miteinander verknüpft, das ist die Kunst des Autors. Wie immer eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 11.05.2021
Als wir uns die Welt versprachen
Casagrande, Romina

Als wir uns die Welt versprachen


gut

Das Buch über Edna und Jakob geht weit zurück in die Vergangenheit und behandelt zunächst einmal deren Schicksal als Schwabenkinder. Auch wenn ich darüber schon viel gehört habe, hat mich deren Verkauf auf Bauernhöfe von Südtirol nach Schwaben wieder erschüttert. Die Autorin beschreibt in gut lesbarer Erzählform, wie arme Bergbauern ihre Kinder nach Schwaben an reiche Bauern verkauften in der Hoffnung, daß es ihnen dort besser gehen würde. Aber weit gefehlt. Sie mußten dort schwerste Arbeiten verrichten, bekamen nicht ausreichend zu essen und waren erbarmungswürdig untergebracht. Schrecklich zu lesen ist, daß die Mädchen nicht vor den Übergriffen der Knechte geschützt wurden.

Edna und Jakob beschließen, aus ihrer Gefangenschaft zu fliehen und bereiten ihre Flucht akribisch vor. Bei dem Fluchtversuch werden sie getrennt. Nur Edna entkommt mit einem Papagei, der eigentlich Jakob gehört.

In einem Zeitsprung erleben wir Edna, die allein in ihrem Haus in Tirol wohnt, immer dabei auch noch nach fast 80 Jahren Emil, der Papagei. Von Jakob weiß man leider nichts, aber Edna hat ihn nie vergessen. Ein Bild in einer Zeitschrift, das den verunglückten Jakob während eines Unwetters zeigt, ist für Edna Anlaß genug, sich auf die Reise und Suche nach Jakob zu machen.

Interessant am Buch fand ich die Schilderung über die Schwabenkinder. Ein wirklich trauriges Kapitel in der deutschen Geschichte.

Ednas Reise hat mich nicht überzeugen können. Daß sie Jakob wiederfinden wollte, kann ich gut nachvollziehen, aber die ihr in dem Buch zugemutete Reise kann nach meinem Dafürhalten eine Frau in ihrem Alter nun wirklich nicht durchstehen. Daß sie lauter Gutmenschen begegnet, die ihr ständig Hilfe anbieten, ist meines Erachtens auch völlig unrealistisch. Und die Erschwernisse, die das Mitschleppen von Jakobs Papagei mit sich bringt, sind grotesk. Hier hätte die Autorin lieber einen Geldspender für Edna finden sollen, der ihr eine Fahrkarte kauft, damit sie ihr Reiseziel auf unproblematische Art und Weise erreichen kann. Die Erzählung der Reiseabenteuer fand ich zu langatmig und nicht immer sehr überzeugend. Hier hat die Autorin zu viel Phantasie hineingelegt

Ich hatte mir mehr von dem Buch erwartet. Hier wären viele Seiten weniger mehr gewesen.

Bewertung vom 07.05.2021
Dein ist das Reich
Döbler, Katharina

Dein ist das Reich


weniger gut

Von der Leseprobe war ich begeistert, was mich bewogen hat, das Buch lesen zu wollen. Ich wollte etwas erfahren und lernen über die Kolonialzeit, über die ich leider nicht allzu viel weiß. Es ist mir schwergefallen, das Buch zu lesen, und ich habe es bis jetzt nicht bis zum Ende geschafft. Trotz vorangestelltem Stammbaum sind mir die Protagonisten fremd geblieben. Ich habe unzählige Male wieder nach vorne geblättert, um mich in dem Wirrwarr der Personen zurechtzufinden. Was das Lesen zusätzlich erschwert, ist die fehlende wörtliche Rede. Wie kann man in einem so umfangreichen Buch auf die Kennzeichnung der wörtlichen Rede verzichten. Ich finde das absolut unverständlich, weil es das Lesen zusätzlich erschwert. Nun ist der Schreibstil der Autorin für mich auch nicht geeignet, die Geschichte flüssig und mit Interesse zu lesen. Bestimmt hat die Autorin viel Zeit und Recherche in die Aufarbeitung der Geschichte investiert, aber ich hätte mir eine lebendige Familiengeschichte gewünscht mit Protagonisten, mit denen ich mich auseinandersetzen und in die ich mich hineinversetzen kann. Ich liebe weit zurückreichende Familiengeschichten, aber das Lesen dieses Buches überfordert mich leider.

Bewertung vom 05.05.2021
Verhängnisvolles Lavandou / Leon Ritter Bd.7
Eyssen, Remy

Verhängnisvolles Lavandou / Leon Ritter Bd.7


ausgezeichnet

Von dieser Serie bin ich begeistert und habe alle Bücher um den Rechtsmediziner Dr. Leon Ritter gelesen. Und auch der siebte Fall war so spannend, daß ich das Buch an einem Wochenende gelesen habe. Auch wenn das Cover Urlaubsidylle verspricht, ist die Handlung weit davon entfernt. Zwar wird man hin und wieder mitgenommen auf die Fahrt entlang einer Küstenstraße durch eine wundervolle Landschaft und mit Blick aufs Meer, aber meistens endet die Fahrt an einem Ort des Verbrechens. Und davon gibt es diesmal recht viele, die den Rechtsmediziner nicht aus der Ruhe kommen lassen. 4 tote Kinder und 4 tote angesehene Bürger aus Lavandou geben Dr. Ritter und Capitaine Isabelle Morell Rätsel auf. Wie hängen diese Fälle zusammen. Dr. Ritter ist davon überzeugt, daß die Fälle miteinander zu tun haben, auch wenn der Polizeichef Zerna anderer Meinung ist und dies Dr. Ritter auch spüren läßt.

Die Methoden des Dr. Ritter bei seiner Arbeit sind außergewöhnlich. Er läßt den Leser über seine Schulter schauen und erklärt seine Arbeit, was außerordentlich spannend ist. Aber um die Tatmotive aufzuklären, braucht er Ruhe. Er läßt sich auf die Toten ein und spricht mit ihnen. Dabei hat er das Gefühl, ihnen näher zu kommen und ihr Geheimnis zu entschlüsseln. Ich finde die Beschreibung des Rechtsmediziners genial. Seine Arbeit wird so detailliert und interessant beschrieben, und auch wenn es sich um schreckliche Verbrechen handelt, kann man sich der Handlung nicht entziehen.

Aber es gibt auch den Privatmenschen Leon Ritter, der mit Capitaine Isabelle Morell zusammenlebt. Er ist ein Familienmensch und kümmert sich gemeinsam mit Isabelle um deren siebzehnjährige Tochter Lilou, was nicht immer einfach ist, weil Lilou ihren eigenen Willen durchsetzen will, wie das in dem Alter eben so ist.

Wie immer ist ein Krimi aus dieser Reihe ein besonderes Lesevergnügen, und ich warte gespannt auf eine Fortsetzung. Bis dahin möchte ich dieses Buch gerne weiterempfehlen.

Bewertung vom 03.05.2021
Das Leben, ein ewiger Traum / Die Polizeiärztin Bd.1
Sommerfeld, Helene

Das Leben, ein ewiger Traum / Die Polizeiärztin Bd.1


ausgezeichnet

Hildesheim 1920. Magda Fuchs ist glücklich. Sie ist jung, sie ist Ärztin, sie ist mit einem Staatsanwalt verheiratet und erwartet ihr erstes Kind. Was sollte das Glück trüben? Aber ihr Mann wird heimtückisch ermordet und sie verliert ihr Kind. Sie fällt in ein tiefes Loch, aus dem sie sich nur befreien kann, indem sie ihre Geburtsstadt verläßt und als Polizeiärztin in das Berlin der Nachkriegszeit zieht. Hier sind Verbrechen an der Tagesordnung, es herrscht große Armut, von der besonders die Kinder betroffen sind, um die sich niemand kümmert. Diese schutzlosen, oft kranken, Kinder aber haben es Magda besonders angetan.

Die Schilderung der sozialen Verhältnisse in Berlin in dieser Zeit hat mich echt erschüttert, und ich habe Magda Fuchs sehr bewundert, die sehr engagiert und mit viel Durchsetzungsvermögen sich der Kinder angenommen hat. Mit Hilfe der Fürsorgerin Ina hat sie gelernt, diese Kinder in geeigneten Einrichtungen unterzubringen, damit sie untersucht und gepflegt wurden, was ihren Vorgesetzten nicht immer gefiel. Als Frau und Ärztin in dieser Zeit war es nicht einfach sich durchzusetzen und anerkannt zu werden.

Zu ihren Aufgaben gehörte auch die Untersuchung von im Gefängnis untergebrachten Prostituierten auf Geschlechtskrankheiten, sie hatte mit Mördern zu tun und versuchte, Kinder wieder aufzufinden, die von Kinderhändlern verkauft worden waren. Das Elend in Berlin ist an jeder Ecke greifbar und es dauert lange, bis Magda ihren Weg als Ärztin wieder vor sich sieht. Die Freundschaft zu der Fürsorgerin Ina und die Unterstützung in ihrer Arbeit als Polizeiärztin durch den neuen Kommissar im Präsidium sind ihr eine große Hilfe.

Das Buch ist gut geschrieben und recherchiert. Es sagt viel aus über die Rolle der Frau im Jahr 1920, aber auch die Menschen, die aus der Armut von vielen Menschen zu Wohlstand und Ansehen gelangt sind. Dieser Roman ist vieles, ein Krimi, ein Gesellschaftsroman, ein Zeitzeugnis. Wer sich dafür interessiert, dem kann ich dieses Buch sehr empfehlen.

Bewertung vom 28.04.2021
Hauskonzert
Levit, Igor;Zinnecker, Florian

Hauskonzert


ausgezeichnet

Ich finde das Cover großartig und schaue es mir lange an. Wer ist dieser Mensch, der mit seiner Musik begeistert und der mit seiner Weltanschauung nicht hinter dem Berg hält, sondern lautstark dafür eintritt - gegen Rassismus und vor allem die Umweltkatastrophe. Das Buch "Hauskonzert" gibt Antwort, und ich habe mich schon lange nicht mehr so intensiv auf ein Buch eingelassen. Es ist ein weiter und oft schmerzlicher Weg, den Igor Levit gehen muß, aber nur so konnte er zu dem begnadeten Pianisten werden, der er heute ist. Er ist auf den Bühnen der großen Konzerthäuser überall auf der Welt zu Hause, bis auch ihn die große Krise unserer Zeit, die Corona-Pandemie, zum Innehalten zwingt. Von heute auf morgen werden Konzerte abgesagt und seit nunmehr über einem Jahr geht es ohne Engagements für viele Künstler ums nackte Überleben. Igor Levit nutzt die Zeit und gibt aus seinem Wohnzimmer heraus Hauskonzerte und auf Einladung des Bundespräsidenten spielt er im Schloß Bellevue die Klaviersonate op. 53 in C-dur, die Waldsteinsonate. Fasziniert bin ich vor allem von seinen bewegenden Worten zur Waldsteinsonate, die für ihn sein wichtigstes Musikstück ist. - Nachzulesen auf Seite 214 im Buch. Igor Levit und Florian Zinnecker haben gemeinsam ein geniales Buch vorgelegt, ehrlich und aufrichtig geschrieben. Es ist nicht immer leicht zu lesen, weil immer wieder Vergangenheit und Gegenwart verknüpft werden und die Zeiten wechseln, was letztendlich aber dazu führt, sehr aufmerksam zu lesen, und es ist wirklich so, daß ich keinen Moment des Buches verpassen möchte. Ich habe viel gelernt über Musik und deren Bedeutung für einen jungen talentierten Mann auf dem Weg zu dem großartigen Pianisten von heute. Eines Tages möchte ich ihn live in der Elbphilharmonie erleben.

Ich möchte dieses Buch gerne ganz vielen Lesern ans Herz legen. Lesen Sie das Buch und hören Sie die Musik von Igor Levit. Ich bin begeistert.

Bewertung vom 28.04.2021
Die Beichte einer Nacht
Philips, Marianne

Die Beichte einer Nacht


ausgezeichnet

Das Buch ist bereits vor über 30 Jahren geschrieben worden. An einigen Stellen wird das offensichtlich. Die Krankensäle, die es damals gab, existieren gottlob heute nicht mehr, es gibt Krankenzimmer mit weniger Patienten, es sind Kranke und keine Verrückten. Heleen, die Protagonistin des Buches bemängelt, daß sie die ganze Zeit den unterschiedlichen Gepflogenheiten der vielen Patienten ausgesetzt ist, niemals kann sie abschalten oder Ruhe und Schlaf finden.

In zwei solcher unruhigen Nächte beginnt sie, einer Nachtschwester ihr Leben zu erzählen in der Hoffnung, daß diese ihr zuhört und sie nicht zurück in den Saal schickt. Heleen spricht nur von sich und ihrem Leben, ihren Erwartungen, ihren Hoffnungen, ihrem Abweichen vom rechten Weg und warum sie letztendlich in der Nervenklinik untergeracht wurde. Es ist ein Monolog. Andere Personen kommen nicht zu Wort.

Aufgewachsen als Älteste in einer kinderreichen Familie, die in großer Armut lebte, wurde auf Heleen nie Rücksicht genommen. Keine Wärme, keine Anerkennung, stattdessen immer nur Arbeit für die Familie, vor allem für die jüngeren Geschwister, insbesondere den Nachkömmling Lientje, die jüngste Schwester. Es gelingt ihr, eine Arbeitsstelle in einer anderen Stadt zu finden und aufgrund ihrer Schönheit findet sie einen Weg, sich Vorteile durch Männerbekanntschaften zu verschaffen. Einer unglücklichen Ehe folgt die Trennung und doch noch das große Glück in der Bekanntschaft mit Hannes, ihrer großen Liebe. Aber mit dem Älterwerden verändert sich ihr Wesen, die Schönheit schwindet und damit ihr Vertrauen in Hannes' Liebe zu ihr. Damit beginnt ihr großes Unglück.

Ihre Erzählung holt längst vergessene Erinnerungen zurück und setzt das Lebenspuzzle zusammen. Es ist ein erschütternder Bericht, in dem der aufmerksame Leser schnell herausfindet, daß Heleen, gefangen in einer großen Sehnsucht nach einem besseren Leben und dem Wunsch, den richtigen Weg zu finden, aber zuletzt in einer tiefen Niedergeschlagenheit und Depression gefangen, ihrem Unglück nicht wird ausweichen können.

Wie die Enkelin der Autorin im Anhang schreibt, hat Marianne Philips selbst unter Psychosen gelitten und Zeiten in einer Nervenklinik verbracht. Mit diesen Erfahrungen war es ihr möglich, schon vor so vielen Jahren dieses unglaubliche, sehr offene und ehrliche Buch zu schreiben, das ich als unbedingt lesenswert empfehlen möchte.

Bewertung vom 22.04.2021
Die Wahrheit der Dinge
Thiele, Markus

Die Wahrheit der Dinge


ausgezeichnet

Nach reiflichem Studium der Aktenlage, nach vielen Verhandlungstagen, nach Anhörung der Beteiligten und Zeugen verkündet ein Richter sein Urteil. Nicht immer entspricht das Urteil allen Erwartungen, weshalb oftmals Revision eingelegt wird.

Frank Petersen ist ein gewissenhafter und anerkannter Richter am Oberlandesgericht. Erst nach Prüfung aller Tatbestände fällt er seine Urteile, die nur höchst selten durch ein Berufungsurteil aufgehoben werden. Nun aber hat er massive familiäre Probleme wegen zweier Urteile, die seine Frau nicht nachvollziehen kann und ihm Überheblichkeit und Amtsanmaßung vorwirft. Sie zieht kurzerzhand mit dem gemeinsamen Sohn zu ihren Eltern und Petersen weiß nicht, wie er sich verhalten soll. Er denkt darüber nach, sich als Richter zur Ruhe zu setzen und zweifelt an seiner Urteilsfähigkeit. Seine vorgesetzte Staatsanwältin, die große Stücke auf Petersen hält, bietet ihm eine Beurlaubung von einigen Monaten an, in denen er seine Handlungsweise noch einmalüberdenken soll.

Der Richter Frank Petersen war mir von Anfang an sympathisch. Ein aufrechter Kämpfer für Recht und Ordnung, der seinen Beruf über alles stellt. Die letzten beiden Urteile versucht er aber, mit den Augen seiner Frau zu sehen. Auf alle Fälle will er aber, daß seine Frau wieder zurückkommt.

Markus Thiele hat mit seiner fundierten Kenntnis einen spannenden Roman aus dem Gerichtsalltag geschrieben, bei dem es sich zwar um einen fiktiven Roman handelt, der aber an reale Geschehnisse angelehnt ist. Die Tat der Marianne Bachmeier steht mir wieder vor Augen.

Aber Recht ist nicht gleich Gerechtigkeit. Petersen hält sich streng an die Gesetze und richtet danach das Strafmaß aus, was oft auf Unverständnis der Beteiligten oder der Bevölkerung führt.

Der Autor führt in einer wunderbaren Sprache seinen Lesern den Gerichtsalltag und die für die Urteilsfindung Verantwortlichen vor Augen. Ein sehr lesenswertes Buch, das ich nur empfehlen kann. Es regt zum Nachdenken an, und bestimmt werden die Protagonisten des Buches mich noch eine ganze Weile beschäftigen.

Bewertung vom 11.04.2021
Der gekaufte Tod
Mack Jones, Stephen

Der gekaufte Tod


ausgezeichnet

Das Thriller-Debüt von Stephen Mack Jones hat es in sich. Gut geschrieben und spannend nimmt es die Leser mit nach Détroit, in dem die sozialen Unterschiede nicht größer sein könnten und durch Korruption Und Bestechung die Polizei die Kriminalität nicht unterbinden kann. Dem hat sich der Ex-Polizist August Snow entgegen gestellt und namhafte Politiker und Polizisten zur Strecke gebracht. Im Prozess wurden ihm 12 Millionen Dollar zugesprochen, mit denen er zunächst für ein Jahr aus Détroit verschwand.

Nun ist er zurückgekehrt, um mit seinem Geld sein Elternhaus und umliegende Häuser wieder aufzubauen und zu renovieren. Er hilft alten Freunden und will eigentlich nur in Frieden leben. Aber er gerät mitten hinein in einen Finanzskandal, in dessen Verlauf die Eigentümerin eines Bankhauses tot aufgefunden wird. Die Polizei geht von Selbstmord aus, aber August Snow ist sich sicher, dass es sich um Mord handelt. Er ermittelt auf eigene Faust und bekommt es mit den schlimmsten Kriminellen zu tun. Er wird verfolgt, überfallen, in Schlägereien verwickelt und muß ständig um sein Leben bangen.

Wer einen spannenden und actionreichen Thriller lesen möchte, dem sei „Der gekaufte Tod“ von Stephen Mack Jones empfohlen.