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monerl

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Insgesamt 232 Bewertungen
Bewertung vom 06.04.2018
Hologrammatica (MP3-Download)
Hillenbrand, Tom

Hologrammatica (MP3-Download)


sehr gut

Handlung: Hier bekommen wir eine faszinierende Vorstellung der Zukunft! Der Autor entwickelt mit Hologrammatica literarisch eine Technik, die all das Schmutzige und Kaputte auf der Welt überdecken und schön und ansehnlich machen kann. Die Hologrammatica, die optisch tatsächlich eine schöne neue Welt vorgaugelt. Und nicht nur die Umwelt und Gegenstände können mit einer Holotextur, einer Illusion überdeckt werden, nein, es funktioniert sogar mit Menschen. Ein jeder, je nachdem wie viel Geld und Macht er hat, kann seine Erscheinung verändern. Heute männlich, morgen weiblich, übermorgen mit dunkler Haut, groß, klein, bunt. Den eigenen Wünschen sind fast keine Grenzen gesetzt. Doch man kann nicht ewig in einer Hülle bleiben. Nach einer bestimmten Zeit muss man wieder in seinen Körper zurück. Dies ist die Umgebung, die Welt, in der Galahad Singh lebt und arbeitet. Er soll Juliette Perotte aus Frankreich aufspüren und wieder zurückbringen. Eine echte Herausforderung, wenn man bedenkt, wie unecht in dieser Welt Menschen und Dinge sind. Wer sein Auftraggeber ist wird ihm nicht verraten. Durch seine Suche nach Juliette stolpert er von einem Rätsel zum anderen und es wird immer komplizierter und gefährlicher. Auch sein Leben ist in Gefahr, doch was und wer genau steckt dahinter und warum? Und wie hängt das alles mit Juliette Perotte zusammen?
Charaktere: Tom Hillenbrand lässt sich Zeit und charakterisiert seinen Protagonisten sehr intensiv. Er ist hart und sanft zugleich. Ein kluger Kopf, besonnen und kann seine privten Probleme mit seinem Vater doch nicht so leicht abschütteln, wie er gerne würde. Ich hatte während des Hörens immer eine sehr gute Vorstellung von ihm, wie er ist und was ihn antreibt. Juliette Perotte ist zu Beginn nur ein Name. Doch nach und nach erscheint auch sie immer stabiler vor meinem inneren Auge, bleibt aber als Person noch ein Rätsel, das aufgedeckt werden muss.
Spannung: Hochgradig spannend ist dieser Science-Fiction-Thriller, denn Tom Hillenbrand hat sich einige sehr interessante Sachen ausgedacht! An jeder Ecke gab es während des Hörens Neues in seiner erschaffenen Welt zu entdecken, die eine großartige Fantasie des Autors bescheinigte. Zudem wird der Leser / Hörer in ethische und moralische Fragen verwickelt, was mir sehr gut gefiel. Es geht nicht nur um künstliche Intelligenz, die irgendwann dominierend in den Vordergrund tritt. Der Autor thematisiert auch die Möglichkeit von Unsterblichkeit und ob das wünschenswert sein könnte. Menschen sind in der Lage digitale Kopien ihres Gehirns zu machen und in menschliche "Hüllen" hochzuladen. Ist das dann noch der selbe Mensch? Ich war begeistert von der thematischen Vielschichtigkeit, die dieses Hörbuch bietet.
Schreibstil: Der Autor hat es geschafft, dass ich immer mehr und mehr wissen wollte. Ein guter Hörfluss stellte sich ein, der nur immer dann ins Stocken geriet, wenn es zu viele fremdartige Begriffe gab, deren Sinn sich mir nicht auf Anhieb erschlossen.
Ende: Am Ende geht alles Schlag auf Schlag und nicht immer konnte ich dem Weg der großen Auflösung folgen. Es war viel auf einmal und nichts, was es so schon einmal gab. Daher war höchste Konzentration sehr wichtig! Zum Schluss aber wurde alles aufgedeckt und aufgeklärt und es blieben keine wichtigen Fragen offen. Nur mein Mund, denn ich staunte über diese grandiose Idee, die mir viele besondere Hörstunden bereitet hat. Und eventuell, ganz eventuell besteht die Möglichkeit auf einen weiteren Teil. Wir werden sehen...
Hörbuch: Der Sprecher schafft durch seine Sprechart und Stimme genau die richtige Atmosphäre. Ich habe ihm sehr gerne zugehört. Das einzige und bedeutende Manko für das Hörbuch sind die vielen Begriffe, die man nicht kennt und die komplizierte Idee des Plots.
Fazit: Ein wundervolles Buch mit einer erfrischend neuen Idee, das mir sehr großen Spass gemacht hat. Sehr actiongeladen und dennoch blieb Raum für eine sehr nette und interessante Romanze. Nie langweilig und zum Nachdenken.

Bewertung vom 26.03.2018
Die Farbe von Milch (eBook, ePUB)
Leyshon, Nell

Die Farbe von Milch (eBook, ePUB)


sehr gut

Mary kennt es nicht anders. Das Leben ist hart und man hat zu gehorchen. Gehorcht man nicht, wird man dafür bestraft. Der Vater fordert absolute Gehorsamkeit. Da er anstatt Söhnen, die tatkräftig auf dem Feld hätten helfen können nur vier Töchter hatte, mussten diese die Lücke an Arbeitskraft schließen. Marys Leben ist zudem ganz einfach strukturiert. Es wird aufgestanden, wenn der Tag anbricht, es gibt ein karges Essen aus Käse und Brot, wenn der Magen knurrt ist Essenszeit und wenn es Nacht wird geht man schlafen. Dazwischen werden die Tiere versorgt und es wird auf dem Feld gearabeitet. Mary erfährt wenig Liebe, wenig Aufmerksamkeit, hat aber auch keine Langeweile. Und dennoch ist Mary etwas anders als andere. Sie hat eine schnelle Auffassungsgabe und Direktheit, die Fluch und Segen zugleich sind.

"Du bist sehr scharfsinnig, nicht wahr? sagte er. Intelligent kann ich dich nicht nennen, denn du hast überhaupt keine Bildung genossen, aber du bringst etwas mit.
Und was soll das sein?
Ich denke eine gewissen angeborene Schläue oder Geist.
Ist das etwas anderes als ein gebildetes Hirn?
Ja, wahrscheinlich schon. Es ist ungeformt, Mehr wie bei einem Tier, primitiv." (eBook ab 64%)

Aber Mary hat ein körperliches Problem. Ein Bein ist verdreht und deshalb ist sie nicht so schnell wie die anderen. Das war wohl auch der Grund, dass ihr Vater sie als bezahlte Hilfskraft an den Dorfpfarrer abgegeben hat, damit Mary diesen bei der Pflege seiner kranken Frau unterstützt. Und fortan fängt Marys neues Leben an.

Wir lesen Marys Autobiografie, die an die Form von Tagebucheinträgen erinnert. Sie schreibt über das letzte Jahr, von Frühling zu Frühling, was sich in ihrem Leben geändert hat und was ihr widerfahren ist. Da wir wissen, dass Mary nie die Schule besucht und somit nie lesen und schreiben gelernt hat, ist umso erstaunlicher, dass sie selbst ihre Geschichte aufschreibt.

"Dies ist mein Buch und ich schreibe es eigenhändig. Es ist das Jahr des Herrn achtzehnhunderteinunddreißig und ich bin fünfzehn geworden und sitze an meinem Fenster und kann viele Dinge sehen. [...]
Ich bin nicht sehr groß und mein Haar hat die Farbe von Milch.
Mein Name ist Mary und ich habe gelernt, ihn zu buchstabieren. M.A.R.Y. So schreibt man die Buchstaben." (eBook 1%)

In Marys Art zu erzählen und zu schreiben erkennt man ihr Wesen wieder: schlicht, klar, direkt! Und sie erzählt ihre traurige Geschichte aus einer Zeit, in der Mädchen und junge Frauen den patriarchalischen Strukturen absolut ausgeliefert waren. Der Klappentext lässt bereits einiges vermuten und der Schluss offenbart das Schlimmste und dennoch war ich auf ihn so nicht ganz vorbereitet. Ich ließ mich kurz vorher von der Autorin in die Irre leiten, da meine Hoffnung auf Liebe und die Sicherheit, die eine Familie bieten sollte, noch nicht gestorben war.

Mit Mary hat Nell Leyshon eine wunderbare Protagonistin geschaffen. Sie ist greifbar, vorlaut und in ihrer Art sehr erheiternd. Nicht umsonst ist sie die Lieblingsenkelin des Großvaters. Eine tolle und authentische Figur, die ich sehr gerne begleitet habe. Währendessen bleiben die anderen Charaktere eher etwas blass. Gerne hätte ich noch etwas mehr erfahren über ... ich weiß nicht so genau, über was oder wen. Doch nach dem Lesen hat mir ein kleines Bisschen gefehlt, damit dieses grandiose Buch ein Herzensbuch hätte werden können.

Fazit:
Mit "Die Farbe von Milch" wartet Nell Leyshon mit einem kurzweiligen aber intensivem Buch auf, das zwar keine neue Thematik behandelt, diese aber auf eine ganz spezielle Art im Buch dargestellt, die mir großartig gefallen hat. Ein Buch, das leise daherkommt und mit einem Knall abschließt. Ein Buch, das daran erinnert, dass diese Zeiten bei uns zwar vorbei sind, es aber immer noch Regionen und Länder gibt, in denen solche Zeilen tagtäglich in viele Tagebücher geschrieben werden.

Bewertung vom 23.03.2018
Heimkehren (MP3-Download)
Gyasi, Yaa

Heimkehren (MP3-Download)


sehr gut

Meisterhaft erzählt die Autorin die Geschichte einer Familie über mehrere Generationen, die ihren Ursprung in Ghana hat. Eine Heimat, eine Mutter, zwei Töchter und die Zukunft vieler Nachkommen, die wir bis ins heutige Amerika begleiten.

Dabei streifen wir die schmerzhaften Themen wie Kolonialisierung, Sklavenhandel, Mißbrauch von Frauen, Rassendiskriminierung, Bergbau und Ausbeutung der Menschen dafür, der Weg Ghanas in die Unabhängigkeit, Perspektivlosigkeit der Schwarzen in Amerika, Drogen usw.

In jeweils wechselnden Kapiteln erfahren wir durch Ausschnitte aus dem Leben des jeweiligen Protagonisten, einem Nachkommen, einem Enkel, Ur-Enkel, Ur-Ur-Enkel usw. der beiden Halbschwestern.

Intensiv beleuchtet die junge Autorin die historischen Hintergründe Ghanas, die mich sehr berührt haben. Dadurch gefielen mir die Lebensgeschichten der Charaktere, die bis zum Ende des Sklavenhandels gehen, am allermeisten.

Ein roter Familienfaden, mit Erinnerungen an den Ursprung und die Sehnsucht nach Heimat, Halt und Glück zieht sich durch das ganze Buch. Ein jeder hat ein Stück seiner vorherigen Generation im Kopf und im Herzen.

Yaa Gyasi erzählt direkt und ungeschönt. Die Vergangenheit wird dabei authentisch aufgearbeitet und die Augen werden denjenigen geöffnet, die sie bisher vor solch historisch schmerzlichen Wahrheiten verschlossen haben. Wir lesen bzw. hören über Unmenschlichkeit, Grausamkeit und Ungerechtigkeit, runtergebrochen auf einzelne Menschenschicksale. Wen das nicht berührt hat ein Herz aus Stein.

Meine kleinen Kritikpunkte zu diesem grandiosen Debüt beziehen sich in erster Linie darauf, dass die Geschichte zwischen den einzelnen Kapiteln zu große Lücken hat. Je weiter sie auf die Gegenwart zusteuert, desto weniger erfahren wir vom Leben des Protagonisten im Vergleich zu denen, die im 18. und 19. Jahrhundert spielen.

Zum Hörbuch:
Die Produktion mit 14 unterschiedlichen Sprechern war sicherlich eine Herausforderung, die jedoch ziemlich gut gelungen ist, auch wenn man sich als Hörer permanent auf neue Stimmen einstellen muss. Da die Geschichte über acht Generationen erzählt wird, springt sie auch recht schnell von einem Leben zum anderen. Hierbei vergisst man als Hörer viel eher Details aus der vorherigen Geschichte und kann durch das Medium Hörbuch leider nicht mehr zurück und sich das eine oder andere in Erinnerung rufen. Deshalb war für mich das Hörbuch nicht das perfekte Mittel, um diese Geschichte im Ganzen zur vollsten Zufriedenheit genießen zu können. Ein weiteres Manko sehe ich zusätzlich noch in dem Hörbuch als Download. Hier hat man keinen Stammbaum vor Augen, dem man visuell folgen kann. Ich habe mir dafür extra einen Screenshot des Stammbaums gemacht, da er mir wichtig war.

Fazit:
Wer sich für die Geschichte Ghanas und die der Stämme interessiert, für die Entstehung des dortigen Sklavenhandels und auch die Rassendiskriminierung der Afrikaner in Amerika, wird mit "Heimkehren" ein absolutes Leseerlebnis haben. Und obwohl viel Verachtung und Traurigkeit in diesem Buch stecken, ist es durchspickt mit Hoffnung, Zuneigung und Liebe. Das ist es auch, was diese Geschichte so unvergesslich macht.

Bewertung vom 22.03.2018
Das Echo der Bäume
Novic, Sara

Das Echo der Bäume


ausgezeichnet

Das Buch besteht aus 4 Teilen, in denen wir erst die 10-jährige Ana kennenlernen und ihr dann in Etappen die nächsten 10 Jahre folgen.

Der erste Teil war für mich der schmerzhafteste. Hier erfahren wir über Ana, wie der Krieg sich angefühlt hat und welche Auswirkungen er auf die Bevölkerung, insbesondere in der Hauptstadt Zagreb, hatte. Ana lebt mit ihren Eltern und ihrer noch sehr kleinen Schwester Rahela, gerade mal ein paar Monate alt, in einer Wohnung in Zagreb. Die Autorin zeigt hier deutlich, wie schnell Kinder im Krieg erwachsen werden müssen und welche Nieschen sie sich schaffen, um sich einen gewissen kindlichen Alltag zu bewahren. Gerne folgte ich ihr und ihrem Schulfreund Luka auf ihren Fahrrädern durch die Stadt und in die Schule. Sie nehmen Entbehrung fast klaglos hin, denn es hilft nichts. Es ist Krieg und man muss froh sein, am Leben zu sein.
Und dann kommt dieser eine schlimme Tag, der schlimmste im Leben eines unbedarften 10-jährigen Mädchens. Erst muss sie ihre sehr nierenkranke Schwester nach Amerika ziehen lassen, damit diese eine Chance hat gesund zu werden und leben zu können und dann verliert sie von einer Sekunde auf die andere ihre Eltern und ihren Halt im Leben. Das war ein Moment in meinem Lesen, an dem ich selbst mit meiner inneren Stimme nicht mehr weiter lesen konnte. Etwas zerbrach auch in mir.

Hier gönnt uns Sara Novic dann eine emotionale Pause, für die ich ihr sehr dankbar bin! Geschickt unterbricht sie hier den Handlungsstrang der Vergangenheit und konfrontiert den Leser mit der 20-jährigen Ana, die mit ihrer Schwester eine "neue" Familie gefunden hat. Viele Fragen werden hier aufgeworfen, die sich im Laufe der nächsten beiden Teile auflösen.

Ana hat ihre Vergangenheit und all das, was sie erlebt hat, in sich verschlossen. Bis auf ihre Familie weiß niemand, wo sie ursprünglich herkommt. Durch dieses Verdrängen hat Ana jedoch keinen inneren Frieden. Eine Rede, die sie vor der UNO hält, wühlt sie sehr auf. Dabei wollte sie damit eigentlich mit ihrer Vergangenheit abschließen. Und so bleibt nur eine Konsequenz, Ana muss zurück nach Kroatien, sich ihren Erlebnissen stellen und Antworten auf einige Fragen suchen, die sie seit 10 Jahren plagen.

Die Autorin hat es geschafft, dass einen die Geschichte aufwühlt, gleichzeitig hält sie sich jedoch an Fakten und betreibt mit ihrer Erzählweise keine Verurteilung der gegnerischen Nation. Ein Krieg ist immer etwas sehr Schreckliches und sehr leicht fängt man an zu verurteilen und zu hassen. Doch Sara Novic schürt keinen Hass. Dass ihr das gelungen ist, rechne ich ihr sehr hoch an!

Sie schafft es, durch das Einfließen lassen von kroatischen Worten und Begriffen, der Geschichte einen ganz bestimmten Flair zu geben. Ich fühlte regelrecht die Menschen und das Kroatien, das ich aus meiner Jugend kannte.

Der Schreibstil der Autorin ist sehr schön und flüssig. Die Geschichte packte mich von Anfang an und endete authentisch. An der Protagonistin Ana kann man sehr gut nachvollziehen, was für seelische Schäden ein Krieg auslöst und welche Stufen oftmals durchlaufen werden müssen, bis man als Mensch wieder einigermaßen zu sich selbst findet.

Fazit:
Die Autorin zeigt dem Leser einen kleinen Ausschnitt aus dem damaligen Jugoslawienkrieg. Ein runde Story, die tief unter die Haut geht, eine Leidensgeschichte erzählt, wie sie damals so oder so ähnlich sicherlich vorgekommen war. Ein Leseerlebnis, der ganz besonderen Art. Absolut empfehlenswert!

Bewertung vom 19.03.2018
Frauen dürfen hier nicht träumen
Ahmad, Rana

Frauen dürfen hier nicht träumen


ausgezeichnet

Rana Ahmad zeigt durch ihr Buch, wie kostbar Freiheit ist und wie süß sie schmeckt, wenn man dafür alles zurücklassen musste, was einem lieb und kostbar war. Sie hat alles, was sie hatte auf eine Karte gesetzt und ein selbstbestimmtes Leben gewonnen.

Doch dafür bezahlt sie jeden Tag seit ihrer Flucht. Bis heute! Eine mutige Frau, die ein Pseudonym benutzt, um ein bisschen von sich abzulenken. Sie hat immer noch große Angst, dass ihr ältester Bruder sie für die Schande töten (lassen) wird, die sie der Familie durch ihre Flucht und ihr öffentliches Bekenntnis Atheistin zu sein, zugefügt hat. Rana Ahmad ist für manch einen Menschen die Hoffnung und der Beweis, dass es gelingen kann, sein Leben in die Hand zu nehmen und selbst darüber zu bestimmen.

Wir begleiten Rana gedanklich zurück nach Saudi-Arabien, als sie noch ein kleines 10-jähriges Mädchen war und ihr Vater ihr den Traum eines Fahrrads erfüllt hat. Doch fahren durfte sie es nur in den Ferien in Syrien, woher ihre Eltern stammen. Denn in Saudi-Arabien ist auch das Fahrradfahren für Mädchen und Frauen verboten. Eine kurze Zeit darf sie damit glücklich sein, den Fahrtwind in den Haaren genießen während sie Besorgungen für die Großmutter erledigt. Diese Freude währte nur kurz, denn dann kam der erste, große Einschnitt in ihrem Leben. Ihr Großvater entschied, dass sie nun alt genug war für das Kopftuch und sie sich ab jetzt züchtig zu verhalten hat. Fahrradfahren gehörte nicht dazu. Von nun an galt es aus ihr so eine Frau zu machen, die die Aufmerksamkeit gläubiger Familien auf sich zog und sie für eine Heirat in Frage käme. Das war das nächste und bisweilen einzige Ziel in naher und ferner Zukunft. Einzig Ranas Vater wünscht sich, dass Rana auch nach der Hochzeit ein Studium macht und sich weiterbildet.

Hin und wieder legte ich sprachlos und mit Tränen in den Augen das Buch zur Seite. Ich konnte nicht fassen, zu was Familienmitglieder, insbesondere Mütter, die einen lieben und (be)schützen sollten, fähig waren. Ranas Leben liest sich bis zur Flucht als ein wahrgewordener Albtraum, der in einer Endlosschleife feststeckt.

Wenn nichts mehr bleibt, gibt es heutzutage noch das Internet, in das sich auch die Autorin geflüchtet hat und das letztendlich ihre Rettung war. Durch viele Menschen, die sie dort kennengelernte, die ihr bei ihrer Flucht letztendlich ein Netzwerk von Hilfe waren, schaffte sie es aus Saudi-Arabien raus in die Türkei und über Griechenland nach Deutschland. Auch sie wagte die gefährliche Flucht mit dem Boot und dann weiter über die Balkanroute. Und auch hier hatte sie wieder Glück, da diese, als sie floh, noch nicht geschlossen war. Rana Ahmad bestätigt in ihrem Buch all die bisher erzählten Erlebnisse von Menschen, die auf diesem Wege nach Europa gelangten. Es ist schrecklich zu lesen, was sie alle erleben mussten. Und wieder lohnt es sich darüber nachzudenken, wie schlimm das Leben dieser Menschen vor der Flucht war, damit sie, um zu überleben, ihr Leben aufs Spiel gesetzt hatten.

Es war furchtbar diese Leidensgeschichte einer Frau zu lesen, die das große Pech hatte in einem Land zur Welt gekommen zu sein, in dem eine Frau nichts wert ist, keine Rechte, keine Stimme und kein Leben hat. Ranas Glück war ihr Syrischer Pass. Doch was ist mit all den Ranas, die mit ihrem Saudi-Arabischen Pass kein Flugzeug ohne männliche Begleitung betreten können?

Fazit:
Die berührende Lebensgeschichte einer jungen Frau, die bis Anfang 30 bereits so viel Schreckliches erlebt hatte, das wir uns in einem ganzen Leben nicht vorstellen können. Es ist eine berührende, mutige und sehr persönliche Geschichte, die sehr an meinem Herzen gerührt hat. Ich wünsche Rana Ahmad alles Glück der Welt. Sie soll in Zukunft immer des eigenen Glückes Schmied sein! Möge sie nie den Geschmack der selbsterlangten Freiheit vergessen und Vorbild für vie

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.03.2018
Die Legende des Feuerberges (MP3-Download)
Lark, Sarah

Die Legende des Feuerberges (MP3-Download)


gut

Das ist nun der Abschlussband der Feuerblüten-Trilogie. Auch hier geht es eine Generation weiter. Die Enkel von Ida und Cat haben hier die Hauptrollen, wobei man auch im dritten Teil allen Figuren mal mehr, mal weniger wieder begegnet. Das empfinde ich als sehr positiv! Die Trilogie hat somit einen charakterlichen Rahmen, der von Buch zu Buch erweitert wird, aber Wiedererkennungswert hat.

In diesem Band spielt die Industrialisierung eine große Rolle. Auch in Neuseeland hatten Maschinen Einzug genommen, Arbeiter wurden ausgebeutet, gering bezahlt und Frauen unterdrückt. In diesem Wirtschaftszweig zeigt March, Maras Tochter, ihr Können und ihre Qualitäten als Geschäftsführerin. Skrupellos hat sie nur Gewinnmaximierung im Sinn und vergisst die vielen leidenden Arbeiter, die für einen Hungerlohn ihre Gesundheit in den Fabriken lassen. Zweifelsohne findet sich hier der Charakter ihres kriegerischen Hauhau-Maorivaters wieder. Mit ihr bin ich leider nicht richtig warm geworden.

Aroha, Carols Tochter, muss viele Schicksalsschläge erleiden. Liebe und Glück scheinen ihr nicht vergönnt zu sein. In sehr jungen Jahren wird sie Zeugen eines schweren Zugunglücks, bei dem ihre große Liebe tödlich verunglückt. Dieser Unfall ist laut Wikipedia der älteste bekannte Eisenbahnunfall, der durch Wind verursacht wurde. Ihr weiterer Weg führte sie zu den Pink and White Terraces, die am 10. Juni 1886 durch einen Vulkanausbruch zerstört wurden. Sarah Lark hat diesen Terrassen einen großen Teil im Buch gewidmet, sodass ich unbedingt wissen wollte, was es damit auf sich hatte. Ich recherchierte im Internet und bin über DIESEN Wikipedia-Eintrag gestolpert.
Auch in diesem Band hat die Autorin somit wieder einige historische Begebenheiten als Rahmenbedingungen für ihren Roman gewählt. In dieser Hinsicht ist sie sich treu geblieben.

Als letzter Protagonist ist Robin zu nennen. Der jüngste Sohn von Cat und Chris schlägt ein bisschen aus der Reihe. Er ist ein sensibler und naiver junger Mann, dessen Herz fürs Theater schlägt. Für nicht mehr und nicht weniger. Durch seine Naivität und Zurückhaltung ist sein Leben durch Unterdrückung und Unglücklichsein geprägt, bis das Schicksal ihm eine unerwartete Wendung und eine riesengroße Portion Glück bringt.

Man kann schon erahnen, dass dieser letzter Teil sehr viele Themen beinhaltet und somit für meinen Geschmack etwas überladen war. Hier wollte die Autorin eindeutig zu viel. Sehr viele Handlungsstränge müssen verfolgt und zum Abschluss gebracht werden. Das ist Sarah Lark zwar gelungen, zum Ende hin bleiben keine Fragen offen, doch hat mich diese Fülle an Geschichten etwas ermüdet. An einigen Stellen empfand ich den Fortgang der Lebenswege der Figuren sehr konstruiert. Schwieriege Gegenspieler wurden recht schnell aus der Geschichte katapultiert. Es hätte spannender werden können, hätte sich die Autorin auf weniger Handlungsstränge konzentriert. Damit wäre mehr Luft für Verzwickungen gewesen.

Zum Hörbuch:
Auch dieser letzte Teil wurde, wie auch bereits der zweite, von der wunderbaren Dana Geissler gesprochen. Ich habe ihr sehr gerne zugehört und fand es toll, dass man sich als Hörer nicht schon wieder auf eine neue Stimme hat gewöhnen müssen.

Fazit:
Der Abschlussband wartet mit interessanten Charakteren auf, die in der überfüllten Story leider etwas untergehen. Historisch lernt man auch hier wieder einiges dazu und das Buch animiert zur nachträglichen Recherche über die im Buch erwähnten Unglücke als auch die Entwicklung Neuseelands. Der dritte Teil schließt die Feuerblüten-Trilogie schön ab, auch wenn ich ihn lieber etwas straffer gehabt hätte.

Bewertung vom 09.03.2018
Die Geschichte von Blue
Winter, Solomonica de

Die Geschichte von Blue


gut

(3,5 Sterne)
Nach langer Zeit tue ich mir wieder etwas schwer, ein Buch in Worte zu fassen und es zu bewerten. Es passt in kaum eine Schublade. Ich musste nach dem Lesen eine Weile über die Geschichte nachdenken, ob sie mir gefallen hat oder nicht.

Fest steht, es ist kein Gute-Laune-Buch, das man schnell runterliest und sich während des Lesens freut. Eigentlich löst es während des Lesens ein beklemmendes Gefühl aus. Immer wieder musste ich mir in Erinnerung rufen, dass es hier um ein 13jähriges Mädchen geht! Es ist schwerst traumatiesiert, hat den Tod des Vaters nicht verarbeitet und hat auch keine Hilfe bekommen, um über diesen Tod hinwegzukommen. Aus einer früher wohl glücklichen Familie, bestehen auch aus einer fröhlichen, aufmerksamen und liebevollen Mutter, ist ein unglückliches, sich gegenseitig hassendes Zweiergespann geworden. Daisy, die Mutter, ist scheinbar nicht mehr in der Lage ihre Mutterrolle auszufüllen, nimmt Drogen und kann mit ihrer traumatisierten, verstummten und psychisch zerrütteten Tochter nichts mehr anfangen.

Blue sucht Rettung, auch außerhalb ihrer "Manie" zum Buch "Der Zauberer von Oz", das ihr ihr Vater geschenkt hat. Es ist das Einzige, das ihr von Olli geblieben ist und sie hat es zu ihrer zweiten Haut gemacht. Ohne das Buch und ohne ihr Leben mit der Geschichte von Dorothy zu verzweigen, macht sie keinen Schritt in den Tag. Blue kann ihren Hilfeschrei nicht verbal formulieren und flüchtet sich in den Gegensatz und vestummt. Doch dieser stumme Hilfeschrei wird nicht gehört und nicht erkannt. Und so wird Blue zu einem morbiden Mädchen, das anfängt zu zerfallen, bis sie keiner mehr sieht.

Der Autorin ist dem Thema entsprechend eine düstere und traurige Atmosphäre gelungen, aus der man sich während des Lesens nicht befreien kann. Ihr Schreibstil ist flüssig. Und beachtet man das Alter, mit dem sie das Buch geschrieben hat, ist sogar der Sprachstil erwähnenswert. Es gibt nicht so viele 16/17jährige, die in der Lage sind, sich auf diesem Niveau auszudrücken.

Der Prolog deutet darauf hin, dass Blue sich in einer Psychiatrischen Klinik befindet. Sie erzählt, bzw. schreibt für ihren behandelnden Artz die Geschichte auf, wie es dazu kam, dass sie einen Mann und eine Frau getötet hat. Doch was ist passiert? Wie ist es geschehen? Wer waren die beiden? Und letztendlich: Hat sie es wirklich getan? Hat dieses 13jährige Mädchen, das von allen Gleichaltrigen gemieden und ausgelacht wird, sich getraut zwei Menschen zu töten?

"Ich war dreizehn Jahre alt, fing schon an zu heulen, wenn ich mich an Papier schnitt oder mir das Knie aufschürfte, aber jetzt war ich davon überzeugt, ich könnte töten." (Seite 73)

Obwohl die Geschichte mit ihren 277 Seiten nicht allzu dick ist, hatte ich hin und wieder mit Längen zu kämpfen, die ich am liebsten überblättert hätte. Der Schluss überrascht und deshalb finde ich ihn sehr gelungen! Im Teil 2 und 3 wird der Leser aufgeklärt. Doch leider sind das, im Vergleich zum ersten Teil, nur knapp 20 Seiten, auf denen das Buch ins -richtige Bild- gerückt wird. Ein paar wenige Fragen um Daisy bleiben auch offen, die ich gerne beantwortet bekommen hätte.

Fazit:
Ein seltsames und spezielles Buch, von einer zur Erstveröffentlichung noch sehr jungen Autorin, das Einblicke in eine traumatisierte, dunkle und kaputte Seele eines Teenagers gibt. Es gibt Denkanstöße und eine kleine Vorstellung, wie es vielen Jungendlichen gehen mag und wie sie von ihrer Umwelt teilweise alleingelassen und nicht wirklich wahrgenommen werden. Und irgendwie ist es auch eine skurrile "Liebeserklärung" an den Klassiker "Der Zauberer von Oz". Ein interessantes Buch, ein etwas verrücktes Buch und keinesfalls ein Buch für jedermann! Empfehlenswert für Leser, die immer wieder auf der Suche nach etwas Neuem und Ungewöhnlichem sind, die permanent düstere Stimmung ertragen können und sich nach dem Lesen verwundert die Frage stellen wollen, was denn das jetzt eigentlich war...

Bewertung vom 07.03.2018
Melissa (MP3-Download)
Gino, Alex

Melissa (MP3-Download)


ausgezeichnet

Die meisten Kinderbücher sollen Kindern helfen ihr Umfeld, Menschen und Situationen besser einschätzen und verstehen zu können, sie auf Probleme vorbereiten und bestenfalls Lösungen anbieten, die Welt, die sich permanent für sie verändert, erweitert und vergrößert, nahbar zu machen. Und "George" ist noch etwas spezieller. Mit "George" soll Kindern das Bewusstsein geöffnet werden, dass es auch Kinder gibt, die anders aussehen als sie sich innerlich fühlen. Denn George ist äußerlich ein Junge, doch in dieser körperlichen Hülle steckt ein empfindsames und verängstigtes Mädchen Melissa. Sie möchte so gerne gesehen werden, sie möchte sich der Welt offenbaren.

In der schulischen Theateraufführung sieht George ihre große Chance! Wenn sie die Rolle für die weibliche Figur bekäme, könnte sie allen Leuten und insbesondere ihrer Mutter zeigen, dass sie eigentlich ein Mädchen ist. Es gibt vorher jedoch eine große Hürde, die überwunden werden muss. Wird die Lehrerin George die weibliche Hauptrolle zuteilen? Wird sie Georges Wunsch verstehen? Denn die meisten Mädchen wetteifern um diese Rolle.

Sehr oft musste ich beim Hören eine kurze Pause einlegen. Ich versuchte mir dann die Situation vorzustellen und ich versuchte mich in George hineinzuversetzen. Durch den unkomplizierten und einfach Sprachstil, da es sich hier um ein Kinderbuch handelt, gelang mir das sehr gut. Ich weiß nicht, wie es sich anfühlt, als eine falsche Person wahrgenommen zu werden aber ich konnte Georges Verletzungen spüren, die sie tagtäglich durch Hänseleinen und Mobbing erleiden musste.

Und natürlich geht es nicht nur um George. Da gibt es noch ihre Mutter, die nicht sofort begreift, was ihr George permanent zu sagen versucht. Da ist auch noch der große Bruder, der bei seinem "kleinen Bruder" die Andersartigkeit feststellt, sie aber natürlich nicht benennen kann. Und dann sind da auch noch die beste Freundin Kelly, die Klassenkameraden, Lehrer und all die anderen Menschen, die Berührungspunkte zu George haben. All dies macht es ihr schwer sich letztendlich zu outen.

Sehr authentisch hat Alex Gino aufgezeigt wie es aussieht, sich anfühlt und welchen Problemen auch Kinder bereits ausgesetzt sind, wenn sie in sehr jungen Jahren für sich erkennen, dass sie mit dem falschen Geschlecht geboren wurden.

Alex Gino leistet mit dem Buch einen tollen Beitrag zum leider immer noch großem Tabuthema Transgender-Kinder. Es gibt sie. Sie leiden, sie haben Angst, sie sind verwirrt. Sie wissen, dass sie aus einem bestimmten Gesellschaftsmuster herausfallen und wünschen sich Beistand und Unterstützung. Diese sollten sie auch unbedingt bekommen! Deshalb finde ich ein Kinderbuch, das diese Problematik thematisiert ganz wundervoll.

Auch das Ende hat mich überzeugt! Georges Geschichte endet nicht märchenhaft, indem sofort alles gut wird. Das wäre einfach entgegen der Wirklichkeit. George erfährt Liebe, wird bestärkt und ihr wird Mut gemacht. Ich bin sehr zufrieden. George ist 10 Jahre alt und wird sich entwickeln. Wie ihr Leben weiter gehen soll, wird sie selbst entscheiden. Aber die ersten Schritte sind getan und immer nur ein Schritt nach dem anderen.

Zum Hörbuch:
Die Geschichte als Hörbuch ist grandios gelungen! Die einzelnen Kapitel werden durch musikalische Untermalung getrennt, die eine ganz besondere Wirkung entfalten. Ein großes Lob gebe ich auch noch an den Sprecher Julian Greis weiter. Ich fühlte das gefangene Mädchen, ihre Verzweiflung, ihre Wünsche und auch ihre Hoffnung.

Fazit:
Mit "George" gibt es endlich ein Kinderbuch, das die vielen versteckten Transgender-Kinder nach vorne holt und sie sichtbar macht. Ein Buch, das an einem Tabuthema rüttelt und das zurecht. Berührend und herzergreifend zeigt es die Schwierigkeiten der betroffenen Kinder sowie die ihrer Familien und dem Umfeld auf. Und doch macht es Mut und ist eine schöne Basis für viele Gespräche, die geführt werden müssen.

Bewertung vom 06.03.2018
Der Klang des Muschelhorns (MP3-Download)
Lark, Sarah

Der Klang des Muschelhorns (MP3-Download)


gut

Nachdem mich der erste Teil "Die Zeit der Feuerblüten" absolut begeistert hat, wollte ich mehr über Neuseeland wissen, die Maori und wie die Familiensage weiter geht.

Im zweiten Teil verliert sich das schöne Gefühl ein neues Land entdeckt zu haben, auf dem viele Siedler gänzlich ein neues Leben beginnen wollten. Dieser Band ist geprägt von den schrecklichen Auseinandersetzungen, Vertreibungen und Kriegen der weißen Bevölkerung gegen die Maori, dem indigenen Volk Neuseelands. Aber es gab nicht nur Kämpfe zwischen den Maori und den Pakeha, wie die Europäer genannt wurden, auch die unterschiedlichen Maori-Stämme führten Kriege untereinander. In dieser Zeit schrumpfte die Bevölkerungszahl der Maori sehr. Zu aller Gewalt und der vermehrten Begegnung mit geschmiedeten Waffen waren sie den von den Europäern eingeführten Krankheiten, wie beispielsweise Tuberkulose und Masern, hilflos ausgesestzt, da ihr Immunsystem diese Krankheitserreger nicht kannte.

Das sind nun die Rahmenbedingungen für Sarah Larks Figuren. Manche lernten wir bereits im ersten Teil kennen, wie z.B. Ida und Karl, Cat und Chris, als auch Jane und den Maori-Häuptling Te Haitara. Bestimmt wird aber dieser Band von der nächsten Generation, den Kindern Carol, Linda und Mara. Jane und Te Haitara haben nun einen gemeinsamen Sohn, Eru, der eine sehr enge Beziehung zu Ida und Karls gemeinsamer Tochter Mara hat. Und wir treffen wieder auf Franz Lange, den jüngeren Bruder Idas, der mit seinem Vater damals vor vielen Jahre weiter nach Australien auswandern musste. Als Missionar kehrt er nach Neuseeland zurück, um die Maori zum wahren Glauben zu bekehren. Eine nicht ganz so einfache Sache, da die Maori mit der Natur und ihren Geistern glücklich sind und mit ihnen im Einklang leben.

Auch wenn die Kriege und der Landraub der Europäer zur neuseeländischen Historie gehören, war mir der große Fokus darauf ein bisschen zu viel. Gefühlt wurde 80 % der Geschichte geschossen, geraubt, getötet, geschändet, versklavt usw. Man erfährt viel über die damalige Kriegskultur der Engländer und der Maori. Die Autorin hat sehr viele Ausdrücke in der Maori-Sprache verwendet. Zu Anfang fand ich das noch interessant, doch dies nervte mich dann zunehmend, da die Kriegsrufe der Hau-Hau-Maori-Krieger zu gehäuft vorkamen.

Die Entwicklung der Charaktere jedoch hat mir sehr gut gefallen. Aus den behüteten und teilweise naiven Mädchen, die einen schweren Schicksalsschlag erleiden müssen und dadurch Heim und Hof verlieren werden kluge und besonnene Frauen, die sich nicht im eigenen Mitleid suhlen, sondern ihr Schicksal annehmen und versuchen das Beste daraus zu machen. Diese Wandlung wird glaubwürdig erzählt und ich freute mich sehr, am Ende des Bandes starken und glücklichen Frauen zu begegnen.

Zum Hörbuch:
Auch dieser zweite Teil ist als Hörbuch sehr empfehlenswert. Es gibt hier einen Sprecherinnenwechsel, der mir sehr gut gefallen hat! Auch wenn ich Katrin Fröhlichs Stimme mochte, gefällt mir Dana Geisslers spachliche Umsetzung der Geschichte noch viel besser! Zudem meistert sie souverän alle Begriffe in Maori-Sprache. Ob sie richtig ausgesprochen werden, vermag ich nicht zu beurteilen. Jedoch konnte ich beim Hören keine Unsicherheiten feststellen, die mich gestört hätten.

Fazit:
Ein Buch, das nicht ganz meine Erwartungen erfüllt hat, da mir nicht klar war, dass dieser zweite Teil größtenteils über Kriege und kriegerische Auseinandersetzungen berichtet. Zudem ist Gewalt gegen Frauen hier ebenso ein großer Themenschwerpunkt, auf den ich so nicht eingestellt war. Insgesamt aber freute ich mich auf die Entwicklung der Familiensaga, die in die nächste Generation ging und mir Neuseeland historisch näher bringen konnte. Jetzt bin ich auf den Abschlussband gespannt, der von der dritten Generation, den Enkeln der ursprünglichen Protagonisten, berichten und hoffentlich alles abrunden wird.