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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
takabayashi
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Berlin
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Vielleser

Bewertungen

Insgesamt 150 Bewertungen
Bewertung vom 19.10.2018
Tödliches Sushi / Jo Weidinger Bd.3
Niedermeier, Christof A.

Tödliches Sushi / Jo Weidinger Bd.3


sehr gut

Solide Krimikost mit leichtem Exotenfaktor
Der Koch und Restaurantbesitzer Jo Weidinger ist ein Serientäter: er kann das Ermitteln nicht lassen und pfuscht der Polizei immer wieder ins Handwerk - mit Erfolg, wohlbemerkt!
In diesem Fall geht es um die Ermordung eines Japaners, der häufiger in seinem Restaurant zu Gast war. Nachdem noch ein zweiter Japaner der in Düsseldorf lebenden japanischen Community getötet wird, und zwar genau wie der erste mit einem traditionellen japanischen Schwert, hat Jo wieder einmal das Jagdfieber ergriffen, so dass er sogar beschließt, seinen Urlaub dafür zu opfern und nach Japan zu fliegen. Damit hat er seine Komfortzone verlassen, denn er spricht kein Japanisch und ist auf Hilfe angewiesen, die er sich eigentlich von seinem alten Freund Kenji Matsuda verspricht, einem Hotelerben, den er aus seiner Zeit als Koch auf einem Kreuzfahrtschiff kennt. Doch Kenji hat keine Zeit und delegiert diese Aufgabe an seine Quasi-Cousine Mikiko, die als jüngste Professorin an der Uni in Tokyo mittelalterliche Geschichte lehrt. Was sich als günstig erweist, da dieser Fall mit der Geschichte aus der Zeit der Samurais zusammenhängt.
Natürlich ist es eher unwahrscheinlich, dass ein deutscher Koch sich nach Japan aufmacht, um dort ein Verbrechen aufzuklären, aber da ich gern Krimis lese, die in Japan handeln, habe ich das einfach mal als Tatsache hingenommen. Das Ganze wirkt schon ein wenig konstruiert, ist aber, wenn man sich darauf einlässt, durchaus spannend zu lesen. Der Autor hat das japanische Umfeld gut recherchiert und einen Mörder erfunden, dessen Rachephantasien sich aus einer alten Legende speisen. Auch wenn Kommissar Zufall dem Ermittler-Duo oft auf die Sprünge hilft. Nach und nach kommen sie auf die Fährte des Mörders und erahnen seine Motive.
Das japanische Ambiente wirkt durchaus gelungen und vor allem gegen Ende wird der Roman immer temporeicher und spannender bis zu einem rasanten Finale. Ich habe mich gut amüsiert und hatte Schwierigkeiten, das Buch aus der Hand zu legen. Spannung, gewürzt mit Humor und Lokalkolorit, was will man mehr? Nur das titelgebende Sushi hat eigentlich mit der Handlung nichts zu tun.

Bewertung vom 14.10.2018
Die Welt war so groß
Jaffe, Rona

Die Welt war so groß


sehr gut

Vier Töchter der 50er Jahre
Annabel, Daphne, Emily und Chris gehören zu der Elite, die es schafft, im Jahr 19953 am renommierten Radcliffe College - einer Erweiterung der Harvard Universität, an der damals nur männliche Studenten zugelassen waren - einen Studienplatz zu ergattern.
Für Frauen war ein Universitätsstudium damals keine Selbstverständlichkeit. Und auch sind die Mädchen so erzogen, dass sie die vier Unijahre als einen letzten Freiraum betrachten, bevor der Ernst des Lebens mit Ehe und Familiengründung beginnt. Die Uni ist für sie der perfekte Heiratsmarkt. Und auch unsere 4 Protagonistinnen, so verschieden sie auch sind und so unterschiedliche Probleme sie auch haben, streben letztendlich vor allem nach Ehemann und trautem Heim.
Aus heutiger Sicht ist es ziemlich haarsträubend, wie damals gedacht wurde und wirkt fast ein wenig, wie eine ethnologische Studie über eine seltsame Spezies.
Die Themen gehen von Jungfräulichkeit vor der Ehe über Homosexualität, Antisemitismus bis zur Angst, einen Makel (in diesem Fall eine schwere Krankheit, nämlich Epilepsie), eine Abweichung von der Norm einzugestehen.
Annabel die Südstaatenschönheit lässt bei den Männern nichts anbrennen und wird schließlich von den anderen Studenten als "Hure" gebranntmarkt und gemieden. Die schüchterne Emily aus (neu)reicher jüdischer Familie ist die erste aus ihrer Familie, die studiert und hat große Wunschträume für ihre berufliche Zukunft (Kinderärztin), die sie dann jedoch zugunsten der Familiengründung und ihren Status als Arztgattin aufgibt. Chris entstammt einer dysfunktionalen Familie und schämt sich dafür, dass ihre Mutter Alkoholikerin ist. Und dann verliebt sie sich in einen jungen Mann, der homosexuell ist, es aber nicht zugibt. Die wunderhübsche Daphne, das sogenannte "Golden Girl", ist nach außen hin perfekt, verbirgt aber ihre Epilepsie, sogar vor ihrem geliebten Ehemann, aus Angst, dass er sie verlassen würde.
1957 ist das Studium abgeschlossen und wir folgen den Lebensläufen bis zur 20jährigen Jubiläumsfeier, auf der alle 4 unabhängig voneinander Entscheidungen treffen über ihr zukünftiges Leben und den Leser mit einem kleinen Hoffnungsschimmer entlassen. Alle haben sie aus ihren Fehlern gelernt und sind nun bereit, die Weichen neu einzustellen.
Das Alles liest sich sehr flüssig und spannend, weckt Anteilnahme an den Schicksalen der jungen Frauen, auch wenn man sich manchmal die Haare raufen möchte. Besonders gegen den Strich ging mir der Fall von Emily, einer sehr intelligenten, ambitionierten Frau, die bemerkt, dass das Dasein als Hausfrau und Mutter sie nicht ausfüllt und dann die entstandenen Aggressionen gegen sich selbst richtet und psychisch krank wird. Es erschien mir unplausibel, dass sie keinen anderen Ausweg finden kann. Nichtsdestotrotz eine spannende und unterhaltsame Lektüre, im Grunde schon ein historischer Roman. Mich hat er auch stark an den ca. 15 Jahre früher entstandenen Roman "Die Clique" von Mary McCarthy erinnert, einem in den 60er Jahren skandalumwitterten Werk.

Bewertung vom 03.10.2018
Das Geheimnis der Grays
Meredith, Anne

Das Geheimnis der Grays


ausgezeichnet

Anspruchsvoller und ziemlich ungewöhnlicher Krimi
Allmählich kann man es schon als Tradition betrachten, dass Klett-Cotta zur Weihnachtszeit einen britischen Krimiklassiker als bibliophiles Leinenbändchen herausbringt. Dieser scheint sich von den gängigen Cosy-Krimis zu unterscheiden, denn ziemlich bald weiß man, wer der Mörder ist - also definitiv kein klassischer Whodunnit. Zu Beginn kommt die Vorstellung einiger Familienmitglieder sehr analytisch und etwas dröge daher, dann erfährt man, wer der Mörder ist, und ich wurde etwas ungeduldig und dachte, was kann jetzt schon noch kommen! Zum Glück habe ich weitergelesen und wurde dafür belohnt. Denn was folgt, ist eine Charakter-, Gesellschafts- und Zeitgeiststudie mit viel Tiefgang, eine Familiengeschichte, die auf ihre Weise sehr spannend ist.
Die zahlreichen Sprösslinge von Adrian Gray sind mehr oder weniger alle in Geldnot und wollen ihn während der Feiertage um finanzielle Unterstützung bitten. Doch auch Adrian selbst hat sich vom Schwiegersohn zu spekulativem Anlagegeschäften überreden lassen und hat viel Geld verloren. Die Grays sind sich auch untereinander nicht sonderlich gün und die Krise scheint vorprogrammiert. Und dann passiert es - Adrian Gray wird getötet. Das war nicht geplant, es passierte im Affekt und der Mörder selbst ist zutiefst erschrocken. Schafft er es, seine Spuren zu verwischen, den Verdacht auf jemand anderen zu lenken und zu entkommen? Damit befasst sich der größte Teil des Romans und die Frage, wie am Ende alles ausgehen wird erzeugt beim Leser durchaus Spannung.
Wenn man sich darauf einlässt und die (auch durch Aufmachung, Klappentext und Werbung) geweckten Erwartungen an einen klassischen britischen Landhaus-Krimi über Bord wirft, dann wird man sehr gut und tiefsinnig unterhalten. Und bekommt einigen Stoff zum Nachdenken, z.B. über moralisches Verhalten. Empfehlung für anspruchsvolle Leser, wer sich nicht vom Whodunnit-Schema lösen will oder kann, sollte lieber die Finger davon lassen.

Bewertung vom 14.09.2018
Walter muss weg / Frau Huber ermittelt Bd.1
Raab, Thomas

Walter muss weg / Frau Huber ermittelt Bd.1


gut

Weniger ein Krimi als eine schwarzhumorige Befindlichkeitsbeschreibung im dörflichen Österreich
In einem idyllischen Bergdorf mit überalterter Einwohnerschaft freut sich Frau Huber, dass sie nach über 50 Ehejahren endlich frei ist - frei durch den Tod ihres Gatten, mit dem sie als 17jährige mehr oder weniger zwangsverheiratet worden war . Verschieden bei einem letzten Liebesakt im örtlichen Freudenhaus - Frau Hubers Dank ist der Liebesdienerin Swetlana sicher. Aber dann, oh Schreck, öffnet sich der Sarg während der Beerdigung, und darin liegt nicht Walter, sondern der Bestatter! Wo ist Walter? Und nun beginnt die Huberin zu ermitteln.
Der Schreibstil ist sehr speziell, wenn auch teiweise etwas anstrengend zu lesen, die Beschreibungen des handelnden Personals sind amüsant, spöttisch und voller rabenschwarzem Humor, die Grundkonstellation ist auch sehr erheiternd.
Aber obwohl es um die Aufklärung seltsamer Vorfälle geht, empfand ich den Roman nicht wirklich als Krimi, sondern als eine Beschreibung des dörflichen Lebens im ländlichen Österreich, der Honoratioren und ihrer Machenschaften, der noch nicht wirklich im 21. Jahrhundert angekommenen Lebenskonzepte.
Frau Huber, zuerst sehr ruppig und unsympathisch, durchläuft eine Art Selbstfindungsprozess im Zuge ihrer Ermittlungen und wurde der Leserin allmählich sympathischer.
Bei den Ermittlungen tun sich Abgründe auf, aber das Ende ist eher versöhnlich und in Maßen optimistisch. Bei der Beurteilung des Romans habe ich ganz zwiespältige Empfindungen - für einen Krimi, selbst einen Cosy, wird mir zuwenig Spannung aufgebaut, aber ich finde diese Dorfgemeinschaft nahe der tschechischen Grenze schon sehr interessant, und die Beschreibungen unterhaltsam und witzig. Die Lektüre hat mir gefallen, nicht gelangweilt, aber auch nicht begeistert!

Bewertung vom 13.09.2018
Wie ich fälschte, log und Gutes tat
Klupp, Thomas

Wie ich fälschte, log und Gutes tat


sehr gut

Coming of Age mal ganz anders
Schulalltag im Hier und Jetzt - flotte Ich-Erzählung von Benedikt Jäger, einem knapp 16jährigen Junge aus sogenanntem "Guten Hause", der die Schule hasst, aber trotzdem alles tut, um seinen Eltern sein schulisches Versagen zu verheimlichen. Er ist alles andere als dumm, aber irgendwie sind andere Dinge - wie das Abhängen und Kiffen mit seinen Freunden - immer wichtiger als zu lernen.
Mit viel Einsatz und Raffinesse schafft er es, einerseits Zeugnisse und Klassenarbeiten für seine Eltern und andererseits deren Unterschriften zur Vorlage in der Schule auf den Originaldokumenten zu fälschen.
Für dieses Verhalten gibt es auch Vorbilder unter den Erwachsenen, vor allem seine Mutter, die nach dem von Depressionen geprägten Leben als repräsentative Hausfrau in München, beim Umzug ins kleinstädtische Weiden aufblüht und zur Society-Lady mutiert. Sie lügt fast immer und ihre Auftritte vor anderen Honoratioren sind bravouröse Performances. Benedikt durschaut das alles, bewundert seine Mutter trotzdem und hilft ihr auch bei ihrem Illusionszauber.
Aber auch die Rektorin der Schule, eine stromlinienförmige Karrierefrau, schreckt nicht davor zurück, z. B. sämtliche Noten eines strengen Lehrers zu verändern, damit die Schule weiterhin Auszeichnungen bekommen und ihren guten Ruf wahren kann.
Im Gegensatz zu vielen anderen Rezensenten, die das Buch als eher oberflächlich ja sogar unmoralisch und die verwendete Jugendsprache als nervig empfinden, finde ich das Buch sehr unterhaltsam und gesellschaftskritisch. Ich halte es eher für eine Satire und die muss naturgemäß übertreiben. Und Benedikt ist kein Monster, er ist nur irgendwie in einen Teufelskreis geraten, aus dem er nicht herauskommt. Die verwendete Jugendsprache ist dem Autor meines Erachtens gut gelungen, nicht peinlich anbiedernd. Interessante Schülerbiographie, die mit den Erinnerungen an meine Schulzeit nicht das Geringste zu tun hat. Ich habe den Roman mit großem Vergnügen gelesen.

Bewertung vom 08.09.2018
Das weibliche Prinzip
Wolitzer, Meg

Das weibliche Prinzip


gut

Nicht so überzeugend, wie es der englische Originaltitel verspricht
Am Ende der Lektüre fragte ich mich, was denn nun das "weibliche Prinzip" sein soll, bis mir die Idee kam, nach dem Originaltitel zu schauen: "The Female Persusasion", was übersetzt etwa "Die weibliche Überredungskunst" heißt. Und das passt auch viel besser, denn Faith Frank, feministische Ikone, die im Leben der jungen Protagonistin Greer Kadetsky eine große Rolle spielt, beherrscht die Kunst der Überredung, ja, der Verführung (nicht im sexuellen Sinne gemeint).
Greer begegnet Faith zum ersten Mal, als diese an ihrem Provinzcollege einen Vortrag hält. Das kurze persönliche Gespräch mit ihr gleicht einem feministischen Erweckungserlebnis für Greer, macht ihr Mut und gibt ihrem Leben eine Richtung.
Wir folgen den beiden über einen Zeitraum von 13 Jahren, in denen es Greer nach Studienabschluss gelingt, einen Job in der von Faith geleiteten Stiftung zu bekommen. Im Zuge dieser Arbeit lernt sie, wo ihre persönlichen Talente liegen, wird aber zu einem späteren Zeitpunkt von Faith enttäuscht und findet schließlich Erfüllung als erfolgreiche Buchautorin.
Neben Greer und Faith spielen noch 2 weitere Personen eine größere Rolle: Greers Studienfreundin Zee und der Nachbarssohn Cory, Sohn portugiesischer Einwanderer und Greers große Liebe. Der Roman springt zwischen den Protagonisten hin und her, erklärt in zahlreichen Rückblenden die Hintergründe der Figuren und liest sich generell gut und spannend. Allerdings ist er mit Themen überfrachtet und verzettelt sich darin: Gleichberechtigung, sexuelle Belästigung, gleichgeschlechtliche Liebe und Ehe, Rückhalt von Kindern in ihren Familien, Klassengesellschaft, Ausbeutung, Kommerzialisierung ... und und und. Es ist durchaus interessant, die handelnden Personen und ihr Leben kennenzulernen, aber mir fehlt irgendwie der rote Faden, ein Fazit, das klar macht, warum die Autorin uns diese Geschichten erzählt.
Nicht schlecht, aber im Verhältnis zum Hype um dieses Buch doch etwas enttäuschend.

Bewertung vom 05.09.2018
Slow Horses / Jackson Lamb Bd.1
Herron, Mick

Slow Horses / Jackson Lamb Bd.1


ausgezeichnet

Die "lahmen Gäule" wachsen über sich selbst hinaus - sehr spannender Geheimdienstroman
Der erste Roman über Jackson Lamb und seine Mannschaft lässt sich etwas schleppend an, da zuerst einmal alle Mitwirkenden recht ausführlich eingeführt werden, nimmt dann aber ca. nach einem Drittel mächtig Fahrt auf: Die schmutzigen Machenschaften beim britischen Geheimdienst MI5 sind atemberaubend und spannend. Die meisten MI5-Mitarbeiter handeln nach den sogenannten "Londoner Regeln", die besagen, dass man im Ernstfall alle hehren Prinzipien sausen lässt und sicherstellt, die eigene Haut zu retten und die eigene Karriere voranzutreiben.
Die Truppe um Jackson Lamb in Slough House sind die Parias, die Gescheiterten, die irgendwann einmal einen Fehler gemacht haben (oder auch nicht) und als Sündenböcke geopfert wurden. Sie werden nicht entlassen, aber in der leitenden Etage hofft man, dass sie von der langweiligen Bürotätigkeit, die man sie machen lässt, so genervt sind, dass sie irgendwann von selber kündigen.
Aber irgendwie geraten sie in einen spektakulären Fall, bei dem ein junger, gut integrierter pakistanischer Mann von ein paar Neo-Nazis entführt wurde und diese damit drohen, ihn vor laufender Kamera zu köpfen.
Die Slow Horses (lahmen Gäule) der Slough House-Truppe sind größtenteils so verbittert über ihre Degradierung und so frustriert von ihrem Los, dass sie alle mehr oder weniger dahin vegetieren und untereinander kaum kommunizieren. Aber als sie bei diesem Fall nun plötzlich doch mal wieder als Field Agents draußen unterwegs sind, geht mit allen eine wundersame Veränderung vor sich: sie leben wieder auf, erinnern sich ihrer Fähigkeiten, stellen fest, dass sie sich aufeinander verlassen können und wachsen unter der Bedrohung von außen zu einem richtigen Team zusammen. Denn natürlich will man ihnen wieder die Schuld an dem ganzen Schlamassel, zu dem sich dieser Fall auswächst, in die Schuhe schieben.
Nachdem ich anfangs ein wenig schwer in die Lektüre hineinkam, konnte ich das Buch nachher gar nicht mehr aus der Hand legen. Sehr spannend, sehr originell und mit einer gehörigen Portion Humor. Und ziemlich anders als die üblichen Geheimdienstthriller, die man sonst so kennt. Die leicht skurrilen Protagonisten, die anfangs eher unsympathisch wirkten, sind mir gegen Ende richtig ans Herz gewachsen. Ich freue mich schon auf die nächsten Bände (auf Englisch gibt es insgesamt schon 5), die möglicherweise noch besser sind, da der Autor sich die Einführungsphase sparen kann.
Wie ich den anderen Rezensionen entnehme, offensichtlich nicht jedermanns Sache, aber von mir gibt es die volle Punktzahl!

Bewertung vom 23.08.2018
In Schönheit sterben / Robert Lichtenwald Bd.2
Ulrich, Stefan

In Schönheit sterben / Robert Lichtenwald Bd.2


sehr gut

Spannender Italienkrimi mit leicht überkandideltem Finale
Der zweite Auftritt von Robert Lichtenwald und Giada Bianchi: Robert ist inzwischen endgültig in die Maremma umgezogen, hat seine Kanzlei in München aufgegeben und tut sich etwas schwer mit seinem beschaulichen Vorruhestandsleben, nachdem er sein Häuschen komplett durchrenoviert hat und ihm allmählich die Betätigungsfelder ausgehen. Giada hat jetzt eine Stelle bei der römischen Zeitung Mercurio und pendelt zwischen Rom und Morricone.
Im Prolog in einer Trattoria in Rom geht es gleich heftig zur Sache: Es beginnt mit Schutzgelderpressung und einer Vergewaltigung vor 15 Jahren und geht dann in der heutigen Zeit weiter mit einem Spektakel (Der blutige Brunnen) der Futuristen, einer faschistischen Künstlergruppe und dem Mord an Annibale Colasante, dem Lebemann, Kunstliebhaber und Bruder von Cesare Colasante, dem Geldgeber des Mercurio.
Giada beginnt zu recherchieren und bittet Robert um Hilfe und mit den beiden geraten wir in die Welt der Grabräuber, Raubgräber und Kunstsammler, die auch vor illegalen Käufen nicht zurückschrecken. Eine spannende Krimihandlung mit viel italienischem Lokalkolorit, aber für meinen Geschmack hat der Autor am Ende reichlich übertrieben mit einem völlig durchgeknallten Täter! Trotzdem eine unterhaltsame und empfehlenswerte Sommerlektüre.

Bewertung vom 20.08.2018
Die Tote im Wannsee / Kommissar Wolf Heller Bd.1
Kellerhoff, Lutz W.

Die Tote im Wannsee / Kommissar Wolf Heller Bd.1


ausgezeichnet

Spannender Krimi vor der Kulisse der 68er-Bewegung
Trifft das Zeitkolorit total! Mir als am Rande an diesen Aktivitäten Beteiligte, Studienanfängerin von 1967 und gleich zu Beginn im Sommersemester durch den Mord an Benno Ohnesorg aufgerüttelt, hat dieser zeitgeschichtliche Berlin-Krimi sehr gut gefallen und viele Erinnerungen geweckt. Viele reale Personen spielen eine Rolle, es fallen bekannte Namen wie Rudi Dutschke, Horst Mahler, Otto Schily, Karl-Heinz Kurras usw.
Kommissar Wolf Heller, tätig bei der Mord-Inspektion in der Keithstraße, soll den Mord an Heidi Gent aufklären, die im Wannsee gefunden wurde. Schnell zeigt sich, dass ihm dabei von seinen Vorgesetzten immer wieder Steine in den Weg gelegt werden und allmählich wird dem Leser klar, dass Heller in ein Wespennest bestehend aus alten Nazi-Seilschaften und Stasi-Spitzeln gestochen hat.
Sehr spannend und atmosphärisch geschildert hat mich die Handlung von Anfang bis Ende gefesselt und in Erinnerung gerufen, wie viel sich in diesen fünfzig Jahren verändert hat, meistens zum Positiven. Tolle Kombination von Krimi und Zeitgeschichte, sehr empfehlenswert!

Bewertung vom 05.08.2018
Weit weg von Verona
Gardam, Jane

Weit weg von Verona


gut

Eine dreizehnjährige angehende Schriftstellerin im Weltkriegsengland
Nachdem die Old F.I.L.T.H.-Trilogie mich restlos begeistert hatte, hatte ich etwas zu hohe Erwartungen und war demzufolge etwas enttäucht von diesem Roman. Worum geht es? England in Kriegszeiten: die dreizehnjährige Ich-Erzählerin Jessica berichtet, wie sie auf die Idee kam, Schriftstellerin zu werden. Sie ist immer ehrlich und sagt unverblümt, was ihr durch den Kopf geht - das ist leider ihrer Beliebtheit unter den Klassenkameradinnen eher abträglich.
Jane Gardam schafft es von Beginn an, dass man ganz in die Welt ihrer Protagonistin eintaucht, ihr gut lesbarer Schreibstil steckt voller subtilem Hunor. Trotzdem plätscherte die Geschichte irgendwie ohne nennenswerte Höhepunkte so dahin und ich war froh, dass ich es geschafft habe, bis zum Ende durchzuhalten. Jessicas Geschichte hat mich nicht wirklich gepackt, und ich konnte ihre Verhaltensweisen oft nicht nachvollziehen. Vielleicht ist die Erzählung autobiographisch geprägt, aber mir war die Protagonistin auch nicht durchgehend sympathisch. Für ein Erstlingswerk sicher nicht schlecht, jedoch noch ohne die Sogwirkung, die die Old F.I.L.T.H.-Trilogie auf mich ausübte. Auch "Flight of the Maidens" hat mich stärker gefesselt. Also hoffe ich, dass bald noch weitere, ausgereiftere Werke von Jane Gardam auf den deutschen Markt kommen.