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Traeumerin109

Bewertungen

Insgesamt 221 Bewertungen
Bewertung vom 19.01.2017
Gesichter und Geschichten der Reformation

Gesichter und Geschichten der Reformation


sehr gut

Persönlichkeiten der Reformation und ihre Geschichten

Seit Martin Luther seine bahnbrechenden Gedanken veröffentlicht hat, gab es zahlreiche Männer und Frauen, die seiner Lehre gefolgt sind, sie fortgeführt haben und sich für ihre Verbreitung eingesetzt haben. In diesem Buch lernen wir 366 davon kennen. Dabei erhalten wir einen chronologischen Überblick. Es beginnt schon im Jahr 209, dass dieses Gedankengut und die damit verbundene Einstellung von Menschen gelehrt und gelebt werden, und reicht bis in unsere heutige Zeit. Dabei ist für jede dieser Persönlichkeiten eine Doppelseite reserviert, in welcher grob wichtige Lebensdaten und die konkrete Verbindung zur Reformation skizziert werden. Auch die Beziehungen der einzelnen Personen untereinander kommen zur Sprache, viele waren mit anderen Reformatoren ihrer jeweiligen Zeit befreundet oder zumindest bekannt.

Ich habe in diesem Buch viele Namen gefunden, die ich vielleicht schon einmal gehört hatte, wenn auch teilweise in anderen Kontexten. Aber von mindestens ebenso vielen hatte ich vorher noch nie etwas gehört. Daher fand ich es äußerst interessant, diese Zusammenhänge aus reformatorischer Sicht zu beleuchten. Es muss auch nicht unbedingt bei jeder Person die gleiche Art und Weise sein, wie sie in Erscheinung tritt. Theologen, ganz normale Bürger, Missionare und andere Menschen, die irgendwie mit der Kirche in Berührung kamen, fanden ihren ganz eigenen Weg, die Reformation voranzubringen. Auch diese vielen unterschiedlichen Wege kommen in dem Buch gut zur Geltung. Klar, wer sich einen genaueren Einblick in das Leben dieser Menschen verschaffen möchte, der sollte sich lieber aus anderen Quellen informieren. Es ist doch ein ziemlich grober Überblick, der hier vermittelt wird. Aber mehr nimmt das Buch auch nicht für sich in Anspruch. Es ist sehr übersichtlich und geordnet, hinten findet sich nochmal ein alphabetisches Namensverzeichnis sämtlicher Personen. Ebenfalls ansprechend fand ich die äußerliche Gestaltung der Kapitel. Bei jedem Abschnitt ist der erste Buchstabe verschnörkelt und hervorgehoben. Außerdem findet sich auch stets, wo vorhanden, ein Porträt der vorgestellten Persönlichkeit, sodass ich als Leser auch ein Bild vor Augen hatte. Insgesamt also ein durchaus interessantes Buch, vor allem wenn man sich für das Thema der Reformation interessiert und sich schnell einen Überblick verschaffen möchte, wer daran zu welcher Zeit wirklich beteiligt war.

Bewertung vom 19.01.2017
Matchball
Giacopelli, Pablo

Matchball


gut

Holding on loosely

Pablo Giacopelli als erfolgreicher Tenniscoach weiß was es heißt, unter Leistungsdruck zu versuchen, andere Menschen zufriedenzustellen und sich so deren Anerkennung zu sichern. Schon als Tennisspieler wollte er immer um jeden Preis und egal in welcher Situation er sich gerade befand, alles unter Kontrolle behalten. Das Problem dabei ist nur, dass er nie das Gefühl hatte, die anderen wirklich komplett zufriedengestellt zu haben. Daher ging dieser Teufelskreislauf immer weiter. Doch was passiert, wenn er es wagt, diesen Kontrollzwang loszulassen?

Wir haben es hier mit einem Autor zu tun, der sehr sympathisch und ehrlich von seinen intimen Erfahrungen erzählt. Dies macht er, weil er möchte, dass andere Menschen anhand seines Beispiels erkennen, was auch bei ihnen eventuell falsch läuft, und welche Schritte sie unternehmen müssen, um das wieder geradezurücken. Das, wovon Pablo Giacopelli hier berichtet, wird mit Sicherheit vielen Lesern bekannt vorkommen, wenn nicht sogar allen. Bei dem einen ist es mehr, und bei dem anderen weniger ausgeprägt. Es lohnt sich auf jeden Fall, Pablo auf seiner Entdeckungsreise zu begleiten, denn er macht wirklich verblüffende Erkenntnisse. Zusammen mit einer fiktiven Spielerin namens Stacey, die er betreut, macht er die Erfahrung, dass es zwischen kontrollieren und aufgeben auch noch einen Mittelweg gibt: das lockere Festhalten, oder holding loosely, wie es im Original heißt. Dabei geht es vor allem darum, im Augenblick präsent zu sein, und seine Gedanken weder unter inneren Vorwürfen in die Vergangenheit schweifen zu lassen, noch sich in angstvollen Phantasien über die Zukunft zu ergehen. Die anderen Menschen um uns herum werden es merken, wenn wir genau das tun. Denn Menschen, die völlig präsent sind, haben eine unglaubliche, sehr anziehende Ausstrahlung.

Inhaltlich ist dieses Buch also auf jeden Fall lesenswert. Allerdings muss ich ihm auf der sprachlichen und erzählerischen Ebene ein paar Abzüge geben. Zunächst einmal war ich sehr fasziniert von Pablos Erzählung, doch hatte ich nach einiger Zeit, gerade in den Gesprächen mit Stacey, den Eindruck, er wiederholt sich. Auch jetzt noch glaube ich, dass er mehrmals genau dasselbe gesagt hat, es nur in andere Worte verpackt hat. Im Buch wurde dies aber dann als neue Erkenntnis angesehen, obwohl es in Wirklichkeit nichts Neues war. Das fand ich irritierend und auch ein wenig schade. Dazu kam, dass die zeitlichen Bezüge nicht stimmten. Da bezieht er sich beispielsweise auf Ereignisse vom Vortag, als würden diese schon eine ganze Weile zurückliegen. Allgemein hatte ich so meine Probleme mit den Dialogen. Die sind zwar schön, aber nicht immer unbedingt authentisch. Ich glaube nicht, dass Menschen jemals so miteinander reden. Auch das hat mich als Leser irritiert.

Insgesamt bin ich also hin- und hergerissen. Wer mit ähnlichen Problem zu kämpfen hat wie Pablo, für den kann sich das Buch auf jeden Fall lohnen. Auch wer bereit ist, darüber hinwegzusehen, dass es kleine Momente der Irritation beim Lesen gibt, sollte sich nicht abschrecken lassen. Für mich war das Buch unterm Strich ganz nett - aber keines, das ich unbedingt gelesen haben muss.

Bewertung vom 19.01.2017
Reformation des Herzens
Brudereck, Christina;Mette, Jürgen

Reformation des Herzens


sehr gut

Reformation ist eine Haltung

Im Jubiläumsjahr der Reformation lohnt es sich, einen Blick darauf zu werfen, was das eigentlich für uns bedeutet. Die beiden Autoren Christina Brudereck und Jürgen Mette haben genau das getan und sich mit Luthers vier Ausschließlichkeitsformeln befasst, die da wären: sola gratia, sola scriptura, solus christus, sola fide. Allein aus Gnade, allein die Schrift, allein Christus, allein durch den Glauben. Diese vier Grundsätze sind die Eckpfeiler der lutherischen Theologie und in ihrer Konsequenz einzigartig.

Das Buch ist so aufgebaut, dass der Leser sich jeweils eine Woche lang mit jedem der vier Oberthemen beschäftigt, es gibt also je sieben Beiträge. Dabei schreiben die beiden Autoren abwechselnd. Was mir besonders gefallen hat, sind auf jeden Fall die vielen unterschiedlichen Stile der Texte. Da gibt es selbst verfasste Gedichte, „normale“ Betrachtungen und solche, die beispielsweise wie eine Art Danksagung in Form einer direkten Ansprache an die Bibel verfasst sind. Hervorheben möchte ich daher vor allem die von Christina Brudereck verfassten Teile, welche mich besonders angesprochen haben. Auch vom Inhalt her ist das Buch sehr vielschichtig. Es geht nicht nur um die Bedeutung dieser Thesen allgemein, sondern immer auch darum, wie wir unser Leben heute danach ausrichten können – eine Reformation unseres Herzens eben, wie der Titel schon sagt. Dabei regen die Texte zum Nachdenken an und liefern einige gute Ideen, aber auch hin und wieder eine unterschwellige Aufforderung, unser Leben nicht einfach so achtlos dahinzuleben.
Was mich ein wenig gestört hat zwischendurch, waren die Interviews mit verschiedenen Personen. Diese konnten sich zum Thema Reformation, Luther etc. äußern. Diese Dialoge waren meiner Meinung nach nicht besonders aufschlussreich, wenn nicht sogar langweilig, sodass man sie sich auch hätte sparen können, oder vielleicht die Auswahl der Befragten anders hätte treffen können.

Insgesamt war ich jedoch zufrieden mit diesem Buch und fand es sehr angenehm zu lesen. Die Sprache ist nicht zu kompliziert, behandelt aber trotzdem schwierige Themen. Das macht solche Bücher auch für interessierte Laien ansprechend. Die Überschriften der einzelnen Kapitel sind meistens ein wenig provokativ und verleihen dem Ganzen auch noch eine zusätzliche Würze. Auch die Inhalte sind dementsprechend mal was anderes als vieles, was man sonst so liest. Oft enthalten sie auch sehr persönliche Meinungen und Erfahrungen der Autoren. Ich kann das Buch auf jeden Fall weiterempfehlen.

Bewertung vom 06.01.2017
Israel, mein Freund
Matussek, Carmen

Israel, mein Freund


ausgezeichnet

Verstehen und Versöhnung

In der islamischen Welt sind Antisemitismus und Vorurteile gegenüber Israel weit verbreitet. Zum einen sind dort nationalsozialistische Schriften schon jahrzehntelang verfügbar, zum anderen wird in den Medien ein völlig verfälschtes Bild weitergegeben. Jedoch gibt es auch Muslime, die all dies hinterfragen und ihre Meinung ändern – aus Feinden Israels werden Freunde. Einige von ihnen kommen in diesem Buch zu Wort und erzählen ihre Geschichte.

Zuallererst möchte ich sagen: Ich habe schon lange kein so interessantes und wirklich hervorragendes Buch mehr gelesen, das sich mit aktuellen Problemen so realistisch und gnadenlos ehrlich auseinandersetzt. Ich selbst hatte vor der Lektüre relativ wenig Ahnung von allem, was mit dem Nahostkonflikt zusammenhängt. Der Autorin ist es nicht nur gelungen, mir die wichtigsten Hintergründe verständlich zu vermitteln, sonder auch weit darüber hinaus einen Prozess des Nachdenkens anzuregen.
Das Hauptthema des Buches ist Antisemitismus in der islamischen Welt, welchen ich in diesem Ausmaß dort nie vermutet hätte. Gleichzeitig führt uns Carmen Matussek subtil, aber auch offen und direkt an unsere eigenen Schwachstellen und unhinterfragten Vorstellungen heran und lässt davon eine nach der anderen wie ein Kartenhaus in sich zusammenstürzen. Wie sehr Antisemitismus immer noch ein gravierendes Problem darstellt, auch in unserer angeblich so hochentwickelten westlichen Welt, und wie wenig wir aus der Geschichte gelernt haben, fand ich äußerst erschreckend. Dabei war ich nicht nur schockiert, wie tief manche Ideen in unserem Gedankengut drinstecken und wie die Medien diese Ideen ebenso weiterverbreiten wie manche Vertreter der Religionen, sondern auch, wie sehr ich selbst von solchen Vorstellungen geprägt bin. Israel und der Gazastreifen begegnen uns ja oft in den unterschiedlichsten Medien, aber wirklich nachgefragt habe ich bis jetzt nicht – aus welchen Gründen auch immer. Dabei gibt es so vieles, was damit zusammenhängt, soviel Trauriges und geradezu Verstörendes. Umso mehr sollten uns die Hintergründe interessieren, die in diesem Buch gut recherchiert und belegt und erstklassig zusammengefügt wurden. Und die Frage sollte im Raum stehen: Warum hören wir eigentlich immer nur Negatives über Israel, obwohl es im Vergleich zu allen umliegenden Staaten ein wunderbar funktionierender demokratischer Staat ist? Warum werden palästinensische Flüchtlinge immer nur zu Opfern degradiert, anstatt sich wirklich um eine Lösung zu bemühen? Eines der wichtigsten Dinge, die ich aus dem Buch mitgenommen habe: Nein, eine Zweistaatenlösung scheitert bei weitem nicht nur an Israel. So habe ich mich beim Lesen wirklich geschämt für alle Momente, in denn ich irgendwann einmal gedacht habe, Israel soll sich mehr Mühe geben, eigentlich dürfte es überhaupt nicht existieren. Und ich habe mir vorgenommen, diesem Staat nie wieder sein Existenzrecht abzusprechen.
Auch in den arabischen Ländern gibt es Menschen, die das erkannt haben und nun mutig dafür einstehen. Sie kommen in diesem Buch zu Wort und schildern uns ihre frühen Erfahrungen mit Antisemitismus und wie sie damit umgegangen sind.

Die Autorin geht sehr strukturiert vor und beweist Mut zur Wahrheit. Dabei will sie weder glorifizieren noch schlechtmachen, was bei diesem heiklen Thema bei weitem nicht einfach ist. Sie macht sowohl auf die Notwendigkeit einer adäquaten Holocaust-Education als auch auf die Möglichkeit der Versöhnung aufmerksam. All das beginnt vor unserer eigenen Haustüre.

Fazit: Dieses Buch hat mich absolut getroffen und mir die Augen geöffnet und ich kann es euch nur unbedingt ans Herz legen. Ich bin mir sehr sicher, dass es euch genauso gehen wird. Wirklich lesenswert!

Bewertung vom 05.01.2017
Das Gebet der Hirten
Barry, Richard M.

Das Gebet der Hirten


sehr gut

Eine Geschichte um Herkunft und die Bedeutung von Weihnachten

Anam ist als Findelkind bei einem Kaufmann aufgewachsen, der ihm stets ein liebevoller Vater war. Dennoch brennt in ihm der Wunsch, endlich herauszufinden, was es mit seiner mysteriösen Herkunft auf sich hat. Er begibt sich also nach Bethlehem, der Stadt seiner Geburt, und begegnet dort vor allem einem: Misstrauen und Ablehnung. Alles scheint sich um eine Gruppe von Hirten zu ranken, die vor ungefähr 30 Jahren eine denkwürdige Begegnung mit einem Engel hatten, sowie um ein kleines Kind, das in einem Stall zur Welt kam.

Das kleine Büchlein ist wirklich schön aufgemacht. Immer wieder taucht das Bild eines dunklen, von Sternen übersäten Nachthimmels auf. Abgesehen davon hatte ich keine besonders außergewöhnliche Geschichte erwartet und war daher positiv überrascht. Hier wird alles, was zu der altbekannten Geschichte dazugehört, in einem ganz anderen Licht dargestellt. Die Geburt Jesu, die grausame Ermordung der vielen kleinen Kinder durch Herodes, die Botschaft des Engels, die Hirten als Empfänger dieser Botschaft – es verschmilzt alles zu einer bezaubernden kleinen Geschichte. Dabei geht es natürlich um Identität und Herkunft, aber auch um das Wesentliche an Weihnachten: die Freude darüber, dass Jesus geboren worden ist. Damit werden wir sehr sanft, aber dennoch eindrücklich daran erinnert, warum wir dieses Fest eigentlich aus vollem Herzen feiern sollten. Fernab von allem anderen erleben die Hirten einen Jesus, dem auch ich gerne einmal begegnen würde. Gerade diese Begegnung fand ich sehr berührend. Insgesamt waren allerdings einige Stellen etwas langatmig geschrieben. So bin ich nicht komplett überzeugt, auch der Schreibstil ist teilweise eher ein wenig umständlich und leblos. Einen kleinen Abzug gibt es also von mir, aber falls es in der Adventszeit oder auch an Weihnachten mal etwas anderes sein soll, was im Kreise der Familie gelesen wird: Diese Geschichte hier kann ich empfehlen.

Bewertung vom 01.01.2017
Sorge dich nicht, Seele
Käßmann, Margot

Sorge dich nicht, Seele


weniger gut

Die kleinen und großen Probleme unseres Lebens

In ihrem Buch beschäftigt Margot Käßmann sich mit all den Fragen, die sich uns täglich aufdrängen. Dabei lässt sie sowohl Passagen aus ihrem eigenen Leben als auch Teile von Briefen, die sie in ihrem Amt als Seelsorgerin erhalten hat, einfließen. Sie möchte Antworten geben und Mut machen, egal wie kompliziert unser Leben zu sein scheint.

Ich muss sagen: All das ist ihr nur begrenzt gelungen. Das Buch liest sich zwar flüssig und relativ schnell, aber als besonders hilfreich habe ich das, was darin steht, nicht empfunden. Der Titel klang vielversprechend, wenn auch ein wenig hochtrabend, konnte sein Versprechen aber im Laufe der Kapitel immer weniger erfüllen. Auch passte er teilweise gar nicht so richtig zum Inhalt.
Was Frau Käßmann schreibt, hört sich ganz nett an, geht aber viel zu wenig in die Tiefe. Sie berührt ganz viele Themen, über die allein man schon ein Buch dieses Umfangs schreiben könnte. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sie oft klischeehaft versucht, zu trösten und zu ermutigen, ohne uns dabei wirklich etwas Neues mitzuteilen. So ist es mir beim Lesen zumindest ergangen. Ich habe die meisten Kapitel als recht oberflächlich empfunden, deshalb ist auch wenig hängengeblieben. Was mein eigenes Leben betrifft, fühlte ich mich oft weder angesprochen noch verstanden, obwohl der Text dies für sich in Anspruch nahm.

Fazit: Es sind ein paar schöne Gedanken dabei, jedoch finde ich es schade, dass hier genau jene relativ belanglose Mutmacherei betrieben wird, welche die Autorin nach eigener Aussage vermeiden möchte. Da helfen auch die Abschnitte aus Briefen, die sie erhalten hat, nicht weiter, obwohl diese Passagen für mich die interessantesten waren. Letztendlich hätte mir nichts gefehlt, wenn ich das Buch nicht gelesen hätte.

Bewertung vom 29.12.2016
Wahrheit und Wandlung
Mangalwadi, Vishal

Wahrheit und Wandlung


gut

Was braucht Europa heute?

Dieser Frage versucht der Autor Vishal Mangalwadi auf den Grund zu gehen. Dabei möchte er zunächst deutlich machen, dass wir unbedingt eine Veränderung brauchen. Jedoch steht die Überlegung im Raum, inwieweit ganze Nationen sich ändern lassen und wie das Evangelium dabei helfen kann. Und, nicht zuletzt, wo unser Platz in dem Ganzen sein soll.

Zunächst war ich sehr gespannt, denn der Anfang war interessant geschrieben. Der Autor deckt viele Zusammenhänge zwischen Religion und Gesellschaft auf, von denen die meisten einleuchtend sind. Sie erklären, warum man sagen könnte, dass unsere Gesellschaft an moralischen Werten verliert. Wir leben anders als viele Generationen vor uns, für diese Erkenntnis brauchen wir wohl nicht erst dieses Buch. Doch hier finden wir einige Erklärungsversuche und Antworten, die relativ gut zusammengefasst und verständlich sind.
Jedoch kam ich schnell zu der Überzeugung, dass es auch eine sehr starre Weltsicht ist, die hier vertreten wird. Ich als Leser fühlte mich an vielen Stellen vor den Kopf gestoßen. Dabei meine ich nicht jenen heilsamen Denkanstoß, der mich mit der Nase auf Probleme stößt, sondern schlicht eine recht einseitige Darstellung von vielem. Besonders gestört hat mich die Stellung der Religion als Institution, die selbst nicht die Notwendigkeit sieht, sich auch an eine neue Zeit anzupassen. Nein, es sind nur die Werte der restlichen Welt, mit denen etwas nicht stimmt. Es schien mir, als würde der Autor nur auf stark negative Beispiele für Wertezerfall zurückgreifen, um ein sehr pessimistisches Weltbild zu entwickeln, dem ich so erst einmal nicht zustimmen konnte. Ungeachtet dessen fand ich auch andere Ansichten sehr befremdlich. Wahrscheinlich hat er mich schon relativ am Anfang verloren, als er sich indirekt und unterschwellig gegen die Homosexuellen-Ehe aussprach. Gerade solche verbohrten Ansichten sind es, die eine notwendige Änderung verhindern. Dabei zu proklamieren, man selbst hätte die Lösung parat, hielt ich dann schon für ein wenig dreist.

Solange es theologische Bücher gibt, die gewisse falsche Vorstellungen und Vorgehensweisen nicht anerkennen und zu überdenken bereit sind, brauchen religiöse Vertreter nichts über eine unabdingbare Veränderung der Gesellschaft zu erzählen: es wird niemand zuhören. Daher kann ich diesem Buch leider nur drei Sterne geben, obwohl auch viele gut geschriebene und interessante Passagen enthalten sind.

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Bewertung vom 29.12.2016
Weihnachts-Sehnsucht
Meuser, Bernhard

Weihnachts-Sehnsucht


gut

Besinnliche Geschichten?

Bernhard Meuser hat hier eine kleine Sammlung von netten Geschichten zusammengestellt, welche aber auch nicht viel mehr waren als eben dies: nett, aber belanglos. Das Buch macht einen ansprechenden Eindruck, es enthält wunderschöne besinnliche Bilder, die beinahe schon ein wenig kitschig werden. Auch die Geschichten waren nicht schlecht, aber ich hätte nichts vermisst, wenn ich sie nicht gelesen hätte. Keine davon ist mir besonders im Gedächtnis geblieben. Deshalb kann ich auch nicht sagen, dass dies ein Buch ist, was mir etwas gegeben hätte.
Die Bilder schränken leider auch den ohnehin nur sehr spärlich vorhandenen Platz noch weiter ein. Im Geschäft hätte ich mir das Büchlein wahrscheinlich nicht gekauft. Es erinnert mich an andere Zusammenstellungen kleiner Geschichten, die oft nicht restlos überzeugen können.

Bewertung vom 29.12.2016
Gegen den Strom der Gestressten
Höchsmann, Stefan

Gegen den Strom der Gestressten


sehr gut

Gegen den Strom schwimmen

Stefan Höchsmann erzählt uns in diesem Buch in autobiografischer Manier von seinem beruflichen Stressalltag und wie er es geschafft hat, ihn zu bewältigen. Wunderbar selbstironisch schildert er einen jungen Mann, der immer höher und weiter hinauswollte. Ein Phänomen, das uns wahrscheinlich nur allzu bekannt vorkommt. Die aufstrebende Firma boomt und der Chef muss Überstunden leisten. Dies wiederum ist eine eher außergewöhnliche Situation, in der nicht jeder sich wiederfinden wird. Dennoch konnte ich an dieser beispielhaften Lebensgeschichte sehr gut nachvollziehen, wohin es mich treiben kann, wenn ich nicht aufpasse. Nicht nur mich, sondern jeden von uns. Deshalb hat der Autor ein hochaktuelles Buch geschrieben, in einer Zeit, die durch technische Neuerungen etc. immer schneller und fordernder wird.

Wie schaffe ich es, dem Strom zu entgehen? Welche Strategien kann ich anwenden? Wie kann ich es schaffen, dabei zu bleiben und mich nicht wieder mitreißen zu lassen? Woher kommt überhaupt dieser ganze Stress? Und: Wie kann mein Glaube mir bei all dem helfen? Dies sind Fragen, die ich mir beim Lesen selbst gestellt habe und ich muss zugeben, ich habe noch nicht auf alle eine Antwort gefunden.
Stefan Höchsmann jedenfalls hat es geschafft. Am Anfang musste ich mich an den Schreibstil gewöhnen und es hat eine Weile gedauert, bis ich die unzähligen witzigen Wortspiele entdeckte, die er sich zwischendurch leistet. Diese haben das Leseerlebnis doch noch einmal etwas verbessert. Insgesamt bin ich trotz des interessanten Themas nämlich eher träge in das Buch reingekommen. Zwischendurch fand ich es auch etwas langatmig und eintönig. Trotzdem ist es insgesamt gut gelungen, da der Autor es dann doch noch geschafft hat, mich zu erwischen und mitzuziehen. Vor allem für Leser, die dieses Gefühl, von einem unbarmherzigen Strom an Aufgaben und Verpflichtungen mitgerissen zu werden, sehr gut kennen, empfehlenswert.