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Benutzername: 
Sabine
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Köln
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https://buchmomente.blogspot.com
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 404 Bewertungen
Bewertung vom 04.01.2015
Unter dem Nordlicht
Bond, Jenny

Unter dem Nordlicht


ausgezeichnet

Ein wunderschönes Buch, eine fesselnde Suche nach der Wahrheit, eine tragische Liebesgeschichte – und das Ganze angelehnt an eine wahre Begebenheit. Ich fand es toll.
Zunächst dachte ich ja, es ginge viel mehr um die eigentliche Expedition, das Abenteuer Nordpol – doch wurde ich bald eines besseren belehrt, denn es ist eher die Geschichte der Zurückgebliebenen. Und diese ist wirklich ganz wunderbar erzählt – packend und berührend zugleich.
Die Autorin hat es geschafft, mich von Anfang an in ihren Bann zu ziehen. In den kurzen Kapiteln springt sie in der Zeit hin und her – mal wird von den Ereignissen vor der Ballonfahrt berichtet, dann mal von der Zeit 30 Jahre später. Durcheinanderkommen kann man hier aber nicht, denn vor jedem Kapitel steht genau, wann und wo es spielt – dennoch waren mir die Sprünge oft zu viele und ich hätte mir lieber längere Kapitel in einer bestimmten Zeit gewünscht. Das aber hat der Lesefreude keinen Abbruch getan, denn die Geschichte war sehr fesselnd und spannend, weil sich immer wieder Geheimnisse auftun, die zwar viele geahnt, aber letztlich nicht sicher gewusst oder gar ausgesprochen haben. Nach und nach erfährt man, was aus den Verbliebenen geworden ist und nach und nach setzt sich ein Gesamtbild aus vielen kleinen Puzzleteilen zusammen. Im Mittelpunkt steht hier vor allem die Verlobte von Nils Strindberg, Anna Chalier, die eigentlich schon zur Familie Strindberg gehörte und dort auch sehr beliebt war, dann aber nach dem anzunehmenden Tod ihres Verlobten plötzlich verschwunden ist – und keiner weiß wohin.
Die Geschichte ist aber nicht nur fesselnd, weil man natürlich stets wissen will, wie es weitergegangen ist, nein, sie ist auch emotional und hat mich sehr berührt. Wer jetzt an eine kitschige Liebesgeschichte denkt, liegt dabei jedoch völlig falsch. Es ist eher eine Geschichte wie aus dem Leben, in der eben nichts einfach rund läuft, sondern in der immer wieder Probleme auftauchen, die gelöst und angegangen werden wollen.
Die Charaktere sind alle ganz wunderbar gezeichnet. Jeder hat eine eigene Geschichte, hat Macken und Kanten und wirkt daher sehr authentisch. Vor allem die Familie Strindberg ist - wie ich finde - sehr gut gelungen. Es sind so unterschiedliche Charaktere in dieser Familie, die sich auch mal kebbeln und streiten, dann aber wieder auch zusammenhalten und eine Einheit bilden – toll! Vor allem aber Anna habe ich in mein Herz geschlossen, obwohl ich sie in vielen Dingen nicht verstehen konnte und ich sicherlich in vielen Fällen ganz anders gehandelt hätte. Dennoch aber ist sie in sich schlüssig – sie hat halt einfach eine ganz eigene Art, Dinge anzugehen und mit Problemen umzugehen. Erwähnen möchte ich zudem noch den Journalisten Klas Stubbendorff, der die ganze Geschichte vorantreibt und den ich ebenfalls sehr mochte mit seiner manchmal unbeholfenen, dabei aber immer sehr stringenten Art, durch die aber immer seine Emotionalität durchblitzt.
Das Buch liest sich wunderbar und flüssig durch einen sehr angenehmen Schreibstil, der warm und lebendig erscheint, beschreibt, wo es notwendig ist, sich aber nicht in langatmigen Schilderungen verliert. Ich bin in diese außergewöhnliche Geschichte direkt eingetaucht und habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen.

Mein Fazit
Eine sowohl spannende als auch berührende Geschichte um die zurückgebliebene Familie von Nils Strindberg, der von einer Nordpol-Exkursion nie zurückgekehrt ist. In kurzen Kapiteln, die zum Teil vor der Expedition spielen, zum Teil aber auch 30 Jahre später, erzählt die Autorin, was sich alles zugetragen hat, dabei treten Geheimnisse ans Tageslicht, die viele geahnt haben, aber unausgesprochen blieben und nach und nach setzt sich ein berührendes Bild zusammen. Von meiner Seite gebe ich gerne 4,5/5 Sternen, den halben Stern Abzug nur deshalb, weil mir die Zeitsprünge manches Mal zu häufig waren – dennoch aber ist die Geschichte lesenswert und hat mich sehr gut unterhalten.

Bewertung vom 21.12.2014
Mein Herz so wild
Eagland, Jane

Mein Herz so wild


ausgezeichnet

Zufällig habe ich von diesem historischen Jugendroman gehört – und nicht nur das Cover, sondern auch der Klappentext hat mich sehr angesprochen, so dass ich das Buch unbedingt lesen wollte. Und ich wurde nicht enttäuscht!

Man wird direkt rein geschmissen in die Geschichte, in der Louisa Cosgrove zu Unrecht in einer Irrenanstalt landet – und das ist in England im späten 19. Jahrhundert kein Vergnügen. Mit einem zwar einfachen und sehr angenehm zu lesenden Schreibstil, aber dennoch mit eindringlichen und sehr treffenden Worten schafft die Autorin das eindrückliche Bild der Irrenanstalt – mit seinen widrigen Umständen, den unsympathischen Wärterinnen und den armseligen Insassen. Die Sprache ist so bildhaft, dass ich die Orte und auch die Szenen stets vor Augen hatte und – auch wenn mir diese Umstände nicht unbekannt waren - dennoch erschüttert war von dem Leben und Treiben in diesen Anstalten.

In Rückblenden erfährt man dann, was in der Zeit vorher geschehen ist, man lernt Louisa und ihre Familie kennen und auch die Probleme, die aufgetaucht sind. Als Leser ahnt man schon, wieso man Louisa in die Anstalt abgeschoben hat, aber dennoch hat die Autorin immer wieder neue und falsche Fährten ausgelegt, und auch ich habe mich dadurch täuschen lassen. So blieb es durchweg spannend, denn natürlich wollte ich wissen, was nun eigentlich der Grund für das Abschieben gewesen ist. Aber auch anderen Gründen ist es spannend, denn natürlich plant Louisa eine Flucht – doch sie bringt nicht nur sich damit in Gefahr, sondern kommt auch noch auf eine andere Station – und hier herrscht wahrlich ein noch strengeres Regiment.

Die Charaktere sind wunderbar gezeichnet, und Louisa habe ich sofort in mein Herz geschlossen. Sie entspricht so gar nicht den damaligen Konventionen und eckt mit ihren eigenen Vorstellungen vom Leben natürlich an. Als Frau hatte man zu heiraten und einen Haushalt zu führen; Studieren und dann als Ärztin zu arbeiten war, einfach undenkbar - und genau das ist Louisas größter Wunsch. Es tauchen in der Geschichte aber auch noch andere interessante Figuren auf, manche sind vielleicht ein wenig oberflächlicher gestaltet und ein wenig klischeehaft geraten, dennoch aber passten sie gut in die Geschichte, so dass ich das gut verschmerzen konnte.

Dass sich alles zum Guten wendet, ahnt man sicherlich schon früh, dennoch aber hat das der Spannung, die sich langsam steigerte, keinen Abbruch getan. Das Ende hat mir gut gefallen, insbesondere, da es zeigt, dass auch in der damaligen Zeit sich Hartnäckigkeit und der Glaube an sich selbst auszahlen, und damit Unmögliches möglich gemacht werden kann.



Mein Fazit

Ein toller historischer Jugendroman, den ich auf jeden Fall weiterempfehlen kann, wenn man leichte und spannende Unterhaltung sucht, die fesselt und Einblicke in andere Zeiten möglich macht. Für zwischendurch genau das Richtige, aber auch als Einstig in das Genre „historischer Roman“ finde ich diese Geschichte bestens geeignet. Sie lässt sich gut lesen, hat eine liebenswerte Protagonistin und bietet einen interessanten Plot. Ich werde die Autorin auf jeden Fall weiter im Auge behalten. Von meiner Seite gebe ich diesem Buch gerne 5 Sterne.

Bewertung vom 19.12.2014
In einem weiten Land
Nicholls, Johanna

In einem weiten Land


sehr gut

Auf dieses Buch habe ich mich sehr gefreut, denn das Cover finde ich total schön und auch der Klappentext verspricht eine interessante Geschichte. Das Buch handelt von einer jungen Frau, Vianna, die im Jahre 1827 nach Australien flüchtet, dort aber in die Fänge eines gnadenlosen Ausbeuters gerät, der sie als Konkubine arbeiten lässt. Doch sie kann nicht fliehen, denn er hat sie in der Hand: nur Severin weiß, wo Viannas kleine Schwester ist. Er ahnt allerdings nicht, dass Vianna Freunde gefunden hat, die bereit sind, ihr zu helfen – denn sowohl Mungo als auch Felix, zwei konkurrierenden Halbbrüder, haben ihr Herz an Vianna verloren.
Der Schreibstil ist sehr angenehm und gewinnend, lässt sich leicht lesen und macht einfach Spaß. Er ist sehr bildhaft, so dass ich mir alles gut vorstellen kann und ich mich nach Australien in eine andere Zeit versetzt fühlte. Der Einstieg in die Geschichte ist etwas gemächlich und zunächst wusste ich nicht recht, wohin die Reise gehen wird, manche Stellen fand ich zugegebenermaßen auch etwas langatmig. Es werden nach und nach die drei Protagonisten vorgestellt, denn dieses Buch hat nicht nur einen Hauptcharakter, sondern direkt drei. Und um diese entwickelt sich die Geschichte langsam. Felix, Mungo und Vianna sind drei grundverschiedene Menschen, alle drei waren mir sympathisch, auch wenn ich nicht immer alle Handlungsweisen von ihnen verstehen konnte. Am liebsten mochte ich allerdings Mungo, der etwas verwegene und draufgängerische Bruder von Felix, der zwar kaum einen Fettnapf auslässt, sich aber trotz vieler widriger Umstände durchzusetzen weiß. An ihm mochte ich vor allem seine pfiffige Art – er hat es immer wieder geschafft, mich zu überraschen und mir ein Schmunzeln auf die Lippen zu zaubern. Sein Halbbruder Felix dagegen ist eher reserviert, überhaupt kein Draufgänger, sondern eher ein romantischer und vor allem schüchterner Kerl, der nicht recht weiß, mit Frauen umzugehen. In seiner unbeholfenen Art aber hatte auch er wieder etwas Liebenswertes. Vianna mochte ich zwar auch, sie aber konnte ich in ihren Handlungen am wenigsten verstehen – mal erscheint sie sehr patent und ideenreich, dann aber wieder ist sie sehr naiv, zurückhaltend und unentschlossen. Irgendwie schien mir ihre Figur nicht so richtig schlüssig – dabei ist sie aber dennoch sympathisch, und ich habe mit ihr mitgefiebert.
Nach und nach wird dann auch klar, wohin sich die Geschichte entwickelt – zum einen geht es um die Suche der kleinen Schwester von Vianne, zum anderen aber auch um die pikante Dreiecksgeschichte, die sich zwischen Vianne, Mungo und Felix entspannt. Man erfährt viel über das gesellschaftliche Leben in Australien, aber auch über verurteilte Zwangsarbeiter und deren Bedingungen, im Busch zu arbeiten. Es geht um Liebe und Freundschaft und um den Kampf des Überlebens. Dabei gab es immer wieder spannende und fesselnde Kapitel und Szenen, dann aber auch wieder Abschnitte, die mich leider nicht so fesseln konnten und die ich dann eher langatmig fand, weil einfach nicht so viel passierte. Im letzten Drittel des Buches geht es dann noch mal so richtig rasant zu und die Ereignisse überschlagen sich. Das Ende selber mochte ich dann leider nicht, denn es war mir zu plötzlich und zu rund und alle Probleme schienen sich plötzlich in Luft aufgelöst zu haben.
Gefallen an dem Buch hat mir vor allem die Atmosphäre, die die Autorin geschaffen hat. Ich habe mich wirklich nach Australien versetzt gefühlt, habe beim Lesen immer Bilder vor Augen gehabt, sowohl von den verschiedenen Landschaften und Orten als auch von den Figuren. Der Schreibstil hat mich eingefangen und es geschafft, mich an einen anderen Ort in eine andere Zeit zu versetzen – und das war wirklich toll. Ich gebe dem Buch 3,5/5 Sternen.

Bewertung vom 05.12.2014
Der König der purpurnen Stadt
Gable, Rebecca

Der König der purpurnen Stadt


ausgezeichnet

Ich habe dieses Buch geliebt und war nach gelesenen 960 Seiten wirklich traurig, dass es nun vorbei war!

Erzählt wird die Geschichte Jonahs, der zunächst als Lehrjunge im Tuchhandel bei seinem gewalttätigen Cousin unterkommt, sich dann aber von diesem befreien kann und sein Schicksal selbst in die Hand nimmt. Viele Jahre begleitet man ihn, er wird zu einem angesehenen Kaufmann und schafft es durch günstige Beziehungen zum Königshaus, den Tuchhandel in England voranzutreiben.

Jonah war ein toller Protagonist. Seine Figur ist super gezeichnet und wirkt dadurch sehr authentisch, denn er hat sowohl gute, aber genauso auch schlechte Seiten. Das hat ihn für mich sehr menschlich und glaubhaft gemacht, und ich habe ihn über die Jahre 1330 bis 1349 gerne begleitet. Er hat sein Herz am rechten Fleck, auch wenn Jonah das nicht immer zu zeigen vermag und oft verschlossen und grummelig erscheint – mir ist er richtig ans Herz gewachsen. Ich habe mit ihm gelitten und gefiebert – auch wenn ich mit seinen Entscheidungen nicht immer einverstanden war.

Aber auch die anderen Figuren sind alle toll gestaltet, hier gibt es keine Stereotypen, sondern jeder hat seine eigene Geschichte, die man im Laufe des Buches auch kennenlernt. Ein vorangestelltes Personenverzeichnis hilft, den Überblick nicht zu verlieren, ich muss aber sagen, dass die ganzen Charaktere so geschickt eingeführt werden, dass ich nie das Gefühl hatte, die verschiedenen Figuren nicht einordnen zu können.

Schön fand ich auch wieder, dass historische Persönlichkeiten und Geschehnisse in die Geschichte eingebaut sind – und das so geschickt, dass man gar nicht das Gefühlt hat, sich mit englischer Geschichte zu befassen, sondern eher, einen spannenden Abenteuerroman zu lesen.

Rebecca Gablé hat es geschafft, mich ab der ersten Seite zu fesseln, ich fand den dicken Schmöker zu keinem Zeitpunkt langatmig oder gar langweilig, stets ist die Spannung gehalten worden – und das bis zum Schluss. Ich wollte immerzu wissen, wie es weitergeht und habe den Wälzer wirklich rasch verschlungen. Da hilft natürlich auch der fantastische Schreibstil – er ist fesselnd, lebendig und spannend, dabei einnehmend und zudem noch informativ. Beschreibungen gibt es natürlich auch, aber die nehmen nie Überhand, sondern sind so eingesetzt, dass man sich alles vorstellen kann und Bilder im Kopf entstehen.

Dieses Buch hat wirklich alles gehabt, was ich mir nur wünschen konnte: eine spannende Geschichte, viele Abenteuer, Intrigen und Kampf und letztlich kommt auch die Liebe nicht zu kurz. Und ganz nebenbei lernt man auch noch einiges über die englische Geschichte. Ich fand dieses Buch einfach nur toll, ich bin eingetaucht ins englische Mittelalter und habe mit den Charakteren gefiebert, mich schon fast als einer von ihnen gefühlt. Ich hätte noch viele Seiten weiter mit ihnen verbringen können - zum Glück folgt zeitlich ja noch die Waringham-Saga, auf die ich mich jetzt noch umso mehr freue!

Mein Fazit
Für Freunde des historischen Romans ist dieses Buch sicherlich ein wahrer Genuss. Tolle, glaubhafte Charaktere, eine spannende Geschichte und viele Abenteuer, diese geschickt eingebettet in historische Fakten, dazu Intrigen, Kampf und natürlich auch ein bisschen Liebesdrama – das ganze gut lesbar mit einem tollem Schreibstil. Bei mir sind die Seiten nur so dahin geflogen und ich war regelrecht traurig, als das Buch nach 960 Seiten leider vorbei war.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.11.2014
Der Zug der Waisen
Kline, Christina Baker

Der Zug der Waisen


ausgezeichnet

Das Cover des Buches hat mich sehr angesprochen, der Klappentext dann zusätzlich neugierig gemacht – doch dass das Buch mich so berührt, hätte ich nicht gedacht.

Erzählt wird die Geschichte auf zwei Zeitebenen, dabei liegt der Schwerpunkt aber eindeutig auf der Geschichte der Vergangenheit. Hier geht es um Vivien, eine jetzt 91jährige Dame, die beim Entrümpeln ihres Dachbodens immer wieder in Erinnerungen fällt: 1929 wurde sie als Waise in einem sogenannten „Waisenzug“ (Orphan train) durchs Land geschickt, dass eine andere Familie sich ihrer annimmt. Doch so einfach ist es nicht, eine liebevolle Familie zu finden, und Vivian lernt schnell, dass die Motive, ein Kind aufzunehmen, andere sind, als ihm eine liebevolle Umgebung zu schenken.

In der Gegenwart ist Molly die Protagonistin, eine schwierige 17jährige, die keine Eltern mehr hat und so von Pflegefamilie zu Pflegefamilie wandert. Im Rahmen von auferlegten Sozialstunden landet sie bei Vivian, um ihr beim Entrümpeln des Dachbodens zu helfen. Und dabei lernt sie nicht nur Vivian näher kennen und schätzen, sondern auch einiges über ihr eigenes Leben.

Ein Großteil des Buches handelt von der Kindheit Vivians und das Thema Orphan trains hat mir sehr gut gefallen. Mir war dieser Teil amerikanischer Geschichte unbekannt, umso interessanter fand ich es, Näheres darüber zu erfahren. Man merkt schon beim Lesen, dass die Autorin sehr gut recherchiert hat, im Nachwort erhält man dann noch zusätzlich Informationen über die Waisenzüge, das ganze gespickt mit Bildern und kleinen Anekdoten. Die jetzt 91jährige Vivian ist mir beim Lesen so sehr ans Herz gewachsen, dass ich mit ihr gefühlt und gelitten habe. Nicht nur die Zeit im Zug war berührend und emotional, sondern viel mehr noch die Zeit Vivians in den verschiedenen Unterkünften, denn von liebevollen Familien konnte da wirklich nicht die Rede sein.

Im Buch wechseln die Erzählstränge immer zwischen Gegenwart und Vergangenheit, und ich muss zugeben, dass mir Vivians Geschichte der Vergangenheit weitaus besser gefallen hat. Für mich hätte es die Rahmenhandlung mit Molly gar nicht geben müssen, auch wenn ist sie im Laufe der Geschichte dann doch noch ins Herz geschlossen habe. Doch ihre Geschichte hat mich weit weniger berührt, obwohl Molly eine tolle Entwicklung vom rebellierenden Teenager zur verantwortungsvollen jungen Frau zeigt. Sie hat in ihren jungen Jahren schon vieles durchmachen müssen und als Leser bekommt man auch in ihre – wenn auch junge – Vergangenheit verschiedene Einblicke.

Geschickt hat die Autorin die beiden Erzählstränge immer miteinander verwoben und ist dabei auch immer ohne Cliffhanger ausgekommen. Gefesselt war ich trotzdem, denn die Geschichte ist so interessant, dass ich immer wissen wollte, wie es weitergeht, und so habe das Buch regelrecht verschlungen.

Der Schreibstil ist sehr angenehm zu lesen, manchmal wirkt er eher sachlich, lässt aber so der Geschichte Raum, selbst zu wirken. Es braucht gar nicht viele ausschweifende Beschreibungen, um Bilder vor meinem Auge hervorzurufen, allein die Geschichte wirkt und hat bei mir ein Kopfkino entstehen lassen.

Was mir nicht so gut gefallen hat, ist das Ende des Buches. Hier ging mir alles plötzlich ein bisschen zu schnell und zu glatt. Zwar ist das Ende schlüssig und irgendwie auch passend, aber ich hätte mir auch hier ein bisschen mehr Raum gewünscht, dass sich auch dieser Teil der Geschichte entwickeln kann. So wirkte der Schluss auf mich ein bisschen wie „schnell zu Ende gebracht und hinten dran gehangen“.

Doch das ist nur ein kleiner Wermutstropfen und hat meiner Lesefreude kaum Abbruch getan. Berührend und fesselnd war die Geschichte, die ein für mich unbekanntes Thema amerikanischer Geschichte aufgegriffen hat und mir mit einer sehr sympathischen Protagonistin nähergebracht hat.

Bewertung vom 16.11.2014
Über uns die Nacht
Talshir, Anat

Über uns die Nacht


sehr gut

Cover und Klappentext haben mich angesprochen und sehr neugierig gemacht, denn das Buch verspricht eine Liebesgeschichte an mir unbekannteren Orten und zu einer schwierigen Zeit. Und eins kann ich schon vorweg sagen – ich wurde nicht enttäuscht.
Das Buch spielt auf zwei Zeitebenen, eine in der Gegenwart im Jahre 2006, eine in der Vergangenheit in den Jahren 1947 bis 1973: in der Gegenwart liegt Elias im Krankenhaus und wird dort von Nomi versorgt. In Rückblicken erzählt Elias von seiner großen Liebe Lila, eine Liebe, die leider überschattet wurde von politischen Umständen und dem unerbittlichen Hass zweier verfeindeter Kulturen.
Schon der Einstieg in die Geschichte gelingt mühelos durch einen sehr berührenden und emotionalen Schreibstil, der mich sofort gefangen und mitgenommen hat in ein anderes Land und in andere Zeiten. Die Autorin schafft mit ihren Worten ganz erstaunliche Stimmungen, die zur jeweiligen Situation des Buches passen. Gerade in der Verliebtheit von Lila und Elias fühlte auch ich mich wie auf Wolken schwebend, konnte das Glück der beiden, ihre Liebe zueinander geradezu spüren und fühlen. Als dann jedoch die beiden getrennt werden durch eine Mauer, die die Stadt zerteilt, habe auch ich mich wie zerrissen gefühlt, die Stimmung ist bedrückend und schmerzhaft, und ich habe mit Elias und Lila gelitten und ihre Not spüren können.
Die Atmosphäre bleibt dann eine Zeit lang sehr melancholisch, die Trennung macht vor allem Lila sehr zu schaffen und dennoch bleibt auch in dieser schweren Zeit immer die Hoffnung spürbar, dass die Liebenden sich wieder finden. Lila habe ich als sehr starken Charakter empfunden und auch wenn ich ihre Handlungen nicht immer verstanden habe und ich mich selber sicherlich anders verhalten hätte, habe ich Lila ins Herz geschlossen und sehr geschätzt. Auch Elias mochte ich sehr gerne mit seiner zwar verschlossenen, aber dafür sehr ehrlichen Art. Gerade seine Emotionalität habe ich sehr geschätzt, wie er mit Worten umgeht, die stets zu sitzen scheinen und mich sehr berührten.
Man bekommt beim Lesen viele Eindrücke – und begleitet nicht nur die beiden Liebenden, sondern lernt auch die verschiedenen Kulturen und ihre Lebensweisen kennen, wird aber auch Zeuge der politischen Umbrüche, die die Geschichte ja deutlich beeinflussen, dennoch aber eher im Hintergrund bleiben. Für interessierte Leser gibt es aber im Anhang eine Zeittafel, die die Entwicklung von Palästina, Jerusalem und Israel nochmal zeitlich umreißt und wertvolle Zusatzinformationen liefert.
Verwirrend fand ich nur manchmal die Zeitsprünge – nicht, dass man nicht weiß, in welchem Jahr das Buch gerade spielt, denn das steht vor jedem Kapitel, aber viele Jahre werden einfach übersprungen, und ich musste mich erst wieder zurechtfinden, was in den Jahren geschehen war und wo die Protagonisten gerade standen. Das hat aber meist nicht lange gedauert und bereits nach wenigen Seiten war ich wieder in der Geschichte drin. Dem Lesespaß hat es auf jeden Fall keinen Abbruch getan, denn ich wurde mit dem Buch nicht nur gut unterhalten, sondern bekam auch Einblicke in andere Kulturen und Zeiten – das war wirklich interessant und schön.

Mein Fazit
Eine berührende Liebesgeschichte, die an einem ungewöhnlichen Ort spielt und durch politische Umbrüche immer wieder ins Wanken gerät. Mit einem sehr berührenden und einnehmenden Schreibstil schafft es die Autorin, die vielen verschiedenen Stimmungen wunderbar einzufangen und hat mich damit entführt in andere Zeiten und mir unbekannte Orte. Eine emotionale Liebesgeschichte, die aber zu keinem Zeitpunkt kitschig wirkt, sondern berührt und auch nachdenklich macht. Auf jeden Fall eine Empfehlung von mir!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.11.2014
Sturmzeit Bd.1
Link, Charlotte

Sturmzeit Bd.1


ausgezeichnet

Das Buch war toll! Schon nach wenigen Seiten war ich in der Geschichte gefangen, auch wenn ich gestehen muss, dass der Einstieg wegen der vielen verschiedenen Personen, die gleich zu Beginn auftauchen, etwas schwierig war. Doch nachdem ich sie alle „sortiert“ hatte, habe ich sie gerne begleitet. Es ist die Geschichte der Familie Degnelly, die in den Jahren 1914 bis 1930 durch die Wirrungen der Zeit sowohl Höhepunkte als auch Tiefschläge erleben muss.
Protagonistin der Geschichte ist Felicia, die im Kreis ihrer an Traditionen gebundenen Familie aufwächst, die aber immer schon einen eigenen Kopf hatte, den sie auch durchzusetzen weiß. Durch den herannahenden Krieg muss sie bald den Familiensitz in Ostpreußen verlassen, gerät nach Spanien, um in einem Lazarett zu helfen, wird in russische Gefangenschaft genommen, kann fliehen und schließlich in Deutschland wieder Fuß fassen. Felicia ist keine, die sich rasch unterkriegen lässt, immer wieder fällt sie wieder auf die Beine und kämpft sich durchs Leben. Unstet wie sie ist, lebt sie fortan zwischen München und Berlin, immer wieder aber kehrt sie auch auf das Familiengut zurück. Sie ist eine sehr starke Persönlichkeit, vor der ich auch oft den Hut gezogen habe, denn durch nichts lässt sie sich unterkriegen und oft genug hat sie sich für die Familie eingesetzt – und dennoch ist sie mir oft unsympathisch, denn Felicia geht auch über Leichen, wenn sie etwas haben will, sie kann rücksichtslos, herablassend und sehr egoistisch sein. Selten bin ich bei einem Charakter so zwiegespalten, wie bei ihr – Felicia hat wirkclih einige großartige Züge, aber auch einige, die ich nicht mag – und gerade das macht sie zu einer sehr interessanten Protagonsitin.
Doch man lernt nicht nur Felicia kennen, auch ihre Onkel und Tanten, die in dieser schwierigen Zeit ihren eigenen Weg gehen. Die Männer müssen in den Krieg, erleben dort Schreckliches und nicht jeder kehrt unversehrt nach Hause zurück. Gerade die Kriegsschauplätze sind sehr authentisch beschrieben, ich habe mich beim Lesen an die Front versetzt gefühlt, habe die beschriebenen Szenen vor Augen gehabt und mit den Soldaten gelitten. Doch auch die zurückgebliebenen Frauen hatten es nicht leicht, nicht nur die Sorge um die Männer bestimmte ihr Leben, auch der tägliche Kampf um Nahrung und Kohlen kostete viel Kraft.
All diese Szenen wurden von der Autorin sehr eindringlich beschrieben, so dass ich alles vor Augen hatte – egal ob es Kriegsszenen aus Frankreich oder Felicias Gefangenschaft in Russland waren oder auch die folgenden besseren Zeiten, die goldenen 20er Jahre in Berlin und München. Der Schreibstil ist angenehm und lässt sich gut lesen, auch wenn er sich doch unterscheidet von dem der neueren Bücher der Autorin – aber nicht im negativen Sinne, halt einfach nur anders.
Die Charaktere sind alle sehr gut gezeichnet, keiner ist einfach nur gut oder schlecht oder nach einem Klischee gestaltet, jeder hat eine eigene Persönlichkeit mit Ecken und Kanten. Ich hatte das Gefühl, ein Teil der Familie zu sein, so vertraut waren mir die verschiedenen Personen. Und so habe ich beim Lesen wirklich mitgefiebert und gelitten.
Der Band Sturmzeit ist in sich abgeschlossen, in den Folgebänden begleitet man die nachfolgenden Generationen der Familie Degnelly – und darauf freue ich mich sehr!

Mein Fazit
Ein wunderbares Buch, in dem man die verschiedenen Mitglieder der Familie Degnelly in der Zeit zwischen 1914 und 1930 begleitet. Es geht nach Frankreich und Russland, nach Spanien und Deutschland – man erlebt die Kriegszeit aber auch die Zeit des Aufbaus und die goldenen 20er Jahre. Ein packendes Familiendrama mit tollen Charakteren, das ganze wunderbar erzählt, mitreißend und spannend.