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hamburger.lesemaus
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Bargfeld-Stegen

Bewertungen

Insgesamt 333 Bewertungen
Bewertung vom 03.06.2023
Tiroler Totenglocken
Tröber, Anna

Tiroler Totenglocken


ausgezeichnet

TIROLER TOTENGLOCKEN
Anna Tröber

Ups, da bin ich wieder! War ich doch seit drei Tagen in Tirol und habe dort dem Treiben beigewohnt.
Das war ein Krimi, ganz nach meinem Geschmack. Ja, und blutig war er auch, aber ich konnte trotzdem schlafen :)

Im Tannheimer Tal findet ein Tourist einen abgetrennten Kopf. Der dazugehörige Körper wird einige Tage später im nahe gelegenen Sebensee aufgespürt.
Oberst Hayek wird aus Wien hinzugezogen. Er soll die Ermittlungen der hiesigen Dorfpolizei leiten, doch die eingefleischte Dorfgemeinschaft ist nicht sehr redselig und angetan gegenüber dem Fremden.
Kurz darauf werden weitere drei schwer zugerichtete Leichen gefunden, die die Bergidylle stark ins Wanken bringen.

Ein wirklich spannendes Buch mit einem etwas mürrischen, dennoch sympathischen Kommissar in einer traumhaften Tiroler-Kulisse, gepaart mit einer alteingesessenen, gediegenen Bergbevölkerung.

Von Beginn an wurde ich in die Geschichte eingesogen, der Spannungsbogen riss nicht einmal ab - kennt ihr das auch? Wenn ihr am Ende so arg mitfiebert, dass man fast nicht mehr in der Lage ist weiterzulesen? Ständig das Buch wieder aus der Hand legt, weil man komplett nervös ist? So ging es mir! Und zu guter Letzt gab es auch noch einen perfekten Plot!

Ein gelungener Krimi, den ich sehr gerne gelesen habe.
5/ 5 und eine große Leseempfehlung

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.05.2023
Im Morgen wächst ein Birnbaum
Altintas, Fikri Anil

Im Morgen wächst ein Birnbaum


sehr gut

IM MORGEN WÄCHST EIN BIRNENBAUM
Fikri Anil Altıntaş

Anil wächst als Sohn türkischer Einwanderer in Deutschland auf. Er wurde hier geboren und wenn er auch als kleiner Junge immer wieder das Gefühl hatte, wie sein Vater - sein Vorbild - werden zu wollen, so lässt dieser Wunsch während des Heranwachsens mehr und mehr nach.
Er kann sich mit dem patriarchalischen Führungsstil des Vaters nicht identifizieren.

„Meine Mutter entschied, was es bei uns zu essen gab. Mein Vater, ob es schmeckte. Ich wehrte mich dagegen. Er fegte den Teller vom Tisch. Der Reis verteilte sich auf den Teppich in der Küche.“ (S. 100)

Zu festgefahren sind ihm die türkisch-moslemischen Männer, Traditionen und Regeln. Er hat Träume, Hoffnungen und Sehnsüchte, die aber nicht immer mit denen seines Vaters konform sind. Er schlägt einen anderen Weg ein, wobei es ihm wichtig bleibt, dass sein Vater stolz auf ihn ist.

Es sind Geschichten aus Anils Leben. Auch Geschichten über Diskriminierung und Rassismus, wie sie noch ausgeprägter und typischer in den 90er-Jahren in Deutschland waren, wobei die Vater-Sohn-Beziehung stets im Mittelpunkt steht.
Eine ehrliche autobiografische Geschichte von einem jungen Mann, der so gerne angepasst sein wollte.
Ein schmales Buch in einer zu Beginn holprigen, später sehr schönen literarischen Sprache, welches ich nicht in einem Rutsch lesen konnte - zu oft hüpfte der Autor vor und zurück (ich mag wohl doch die chronologischen Geschichten).
Dennoch konnte mich das Buch an einigen Stellen berühren. Ein gutes Debüt, dem ich eine große Leserschaft wünsche.
3½/ 5

Bewertung vom 29.05.2023
Die Farbe meines Blutes
Millner, Denene

Die Farbe meines Blutes


ausgezeichnet

DIE FARBE MEINES BLUTES
Denene Millner

Virgina, 1965:
Maw Maw ist Hebamme und hat die besondere Gabe des Sehens, die seit Generationen von Tochter zu Tochter weitervererbt wird. Ihre Tochter wollte mit all dem nichts zu tun haben, aber ihre Enkeltochter Grace ‚sieht‘ es auch und unterstützt Maw Maw bei ihrer Tätigkeit als Hebamme. Gemeinsam bringen sie schwarze und weiße Babys zur Welt und hauchen diesen kleinen Wundern das Leben ein.
Doch dann gebärt eine weiße Lady ein schwarzes Baby und Maw Maw wird angeklagt, die Geburtsurkunde falsch ausgestellt und dem Vater des Kindes vorsätzlich einen schwarzen Sohn untergeschoben zu haben.
Als daraufhin auch noch Graces Tagtraum wahr wird und man ihre Mutter tot auffindet, wird Grace nach New York zu Tante Hatti gebracht.
Ohne Liebe verrichtet Grace dort die Arbeiten einer Bediensteten. Von Tante Hatti gibt es nur Kritik, der einzig kleine Lichtpunkt in Grace Leben ist David, der Sohn einer reichen, schwarzen Familie. Doch als Grace schwanger wird und das Baby bekommt, verweist Tante Hatti sie des Hauses und legt das Baby zuvor auf die Treppe eines Waisenhauses …

Drei Frauen erzählen hier nacheinander ihre Schicksale, welche alle miteinander verwoben sind. Es geht um ungewollte Schwangerschaften, Liebe, reines Blut und Adoptionen.

Die Autorin Denene Miller ist selber ein Adoptivkind. Ihre Eltern ließen dieses Detail unerwähnt.
Als sie mit 12 Jahren beim stöbern ihre Adoptionsurkunde fand, brachte sie nie den Mut auf ihre Eltern darauf anzusprechen. Ihre Mutter starb, ohne das diese wusste, dass Denene die Wahrheit kannte. Diese Lebenssituation inspirierte sie diesen Roman zu schreiben.

Ein großartiger Roman, der mich komplett in seinen Bann ziehen konnte. Ich habe dieses Buch in nur drei Tagen gelesen.
Spannend, bewegend, mitreißend, einzigartig - einfach hervorragend. Leseempfehlung für alle, die Familiengeschichten mögen.
5/ 5

Bewertung vom 25.05.2023
Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen
Ironmonger, John

Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen


ausgezeichnet

DER EISBÄR UND DIE HOFFNUNG AUF MORGEN
John Ironmonger

Auch in seinem neuesten Buch greift Ironmonger das wichtige Thema Klimawandel auf:

Im Mittelpunkt stehen der 20-jährige Student namens Tom und Mr. Causley, ein Parlamentsabgeordneter und Klimawandelleugner.
Sie geraten in einer kleinen Dorfkneipe in St. Piran, in Cornwall aneinander und schliessen eine Wette ab, die sie für lange Zeit aneinanderbinden wird:
Tom wettet, dass Mr. Causley, heute in 50 Jahren während der Flut nicht in seinem Strandhaus im Wohnzimmer sitzen kann, sondern ertrinken wird. Als Gegenzug, wenn seine Prognose nicht eintrifft, würde Tom sich im Meer ertränken.
Diese Wette, die mit einem Smartphone eines Freundes aufgezeichnet wird und viral geht, hat schwerwiegende Folgen.

John Ironmonger versteht es gekonnt Geschichten zu erzählen und die Geschichte könnte so schön sein, wenn die Botschaft, die hinter dieser Geschichte steckt, nicht Klimakatastrophe hieße und so real ist.
Der Autor klagt uns nicht an, er zeigt nicht mit dem Finger auf uns - im Gegenteil, er zeichnet Lösungen auf.
Mir gefiel das Buch unglaublich gut. Kein Krimi, keine Spannung pur, einfach eine gute und wichtige Geschichte, die eine große Leser/Hörerschaft braucht.

Ich habe mit dem Hörbuch begonnen. Obwohl es von Johann von Bülow ganz wunderbar gesprochen wird, hatte ich Schwierigkeiten, ins Buch zu finden. Ob es an meiner Konzentration oder an den speziellen Namen der Menschen, Häuser und Städten lag, mag ich jetzt nicht klären, aber ich musste zum Buch greifen. Später konnte ich dann wieder der hohen Erzählkunst Bülows folgen - wunderbar!
Große Lese/Hörempfehlung
4½/ 5

Aus dem Englischen von Tobias Schnettler

Bewertung vom 25.05.2023
Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)
Boyle, T. C.

Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)


sehr gut

Was ist, wenn die Wasserrechnung im Monat tausend Dollar übersteigt, alle „guten“ Insekten aussterben und nur noch die Blutsauger wie Zecken, Moskitos und Wanzen überleben?
Wenn es im Norden nicht mehr aufhören wird zu regnen - alles überschwemmt ist und vor lauter Feuchtigkeit kein Auto mehr anspringt? Was ist, wenn es im Süden nie mehr regnen wird und endlose Dürre kein Buschfeuer aufhält?
Ist das ein Science-Fiction-Roman? Oder ist das unsere Zukunft, eine Dystopie, die auch Klimawandel genannt werden kann?

BLUE SKIES
T.C. Boyle

In T.C. Boyles neuesten Roman geht es um eine Klima-Dystopie:
Ottilie und Frank leben in Kalifornien. In dem US-Bundesstaat wird es immer heisser. Regen fällt keiner mehr. Buschfeuer, Wassernot und Stürme erschweren zusätzlich das Leben. Insekten wie Grillen und Bienen sterben wegen der Dürre von einem Tag auf dem anderen aus.
Dabei hatte Ottilie doch gerade ihrem Sohn und Insektenforscher zuliebe begonnen, ihr Essen auf Insekten umzustellen.
Doch Sohn Cooper, der besagte Entomologe, hat gerade ganz andere Probleme: Da es keine Insekten mehr gibt, wurde er über Nacht arbeitslos und zusätzlich plagt ihn ein Zeckenbiss mit hohem Fieber.

Tochter Cat lebt derweil in Florida, wo der Regen und die Überschwemmungen nicht mehr enden wollen. Es trifft sie und ihren Freund besonders hart, da sie in einem Strandhaus leben und die Brandung immer näher kommt.
Während ihr Freund ein Barcadi-Botschafter ist und im ganzen Land alkoholfreudige Partys organisiert, langweilt sich Cat zu Hause.
Aus einer Laune heraus beschließt sie Influencer zu werden und kauft sich Willie, eine Tigerphython, die bis zu 8 Meter lang werden kann.
Das alles wäre ja auch gar nicht so schlimm, wenn Cat nicht bereits vormittags die ersten Cocktails trinken würde und ein bisschen gewissenhafter wäre …

T.C. Boyle hat hier einen zeitgenössischen Roman geschrieben. Ich habe noch nie einen so gut dargestellten und realitätsnahen Roman über den Klimawandel gelesen wie diesen.
Die Mischung Familienroman mit Dystopie ist hier gut gelungen, fast ein wenig zu realistisch.
Ich mag Boyles leicht satirischen Schreibstil - er bleibt sich einmal mehr treu, wobei mich das Buch erst ab der zweiten Hälfte packen konnte. Dennoch: ein typischer Boyle.

Bewertung vom 20.05.2023
Gratisessen für Millionäre
Lee, Min Jin

Gratisessen für Millionäre


ausgezeichnet

GRATISESSEN FÜR MILLIONÄRE
Min Jin Lee

Casey Han ist die unangepasste Tochter koreanischer Einwanderer mit einem Princeton Bachelor Degree in der Tasche.
Ihren Jura-Master könnte sie auf der Columbia University machen, zumindest wurde sie dort angenommen, aber Casey kann sich nicht dazu aufraffen, diesen anzutreten. Vielmehr jobbt sie unterbezahlt in einem Modekaufhaus und verkauft Hüte.
Ihre Eltern, die ihr Geld hart erarbeiten und einen Waschsalon in New York führen, haben für ihre Unentschlossenheit kein Verständnis. Casey weiß, dass sie einen gut bezahlten Job braucht, alleine schon um die hohen Schulkredite und Schulden zurückzuzahlen, aber auch um ihre Eltern später im Alter, wie es nach koreanischen Traditionen typisch ist, zu unterstützen.

Zwei Generationen im Konflikt:
Eltern, die auf jede Freude in ihrem eigenen Leben verzichten und jedes Geldstück zweimal umdrehen, damit die Kinder es einmal besser im Leben haben und Kinder, die über ihre Verhältnisse leben und mehr ausgeben als verdienen und sich zusätzlich auch noch dafür schämen, dass die Eltern hart arbeiten und keine reichen Millionäre sind.
Dabei ist Casey alles andere als faul. Sie arbeitet jeden Tag - teilweise bis in die Nacht und auch an den Wochenenden, aber ihre teure Kleidung und Lebensstil stehen in keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen.
Als Casey den Eltern dann auch noch einen weißen Amerikaner als Verlobten präsentiert, verweist ihr Vater sie des Hauses.
Casey ist ab jetzt auf sich alleine gestellt und fällt hart ...

Ach, das war ja mal ein schöner dicker Schmöker mit kurzweiligen 840 Seiten.
Ich habe ein wenig mit dieser jungen, stolzen Casey gelitten. Eine junge Dame, die so hart arbeitet, so viele Chancen geboten bekommt und keine ergreift.
Ganz besonders hat mir hier der tiefe Einblick in die koreanische, traditionelle Lebenskultur gefallen.

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und auch wenn ich denke, dass dem Buch 150 Seiten weniger gut gestanden hätten, habe ich mich nicht auf einer einzigen Seite gelangweilt.
Die Nullen der Gehältern / Boni der Wall Street Broker sind mir nur so um die Ohren geflogen, das Ende hätte ich mir ein wenig schöner gewünscht.

Wer schöne Familiengeschichten mag und keine Angst vor großen Shoppingrechnungen hat, der sollte unbedingt dieses Buch lesen.

Bewertung vom 19.05.2023
Das Jahr des Dugong - Eine Geschichte für unsere Zeit
Ironmonger, John

Das Jahr des Dugong - Eine Geschichte für unsere Zeit


ausgezeichnet

DAS JAHR DES DUGONGS
John Ironmonger

Der 60-jährige Toby Markham ist erfolgreicher Geschäftsinhaber einer Londoner Investment Company. Ihm geht es gut und er genießt sein Leben in vollen Zügen:
Er liebt es, seine (um einige Jahrzehnte jüngeren) Geliebten in teueren Sportwagen und Privatjet auszuführen, mit Freunden Helikopter-Ski in Frankreich zu fahren und auf Foto-Safari in Afrika zu gehen.
Doch irgendetwas scheint bei seinem letzten Skiabenteuer mit seinen Freunden auf der schwarzen Piste mitten in den französischen Alpen schiefgelaufen zu sein - zumindest denkt er das, denn er kann sich nicht mehr erinnern, wie der Tag zu Ende ging.
Jetzt liegt er hier mit unendlichen Schmerzen in einem fremden Bett und fühlt sich elend.
Aber wo ist er? Das Zimmer sieht nicht wie ein herkömmliches Krankenhauszimmer aus, die Leute um ihn herum tragen alle unverständliche Namen und die Dame neben ihm sagt, dass sie keine Krankenschwester sei, sondern seine Verteidigerin.

John Ironmonger hat hier ein wichtiges Buch geschrieben. Es geht um Klimawandel und darum, dass wir alle darauf warten, dass der ANDERE etwas gegen die nahende Klimakatastrophe unternimmt. Wir selber schieben das große Problem zur Seite, denn WIR SIND JA NICHT SCHULD.
Für mich ein großartiger Roman, den ich sehr gerne gelesen habe und den jeder lesen sollte.
Ein schmales Buch mit gerade einmal 135 Seiten, das so intensiv und kraftvoll ist, dass er sicher lange nachwirken wird.
Große Leseempfehlung!
5/ 5

Bewertung vom 15.05.2023
Als wir Vögel waren
Banwo, Ayanna Lloyd

Als wir Vögel waren


gut

Magisch

ALS WIR VÖGEL WAREN
Ayanna Lloyd Banwo

Yejide lebt im Haus der Toten. Seit ihre Mutter gestorben ist, kann sie alle sehen - und es gibt viele von ihnen. Diese Gabe geht seit vielen Generationen von der Mutter auf die Tochter über.
Schon als sie klein war, erzählte ihr die geliebte Großmutter alle Geschichten über die Ahnen.

David ist Rastafari. Er bricht sein Gelübde, indem er seine Rasta-Haarpracht abschneidet und einen Job als Totengräber annimmt. Der Glaube verbietet ihm, mit Toten zu arbeiten. Jedoch war er viel zu lange arbeitslos, und da er seine Mutter unterstützen muss, blieb ihm nichts anderes übrig, als den Job auf dem größten Friedhof in Port Angeles anzunehmen.
Die Arbeit auf dem Friedhof, ein Ort voller Knochen, fällt ihm schwer.

Yejide und David lernen sich auf dem Friedhof kennen. Sie wissen beide sofort, dass sie füreinander bestimmt sind.

Wer jetzt denkt, dass es sich um eine ganz gewöhnliche Liebesgeschichte handelt, liegt falsch, denn es geht hier um Leben und Tod.

Als wir Vögel waren, ist ein anderes Buch. Ich habe kein Buch, mit dem ich es vergleichen könnte.
Die Autorin lässt Yejida und David abwechselnd zu Wort kommen, dabei bedient sich Lloyd Banwo mit zwei völlig unterschiedlichen Schreibstilen:
David seiner ist nüchtern und klar, der von Yejida ist blumig und bunt - ich habe noch nie so wunderschöne Beschreibungen von Dingen gehört. Viele Passagen musste ich mehrmals lesen und bin mir noch immer nicht ganz sicher, ob ich alles verstanden habe.
Ein Roman voller Mythen, Geister, lebende Tote, Blumen, Falter, Vögel, kurzgesagt: kunterbunt.

Ich habe den Roman gerne gelesen, aber er zieht nicht in meine Highlights ein.
Wie hat meine liebe Budyread-Partnerin so schön gesagt: „Es ist kein Pageturner, aber man pustet die Seiten einfach nur so um.“
Genau so war es.

Leseempfehlung für diejenigen, die Mythen und sagenumwobene Bücher schätzen.
3½ / 5

Bewertung vom 11.05.2023
Lieblingstochter
Jollien-Fardel, Sarah

Lieblingstochter


ausgezeichnet

LIEBLINGSTOCHTER
Sarah Jollien-Fardel

Jeanne wächst mit Ihrer Schwester Emma und ihren Eltern in einem kleinen Dorf im Wallis auf. Doch ihre Kindheit ist alles andere als behütet:
Ihr Vater schlägt seine Familie regelmäßig grün und blau. Das ganze Dorf schaut zu und guckt auf ihren Vater herab, dennoch unternimmt keiner etwas.
Wenn der Vater abends von der Arbeit nach Hause kommt, gehen die drei Frauen in eine Art „Lauerstellung“ in Deckung. Sie kennen seine Gesten in- und auswendig. Sie können seine Gewohnheiten und Launen deuten und wissen genau, was auf sie zukommt - nur nützt es nicht, sie können sich nicht wehren. Er vergewaltigt seine Frau, misshandelt die Mädchen und beschimpft sie als Huren und Schlampen.

Jeanne, unsere Icherzählerin, hat Glück. Sie ist gut in der Schule und kann auf ein Internat einem Gymnasium wechseln. Emma und ihre Mutter haben weniger Glück, sie bleiben im Wallis und sind dem Vater weiterhin ausgeliefert.

Im Erwachsenem-Alter versucht Jeanne mit ihrem Trauma zurechtzukommen - was ihr nur mittelmäßig gelingt. Immer wieder gibt es Situationen, die sie in ihre Vergangenheit katapultieren. Zu viele Dämonen schlummern in ihr und später reift die Frage, ob sie ihre Mutter und Schwester im Stich gelassen hat.

Lieblingstochter ist das unglaublich intensive Debüt der Autorin Sarah Jollien-Fardel.
Der Schreibstil ist sperrig und holprig. Diverse Male musste ich Passagen ein weiteres Mal lesen.
Viel zu bildlich ist alles erzählt. Automatisch habe ich mich geduckt, mitgelitten und mit Jeanne gefühlt.
Das Ende hat mich sprachlos gemacht. So ein Ende wollte ich nicht. Ich rede mir ein, es einfach nicht verstanden zu haben. :(
Große Leseempfehlung!