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Buchstabenträumerin
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Hier blogge ich über Jugendbücher und Romane der verschiedensten Genres: https://buchstabentraeumerei.wordpress.com.

Bewertungen

Insgesamt 170 Bewertungen
Bewertung vom 26.10.2016
Die Schwestern vom Eisfluss
Maly, Rebecca

Die Schwestern vom Eisfluss


ausgezeichnet

Quelle: Buchblog Buchstabenträumerei

Der Start ist ziemlich packend, so dass man direkt erfahren möchte, wie es den Charakteren ergehen wird. Da gibt es zum einen die Mordfrage – hat Erlendur jemanden getötet? Und zum anderen die Dreieckskonstellation zwischen Jorun, Salbjörg und Erlendur. Darüber hinaus bringt jeder Charakter für sich genommen eine interessante Geschichte mit sich. All dies sorgte dafür, dass ich vollkommen von der Geschichte gefangen genommen wurde und in das raue und ursprüngliche Leben auf Island eintauchte, das unerbittlich und gleichzeitig ergreifend schön sein kann. Ich war hingerissen von dem Plot und den reichen Landschaftsbeschreibungen.

Was mir besonders positiv auffiel ist, dass der Roman von Maly zu keiner Zeit zu dicht, zu eindringlich oder zu romantisch ist. Die Autorin balanciert ihre Elemente gekonnt aus, so dass man sich als Leser enorm geborgen fühlt, ohne sich zu langweilen.

Charaktere

„Die Schwestern vom Eisfluss“ hat drei Protagonisten, Jorun, Salbjörg und Erlendur. Alle Charaktere sind sehr gut angelegt und handeln nach ganz eigenen Motiven. Salbjörg ist weniger sympathisch, die Lebensumstände haben sie hart und verbittert gemacht. Jorun ist hoffnungsvoller und leidenschaftlicher, doch auch sie hat das Schicksal gezeichnet. Erlendur ist willensstark und liebenswürdig. Ich kann nicht sagen, dass ich jemanden mehr mochte als den anderen, denn sie alle berührten mich mit dem was sie taten und dachten.

Die Nebencharaktere sind ebenfalls eine Bereicherung: Torgur, der Mann von Salbjörg, Thorstein, der beste Freund von Erlendur, sowie die Atlisöhne, Erlendurs Widersacher seit Kindheitstagen. Auch wenn Rebecca Maly ihnen nur mehr oder weniger kurze Passagen zugedacht hat, so füllen sie diese doch äußerst gelungen mit Leben.

Schreibstil

Erzählt wird abwechselnd aus der Sicht von Jorun, Salbjörg und Erlendur. Und wenngleich die Erzähler sehr unterschiedliche Charaktere sind, ließ sich die Geschichte absolut flüssig und angenehm lesen. Ich habe es genossen, auf diese Weise die jeweiligen Erinnerungen, Gedanken und Hoffnungen mitzuerleben. Besonders zeichnet sich der Schreibstil durch die genauen Beschreibungen der Landschaft aus. Für einen Island-Roman ein Muss, finde ich – umso glücklicher war ich, dies hier auch tatsächlich wiederzufinden.

Fazit

Ein stiller, aber eindringlicher Roman über Freude und Last von Familie, Verlust, Durchhaltevermögen in schweren Zeiten und die Liebe – umrahmt von der wilden Natur Islands. „Die Schwestern vom Eisfluss“ hat mir wunderbare Lesestunden geschenkt, so dass ich es gerne weiterempfehle.

Bewertung vom 19.10.2016
Herz aus Nacht und Scherben
Schwartz, Gesa

Herz aus Nacht und Scherben


weniger gut

Quelle: Buchblog Buchstabenträumerei

Milou kehrt nach einigen Jahren der Abwesenheit nach Venedig zurück und stolpert bereits auf den ersten drei Seiten in unerklärliche und fantastische Ereignisse. Für mich als Leser war der Einstieg spannend und mitreißend. Genau so hatte ich mir den Beginn der Geschichte vorgestellt. Doch schon nach wenigen Seiten war mir die Handlung zu hektisch und zu überwältigend, eine dramatische Szene jagte die nächste, und ich wartete vergebens auf eine Erklärung beziehungsweise eine ausführliche Einführung. Denn die Welt der Scherben ist ein interessanter und faszinierender Ort, den ich gerne zu Beginn des Buches genauer kennengelernt hätte.

Stattdessen tappte ich ebenso ahnunglos wie Milou durch die Parallelwelt. Unter Umständen kann das ein gutes Spannungselement sein, in diesem Fall war mir die Welt jedoch zu komplex, als dass es funktioniert hätte. Sehr schade.

Die Geschichte enthält sehr viele wunderschöne Gedanken und Gleichnisse, die ich allerdings nicht genug würdigen und in mich aufnehmen konnte, da es zu viele Ablenkungen in Form von Verfolgungsjagden und Kämpfen gab. Es war insgesamt zu voll, zu bunt und zu reich an Allegorien – wie ein Traum, der so schwer fassbar und verwunderlich ist, dass man sich am nächsten Morgen nur noch schwach an einzelne Bilder erinnern kann. Oder wie ein Bilderregen, der auf einen niederprasselt, ohne dass man im Schutz eines Regenschirms aufatmen könnte. (Doch nun genug der eigenen Metaphern.)

Schreibstil

Den Schreibstil möchte ich gerne als verschwurbelt beschreiben. Gefühlt endlose Nebensatzkonstruktionen zwangen mich dazu, immer wieder neu anzusetzen und Sätze drei-, viermal zu lesen. Ich konnte mich dadurch nicht in der Geschichte verlieren, geschweige denn der Handlung vernünftig folgen. Das störte mich am Ende sehr. Ich bezweifle nicht, dass genau das vielen anderen Lesern gefallen wird, doch ich kam damit einfach nicht zurecht und fühlte mich zunehmend verwirrt.

Zudem verstreut Gesa Schwartz Empfindungen und Begriffe auf den Seiten, die stets eine tiefere Bedeutung haben: Kälte, Schatten, Scherben, Farben, Träume, Nacht – um die Wichtigsten zu nennen. Allerdings schien es mir, als würde der Kontext, in dem diese Begriffe verwendet werden, immer etwas variieren, so dass ich sie nie in einen vernünftigen Gesamtzusammenhang erkennen konnte. Das Ende vom Lied: Ich dachte schlicht zu viel nach, anstatt mich auf die Handlung zu besinnen.

Charaktere

Die Charaktere litten meines Empfindens nach leider unter dem Schreibstil der Autorin. Sie setzte den Fokus auf eine poetische Ausdrucksform, so dass neben der Beschreibung der Welt der Scherben und dramatischer Momente den Charakteren nicht genügend Raum gegeben wurde sich zu entfalten. Dabei durchläuft Milou eine starke Entwicklung von einem verängstigten und unsicheren Mädchen hin zu einer selbstbewussten jungen Frau. Doch die geht inmitten der schon beinahe philosophischen Beobachtungen unter. Gleiches gilt für Nív, der auf ein interessantes Leben zurückblicken kann und im Grunde viel zu erzählen haben könnte.

Am meisten fehlte mir jedoch die Möglichkeit, mich in die Charaktere hineinversetzen zu können. Bis zum Ende blieben sie mir fremd und konnten mich nicht berühren.

Fazit

Eine Geschichte, deren Thema mich sehr fasziniert, aber leider nicht überzeugen konnte. Ich verlor mich in der übermäßigen Verwendung von Allegorien und nicht in der Geschichte. Dennoch möchte ich das Buch jedem ans Herz legen, der Geschichten über Träume/r und Parallelwelten mag, denn nicht jeder wird so empfinden wie ich.

Bewertung vom 08.10.2016
Splitterherz / Ellie & Colin Trilogie Bd.1
Belitz, Bettina

Splitterherz / Ellie & Colin Trilogie Bd.1


ausgezeichnet

Quelle: Buchblog Buchstabenträumerei

Eine Paranormal Romance, die in Köln und vor allem im Westerwald spielt? Das hat mich schon sehr neugierig gemacht, immerhin wohne ich in der Gegend. Auch die Autorin Bettina Belitz kennt sich aus, denn sie lebt im Westerwald. Ich versprach mir auf jeden Fall faszinierende Ortsbeschreibungen und vielleicht sogar das eine oder andere Wiedererkennen. Der Westerwald hat mich atmosphärisch nicht enttäuscht – wilde Regenschauer, stürmische Winde, Gewittergrollen und düstere Wälder zogen sich durch die Seiten und gaben der Geschichte ihr dunkles und schwermütiges Gesicht.

Dennoch konnte mich „Splitterherz“ nicht von Anfang an begeistern, da ich mich mit einigen Dingen nicht anfreunden konnte. Umso faszinierender, wie sich meine Wahrnehmung bis zum Ende komplett ändern konnte. Mein größtes Problem lag darin, dass die ersten zwei-, dreihundert Seiten zu schleppend und zu langatmig waren. Dadurch kam ich trotz interessanter Thematik einfach nicht so recht rein. Zu lange wird offen gelassen, was eigentlich mit Ellie geschieht und welche Rolle Colin dabei spielt, der Junge, der zurückgezogen und einsam im Wald lebt. Die Andeutungen häufen sich, ebenso zahlreiche seltsame Begebenheiten, doch richtig schlüssig wurde es lange nicht. Dennoch blieb ich dran. Ein Glück, denn auf den letzten Seiten ergab dann alles einen Sinn, die Teile fügten sich zusammen und ich lernte die bedächtige Herangehensweise sehr zu schätzen.

„Splitterherz“ ist vollkommen anders als erwartet. Ich rechnete mit einem vorhersehbaren Jugendbuch nach Schema F und fand mich daher nicht unmittelbar in der Geschichte zurecht. Belitz überrascht hingegen mit ernstem Ton, erschreckenden Momenten und düster-geladener Stimmung. Zu Recht sagt sie über ihre Paranormal Romance Trilogie, sie hätten „in der klassischen Jugendbuchabteilung nichts verloren“. Mehr dazu in ihrem Beitrag „Aufklärungsarbeit: Scherbenmond ist kein Jugendbuch!“ auf ihrer Website.

Charaktere

Elisabeth Sturm, beziehungsweise Ellie, hat mich auf den ersten 200 Seiten etwa beinahe den letzten Nerv gekostet. Sie ist so naiv, dass es war kaum auszuhalten war. Es dauerte, bis sich Ellie zu einem Charakter entwickelte, in den ich mich einfühlen konnte. Doch sie wird aktiver, neugieriger, kämpferischer und katapultierte sich damit direkt in mein Herz. Auch Colin berührte mich nicht von Anfang an. Zu seiner Verteidigung muss ich aber anführen, dass er zu Beginn auch sehr wenig Raum einnimmt. Dennoch konnte ich eine gewisse Neugier da schon nicht leugnen, so dass ich „an ihm dranblieb“, ebenso wie Ellie, die immer wieder unermüdlich den Kontakt zu ihm sucht.

Anfangs also waren mir die Charaktere zu leblos und undefiniert, entweder sie schliefen oder sie verhielten sich eigenartig. Doch ich las auf Erklärungen hoffend weiter. Dass mich in diesem Moment die Geschichte schon fest im Griff hatte, bemerkte ich erst viel später. Denn gerade das macht den Reiz der Charaktere und der ganzen Geschichte aus: Sie ist nicht durchschaubar, nicht direkt zugänglich, sie hat ihre Tücken und geheimen Winkel, die man sich als Leser erstmal erobern muss, bevor sich die Schönheit von „Splitterherz“ auftun kann.

Fazit

Es gibt ein Zitat, das sehr treffend beschreibt, wie es mir beim Lesen von „Splitterherz“ erging: „As he read, I fell in love the way you fall asleep: slowly, and then all at once.“ (The Fault in our Stars, John Green) Nur langsam fand ich Zugang zu dieser Paranormal Romance im Westerwald, die Neugier und Faszination wuchs im Zeitlupentempo. Doch kaum hatte ich den Zugang, war es um mich geschehen. Rückwirkend betrachtet ist das Buch von Anfang an hervorragend und mich kribbelt es schon in den Fingern, wann immer ich Band 2 in meinem Regal über den Weg laufe. Wunderbar, magisch-düstere Unterhaltung, die nicht den gewohnten Mustern dieses Genres folgt.

Bewertung vom 03.09.2016
Die längste Nacht
Abedi, Isabel

Die längste Nacht


ausgezeichnet

Quelle: Buchblog Buchstabenträumerei

Nächte haben ihre eigenen Gesetze und eines von ihnen ist, dass sie Dinge größer erscheinen lassen, als sie einem bei Tageslicht besehen vorkommen. (Seite 20)

Die Story zeichnet sich besonders durch ihre ganz besondere und dichte Atmosphäre aus. Anfangs noch weniger wahrnehmbar, doch später mit jeder Seite mehr. In der Geschichte begegnen wir Vita und begleiten sie mit ihren Freunden Trixie und Danilo auf ihrer Reise durch Europa. Eine der ersten Stationen ist Italien. Und ab der Ankunft in diesem vor Hitze flimmernden Land war ich vollkommen gefesselt.

Isabel Abedi beschreibt die Landschaft auf eine einzigartige Weise, sie wirkt wie zum greifen nah. Ich fasste sogar den Entschluss, nächstes Jahr im Sommer nach Italien zu fahren, um dieses Land einmal mit eigenen Augen zu sehen, so sehr hat mich die Welt, die vor meinem inneren Auge entstand, beeindruckt. Weiterhin ist die Story um Viagello, Vita, ihre Familie und Luca spannungsreich aufgebaut. Die Geschichte lebt von Andeutungen, Sinnestäuschungen und unzusammenhängenden Erinnerungen, die einen immer einen Schritt weiter bringen, aber nie das ganze Rätsel um besagte längste Nacht lösen.

Vergangenheit und Gegenwart überschneiden sich in diesem kleinen Dorf, es scheint beinahe, als würden die Grenzen verschwimmen. Man kann sich bei der Lektüre ganz hervorragend treiben lassen und einfach uneingeschränkt genießen. Ich habe lange kein Buch mehr gelesen, das so stimmungsvoll ist, geradezu magisch und berauschend.

Schreibstil

Isabel Abedi ist für mich eine absolute Neuentdeckung (ja, ich kannte bisher kein Buch von ihr) und das begründet sich maßgeblich auf ihrem Schreibstil. Allein mit der Wahl ihrer Worte erzeugt sie eine eindringliche Atmosphäre. Mal stickig, schwül und beklemmend, dann wieder freudig übersprudelnd. Eine große Rolle spielt dabei stets die Beschreibung von Natur und Landschaft: Aus ihrer Feder ist Italien nicht nur irgendein Schauplatz einer Geschichte, sondern ein lebendiger, sehr plastischer und atmender Teil dieser Geschichte. Als Leser war ich in Viagello und spürte die Hitze, ich hörte die zirpenden Grillen und ich konnte förmlich den Duft des italienischen Essens riechen. Eine insgesamt sehr sinnliche Leseerfahrung.

Ich hatte außerdem das Gefühl, dass Abedi die Natur ganz bewusst dazu einsetzt, die Emotionen der Charaktere darin zu spiegeln. So findet das Zusammentreffen von Vita und Luca sowie seiner Familie bei schwirrender Sommerhitze statt. Sobald jedoch Vitas Verwirrung angesichts ihrer Entdeckungen zunimmt, erleben wir eine neblige Kühle. Es war ungeheuer faszinierend, mit welchem Geschick die Autorin hier vorgegangen ist. Teilweise erinnerte diese Art des Erzählens an den Film „Die Katze auf dem heißen Blechdach“. Darin verändert sich das Wetter ebenfalls parallel zu der sich zuspitzenden Lage – von einem drückenden Tag zu einer stürmischen Nacht.

Charaktere

Die einzelnen Charaktere stehen in „Die längste Nacht“ gar nicht so sehr im Vordergrund. Normalerweise merke ich es immer als nachteilig an, wenn ich keinen Bezug zu den Charakteren habe, oder sie mir zu blass erscheinen. Hier war es anders. Zwar hatte ich nicht das Gefühl, Vita, Luca sowie den Freunden und der Familie besonders nahe zu kommen. Doch interessant war im Grunde auch vielmehr das, was die Charaktere miteinander verbindet. Diese unsichtbaren Fäden, die zwischen allen Charakteren gespannt sind und aus Emotionen, Erwartungen, zerstörten Hoffnungen, Eifersucht und Liebe bestehen. Es ist ein zerbrechliches Gefüge und gleichzeitig ganz stark zu spüren.

Fazit

„Die längste Nacht“ ist viel mehr als ein einfaches Jugendbuch. Es behandelt eine komplexe Familiengeschichte in einem faszinierenden Land und ist auf so vielen Ebenen so gut, dass ich nur jedem empfehlen kann, es auch zu lesen.

Bewertung vom 26.08.2016
Sieben Nächte in Tokio
Vinesse, Cecilia

Sieben Nächte in Tokio


ausgezeichnet

Quelle: Buchblog Buchstabenträumerei

„Ich will wirklich nicht, dass das aufhört. Ich will wirklich, wirklich nicht, dass sich alles ändert.“ (Seite 56) Dieses Zitat oben steht exemplarisch für die Stimmung im gesamten Buch. Dieses beklemmende Gefühl, dass sich etwas massiv und endgültig ändern wird und man nichts dagegen tun kann. Die damit einhergehende Unsicherheit und die Hilflosigkeit, manchmal auch die Verzweiflung, das alles empfindet die Protagonistin Sophia. Und das war es, was mich von Anfang an so für das Buch einnahm, da ich derlei Erfahrungen selbst gemacht habe und sie mich sehr geprägt haben. Zwar kam ich nicht so gut wie erwartet in die Geschichte rein, doch die Gefühle, die mit einem nahenden Umzug einhergehen, waren so gut auf den Punkt gebracht und einfühlsam beschrieben, dass sie den etwas beschwerlichen Einstieg mehr als ausglichen.

Anfangs fühlte ich mich in der Geschichte noch etwas fremd. Das lag an Startschwierigkeiten mit den Charakteren Sophia, Mika und David und an Tokio. Alles ist dort so anders als in Deutschland: das Essen und Trinken – zum Beispiel heißer Kaffee aus der Dose -, die Gepflogenheiten, die Zeitvertreibe. Ich wurde jedoch rasch vertrauter mit den Charakteren und der Stadt und so konnte ich mich schlussendlich sehr gut auf das Buch einlassen. Und spätestens mit der Ankunft von Jamie war ich dann richtig „drin“.

Das ständige Gefühl des Abschiednehmens hat mich sehr berührt. Alles in Tokio wird wie gewohnt weitergehen, nur Sophia selbst verschwindet, als wäre sie nie dagewesen. Wie ein kleiner Tod. Alles wirkt vor diesem Hintergrund sehr fokussiert und intensiv. „Sieben Nächte in Tokio“ zeigt, wie weitreichend sich ein Umzug auf das Leben der jugendlichen Sophia auswirkt, wie schwer es für sie ist – aber auch, wie schwer es für alle ist, die zurückbleiben. Dabei ist diese Coming-of-Age Geschichte zu jeder Zeit sehr realistisch.

Schreibstil

Der Faktor Zeit ist ständig präsent: genaue Zeitangaben und ein Countdown sind wesentliche Bestandteile der Geschichte. Anstelle von Kapitelüberschriften wird die noch verbleibende Zeit in Tokio aufgezeigt. So wird im Bewusstsein des Lesers verankert, wie schnell Sophia die Zeit durch die Finger rinnt. Die Endgültigkeit gerät nie in Vergessenheit, so wie es auch in Sophias Gedanken der Fall ist.

Was ich stellenweise, vor allem zu Anfang, nicht ganz so gut fand war, dass Sophias Gefühle gegenüber Jamie etwas willkürlich schienen. Die Entwicklung war nicht immer gut hergeleitet. Das lässt sich aber sicherlich auch darauf zurückführen, dass sie sich selbst sehr über ihre Gefühle im unklaren ist.

Charaktere

Endlich mal ein Buch, in dem die Protagonisten nicht in irgendeiner Weise außergewöhnlich sind! Das war eine echte Wohltat. Sophia ist tatsächlich ein ganz normales Mädchen, das weder besonders hübsch, talentiert oder sonstwie auffällig ist. Sie trägt einige Unsicherheiten mit sich, die ich als sehr typisch für ihr Alter empfand. Sie ist eine angenehme Mischung aus verantwortungsbewusst und abenteuerlustig. Ich mochte Sophia sehr gerne.

Für Jamie gilt das gleiche: auch er entspricht nicht dem Bild des so häufig in Jugendbüchern gewählten Bild eines Schönlings. Er ist gutherzig, klug und zurückhaltend. Trotz allem setzt er sich aber auch durch und weiß, was er will. Vor allem aber stimmte die Chemie zwischen Sophia und Jamie. Die anfängliche Scheu, die spätere Anziehungskraft, alles wirkt sehr echt.

Fazit

Eine ganze bezaubernde, süße und traurige Geschichte und eine Liebeserklärung an die Stadt Tokio. Ein wundervolles Buch, dass mich in der Zeit zurückreisen ließ und mich sehr berührt hat. Für mich ein kleines Juwel.

Bewertung vom 23.08.2016
The Problem with Forever
Armentrout, Jennifer L.

The Problem with Forever


sehr gut

Quelle: Buchblog Buchstabenträumerei

Der Young Adult Roman ist weitestgehend sehr spannend und vor allem aufwühlend. Als Kern ihrer Geschichte hat sich Jennifer L. Armentrout nämlich einem Thema gewidmet, mit dem sich Jugendbücher – zumindest meiner Ansicht nach – relativ selten befassen: der Misshandlung von Kindern und Jugendlichen im häuslichen Umfeld. Ad hoc fällt mir beispielsweise nur die „Breathing“-Reihe von Rebecca Donovan ein, die mich übrigens ziemlich begeistert hat.

In „The problem with forever“ erlebt der Leser die Misshandlung nicht direkt mit – wir steigen in die Geschichte ein, als die Protagonisten Mallory und Rider sich erstmals nach den schrecklichen Erfahrungen zufällig in der Schule wiederbegegnen. Doch in Rückblicken erfährt man immer wieder, was damals geschehen ist und vor allem – und hierauf legt Armentrout ihren Schwerpunkt – wie es die Charaktere geprägt hat.

Sie erzählt aus dem Leben beider Charaktere und beleuchtet deren Schwächen und Stärken. Welche Ziele haben sie? Welche Erwartungen stellen sie an ihr Leben und welche an sich selbst? Das sind interessante Gedankengänge, die natürlich auch für das Genre Young Adult typisch sind. Stellenweise hätte ich mir mehr Ernsthaftigkeit gewünscht, doch insgesamt empfand ich es als recht glaubhafte Darstellung einer traumatisierenden Erfahrung.

Man darf nur nicht unbedingt mehr erwarten, als von den derzeit auf dem Markt üblichen Young Adult-Titeln. Die Geschichte entwickelt sich nach bekannten Mustern, wie man sie beispielsweise aus „Caroline & West“ von Ruthie Knox oder auch Werken von Colleen Hoover (u.a. „Love and Confess„)kennt. Nichts Neues hier. Aber es ist solide Unterhaltung, die ich tatsächlich in kürzester Zeit gelesen habe. Es ist gut, es ist spannend, es ist gefühlvoll. Es ist nur nicht überraschend.

Schreibstil

Jennifer L. Armentrout ist für mich die unangefochtene Meisterin der übertriebenen Metaphern und schwülstigen Beschreibungen. Eine Tatsache, die mich schon zunehmend in der Lux-Reihe gestört hatte, so dass es mir daher hier direkt negativ auffiel. Die Gefühle von Mallory und Rider werden nicht einfach erlebt, sondern müssen zwingend völlig maßlos geschildert werden. Jede noch so kleine Berührung, jeder Wimpernschlag – alles wird auf die Goldwaage gelegt, seziert und blumigst mit Worten in Szene gesetzt. Herrje.

Was Armentrout jedoch wirklich gut gelingt, ist der jugendliche Jargon. Die lockeren Dialoge, die humorvollen und selbstironischen Gedanken – das hat mir des Öfteren ein Schmunzeln entlockt.

Charaktere

Die Charaktere an sich haben mich sehr gefesselt. Sie wurden von der Autorin hervorragend ausgearbeitet und auch ihre Entwicklung ist glaubhaft. Ich konnte mich sowohl in Rider als auch in Mallory einfühlen und ihre Schwierigkeiten und Sorgen verstehen. Auch einige Nebencharaktere waren gut angelegt, insbesondere möchte ich Jayden erwähnen, so dass sie zur Geschichte um die Protagonisten einen guten Rahmen bildeten. Das hat Jennifer L. Armentrout einfach drauf.

Was mich aber extrem störte – und das war auch schon bei Daemon und Katy der Fall -, war die ungeheure Attraktivität von Rider. Natürlich ist er groß und gut gebaut, er hat zerzauste dunkle Haare, die ihm ständig in die Stirn fallen, und ausgeprägte Wangenknochen sowie volle Lippen. Ich könnte ja noch damit leben, wenn sein Aussehen nur zu Beginn beschrieben wird und ich mir danach irgendwas hätte vorstellen können, aber nein – natürlich (!) müssen seine Qualitäten auf jeder Doppelseite mindestens ein Mal erwähnt werden. Wirklich schade, denn Rider ist unabhängig davon ein toller Charakter.

Fazit

Ein Young Adult Roman, der sich einem ernsten Thema widmet, mit gut herausgearbeiteten Charakteren und einer spannenden Story. Allerdings störte ich mich am äußerst schwülstigen Schreibstil und daran, dass der Protagonist optisch mal wieder alle Register zieht.

Bewertung vom 17.08.2016
So wüst und schön sah ich noch keinen Tag
LaBan, Elizabeth

So wüst und schön sah ich noch keinen Tag


weniger gut

Quelle: Buchblog Buchstabenträumerei

Der Begriff „Tragödie“ bildet das Zentrum in dieser Geschichte. Alles, was geschieht, lässt sich auf diesen gemeinsamen Nenner zurückführen. Eine äußerst spannende Idee, die mir sehr gut gefiel. Wir bewegen uns dabei auf zwei Zeit- und Erzählebenen: Tim, der in seinem letzten Schuljahr eine Tragödie erlebt hat, und Duncan, dem rückblickend von diesem Unglück berichtet wird und in dem eigene Erinnerungen daran wachgerüttelt werden. Übergreifend müssen alle Schüler des Irving-Colleges für ihren Abschluss einen Aufsatz über Tragödien schreiben. Diese vielfältigen Verbindungen haben einen Großteil des Reizes ausgemacht.

Im Grunde ist es eine wunderbar schöne und auch traurige Geschichte, aber dennoch konnte mich das Buch nicht glücklich machen. Das lag weitestgehend an den Charakteren und am Schreibstil. Dazu also gleich mehr. Zudem erzählt Tim seinen Teil der Geschichte aus der Erinnerung. Dabei bewerkstelligt er es, sämtliche Dialoge in allen Einzelheiten wiedergeben. Das ist zwar nur eine Kleinigkeit, doch ich störte mich daran, da ich ständig grübelte, ob so etwas zu schaffen sei.

Dennoch habe ich weitergelesen, in der Hoffnung, dass die Auflösung auf wundervolle Weise alle Fäden zusammenbringen würde. Leider wurde ich vom Ende enttäuscht. Das lag maßgeblich daran, dass ich absolut nicht verstehen konnte, weshalb sich Duncan derart viele Gedanken um sein Mitwirken am Unglück gemacht hat. Doch tatsächlich hätte kaum jemand die Tragödie verhindern können. Das war sehr schade, denn eine intensivere Verbindung zwischen Tim und Duncan hätte das Buch in meinen Augen wieder enorm aufgewertet. So blieb ich relativ eindruckslos zurück.

Schreibstil

Erzählt wird aus Sicht von Tim und Duncan. Perspektivwechsel finde ich persönlich immer recht gut, daher habe ich mich mit diesem Aufbau grundsätzlich angefreundet. Beide haben das Unglück miterlebt und wurden in irgendeiner Weise davon berührt. Mit Duncan befinden wir uns in der Gegenwart, das Unglück liegt bereits etwa ein Jahr zurück. Tim erzählt seine Geschichte zeitnah nach dem Unfall. Diese verschiedenen Sichten machten mich neugierig darauf, wie das jeweils Erlebte miteinander zusammenhängen würde.

Allerdings gab es auch hier etwas, das mich mit jedem Kapitel zunehmend störte: Tim erzählt seine Geschichte rückblickend aus der Ich-Perspektive. Wir erleben das Erzählte also direkt mit seinen Augen. Springen wir zu Duncan, wechselt die Perspektive und wir haben es mit einem personalen Erzähler zu tun. Diesen Wechsel habe ich als völlig unpassend empfunden und ich konnte mir einfach nicht erklären, warum das notwendig war. Bei jedem Wechsel stolperte ich darüber und geriet ins Stocken.

Charaktere

Gute Charaktere hätten hier entgegenwirken können. Doch Tims Zurückhaltung war mir ein wenig zu anstrengend. Seine Scheu und sein mangelndes Selbstbewusstsein mögen natürlich daher rühren, dass er schlechte Erfahrungen gemacht hat – in seiner Kindheit gehänselt wurde, oder Ähnliches -, doch leider erfährt man darüber viel zu wenig, um es nachvollziehbar zu machen. Denn schlussendlich wird er am Irving-College von allen akzeptiert und niemand behandelt ihn auffallend anders.

Duncan fand ich ganz in Ordnung. Er ist unauffällig, zurückhaltend und vernünftig. Mit ihm konnte ich mich am besten identifizieren. Vanessa aber war mir viel zu blass. Was sie – abgesehen von der eigenwilligen Farbwahl ihrer Anziehsachen vielleicht – so begehrenswert macht, wurde mir nicht klar. Sie macht Tim Hoffnungen, bleibt aber bei Patrick. Sie ist schrecklich unentschlossen und echte Gefühle kamen nicht rüber.

Fazit

Eine Geschichte, die sich viel vorgenommen hat, bei der es aber an der Umsetzung hapert. Blasse und bisweilen nervende Charaktere treffen auf anstrengende Perspektivwechsel. Sehr schade, denn die grundlegende Idee war richtig gut!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.08.2016
Irgendwann für immer
Millay, Katja

Irgendwann für immer


ausgezeichnet

Quelle: Buchblog Buchstabenträumerei

Die Emotionen in diesem Raum schießen mir wie Flummis um die Ohren und ich komme einfach nicht mehr mit. Es ist nach vier Uhr morgens und ich fühle mich, als hätte mich jemand gepackt und ausgewrungen. Ich bin fix und fertig. (Seite 433)

In dieser Geschichte habe ich mich über einige Tage verlieren können. Denn sie ist so herzerwärmend, emotional, erschütternd und spannend, dass ich mich der Erzählung einfach widerstandslos ergeben musste. Hinzu kommt der beträchtliche Umfang, der es der Autorin erlaubt, die Erlebnisse und Gefühle der Charaktere aufs Feinste herauszuarbeiten und für den Leser nachvollziehbar zu machen.

Ich war ganz fasziniert und von Anfang an gefangen genommen. Jede noch so kleinste Auslassung – auch wenn es sich nur um wenige Stunden handelte – war ein Verlust. Ich wollte alles wissen, jede Sekunde miterleben und fieberte gleichzeitig dem Ende mit der Auflösung entgegen. Es war ein kniffeliger Zwiespalt, den ich nur bei wirklich guten Büchern erlebe.

Angesichts der Themen – schwere Schicksalsschläge, Neuorientierung und die erste Liebe – möchte man meinen, dass es sich um ein klassisches Jugendbuch handelt. Doch „Irgendwann für immer“ bietet so viel mehr: Es ist eine zauberhafte, berührende, traurige und hoffnungsvolle Geschichte.

Schreibstil

Trotz der Länge des Buches erlebte ich beim Lesen keine Längen. Im Gegenteil, es ist angenehm langsam. Man treibt wie auf einem Floß vor sich hin, ohne dass es langweilig wird, und jedes Wort ist es Wert gelesen zu werden. Die Autorin nimmt einen auf eine gefühlvolle und spannende Reise in das Leben von Nastya und Josh. Was mir sehr gefiel, waren die harmonisch in die Erzählung eingebundenen Rückblicke – manchmal ganze Absätze, manchmal aber auch nur einzelne Nebensätze. So oder so schürten diese eingestreuten Hinweise enorm die Neugier.

Charaktere

Ohne die Charaktere Nastya und Josh würde die Geschichte nicht existieren. Es geht um sie, ihre Gedanken, Gefühle, Erfahrungen und Erinnerungen – sie machen die Geschichte so interessant. Beide haben mir sehr gut gefallen. Ich konnte die Zerrissenheit, die Verzweiflung und das Bedürfnis nach Isolation absolut nachempfinden. Beide leiden unter den jeweils erlittenen Schicksalsschlägen und zeigen es auf ihre Weise. Sowohl das Verhalten von Nastya als auch von Josh war nachvollziehbar und berührend.

Doch nicht nur die Protagonisten begeistern. Auch die Nebencharaktere, allen voran Drew und Tierney sowie Nastyas Bruder Asher, sind großartig und vor allem nicht minder vielschichtig. Katja Millay hat sich sehr bemüht, selbst die weniger wichtigen Charaktere äußerst fein anzulegen.

Fazit

Ein mit Herz und Verstand geschriebenes, sehr gelungenes Jugendbuch. Es bietet Unterhaltung, Spannung, Herzschmerz und sehr interessante Charaktere. Eine ganz klare Empfehlung für alle Jugendbuch-Leser!

Bewertung vom 09.08.2016
Das kleine Gespenst
Preußler, Otfried;Preußler-Bitsch, Susanne

Das kleine Gespenst


ausgezeichnet

Quelle: Buchblog Buchstabenträumerei

Aufmachung
Was einem als Erstes ins Auge sticht, sind die wunderschönen Bilder von Daniel Napp, die sich über die gesamten Doppelseiten erstrecken. Auch nach mehrmaligem Lesen gibt es immer noch etwas Neues zu entdecken und man schaut dem Gespenst gerne bei seinem Schabernack zu.

Erzählung
Die Sprache von Susanne Preußler-Bitsch ist ganz im Stil von Otfried Preußler. Es tauchen Wörter und Ausdrücke auf, die heutzutage beinahe in Vergessenheit geraten sind und leider viel zu selten benutzt werden, wie zum Beispiel „etwas ist kein Pappenstiel“. Diese Sprache hat eine gewisse Gemütlichkeit, so dass man sich nur zu gerne zurücklehnt und das Geschriebene genießt. Was ich persönlich besonders gut finde ist, dass sich die Autorin traut, Kindern im Alter von vier Jahren und aufwärts längere Sätze zuzumuten. Dabei werden sie aber nie überfordert, sondern sanft an einen komplexeren Satzbau herangeführt.

Die Geschichte vom kleinen Gespenst lebt von ihrem Humor und ihrer Wärme. Auch Spannung kommt nicht zu kurz. Der größte Spaß – sowohl für Klein als auch für Groß – liegt meines Erachtens darin, dass komische Situationen mit großem Ernst erzählt werden. Dadurch kommt die Komik viel deutlicher zum tragen. Zudem greift Preußler-Bitsch auf ein beliebtes Stilmittel zurück: Kinder, und natürlich kleine Gespenster, tricksen die Erwachsenen aus und führen sie ordentlich an der Nase herum. Kinder sind also klüger und gewitzter als Erwachsene – das ist sicherlich jedem hinlänglich von Pippi Langstrumpf bekannt. Ich schätze solche Geschichten sehr, da sie zum einen ein großer Spaß für Kinder sind, und sie zum anderen stark machen.

Vorlesen
„Das kleine Gespenst“ lässt sich prima vorlesen. Ich musste selbst immer wieder schmunzeln über die kleinen Streiche und die gar nicht so schlauen Einfälle der Erwachsenen.

Fazit

Ein Bilderbuch, das mit viel Liebe geschrieben wurde, ganz im Stil der Originale von Otfried Preußler. Zauberhaft und charmant. Der Familie Preußler entstammen offenbar einfach großartige Geschichtenerzähler.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.