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SBS

Bewertungen

Insgesamt 362 Bewertungen
Bewertung vom 25.04.2021
Fritz und Emma
Leciejewski, Barbara

Fritz und Emma


sehr gut

Emma und Fritz sind beide 1927 am 8. Januar geboren und schon mal Kinder hängen die beiden immer zusammen. Sie werden ein fast unzertrennliches Paar – einzig der Krieg schafft es die beiden zu trennen. Fritz ist gegen das Regime, wird jedoch eingezogen und muss in den Krieg. Nach Kriegsende kommt Fritz nicht zurück, doch Emma gibt die Hoffnung nicht auf. Tatsächlich ist es dann 1947 soweit, Fritz kommt wieder nach Hause, doch er ist nicht mehr der Gleiche und ein Schicksalsschlag tut sein Übriges... Marie und ihr Mann, der neue Pfarrer von Oberkirchbach, kommen 2019 in dem verschlafenen Dorf an. Während er direkt einen Draht zu den Menschen bekommt, ist Marie mit der Situation nicht ganz so glücklich. Sie braucht dringend eine Aufgabe und dann stolpert sie über das nunmehr 70jährige Schweigen zwischen Fritz und Emma. Marie geht der Sache auf den Grund….

Diese Geschichte war eigentlich nicht wirklich nach meinem Beuteschema, zumindest nicht auf den ersten Blick. Mir waren Cover und Klappentext ein bisschen zu beliebig und in mitten der zahlreichen Neuerscheinungen die es so gibt, ist mir das Buch einfach nicht genug aufgefallen. Ich hatte jedoch Glück, denn die Geschichte spielt zwar im fiktiven Oberkirchbach, hat jedoch eine reale Vorlage, die nicht weit von meinem Wohnort entfernt ist, wie ich aus der Zeitung erfahren habe. Danach habe ich mir das Buch mal genauer angesehen und fast sofort bestellt. Und das war eine sehr gute Idee.

Die Geschichte spielt auf zwei zeitlichen Ebenen, einmal in der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart, einmal in 2019. Das Setting ist das kleine pfälzische Örtchen Oberkirchbach. Eine schöne Kulisse für schwierige Geschichten, wie man sie nicht nur in Dörfern kennt und solche, die die kleinen Dörfer besonders betreffen. Der Dorfkern wird immer leerer, die Bevölkerung immer älter und all das, was eben zum demografischen Wandel gehört, nimmt seinen Lauf. Pfarrersfrau Marie hat genau damit ein Problem, aber auch Ideen. Ihr Charakter ist gut gezeichnet wie auch die der anderen Protagonisten und mancher Nebenfigur. Man hatte das Gefühl die Personen richtig zu kennen, was mir richtig gut gefallen hat. Trotzdem hatte ich mit Marie auch zwischendurch immer wieder zu hadern, da sie so unzufrieden ist und in Teilen war mir das einfach zu viel.

Ein bisschen vorhersehbar war die Geschichte, okay, vielleicht sogar so einiges, aber es hat mich unter dem Strich dennoch gut unterhalten. Ein großes Plus für mich ganz persönlich ist, dass die Geschichte nur wenige Kilometer entfernt von meinem Wohnort spielt und ich daher natürlich einen ganz anderen Bezug zur Geschichte habe. Zudem finde ich die dörflichen Eigenarten und pfälzischen Besonderheiten („alla hopp, kumm geh fort“ und Co) sehr gut getroffen – man merkt, dass die Autorin die Gegend gut kennt. Auch gut, dass sie die Region so darstellt wie sie ist – wunderschön, aber wirtschaftlich nicht gerade der Renner. Auf das Sterben kleiner Orte macht die Autorin auf feine Art aufmerksam und sie hat zudem auch noch Vorschläge zur Wiederbelebung in petto.

Für mich war es das erste Buch der Autorin, aber sicher nicht das Letzte, denn der Schreibstil ist sehr angenehm, lebendig und rund. Zudem habe ich die Hoffnung, dass sie mal wieder einen Ausflug in ihre alte Heimat wagt.

Bewertung vom 22.04.2021
Girl A
Dean, Abigail

Girl A


sehr gut

Girl A lebt in einer ganz außergewöhnlichen Familie, um es mal nett zu formulieren. Ihre Eltern, vor allem der Vater vertreten ein Weltbild, dass automatisch Schwierigkeiten mit sich bringt. Der Leser erlebt, wie sich die Abwärtsspirale weiterdreht. Es droht zum Äußersten zu kommen, als Girl A beschließt handeln zu müssen. Ihr gelingt die Flucht – doch damit ist die Familientragödie nicht auserzählt…Jahre später muss Girl A entscheiden was mit dem „Horrorhaus“ geschehen soll.
Das Buch ist definitiv anders als erwartet, aber dennoch unterhaltsam und irgendwie fesselnd. Es ist dermaßen düster und bedrückend, dass man einerseits am liebsten gar nicht mehr daran denken würde, andererseits muss man einfach wissen, was geschehen wird. Richtig spannend wird es aber aus meiner Sicht nie. Es ist jedoch eine gelungene Darstellung einer Familientragödie, die sich nach und nach zuspitzt und eben nicht mit der Befreiung aus dem Horrorhaus endet, sondern auch Jahre später noch nachwirkt. Zu viel möchte ich an der Stelle nicht verraten. Erzählt wird die Geschichte komplett aus der Sicht von Girl A – und das recht nüchtern, was oft im krassen Gegensatz zum Inhalt stand.
Unfassbar, wie es so weit kommen konnte, wie „krank“ Menschen sein können und wie wenig das Umfeld offenbar mitbekommt, wenn man es nur geschickt anstellt.
Kritisieren muss ich in jedem Fall ein bisschen was am Schreibstil, denn die zeitlichen Sprünge zwischen Vergangenheit und Gegenwart sind nicht immer auf Anhieb erkennbar, was mich vor allem auf den ersten Seiten nicht selten irritiert hat und dazu führte, dass ich den Abschnitt noch einmal startete. Überhaupt entstand recht selten ein richtig guter Lesefluss. Genau erklären kann ich es nicht, aber vielleicht lag es neben den zeitlichen Sprüngen auch daran, dass manche Dinge nicht komplett erzählt wurden. Manchmal erschien mir das Leid der Geschwister auch zu distanziert erzählt.
Und trotzdem ließ ich das Buch insgesamt gut lesen und hat mich nie kalt gelassen. Die Charaktere sind extrem gut gezeichnet und es zeigt sich wie die Geschwister mit dem Erlebten umgehen. Eine solche Erfahrung schüttelt man nicht mal eben ab…
Unter dem Strich zwar nicht ganz was ich erwartet hatte, aber dennoch ein sehr lesenswertes Debüt – nur nicht für Zartbesaitete, denn was die Kinder da aushalten müssen….3,5 Sterne

Bewertung vom 17.04.2021
Stay away from Gretchen / Gretchen Bd.1
Abel, Susanne

Stay away from Gretchen / Gretchen Bd.1


ausgezeichnet

Tom Moderath ist ein erfolgreicher Kölner Nachrichtensprecher und entsprechend berühmt ist der, von sich ziemlich überzeugte Anchorman. Seine Mutter Greta, die jenseits der 80 ist, besucht er nur selten, obwohl sie auch in Köln lebt, aber dann kommt der Tag, an dem er seine Mutter, die völlig orientierungslos auf der Autobahn rumfuhr abholen muss. Es zeigt sich, dass sie eine Demenz entwickelt hat und das stellt den Mittvierziger vor etliche Probleme. Greta ist der Mittelpunkt der Geschichte. Das zeigt sich spätestens beim Zeitsprung in den zweiten Weltkrieg. Wie sie und ihre Familie durchhielten und was sie aushalten mussten, wie ihr Weg nach Heidelberg führte und was dort alles geschah, wird nach und nach berichtet. Durch die Wechsel in 2015 wird Tom deutlich, dass damals irgendwas Bewegendes passiert sein muss und so beginnt der Journalist tiefer zu graben, auch wenn seine Mutter irgendwann nichts mehr dazu sagen will und kann. Dabei wird deutlich: Ein recht unbekanntes Kapitel deutscher Nachkriegsgeschichte hat Auswirkungen bis heute.

Zunächst war ich ja schon skeptisch, denn der Untertitel „Ein unmögliche Liebe“ – naja, ich bin nun einmal nicht so der Freund von Liebesgeschichten, daher die Zweifel. Dennoch hat mir irgendwas gesagt, dass ich das Buch kaufen sollte und das habe ich dann auch getan. Zum Glück, denn ich bin echt begeistert von dieser Geschichte. Sie greift so viele interessante und brisante Themen auf und ist dennoch nicht überladen. Der Roman hat mich berührt, gefesselt und teilweise auch fassungslos den Kopf schütteln lassen. Da sind die Ereignisse während des Krieges, aber auch der Umgang mit den Flüchtlingen und den dunkelhäutigen GI´s und manchmal auch das Verhalten von Tom, der mit seiner Bekanntheit, vor allem zu Beginn des Buches, sehr oft unrühmlich umgeht, um es mal vorsichtig zu formulieren. Aber er fängt sich ja nach und nach und bedient nicht mehr sämtliche Klischees und das Verständnis für seine Unsicherheiten wächst. Mit der Zeit habe ich ihn sogar ins Herz geschlossen, denn so arrogant und unangenehm wie er zu Beginn war, so empathisch und engagiert ist er später. Zudem muss man ihm zugutehalten, dass die Situation ja auch wirklich alles andere als leicht ist. Allein schon die Demenz der Mutter ist ein schwerer Schlag, doch dann tun sich ja nach und nach noch mehr Abgründe auf. Und Tom hat es nicht leicht bei seinen Recherchen in eigener Sache, obwohl er tatkräftige Unterstützung erhält, und dass ausgerechnet von einer Frau, die er eigentlich nicht mag…

Zugegeben: Ich war zwar nicht schon nach den ersten Seiten Feuer und Flamme, aber lange gedauert hat es auch nicht. Dabei musste ich feststellen, dass mich der Zeitstrang in der Vergangenheit, während und nach dem zweiten Weltkrieg, extrem gefesselt hat, während jener in 2015 erst ein wenig Fahrt aufnehmen musste. Die Flucht aus Ostpreußen, Gretas Angst um den Vater, die Probleme eine Wohnung zu finden und das Fraternisierungsverbot sind aber auch wirklich sehr fesselnd. Ich will hier gar nicht allzu sehr in die Tiefe gehen, um Leser nicht zu spoilern.
Und dennoch: Rassismus in der US-Armee und der Umgang mit „Brown Babys“ spielen eine zentrale Rolle – eine ganz schön heftige Geschichte, die mir in ihrer Tragweite im Vorfeld so nicht bekannt war.

Wie erwähnt hat mich das Buch einfach extrem gut unterhalten, und bei all den schwierigen Themen gab es auch immer wieder lustige Momente und Dinge, die einem einfach ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Der Schreibstil ist extrem flüssig, bildhaft und somit leicht zu lesen, wenngleich die Inhalte oft schwer verdaulich sind. Die Charaktere sind authentisch gezeichnet, vor allem bei Greta hat mich das tief beeindruckt, denn sie zeigt wie die Erinnerungen so langsam schwinden und was das für die Betroffenen bedeutet. Gefallen hat mir sehr, dass die Autorin auch original Ausschnitte von Texten und Nachrichten einbaut.

Bewertung vom 09.04.2021
Fertig ist die Laube / Online-Omi Bd.15
Bergmann, Renate

Fertig ist die Laube / Online-Omi Bd.15


ausgezeichnet

Gunter, der Lebensabschnittsgefährte von Renates Freundin Gertrud, muss unters Messer. Das Problem: Er hat einen Garten und der will auch während seiner Abwesenheit bewirtschaftet werden. Gertrud und Renate nehmen sich der Parzelle an und was sie da vorfinden ist „interessant“. Ein bisschen Gießen und Unkraut jäten – das reicht nicht. Aber Renate Bergmann wäre nicht Renate Bergmann, würde sie nicht auch das in den Griff bekommen…

Aktuell bin ich viel im Gewächshaus, säe, wässere und freue mich, wenn die Saat aufgeht. Zwischendurch brauche ich aber auch andere Arten der Zerstreuung und daher kam der neue Renate-Bergmann an sich schon wie gerufen, aber das Thema passte ja wie Faust aufs Auge. Die rüstige Rentnerin ist eine einzige Erfolgsgeschichte aus meiner Sicht und das kommt nicht von ungefähr. Renate nimmt kein Blatt für den Mund, nennt Dinge beim Namen und ist auch immer Neuem gegenüber sehr aufgeschlossen. Das ist einfach extrem unterhaltsam und sorgt immer wieder für Lacher. Sie nimmt dabei auch immer wieder Bezug zu gesellschaftlichen Themen und analysiert die Lage treffend und humorvoll zugleich. Ihre Altersweisheit spielt auch immer wieder mit rein und so finde ich in den Büchern immer wieder Dinge, die mich auch echt zum Nachdenken animieren, selbst wenn es an sich eben "nur" Humor ist.
Renates Leben ist alles andere als ruhig und langweilig - ganz im Gegenteil, es ist erfüllt von den verschiedensten Menschen, die sich eben so in Berlin Spandau tummeln. Da gibt es die alten Freunde, auch wenn es immer weniger werden, die esoterische Tochter, die Verwandtschaft durch die zahlreichen verblichenen Ehemänner, einen pedantischen Platzwart oder auch Nachbarn... selbst wenn man noch keines der Bücher gelesen hat, kann man sich die Leute vorstellen und in gewisse "Schubladen" stecken. Manches mag ein bisschen überzeichnet sein, aber das tut der Sache keinen Abbruch. Auch stört es überhaupt nicht, dass Frau Bergmann zwischendurch immer wieder mal auf dem Weg zur Hauptgeschichte Ausflüge in ihre Vergangenheit unternimmt oder sonstige Anekdoten zum besten gibt, denn eine Renate Bergmann ist eben sehr gut informiert und möchte auch den Leser voll und ganz mitnehmen. Das dies gelingt, liegt auch am kurzweiligen Schreibstil und an der bildlichen Sprache, die das Gefühl aufkommen lässt, als würde man Frau Bergmann wirklich über die Schulter sehen.

Doch das Buch war nicht nur ziemlich witzig, sondern hatte auch noch einen Mehrwert, zumindest für Gartenneulinge. Mir hatte es jetzt zwar keine neuen Erkenntnisse geliefert, aber dafür bin ich auch einfach zu sehr im Thema. Die Entwicklung des Gartens ist gut nachvollziehbar und man bekommt wirklich Lust selbst direkt auch etwas zu machen (falls man nicht so mittendrin ist), ach ja und doch habe ich etwas immerhin mitgenommen: Von den Zucchinipflanzen werde ich in diesem Jahr mindestens zwei hergeben ;)
Ich habe nicht alles von Frau Bergmann gelesen, aber doch einiges und während mich die letzten ein, zwei Bücher nicht so ganz abgeholt haben, war ich hier wirklich begeistert. Thema, Schreibstil und Humor haben genau meinen Geschmack getroffen. Daher volle Punktzahl und ich bin gespannt, wohin es bei der nächsten Aktion der Online-Omi geht.

Bewertung vom 04.04.2021
Gefangen und frei
Sheff, David

Gefangen und frei


sehr gut

Jarvis Masters wuchs in schwierigen Verhältnissen auf und hat sich – wie so viele – in seiner Jugend „entsprechend“ entwickelt. Statt die Schulbank zu drücken, hat er Leute geschlagen und einen Raub nach dem anderen durchgeführt. So landete er im Gefängnis und dort sollte alles noch schlimmer kommen. Als Mitglied einer Knastgang schweigt er nach dem Mord an einem Wärter und wird auf der Grundlage zum Tode verurteilt. Im Todestakt findet Masters zum Buddhismus und hilft damit nicht nur sich selbst sondern auch anderen. Masters Geschichte wird von David Sheff berichtet. Er erzählt eine bewegende Geschichte um Masters und seine buddhistische Praxis.

Ich war skeptisch, nein sogar äußerst skeptisch, als ich dieses Buch in Händen hielt. Kann ich mit der Geschichte eines verurteilten Mörders im Todestrakt etwas anfangen? Ist der Buddhismus für mich als Person, die eher atheistisch unterwegs ist, ein interessantes Thema? Da ich aber immer wieder gerne über den Tellerrand hinausschaue habe ich zugegriffen und muss nach der Lektüre sagen: Welch ein Glück! Meine Befürchtungen waren schlicht falsch und die Geschichte hat mich fast von Beginn an irgendwie gefesselt. Man benötigt auch kein größeres Vorwissen zum Buddhismus, um dem Erzählten folgen zu können. Die Lehren sind nachvollziehbar, die Schwierigkeiten in der Praxis ebenso. Die biografischen Aspekte der Geschichte waren teils wirklich hart. Was Masters zum Teil erleben musste wünscht man seinem ärgsten Feind nicht. Seien Wandlung geht in dem Buch vielleicht ein bisschen zu schnell, ist aber dennoch für mich authentisch. Besonders beeindruckend finde ich, dass er im Gefängnis freier scheint, als mancher der ohne Gitterstäbe lebt. Masters Umgang mit zahlreichen Rückschlägen ist ebenso beeindruckend.

Und trotz all des Lobes reicht es für mich „nur“ für vier Sterne, denn das Lektorat hat nicht gerade den allerbesten Job gemacht. Zudem finde ich es schwierig, dass der Autor zunächst schreibt neutral bleiben zu wollen, dann aber scheinbar zu 100% von dessen Unschuld überzeugt ist. Wenngleich ich auch zu der Meinung tendiere, ist es einfach nicht ganz glücklich gemacht vorher als mehr oder weniger neutrale Instanz schreiben zu wollen und dann eben nicht mehr neutral zu sein. Nach 100 Stunden Gesprächen sicher nicht weiter verwunderlich, aber dann hätte der Beginn vielleicht entsprechend abgeändert werden sollen. Aber insgesamt hat mich das Buch sowas von abgeholt, dass ich es gerne auch anderen Lesern empfehle.

Bewertung vom 31.03.2021
Aus der Mitte des Sees
Heger, Moritz

Aus der Mitte des Sees


weniger gut

Mönch Lukas ist ein Schwimmer und aktuell scheint er in (Selbst-)Zweifeln zu baden und hadert mit sich und seinen Gedanken. Der Klappentext versprach Einblicke in das Leben eines Mönchs, eine Welt, die mir sehr fremd ist und ich lerne immer gerne Neues kennen, darum der Griff zu diesem Buch, auch wenn ich nicht gläubig bin.
In den vergangenen Wochen hat mich kein Buch so wenig angesprochen wie dieses. Es war einfach nicht meine Geschichte und die Gedanken von Lukas waren mir in Teilen viel zu sprunghaft. Noch schlimmer war nur, dass ich mit dem Protagonisten gar nichts anfangen konnte. Er blieb einfach zu kühl. Es gab durchaus Themenbereiche, die mich interessiert haben, aber der Großteil war einfach nur eine Aneinanderreihung von Gedanken, die bei mir einfach nicht auf fruchtbaren Boden fielen und sich zogen wie Kaugummi. Es war einfach so gar nicht mein Buch. Ich habe mich immer wieder gefragt, ob ich nicht lieber abbrechen soll, weil es mich einfach nicht so wirklich angesprochen hat, habe es aber durchgezogen, weil ich hoffte, dass sich noch etwas tut. Für mich war das nicht wirklich der Fall. Oft habe ich mich auch beim Querlesen erwischt, einfach weil so gar nichts passiert und ich es irgendwann auch mal beenden wollte. Zudem hat mich der Schluss auch gar nicht angesprochen, ach – ich kann es nur wiederholen: Es war nicht mein Buch. Es hat mich auch nicht nachdenklich gestimmt, sondern einfach nur froh, als ich es hinter mir hatte.

Und dennoch habe ich auch Positives: Die Sprache! Heger schreibt an sich gut und hätte es mich inhaltlich erreicht, wäre ich wohl echt begeistert.

Bewertung vom 30.03.2021
Einer muss doch anfangen!
Milstein, Werner

Einer muss doch anfangen!


gut

In diesem Jahr wäre die Widerstandkämpferin Sophie Scholl 100 Jahre alt geworden. Doch wie wahrscheinlich fast jedem bekannt, kam es anders für eine der Symbolfiguren der „Weißen Rose“. In diesem Buch wird ihre Lebenswelt geschildert. Christlich erzogen und zu Beginn – wie ihre Geschwister- ganz angetan vom Nationalsozialismus, beginnt sich nach und nach einiges zu ändern. Sophie und auch ihr Bruder Hand hinterfragen den NS, weitere Studenten und Freunde schließen sich an.
Dieses Buch, wenn auch recht dünn, ist inhaltlich eine Wucht und erzählt von der Wiege bis zur Bahre von Sophie Scholl. Vieles war in Vorfeld bekannt, dennoch konnte der Autor meinen Sohn und mich auch immer wieder überraschen. So hatte ich von ihrer frühsten Kindheit keine Ahnung und dabei liegen hier ja gewisse Grundlagen für ihr Handeln. Auch Personen aus ihrem Umfeld bekommen eine tiefere Bedeutung und man versteht, wie sie einander beeinflussten. Durch Zitate, Briefausschnitte und Aussagen von Freunden entsteht ein Bild der jungen Frau, das einfach berühren muss. Ihren Mut und ihr Engagement muss man einfach würdigen und ihr Gerechtigkeitsempfinden ist beeindruckend. Gelungen auch die zahlreichen Bilder, die das Ganze lebendiger machen.

Ist das Buch lesenswert? Unbedingt! Genauso unbedingt müsste der Verlag aber auch noch einmal ans Lektorat. Ganz ehrlich haben mich die fehlenden Satzzeichen, doppelten Buchstaben und einmal ein Kauderwelsch aus Buchstaben wirklich sehr geärgert und genervt. Genauso erging es auch meinem Sohn und wir sind ganz sicher keine, die mal bei dem einen oder anderen Tippfehler direkt genervt sind. Wir haben mit Sicherheit noch nicht einmal alle entdeckt und dennoch waren es nicht wenige. Das wird dem Buch einfach nicht gerecht und allein aufgrund dessen hätte ich es gerne schlechter bewertet. Doch die Geschichte machte es mir unmöglich.

Meinem Sohn war es auch ein wenig zu trocken, aber noch in Ordnung und auch ich fand das der Schreibstil ein wenig angestaubt wirkte. Für uns beide bleibt das Buch somit stilistisch hinter seinen Möglichkeiten, dennoch hat es uns Sophie Scholl und ihre Gefährten nähergebracht. #GegendasVergessen

Bewertung vom 29.03.2021
Wildes Paradies
Praxmayer, Claudia

Wildes Paradies


ausgezeichnet

Das Gärtnern ist mir in den letzten Jahren immer mehr eine Herzensangelegenheit geworden und ich bin natürlich auch immer mehr an entsprechender Literatur interessiert. Das Buch hat mich direkt angesprochen, denn genau dieses wilde Paradies – wenn auch in etwas kleinerem Rahmen – ist mein Ziel und ich bin immer auf der Suche nach Informationen und Tipps, wie das am besten, ökologischsten umzusetzen ist. Mit dieser Zielsetzung habe ich das Buch ausgewählt und ich kann schon verraten, dass mich das Buch in vielem bestätigt hat, bei einigem überrascht und es mir auch neue Optionen und Möglichkeiten aufzeigte. Mir gefällt dabei besonders, dass die Autorin nicht mit erhobenem Zeigefinger ihr Wissen präsentiert, sondern sympathisch auch von eigenen Fehlern berichtet, denn auch daraus lässt sich lernen.
Doch von Beginn. Vor ein paar Jahren hat sich die Autorin mit ihrem Mann ein neues Paradies gesucht, welches so ökologisch wie nur möglich bewirtschaftet werden soll. Ein großes Gelände ist es geworden, so groß und teils verwildert, dass ihre Freunde sie fragten, ob sie wahnsinnig sind. Ohne viel Fleiß und Schweiß geht es auch nicht und so ein Garten ist im Prinzip auch nie fertig, aber soweit man das beurteilen kann, hat es sich voll gelohnt, nicht nur für die Autorin, sondern auch für Flora und Fauna. Die Autorin lässt den Leser an der Entwicklung teilhaben.
Thema und Umsetzung sind einfach sehr ansprechend und super gelungen. Ich konnte das Buch kaum mehr aus den Händen legen. Es ist haptisch auch sehr gut gelungen und ich war sehr positiv von dem HC überrascht.
Der Schreibstil ist super ansprechend und ich finde es klasse, wie die Autorin aus ihrem Gartenleben berichtet und dabei auch von Hindernissen und Fehlschlägen berichtet. In anderen Büchern werden "Fehler" erwähnt, aber es hat hier nichts von dem erhobenen Zeigefinger, den ich bei dem einen oder anderen Buch in der Richtung schon bemerkt habe. Alles Dogmatische fehlt – das gefällt mir richtig gut. Sie ermutigt einfach mal etwas zu wagen und tja - mal klappt´s, mal nicht. Erkenntnisgewinn gibt es so und so. Auch ihre Haltung "Nein, wir leben nicht im Rosamunde-Pilcher-Land" gefällt mir. Genauso, wie die ehrliche Erzählung, dass sie selbst als Biologin immer wieder mal vor Problemen steht.
Die Übersichten und Tabellen fand ich gut, die Bilder richtig toll und trotzdem - irgendwas hat mir gefehlt...

Toll finde ich die Infos zu Zeigerpflanzen oder auch und besonders das Kapitel "Mut zum Chaos" und einige andere Infos zur Flora und Fauna. Auch ihre Beobachtungen der Natur sind wunderbar zu lesen. Man lernt viel, vor allem auch sich selbst mal eine Auszeit zu nehmen, um zu beobachten. Überrascht hat mich ein wenig wie schlecht Kirschlorbeer ökologisch gesehen ist. Das es nicht der absolute Bringer ist, war klar, aber dass er weniger ökologisch als eine Betonwand ist – das hat mich echt überrascht. Und trotz allem habe ich mir einfach einen kleinen Tick mehr an neuen Erkenntnissen von dem Buch versprochen. Allerdings muss ich hier einschränkend erwähnen, dass ich eben auch schon einiges in dem Bereich gelesen und auch selbst erlebt habe.

Ich empfehle das Buch dennoch nicht nur Laien, denn das Buch ist so viel mehr als nur eine Sammlung von Information, es ist ein Plädoyer für die Natur und Natürlichkeit, das Beobachten und den Mut einfach mal selbst etwas zu wagen.

Bewertung vom 23.03.2021
Das Faultier bewegt sich wie Opa
Dignös, Eva;Schnitzler, Katja

Das Faultier bewegt sich wie Opa


sehr gut

Kindermund tut Wahrheit kund, mal scharfsinnig, mal witzig, mal schon fast schmerzhaft ehrlich. Diese Erwartung hat der Titel geweckt und das Sachbuch versammelt zahlreiche Anekdoten aus verschiedenen Themenbereichen und gibt zudem noch an manchen Stellen zusätzliche Informationen.
Die Welt durch Kinderaugen zu sehen, ist einfach lustig. Ob man Schimpfworte ein bisschen verändert, wenn man sich „popoziert“ fühlt oder wenn man der fiebrigen Mutter die Frage stellt „soll ich dich kalt machen?“. Solche Sprüche und noch viele mehr sind hier gekonnt in Szene gesetzt. Allein die Einführungen ins Thema sowie die Überleitungen der Autorinnen von dem einen zum anderen Spruch, sind schon oft lustig oder wecken Interesse. Ich konnte das Buch kaum aus den Händen legen und in Teilen habe ich es auch mit meinem Sohn gelesen. Reihum haben wir Sprüche vorgelesen und nicht nur einmal herzlich gelacht und fast immer zumindest geschmunzelt. Die Kinder sagen noch was sie denken, wo ältere Kinder und Erwachsene lieber schweigen und vieles sehen sie auch vielleicht einfach viel zu wörtlich (erinnerte mich an meinen damals zwei- oder dreijährigen Sohn, der schreiend wegrannte, als ich ihm vorschlug, mal ein Auge auf das Spiel zu werfen…). Die verschiedenen Themenbereiche reichen von Gesundheit, Sport bis zum Aufräumen und ich hätte noch viel mehr davon lesen können.
Die Sachbuchanteile mit Interviews boten mir zwar kaum Neues, aber dennoch war es eine schöne Abrundung und vielleicht bietet die jungen Eltern einen Mehrwert. Zumindest wird klarer, warum Kinder die Welt so/noch anders sehen und warum sie ständig Fragen nach dem „Warum“ stellen.
Nicht jeder einzelne Spruch zündete bei uns voll und ganz, aber in Summe wurden wir sehr gut unterhalten und es weckte auch lustige Erinnerungen. Genau so etwas braucht man gerade in diesen Zeiten und entsprechend empfehle ich dieses Buch für den einen oder anderen unbeschwerten Moment.

Bewertung vom 19.03.2021
Weber's Gasgrillbibel
Weyer, Manuel

Weber's Gasgrillbibel


ausgezeichnet

Über lange Jahre habe ich das Grillen gehasst und noch immer verstehe ich nicht, was an einem Holzkohlegrill so toll sein soll. Mir schmeckt es einfach nicht, dieses besondere Aroma – für mich einfach nur abschreckend und alles andere als lecker. Da mein Mann jedoch gerne grillt, haben wir im vergangenen Jahr einen Kompromiss gefunden, den ich nicht mehr missen möchte: Den Gasgrill, von dem ich wirklich alles gerne esse, ob Gemüse, Fleisch oder Obst. Bisher haben wir ohne jegliche Ahnung, einfach nach Intuition gegrillt. Ganz nach dem Motto: trial and error, wobei wir fast immer perfekte Ergebnisse hatten. Unser Problem war nur: So richtig mutig waren wir nicht und daher gab es nur mariniertes Fleisch, Fisch, Ananas und eben die eine oder andere Gemüsemischung. Da wir nun durchstarten wollten, musste ein Buch her. Auch mir, die vor Grillgut noch bis im vergangenen Jahr geflüchtet ist, war Weber natürlich ein Begriff und daher gab es zu diesem Buch auch keine Alternative. Für uns war es das erste Grillbuch im Haus, vielleicht bin ich deshalb auch so begeistert, aber ich habe nun wirklich viele Rezeptideen an der Hand und extrem viele Informationen, die Grundlagen betreffend. Das ist auch beim Umgang mit Gas nicht unwesentlich und auch die verschiedenen Hitzezonen sind erklärt. Das Grillgut, aber auch beispielsweise die Reinigung sind Thema. Richtig klasse finde ich die zahlreichen Tabellen mit Infos, bei welcher Hitze diverses Grillgut gar ist – das ist ja nicht immer so ganz leicht einzuschätzen, zumindest nicht für Leute wie mich, die sonst voll auf Herd und Backofen setzen. Der Aufbau des Buches ist gelungen, denn mit den Basics zum Gasgrillen startet das Buch. So ist bei Fragen auch mal ein schnelles Nachschlagen möglich.

Die Rezepte sind sehr übersichtlich gestaltet und das auf den ersten Blick die Grillmethode, Zubereitungszeit und Co ersichtlich sind, ist ein zusätzliches Plus. Die ansprechenden Fotos machen Lust selbst aktiv zu werden und die einzelnen Schritte sind gut verständlich und leicht zu imitieren und es gibt auch oft Variationen. Charmant finde ich auch die Tipps bei manchen Rezepten, die handschriftlich wirken und hier vom Layout her echt stimmig ist. Es gibt dabei alles, was das Grillherz begehrt und Besonderes – ich wäre zumindest nicht von allein auf die Idee gekommen Pizza im Gasgrill zu machen (warum kann ich nicht mal sagen, aber Pizza war bei mir bisher einfach eine Geschichte für den Backofen…). Gelungen auch die Saucen, Dessert und natürlich die diversen Fleisch- und Fischgerichte. Es sind insgesamt nur sehr wenige Rezepte in diesem umfangreichen Buch, die nicht bei mir auf dem Teller landen werden (z.B. Lamm). Schön sind auch die vegetarischen Rezepte, denn nach Corona werden wir wieder Leute einladen und dann gibt es auch deutlich mehr Varianten, die wir anbieten können.

Ein richtig dicker Wälzer, der mit seinen zahlreichen Tipps und Ideen bei uns offene Türen eingerannt hat. Ich empfehle das Buch sehr gerne weiter und freue mich nun noch mehr auf die wärmeren Temperaturen und werde vielleicht auch mal selbst grillen und nicht nur das Vorbereiten übernehmen.