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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Sophie H.
Wohnort: 
Rastede

Bewertungen

Insgesamt 147 Bewertungen
Bewertung vom 18.10.2020
Ada
Berkel, Christian

Ada


ausgezeichnet

Schweigen und Verdrängen sind die großen Themen

Das zweite Buch von Christian Berkel ist die Fortsetzung von seiner Familiengeschichte „Der Apfelbaum“. Handelte das erste Buch von der Jüdin Sala, ihrer ungleichen Liebe zu Otto und dem Untertauchen während der NS-Zeit, wird das Buch hier nun aus der Sicht ihrer Tochter Ada weitererzählt. Ada verbringt ihre ersten Lebensjahre zusammen mit ihrer Mutter in Buenos Aires, in Argentinien. Nach der Rückkehr nach Deutschland nach dem Ende des Krieges, fühlt Ada sich so ganz und gar nicht wohl. Deutschland mit seinem kalten Klima und den kalten Menschen sind und bleiben ihr fremd. Ihre Mutter heiratet Otto, von dem Ada aber enttäuscht ist. Ihren Vater, den sie so sehr vermisst hat, hat sie sich ganz anders vorgestellt.
Ada hat eine Sinnkrise. Ihre Mutter will nichts über ihre Vergangenheit erzählen. Ebenso schweigt der Vater über das, was er im Krieg erlebt hat. Das Schweigen und Verdrängen setzen Ada sehr zu.
Das Buch beginnt mit dem Fall der Mauer, den Ada hautnah in Berlin miterlebt. In kleinen Schritten erzählt sie rückblickend aus ihrem Leben. Die recht kurzen Kapitel untermauern diese kleinen Schritte. Mich haben die kurzen Kapitel regelrecht in einen Lesesog gezogen, getreu dem Motto: Eines geht noch! Die Sprache von Christian Berkel ist sehr einfach und schnörkellos. Man fliegt regelrecht durch das Buch. Es liest sich leicht und locker. Von mir eine ganz klare Leseempfehlung und die volle Punktzahl!

Bewertung vom 09.10.2020
Flo, der Flummi und das Schnack

Flo, der Flummi und das Schnack


ausgezeichnet

Eine kunterbunte Mischung wie eine Pralinenschachtel

Unter dem Buchtitel „Flo, der Flummi und das Schnack“ konnte ich mir zunächst gar nichts vorstellen. Erst ein Blick in die Leseprobe offenbarte mir, was für ein Schatz sich dahinter verbirgt: 31 Kurzgeschichten ganz unterschiedlicher Autoren für Kinder im Alter von 3-9 Jahren. Das Buch an sich ist schon eine Augenweide. Schon auf dem Umschlag, der sich haptisch sehr gut anfühlt, gibt es allerhand zu entdecken. Das Buch ist so groß, dass man beim Vorlesen gut zu zweit hineinsehen kann. Jede Geschichte beginnt mit einem farbigen Bild, das eine ganze Buchseite einnimmt und auf dem es sehr viel zu entdecken gibt. Sehr gut hat mir auch gefallen, dass bei jeder Geschichte eine Altersempfehlung angegeben ist und die ungefähre Vorlesedauer. Das hilft ungemein beim Auswählen einer Geschichte. Die Erzählungen selbst sind so unterschiedlich wie die Autoren. Es gibt Geschichten zum Lachen und Staunen. Einige Geschichten machen auch sehr nachdenklich und bieten regen Gesprächsanlass. Die meisten Geschichten enthalten eine Botschaft, die auch bei den Kindern gut verständlich rüberkommt. In diesem Buch sollte auf jeden Fall jeder auf seine Kosten kommen. Sowohl die Kinder als auch die vorlesenden Erwachsenen. Was es mit dem Buchtitel auf sich hat, hat sich mir bei der entsprechenden Kurzgeschichte erschlossen, die gleichzeitig meine Lieblingsgeschichte ist. Wir haben bei dieser Geschichte viel gelacht und selber Buchstaben verdreht. Fazit: Wer gerne kurze Geschichten vorliest, sollte sich auf jeden Fall dieses Buch zulegen!

Bewertung vom 29.09.2020
Hilfe, mein Handy ist ein Superschurke! / Das Superschurken-Handy Bd.1
Bertram, Rüdiger

Hilfe, mein Handy ist ein Superschurke! / Das Superschurken-Handy Bd.1


ausgezeichnet

Ein superschurkiges Handy!

Franzi möchte gerne ein Handy haben. Alle Kinder in ihrer Klasse haben eins. Aber ihre Eltern erlauben es nicht und das hat zwei Gründe: Wie alle Eltern haben sie Angst, dass Franzi ihre ganze Zeit am Handy verdaddelt und sie haben einfach kein Geld, um Franzi diesen Wunsch zu erfüllen. Beide Elternteile arbeiten viel, aber das Geld ist trotzdem sehr knapp.
Als Franzi dann auf das Gymnasium wechselt, wird sie von ihren neuen Klassenkameraden sehr bald gemobbt, weil sie kein Handy hat. Neue Freundschaften kann sie nicht schließen, weil alle Verabredungen über das Handy getroffen werden. Als die Eltern das mitbekommen, kratzen sie all ihr Geld zusammen und überraschen ihre Tochter mit einem Handy. Obwohl das ein sehr altes Modell ist, ist Franzi superglücklich. Bis das Handy gleich in der ersten Nacht zum Leben erwacht! Das Handy hat ein Eigenleben und stellt sich als Dandy Smart vor. So ein lebendiges Handy kann praktisch sein, wenn es im Erdkundeunterricht vorsagt. Es kann lustig sein, wenn es Nachrichten von anderen Handy abfängt und ausplaudert. Aber es kann auch gefährlich sein. Nämlich dann, wenn sich das Handy als Superschurke entpuppt und Pizzen auf Rechnung anderer bestellt. Richtig kritisch wird es, als Dandy Smart seine neue Besitzerin dazu anstiftet, in eine Firma einzubrechen, um einen Superchip zu klauen. Aber nicht nur Dandy möchte diesen Superchip besitzen, auch eine weitere Person ist darauf erpicht. Und plötzlich findet sich Franzi in einer spannenden Jagd nach dem Chip wieder.
Rüdiger Bertram schreibt flüssig, spannend und sehr humorvoll. Auch die Illustrationen von Ka Schmitz haben mir sehr gut gefallen. Sie setzen wörtliche Rede als Comic um. Das dürfte den jungen Lesern besonders gut gefallen. Obwohl die Hauptperson ein Mädchen ist, gefällt auch Jungen das Buch gut, schließlich würden auch sie gerne ein superschurkiges Handy besitzen. Klare Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.09.2020
Ich bin der Sturm
Kastel, Michaela

Ich bin der Sturm


ausgezeichnet

Das Leben ist wie eine Pralinenschachtel – du weißt nie, was du kriegst: Das gilt auch für die Thriller von Michaela Kastel. Das dritte Buch von ihr ist wieder ganz anders als die beiden Vorgänger. Eines ist allen aber gemeinsam: Spannung bis zum letzten Buchstaben! Der Titel „Ich bin der Sturm“ und der Klappentext ließen mich ein wenig ratlos zurück. Ich konnte mir nicht richtig vorstellen, in welche Richtung das Buch gehen würde. So blieb es auch auf den ersten Seiten. Eine erste Ahnung verfestigte sich dann aber doch. Madonna ist ihr neuer Name. An ihren richtigen Namen kann sie sich nicht mehr erinnern. Ihr richtiges Leben scheint Lichtjahre entfernt. Das, was sie davon noch in Erinnerung hat, entpuppt sich als Trugbild. Nacht für Nacht muss Madonna Grausames erdulden, bis ihr schließlich die Flucht gelingt. Rache ist ihr einziges Ziel. Aber erlöst sie das wirklich von ihren Qualen oder gibt sie damit den Dämonen nur neues Futter?
Ein Pageturner, den ich nicht beiseitelegen konnte, und auf jeden Fall nichts für zarte Seelen. Unerwartete Wendungen machen das Lesevergnügen komplett. Eine eindeutige Leseempfehlung!

Bewertung vom 23.09.2020
Das Buch eines Sommers
Kast, Bas

Das Buch eines Sommers


gut

Sehr leichte Sommerlektüre ohne Überraschung

Die Leseprobe hatte mich sehr neugierig gemacht. Der junge Abiturient Nicolas verbringt einen Sommer mit seinem Onkel, der Schriftsteller ist. In diesem Sommer reift in Nicolas der Wunsch, ebenfalls Schriftsteller zu werden. Doch dann kommt das Leben dazwischen: Sein Vater stirbt und er muss die Firma übernehmen. Viele Jahre später – Nicolas ist nun Firmeninhaber und selbst Vater eines kleinen Jungen – bekommt er die Nachricht, dass sein Onkel verstorben ist und ihn als Alleinerben eingesetzt hat. Um die Beerdigung zu organisieren, reist Nicolas samt Frau und Kind in den Ort, wo sein Onkel seine letzten Lebensjahre verbracht hat. Alles in der großen Villa atmet das Leben seines Onkels. Dort hat Nicolas mehrmals einen sehr eindrücklichen Traum, in dem ihm eine Figur aus den Romanen seines Onkels begegnet, der ihm klar macht, dass es im Leben darum geht, der zu werden, der man ist. Aber wer ist Nicolas?
Das Buch wird als lebensphilosophische Erzählung betitelt. Die erste Hälfte des Buches hat mich sehr positiv gestimmt. Wir kommen im Leben immer wieder an Wegkreuzungen, wo wir uns überlegen müssen, wer wir sind und wohin wir gehören. Doch dann wurde die Geschichte immer platter und sehr vorhersehbar. Es gibt keinerlei Spannungsbogen und auch keine überraschende Wende. Dazu kommt, dass es auch am schriftstellerischen Handwerk mangelt. Die Dialoge kommen sehr konstruiert daher. Da Dialoge stellenweise über eine ganze Seite gehen, ohne dass zwischendurch der Sprecher gekennzeichnet wird, habe ich den Überblick verloren, wer gerade spricht. Ganz schlimm wird es, wenn der Sprecher ganze Sätze lächelt! („Zusammiger?“, lächelte ich.)
Wer eine simple, leichte Sommerlektüre ohne Tiefgang sucht, ist mit dem Buch gut beraten. Wer mehr erwartet, geht leider leer aus

Bewertung vom 09.09.2020
Das Haus in der Claremont Street
Carolsfeld, Wiebke von

Das Haus in der Claremont Street


sehr gut

Der Klappentext und die Leseprobe haben mich sofort in ihren Bann gezogen. Ich wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht! Der neunjährige Tom muss miterleben, wie sein Vater seine Mutter ermordet und sich anschließend selber das Leben nimmt. Dieses schreckliche Erlebnis führt dazu, dass Tom kein Wort mehr spricht. In den nächsten Monaten kümmern sich die drei Geschwister seiner Mutter sich um das Kind: die alleinerziehende, chaotische Rose, die bis dahin kinderlose Sonya und der Weltenbummler Will.
Wird das erste Kapitel aus der Sicht von Tom geschrieben, wie er hautnah akustisch mitbekommt, was mit seinen Eltern geschieht und sich dem macht- und hilflos ausgeliefert fühlt, wechselt danach abschnittsweise die Erzählperspektive. Nun kommen hauptsächlich die Geschwister von Toms Mutter zu Wort. Schnell wird klar, dass jede/r sein Päckchen zu tragen hat und wie die Verflechtungen innerhalb der Familie sind. Nach und nach stellt die Familie fest, dass niemand vor seinen Fehlern weglaufen kann.
Der Autorin gelingt es sehr gut, die Emotionen und Beweggründe der einzelnen Figuren darzustellen. Ich hätte mir aber gewünscht, dass Tom im weiteren Verlauf etwas mehr zu Wort kommt. Auch das Ende kommt mir etwas zu abrupt daher. Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und gut lesbar. Man kann sich jederzeit gut in die handelnden Personen hineinversetzen.
Fazit: Wer Familiengeschichten mit einer Prise Drama mag, der liegt mit diesem Buch genau richtig!

Bewertung vom 17.08.2020
Das Buch Ana
Kidd, Sue Monk

Das Buch Ana


ausgezeichnet

„Mein Name ist Ana. Ich war die Frau von Jesus ben Joseph aus Nazareth.“ Mit diesen beiden Sätzen hat mich das Buch gleich in seinen Bann gezogen und nicht mehr losgelassen. Es erzählt die Geschichte von Jesus aus der Sicht seiner (fiktiven) Ehefrau. Die Geschichte beginnt mit Ana, einem Mädchen, das das Glück hatte, in einer wohlhabenden jüdischen Familie aufzuwachsen. Von den anderen Mädchen in ihrer Zeit unterscheidet sie sich, weil sie Lesen und Schreiben kann. Diese Fertigkeiten sind normalerweise den Männern vorbehalten. Ana hat es aber geschafft, dass ihr Vater sie unterrichten ließ. Anas größte Freude und Bestimmung ist es, die vergessenen Geschichten von Frauen aufzuschreiben, die im Judentum eine wichtige Rolle spielten, von denen aber nie berichtet wurde. Aber nicht nur in dieser Hinsicht ist Ana eine Rebellin. Sie schafft es, die Frau von Jesus zu werden, obwohl ihre Eltern einen anderen Mann für sie ausgesucht hatten. Für Jesus wird sie eine Partnerin auf Augenhöhe, mit der er sich austauschen kann.
Ich habe Theologie studiert und deshalb war ich sofort von der Geschichte der Ehefrau Jesu fasziniert. Ich war gespannt darauf, ob es Sue Monk Kidd gelingt, den historischen Jesus mit einer fiktiven Figur zu verweben. Es ist ihr ganz hervorragend gelungen! Hier geht es nicht um eine religiöse Abhandlung des Leben Jesu, sondern darum, wie sein Leben mit einer Ehefrau an seiner Seite hätte aussehen können. Hatte Jesus überhaupt eine Frau? Wir wissen es nicht. In der Bibel und in den außerbiblischen Schriften bleibt sie unerwähnt, es wird aber auch nicht ausdrücklich gesagt, dass Jesus keine Frau hatte. Damals wurde nicht über oder von Frauen berichtet. Sie blieben in der Regel unerwähnt. Aber auch die Normalität wird normalerweise nicht beschrieben, sondern eher das Unnormale. Jesus war ein gläubiger Jude. Von einem Juden wurde erwartet, dass er heiratet und Kinder bekommt. Hätte Jesus sich dagegen entschieden, wäre das eher erwähnenswert gewesen. So lange sich keine Schriften finden, in denen explizit über den Familienstand von Jesus berichtet wird, bleibt es eine reine Spekulation.
Sue Monk Kidd hat sauber recherchiert und versteht es ganz vortrefflich, das Leben in Israel und Alexandrien zur damaligen Zeit wieder zum Leben zu erwecken. Fast hat man das Gefühl, zusammen mit Ana durch Jerusalem, Nazareth und Alexandria zu laufen.
Sue Monk Kidd gelingt es wieder einmal, Frauen eine Stimme zu geben, die in ihrer Zeit keine hatten. Und deswegen endet das Buch auch mit Fug und Recht mit diesen drei Sätzen: „Mein Name ist Ana. Ich war die Frau von Jesus aus Nazareth. Ich bin eine Stimme.“