Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
marakkaram
Wohnort: 
Lingen

Bewertungen

Insgesamt 564 Bewertungen
Bewertung vom 06.10.2019
Wo sich die Sterne spiegeln
Mallery, Susan

Wo sich die Sterne spiegeln


ausgezeichnet

**Die Kombination aus Angst und Traurigkeit in der Stimme seiner Schwester, riss sein Herz in so viele Stücke, dass es sicher nie wieder ganz heil werden würde.**

Plötzlich Geschwister! Malcolm, Callie und Keira wussten nichts voneinander, bis Großvater Alberto die Kinder seines Sohnes suchen lässt und auf dem Familiensitz aufnimmt. Eine wirklich schöne Kindheit hatte niemand von ihnen, auch Malcolm nicht, inzwischen Mitte 30 lebt er seit seinem 12. Lebensjahr hier - und er tut sich schwer plötzlich ein großer Bruder zu sein. Er hat keine Ahnung wie er auf die 12 jährige Keira zugehen soll und ignoriert sie der Einfachheit halber weitestgehend. Und auch von Callie, die in ihrer Jugend straffällig geworden ist, hält er emotional Abstand...

Werden sie sich zusammenraufen und zu einer Familie zusammenwachsen?

Susan Mallery ist eine Meisterin der Emotionen und auch mit "Wo sich die Sterne spiegeln" ist ihr wieder ein sehr einfühlsamer, berührender Familienroman gelungen.

Die Familienbande und die Charaktere sind herrlich authentisch und ihre Gefühle so greifbar, dass es einem ganz oft das Herz zerreißt. Insbesondere Keiras Gedanken und Ängste, die Stück für Stück zu Tage kommen und die langsame Annäherung an ihre Familie gehen unter die Haut. Aber auch Callie und selbst Malcom haben an ihrer Vergangenheit zu knabbern.

Da war es fast ein bisschen schade, dass die Liebesgeschiche(n) so vorhersehbar sind und wenig Überraschung bieten.

Der Schreibstil von Susan Mallery ist wie immer sehr angenehm, romantisch und lebendig. Ihre Charaktere haben Tiefe und sind interessant. Malcolm, der mit über 30 plötzlich jüngere Schwestern mit Problemen hat und damit völlig überfordert ist - Keira, deren quirlige und liebenswerte Art nach und nach zum Vorschein kommt und Callie, die etwas länger brauchte, bis sie mir richtig sympathisch war, da sie zu Beginn oft in ihre Opferrolle zurückfiel. Aber auch sie macht eine sichtbare Entwicklung durch und hat das Herz am rechten Fleck. Selbst die Nebenfiguren sind mit viel Liebe ausgearbeitet. Angefangen bei der Detektivin, die Callie aufspürt, bis hin zu Keiras Schulleiterin und von Großvater Alberto und seiner Haushälterin Carmen ganz zu schweigen. Von Ihnen hätte ich gern noch so viel mehr gelesen.

Total interessant fand ich auch den Familienbetrieb mit italienischen Spezialitäten - wehe dem, der den Unterschied zwischen Rotini und Fusilli nicht kennt.

Eine Geschichte über Familienbande, Einsamkeit, Annäherung, Vertrauen und Neubeginn, die unter die Haut geht und bei der die Liebesgeschichte(n) fast schon zur Nebensache wird.

Mit der Bewertung tue ich mich ein bisschen schwer, da ich ein großer Fan der Autorin bin und schon viele großartige Romane von ihr gelesen habe. Für runde fünf Sterne reicht es diesmal nicht ganz, aber 4,5 sind es auf jeden Fall

Bewertung vom 30.09.2019
Dachbodenfund (eBook, ePUB)
Puffpaff, Ellen

Dachbodenfund (eBook, ePUB)


sehr gut

** So schön das Leben auf dem Land auch ist, die Privatsphäre ist gestorben. Dafür ist das Dorf einfach zu klein. Gewöhn dich dran, dass von jetzt an jeder über dich Bescheid weiß. **

Das hatten sich Sandra und Marvin irgendwie anders vorgestellt. Um der Großstadthektik zu entkommen, haben die beiden sich ein Häuschen auf dem Land gekauft. Doch die Dorfbewohner verhalten sich skuril bis merkwürdig und dann ist da auch noch Heinrich, ihr aufdringlicher, unheimlicher Nachbar....Ist es nur die Umgewöhnung oder haben sie alle wirklich etwas zu verbergen?

"Dachbodenfund" ist ein solider Krimi, mit einer gelungenen, beklemmenden Atmosphäre. Die Autorin hat das Leben auf dem Dorf im Allgemeinen und hier im Speziellen, gekonnt eingefangen

Die Geschichte nimmt sehr rasch Fahrt auf und entwickelt sich kontinuierlich weiter. Auch die Charaktere sind im Großen und Ganzen stimmig, die Nebenfiguren bleiben vielleicht etwas blass und die Dialoge der Hauptfiguren Sandra und Madeleine wirken manchmal eher wie Teeniefreundinnen, aber jetzt nichts, was mich groß gestört hat.

Ellen Puffpaff hat einen einfachen, angenehmen und vor allem spannenden Schreibstil.

Leider war ab der Hälfte relativ klar, was das Dorf verbirgt. Es wurde vorhersehbar, blieb aber dennoch spannend bis zum Schluss, da man den genauen Hergang erfahren wollte. Das ist schon geschickt gemacht.

Fazit: 3,5 Sterne für einen soliden und unheimlich interessanten Krimi, mit einer tollen Atmosphäre. Manches wirkt zwar ein wenig konstruiert und einige Handlungen waren für mich nicht so recht nachvollziehbar aber trotzdem hat er mich sehr gut unterhalten.

Bewertung vom 28.09.2019
Wer im Himmel auf dich wartet
Albom, Mitch

Wer im Himmel auf dich wartet


sehr gut

** Wenn Sie wüssten, dass Sie bald sterben, wie würden Sie dann Ihre letzten Stunden verbringen? Annie, die es nicht wusste, verbrachte die ihren damit, dass sie heiratete. **

Ging es in "Fünf Menschen, die dir im Himmel begegnen" um Eddie, der bei einem Unfall im Vergnügungspark Ruby Pier starb, begleitet man nun Annie, das Kind, dem Eddie damals das Leben gerettet hat.

Ich war von dem ersten Roman der Himmels-Begegnungen einfach nur begeistert; Eddies Geschichte hat mich unheimlich berührt und die Vorgehensweise des Autors fand ich damals spannend, die Idee überraschend. Da kommt "Wer im Himmel auf dich wartet" nicht ganz heran. Nicht, dass es ein müder Abklatsch ist, denn Annies Geschichte ist eine ganz andere und auch sie vermochte mich stellenweise sehr zu berühren. Dennoch blieb sie als Charakter im direkten Vergleich, etwas blass und auch ein wenig zu selbstmitleidig für meinen Geschmack.

Mitch Albom hat eine wunderschöne Sprache, die einen in kurzen Abschnitten mit einer fast schon poetischen Leichtigkeit durch das Buch zieht. Mir gefallen die gegenübergestellten Sichtweisen von Situationen und Szenen. Annies Gefühle dazu und die Beschreibung der Begebenheit von ihrer Mutter, zum Beispiel, sind interessant und stimmen nachdenklich.

Fazit. Ein schöner Roman, der zwar nicht ganz an den ersten Teil herankommt, aber dennoch lesenswert ist und mich gut unterhalten hat. Die beiden Bücher können übrigens völlig unabhängig voneinander gelesen werden.

Bewertung vom 17.09.2019
Kastanienjahre
Baumheier, Anja

Kastanienjahre


sehr gut

** "Ja, das sind Windeln. Die sind aber nicht für dich, Mäuschen. Daraus werde ich ein paar hübsche Sommerkleider nähen." **

20 Jahre lebt Elise mittlerweile in Paris, ihrer zweiten Heimat und Tarek, der Cafebesitzer, nennt sie gern liebevoll "Überangepasste Flüchtlinge". Aufgewachsen ist sie nämlich in einem kleinen Dorf an der mecklenburgischen Ostsee, Peleroich und dorthin kehrt sie auch Hals über Kopf zurück, als sie erfährt, dass ihr Geburtsort dem Erdboden gleichgemacht werden soll.
Diese Reise weckt viele Erinnerungen an das Leben in der DDR, an die Restriktionen, den Unfalltod ihres Vaters und an ihre beiden besten Freunde Henning und Jakob, eine verhängnisvolle Dreiecksbeziehung, bis einer plötzlich verschwand....

Ihr Debut "Kranichland" hat mich restlos begeistert und dementsprechend hoch waren meine Erwartungen an "Kastanienjahre".

Anja Baumheier kann schreiben und die Erinnerungen an das damalige Leben und den ganz normalen Alltag wieder aufleben lassen. Das machen ihre Bücher aus - auch "Kastanienjahre".

Das Leben in dem kleinen Dörfchen mit einem überambitionierten Bürgermeister, der Peleroich zu einem sozialistischen Vorzeigedorf machen will, ist großartig beschrieben. Selbst wenn man nicht in der DDR aufgewachsen ist, bekommt man tiefe Einblicke in Sachen Berufswahl, Mangel an Konsumgütern, Spitzel und Fluchthelfer. Es ist so greifbar geschildert, dass man meint dabeigewesen zu sein.

Anja Baumheiers Schreibstil ist nicht anspruchsvoll, dafür umso ansprechender. Sie legt viel Wert auf die Alltagssituationen und verliert trotzdem ihre Charaktere manchmal ein bisschen aus den Augen. Sie bleiben für mich zu oberflächlich und mir fehlte ein wenig der Bezug zu ihnen. Vieles in ihrem Leben wird nur angerissen und man lernt die Personen nicht so richtig kennen, erlebt auch ihre Entwicklungen kaum mit. Es bleibt oftmals bei Momentaufnahmen und das macht den emotionalen Zugang nicht immer leicht.

Mit "Kastanienjahre" konnte die Autorin mich nicht ganz so überzeugen wie mit "Kranichland" und dennoch habe ich es verschlungen. Ein lesenswertes Stück Zeitgeschichte.

Bewertung vom 16.09.2019
Für immer die Deine
Voosen, Jana

Für immer die Deine


sehr gut

** Es gab viele überzeugte Nazis. Und dann gab es noch eine Gruppe, die sich kaum weniger schuldig gemacht hat. Das waren diejenigen, die sich aus allem raushielten. **

Die Journalistin Marie stößt bei Recherchen zu einem neuen Artikel auf einen Bericht über Klara und Fritz Hansen, die ihre diamantene Hochzeit feiern. Eine Liebe, die ein ganzes Leben lang hält - heutzutage selten geworden, auch ihre Ehe hat nicht lange gehalten.
Marie möchte mehr über dieses Paar erfahren und sie gleichzeitig als Zeitzeugen zum 2. Weltkrieg interviewen. Nach kurzem Zögern willigen die beiden ein und Klara erzählt ihre Lebensgeschichte, angefangen, als sie 1939 in einem kleinen Dorf im alten Land, mit siebzehn schwanger wurde und Fritz nur wenig später an die Front musste....

Wem Jana Voosen bislang nur durch humorvolle Frauenromane ein Begriff ist, lernt die Autorin hier von einer ganz anderen, ernsteren Seite kennen - mit der sie genauso überzeugt.

Die Geschichte von Fritz und Klara ist intensiv, emotional und berührend. Man wird zurückversetzt in eine Zeit, die man sich oftmals nicht einmal mehr ansatzweise vorzustellen vermag. Jana Voosen gelingt es ihrer Geschichte und den Charakteren Authenzität zu verleihen. Sie sind Durchschnittsmenschen, stille Helden hier und da, die einfach nur den Krieg überstehen wollen. Das hat mir besonders gefallen.

Man merkt, dass die Autorin sich sehr tiefgehend mit der Generation auseinandergesetzt hat, kein übernommenes Wissen aus Büchern, sondern aus der eigenen Familie fließt mit ein. Der Schreibstil sehr angenehm, bildhaft und flüssig - die Geschichte so einnehmend, dass man das Buch kaum weglegen mag.

Auch von Maries Geschichte war ich Anfangs sehr angetan, doch sie bleibt im weiteren Verlauf dann eher nur der Charakter aus der Rahmenhandlung.

Fazit: Eine berührende Geschichte über die eine große Liebe in Zeiten des Krieges. Und auch wenn ich manche Dinge gerne noch etwas weiter verfolgt hätte, hat mich der Roman sehr berührt und wunderbar unterhalten.

Bewertung vom 16.09.2019
Und es wurde finster
Golling, Alexander Lorenz

Und es wurde finster


sehr gut

** Neun Leben. Eine Katze hat neun Leben, dachte er, als er sich durch das Schneegestöber über den Hof in Richtung Haustür schleppte. Und mindestens acht davon habe ich schon verbraucht. **

Moosbach, ein verschworenes Dörfchen an der Donau, zu dem Kriminalhauptkommissar Brauner gerufen wird. Auf dem heruntergekommenen Hof Finsterholz zeigt sich ein Bild des Grauens. Die komplette Familie wurde bestialisch abgeschlachtet - nur die 14-jährige Tochter konnte entkommen. Doch Amelie hat das Down-Syndrom und spricht nicht. Brauner geht davon aus, dass sie den Täter gesehen hat, denn alles deutet auf den Hofhelfer Paul hin, der seit der Tatnacht verschwunden ist. Doch die Ermittlungen laufen schleppend und die Presse sitzt ihnen im Nacken, die Finsterholz sofort mit Hinterkaifeck vergleicht, dem mysteriösen Mordfall, der nie aufgeklärt werden konnte...

"Und es wurde finster" ist ein solider Ermittlerkrimi, der mit ein paar sehr blutigen Szenen anfängt (die man jetzt aber auch nicht überbewerten sollte) und einem gelungenen Twist endet.

Es geht in erster Linie um Ermittlungsarbeit, eine Dorfgemeinschaft und ihre kleinen Geheimnisse, Religiosität und der Bezug zu dem realen Mordfall Hinterkaifeck, der mir persönlich sehr gefallen hat, aber hin und wieder ein wenig Atmosphäre vermissen lässt.

Brauner ist ein sympathischer Mann, der mit beiden Beinen im Leben steht. Er handelt nachvollziehbar und man bekommt auch nur kleine Happen seines Privatlebens mit, das hier definitiv nicht im Vordergrund steht. Auch alle anderen Personen sind zumeist gut charakterisiert, man kann die Dorfbewohner ganz klar auseinanderhalten, das gelang mir bei Brauners Team nicht immer, war dort aber auch nicht weiter schlimm.

Der Schluss kam überraschend, aus dem Hinterhalt und nachvollziehbar - was will das Krimiherz mehr?

Fazit: "Und es wurde Finster" ist der erster Teil einer Krimireihe, der mich alles in allem gut und spannend unterhalten hat - ich hätte ihn mir nur atmosphärisch vielleicht noch ein klein wenig dichter gewünscht. Ich bin jedenfalls schon gespannt auf den nächsten Fall des Kriminalhauptkommissar Brauner.
(3,5 *)

Bewertung vom 16.09.2019
Bauerngartenglück
Schillinger, Walburga;Pohse, Charlotte

Bauerngartenglück


ausgezeichnet

MEINE GARTENBIBEL

** Mischkultur ist eine Anbaumethode von Pflanzenkombinationen, die auf wenig Platz die Bodennährstoffe optimal ausnützen, sich gegenseitig vor Schädlingen schützen und durch verschiedene Höhenstaffelungen ein gutes Kleinklima schaffen.
Wir schauen uns nun in jedem Monatskapitel an, wie es im Beispielbeet so aussieht und welche Arbeiten anstehen. **

Mit Walburga Schillinger und ihrem Praxiswissen durchs Gartenjahr.

Dieses Buch nimmt den Laien ans Händchen und bietet dem Profi noch so einige Tipps und Tricks.

Ich zähle mich eher zur ersteren Kategorie und war ganz glücklich, bevor es richtig losgeht, etwas über Lage, Bodenbeschaffenheit, Vorbereitung des Beetes, dem Unterschied zwischen Hecken und Mauern usw. zu erfahren. Mit diesem allgemeinen Wissen ist man gut vorbereitet und läuft nicht gleich Gefahr ein Anbaujahr frustriert zu verschenken.

Der Rest des Buches ist in 2-Monatsabschnitten (Jan/Feb, März/April, Mai/Juni...) aufgeteilt, die stets denselben Aufbau haben (Gartenpraxis, eigene Kinderstube, Ab in den Boden, DIY, Die guten ins Töpfchen (was wird jetzt geerntet incl. Rezepten) und Was die Oma schon wusste). Anfangs war ich skeptisch, was diese 2-Monatseinteilung anbelangt, wurde aber ganz schnell eines besseren belehrt, denn es macht das Ganze enorm übersichtlich und zu einem praktischen Gartenbegleiter.

Mein besonderes Highlight sind die jeweiligen Zeichnungen von Walburgas Mischkulturenbeet, anhand derer man ein Gartenbeetjahr Stück für Stück nachvollziehen kann. Hier schaut man sich so einige Kniffe in Sachen optimaler Auslastung ab.

Man merkt einfach, dass die Autorinnen ihr Wissen aus jahrelanger Praxiserfahrung und auch den dazugehörigen Fehlern und Misserfolgen ziehen. Zu den vielen farbigen Bildern und Zeichnungen gibt es immer wieder kleine "Gut zu Wissen" Kästchen, die allein schon Gold wert sind. So habe ich meine Tomaten in diesem Jahr zum ersten Mal mit einem Vollmilch/Wasser-Gemisch "gefüttert" und sie haben es wie eine kleine Vitaminbombe angenommen. Auch wie man Beete für kleine Gärten in die Höhe bauen kann, fand ich unheimlich faszinierend.

Fazit: Dieses Buch ist nicht nur ein Standardwerk, es ist ein Allrounder und man entdeckt immer wieder Neues. Wer einen allumfassenden Gartenbegleiter sucht, dem kann ich "Bauerngartenglück" uneingeschränkt empfehlen. Für mich ist er ein ständiger Begleiter geworden - meine Gartenbibel.

Bewertung vom 15.09.2019
Ein neues Blau
Saller, Tom

Ein neues Blau


ausgezeichnet

** Das ist die Stille nach dem Tee. Wenn der Geist zur Ruhe kommt und sich ein kleiner Teil der Welt offenbart. Weil sich ein Weg aufgetan hat. Ein Weg, der vorher nicht dagewesen ist. **

Erneut beschreibt Tom Saller - dessen Debut "Wenn Martha tanzt" mich schon arg begeistert hat - das Leben einer starken, unabhängigen Frau auf der Suche nach sich selbst.

Lili ist noch ein Kind, als sie ihre Mutter durch die spanische Grippe verliert. Die Mutter Christin, der Vater Jude, hatten beide mit Religion nicht viel am Hut. Doch nun möchte Jakob, dass sie im jüdischen Glauben erzogen wird; um einer Gemeinschaft dazuzugehören. Für Rabbi Teichlmann ist Lili jedoch nicht einmal Halb-Jüdin, da dies ausschließlich über die mütterliche Linie bestimmt wird. Er ist es auch, der sinniert, ihr Name leite sich wahrscheinlich von Lilith ab. Und diese Lilith bleibt ein innerer Dämon, der sie ihr Leben lang begleiten wird....
Zuhause übernimmt Takeshi, ein Freund des Vaters und halb Japaner, halb Chinese ihre Erziehung, da Jakob oft für Monate geschäftlich unterwegs ist.
Jüdisch, Christlich, Japanisch.... alles halb, nichts ganz... Und das setzt sich in ihrem Leben und ihrer Suche fort.
Doch wenn Lili etwas auszeichnet, dann Hartnäckigkeit, sie liebt das Malen, aber ihr fehlt der Mut freie Malerin zu werden, und so verschlägt es sie nach Halle in eine Porzellanmalklasse....

Tom Saller ist es wieder einmal gelungen, mich mit einem bewegten und interessanten Leben in den Bann zu ziehen und das, obwohl ich lt. Klappentext etwas anderes, mehr auf KPM ausgerichtetes, erwartet hatte. Und das ist eigentlich das größte Kompliment.

Ruhig, feinfühlig und dennoch in sehr eindringlichen Bildern entfaltet sich Lilis Leben Schicht um Schicht. Viele Szenen verbleiben im Raum, stehen still und hallen nach, ganz intensiv. Dazu kommen noch die sehr leisen Zwischentöne ("Ein merkwürdiges Wort kommt ihm in den Sinn: Fehlgepaart." (S.78). Ein Schreibstil, den man Stück für Stück genießen sollte, um ihn in seiner ganzen Tiefe zu erfassen.

Die Charaktere sind vielschichtig und authentisch. Geschickt verwebt Tom Saller geschichtliche Fakten mit Fiktion, die man als Leser im Anhang unter Anmerkungen und Quellen nachvollziehen kann. Das fand ich unheimlich interessant und ist mir bei dieser Art Geschichten schon sehr wichtig.

Fazit: "Ein neues Blau" berührt mit leichter Hand, doch nicht minder intensiv politische und religiöse Themen. Der Roman erzählt die berührende und interessante Geschichte der 1913 geborenen Lili Kuhn, keine Jüdin, aber mit jüdischem Vater, auf der Suche nach sich selbst.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.09.2019
Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle
Turton, Stuart

Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle


ausgezeichnet

ungewähnlicher Whodunit der Spitzenklasse

** "Jetzt sehen sie all diese Leute so, wie ich sie sehe", sagte der Pestdoktor mit leiser Stimme. "Wie Schauspieler in einem Theaterstück, die Abend für Abend dasselbe tun." **

Ein abgelegenes Herrenhaus im Wald, eine adelige Familie mit trauriger Vergangenheit und ein Maskenball, bei dem die Tochter Abend für Abend um 23:00 Uhr stirbt. Dazu ein Protagonist, der jeden Morgen am selben Tag aber in einem anderen Gast aufwacht - 8 Tage lang. 8 Tage, in denen er den Mord an Evelyn Hardcastle aufklären muss, um das Anwesen wieder verlassen zu können....

Ich liebe raffinierte Whodunit`s und das war genau das was "Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle" versprach.
Dennoch war ich skeptisch, ob der Krimi mein Interesse und die Spannung ganze 600 Seiten lang halten kann oder ob der Autor mich irgendwann unterwegs verliert (was ich ehrlich gesagt erwartet hatte).
Doch Stuart Turton gelingt es seine Leser vollends hineinzuziehen in die Geschehnisse auf Blackheath und mit einem spannenden Plot und unblutigem Krimi zu fesseln.

Mit hat der Schreibstil unheimlich gut gefallen - ich konnte sofort in die Geschichte eintauchen, die sehr ruhig, fast schon gemächlich erzählt wird, aber voller Atmosphäre und Raffinesse steckt. Durch die täglichen Perspektivwechsel ergeben sich immer andere Sichtweisen und das bringt neben so manchem klitzekleinem Puzzleteilchen auch immer wieder überraschende Twists - und zwar nicht konstruiert und aus der Luft gegriffen, sondern mit woow-Effekt. Mich hats begeistert.

Ich finde die Geschichte wirklich außergewöhnlich gut erzählt, so dass die Auflösung für mich manchmal sogar komplett in den Hintergrund geriet, da ich allein von den Personen und dem Geschehen rundherum gefesselt war.

Fazit: Eine absolute Leseempfehlung für alle Fans des ruhigen, unblutigen Krimis. Für mich ist das Debut von Stuart Turton ein Whodunit der Spitzenklasse und ich hoffe, es werden weitere folgen.

Bewertung vom 03.09.2019
Was für immer bleibt
Carnevale, Vanessa

Was für immer bleibt


sehr gut

** "Ich will mich zu meinen eigenen Bedingungen erinnern. Ich will mich nicht an Dinge erinnern, weil du oder jemand anderes, der mich kennt, sich auf eine bestimmte Weise an sie erinnert. Ich will keine Geschichten darüber hören, wie die Dinge waren und wie ich mich dabei gefühlt habe. Ich will es selbst wissen und selbst fühlen. Wie kann ich sonst sicher sein, ob das, was ich fühle, echt ist und wirklich zu mir gehört?" **

Was bleibt von dir, wenn du dich an nichts erinnern kannst? Diese Frage stellt sich Gracie, als sie nach einem Autounfall mit ihrem Verlobten vollständig ihr Gedächtnis verloren hat. Wie kann sie ihren Freunden gegenübertreten, ihrem Verlobten.... Sie möchte nicht von irgendjemandem hören, dass sie sich lieben, sie möchte diese Emotionen spüren. Deswegen weigert sie sich, außer ihrer ehemals besten Freundin Scarlett, jemanden zu sehen und flüchtet auf die alte Blumenfarm ihrer verstorbenen Mom. Wird die Ruhe ihrem Gedächtnis auf die Sprünge helfen...

"Was für immer bleibt" ist eine romantische Geschichte über die Liebe und was im Leben wirklich zählt.

Vanessa Carnevale erzählt Gracies Geschichte in einem ruhigen, sehr flüssigem Ton. Sie fängt das Gefühl der Amnesie, der absoluten Hilflosigkeit unheimlich realistisch ein und man spürt als Leser genau wie es Gracie grade geht. Das kriecht einem schon unter die Haut.
Aber nicht alle Charaktere konnten mich überzeugen, so war mir Flynn über weite Strecken relativ unsympathisch und irgendwie ein wenig zu übergriffig.

Die Autorin erfindet das Rad nicht neu und es gibt ein paar Kleinigkeiten, die für mich nicht ganz so rund waren, dennoch hat sie mich sehr gut unterhalten. Hier kommt auch das Setting zum Tragen, denn insbesondere auf der alten Blumenfarm habe ich mich unheimlich wohlgefühlt. Das erden, die Liebe zu den Pflanzen und das Gefühl für die Sprache der Blumen waren wunderschön.